Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.01.2021, Az. 28 W (pat) 15/18

28. Senat | REWIS RS 2021, 9064

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Тёщина (Bildzeichen)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 30 2011 022 164

(hier: Löschungsverfahren S 176/14 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 29. Januar 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] [X.] beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 16. April 2011 zur Eintragung als Marke angemeldet und am 9. September 2011 in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren eingetragen worden:

3

Klasse 29: Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; [X.]; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate;

4

Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten.

5

Die Löschungsantragstellerin hat am 13. Juni 2014 die vollständige Löschung der Eintragung, die am 14. Oktober 2011 veröffentlicht wurde, beantragt, da an der Marke ein Freihaltbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe und sie darüber hinaus nicht über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verfüge.

6

Der Löschungsantrag ist der Inhaberin der angegriffenen Marke am 28. Juli 2014 zugestellt worden. Sie hat der Löschung mit Schriftsatz vom 12. August 2014, eingegangen beim [X.] am selben Tag, widersprochen und ist dem Antrag auch inhaltlich entgegengetreten.

7

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Auffassung der Markenabteilung stelle sich die angegriffene Marke nicht als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar und verfüge auch über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

8

Beide Beteiligte stimmten darin überein, dass die angegriffene Marke – transliteriert "[X.]" – der Genitiv des [X.] Wortes für "Schwiegermutter" sei. Ob sie eher freier – wie von der Löschungsantragstellerin vorgetragen – mit "nach Schwiegermutter Art" bzw. "[X.]" oder – wie von der Markeninhaberin angeführt – enger an die grammatikalische Grundform angelehnt mit "der Schwiegermutter gehörend" zu übersetzen sei, könne dahinstehen. Denn keine der genannten, sich nur graduell unterscheidenden Bedeutungen beschreibe die von der Anmeldung umfassten Wurst-/Fleisch- und Teigwaren sowie Salate unmittelbar. Die angegriffene Marke könne zwar die von der Löschungsantragstellerin angeführten Assoziationen mit einer traditionellen Herstellungsart hervorrufen und damit indirekt eine bestimmte Qualität suggerieren. Letztlich sei aber die gewählte Formulierung zu überhöht und zu wenig konkret für eine klare Eigenschaftsangabe.

9

Soweit sich die Löschungsantragstellerin auf vorgelegte [X.] im [X.] Markt berufen habe, könne nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich hierbei tatsächlich um einen produktbeschreibenden oder vielmehr um einen rein werbemäßigen Gebrauch handele. Denn – wie die [X.] zutreffend angemerkt habe – sei die streitgegenständliche Bezeichnung mehrheitlich in Anführungszeichen oder titelartig wiedergegeben, was eher auf eine markenmäßige Benutzung schließen lasse. Für einen unmittelbar warenbeschreibenden Gebrauch ergäben sich mithin hieraus keine stützenden Anhaltspunkte.

Dies gelte auch für die Behauptung, es handele sich um eine bekannte Sortenbezeichnung für [X.] Wurstwaren: Auch hier lasse sich nicht mit der für eine Löschung nach § 50 [X.] erforderlichen Eindeutigkeit feststellen, ob dieser Sachvortrag, dem die [X.] ausdrücklich widersprochen habe, zutreffe. Allein die behauptete Verwendung durch mehrere Unternehmen beweise dies noch nicht ausreichend, da es sich auch um eine beliebte Kennzeichnung handeln könne, die von verschiedenen Anbietern markenmäßig verwendet werde.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass jedenfalls nach der vorliegenden Sachlage, wie sie sich unter Berücksichtigung des Vortrags der insoweit darlegungspflichtigen Löschungsantragstellerin, der von ihr beigebrachten Unterlagen sowie einer ergänzenden Amtsrecherche darstelle, nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass das Markenwort eine rein beschreibende Eigenschafts- oder Sortenangabe in Verbindung mit den beanspruchten Waren sei, das als solches von den Mitbewerbern der [X.] zur Benennung ihres eigenen Warenangebotes zwingend benötigt werde. Die bestehende Unklarheit in Bezug auf den Sachverhalt, dessen zugrunde liegenden ausländischen Umstände für das Amt nur schwer zugänglich seien, gingen insoweit zu Lasten der Löschungsantragstellerin als derjenigen, die sich auf das Vorliegen des Schutzhindernisses berufe.

Die angegriffene Marke sei daher nicht als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vom Schutz ausgeschlossen. Ihr könne auch nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden.

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Marke tatsächlich ein reines Werbeschlagwort darstelle, weil die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e den Bedeutungsgehalt des [X.] Wortes nicht verstehe, was bei einem in kyrillischer Schrift wiedergegebenen Begriff noch eher anzunehmen sei als bei einem [X.] Wort in [X.] Schreibweise, das u. U. auch von inländischen Verbrauchern mit Interesse an der [X.] Küche verstanden werden könne. Folglich sei nicht davon auszugehen, dass die Marke ohne Weiteres ausschließlich als üblicher Werbeausdruck aufgefasst werde.

Die beteiligten [X.]e bestimmten sich nach den von der Marke umfassten Waren. Hierbei handele es sich vornehmlich um Fleisch-, Wurst- und Teigwaren sowie Salate ohne jegliche Konkretisierung auf [X.] Spezialitäten. Mithin richte sich die Marke an die Gesamtbevölkerung. In [X.] beherrschten ca. 6 Millionen Einwohner die [X.] Sprache, also weniger als 10 % der Gesamtbevölkerung. Auch wenn für diese der beschreibende Gehalt der Marke im Vordergrund stehen sollte, so handele es sich jedoch nur um einen unwesentlichen Teil des angesprochenen Verkehrs, dessen Auffassung für die Frage, ob der Marke hinreichend markenrechtliche Unterscheidungskraft zukomme, nicht maßgeblich sein könne. Vielmehr ergebe sich im Umkehrschluss aus der Regelung des § 8 Abs. 3 [X.], dass ein Zeichen dann über Unterscheidungskraft verfüge, wenn es von einem erheblichen Teil der [X.]e als Herkunftshinweis aufgefasst werde. Da hinsichtlich des Umfangs der maßgeblichen [X.]e keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen originärer und durch Verkehrsdurchsetzung erworbener Unterscheidungskraft bestünden, sei mithin davon auszugehen, dass einem Zeichen, das von mehr als 50 % des [X.] als Marke wahrgenommen werde, die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne.

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 26. Januar 2018, welche sie nicht weiter begründet hat.

Im Verfahren vor dem [X.] hat sie im Wesentlichen vorgetragen, das [X.], in kyrillischen Buchstaben wiedergegebene Markenwort bedeute in Bezug auf die beanspruchten Waren Wurst "nach Art der Schwiegermutter" oder "so wie die Schwiegermutter hergestellt hat". Es solle auf die alte traditionelle Art der Herstellung der so gekennzeichneten Waren hinweisen. Außerdem werde es nicht nur in Zusammenhang mit dem Wort "Wurst", sondern darüber hinaus auch mit dem Wort "Freude" (Freude der Schwiegermutter) als beschreibende Produktbezeichnung im Verkehr verwendet. Damit solle zum Ausdruck gebracht werden, dass die Wurst nach alten [X.] Rezepten hergestellt werde und so gut schmecke, dass sie der anspruchsvollen Schwiegermutter Freude bereiten werde.

Die angegriffene Marke werde von zahlreichen Wurstherstellern sowohl in Osteuropa als auch in [X.] verwendet, um auf die traditionelle Herstellung und Rezeptur ihrer Waren hinzuweisen. Ihre Eignung zur Eigenschaftsbeschreibung sei auch in [X.] zu berücksichtigen, da dort ein nicht zu vernachlässigendes Marktsegment für [X.] Lebensmittel entstanden sei, zumal der Anteil der russischsprachigen Konsumenten 8 bis 10 Millionen Personen betrage.

Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Ihre Inhaberin habe sich mit ihren Waren auf Personen konzentriert, welche der [X.] Sprache mächtig seien. Diese würden in der angegriffenen Marke jedoch keinen Hinweis auf die Herkunft, sondern auf die traditionelle Herstellung und Rezeptur der so gekennzeichneten Waren verstehen.

Die Löschungsantragstellerin hat mit ihrer Beschwerde keinen Antrag verbunden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie hat sich im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht weiter zur Sache eingelassen. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke bedeute in ihrer [X.] Übersetzung "der Schwiegermutter gehörend" oder "die Schwiegermutter betreffend" und nicht – wie die Löschungsantragstellerin vorgetragen habe – "nach Art der Schiegermutter". Sie sei in dieser Bedeutung auch nicht beschreibend. Es fehle an dem dafür erforderlichen, sofort und ohne weiteres Nachdenken herstellbaren konkreten Bezug zwischen Marke und Waren. In Verbindung mit den beanspruchten Fleischwaren ergebe die angegriffene Marke keinen Sinn. Da die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e, an welche sie sich richte, der [X.] Sprache nicht mächtig sei, eigne sie sich weder zur Beschreibung, noch werde sie als reiner Kaufappell ohne jegliche Hinweiswirkung verstanden. Da es allein auf das inländische Verkehrsverständnis ankomme, sei es unerheblich, ob der Begriff in [X.] eine gebräuchliche Bezeichnung sei, wobei die von der Löschungsantragstellerin diesbezüglich vorgelegten Dokumente Entsprechendes schon nicht belegen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat der Löschung mit am 12. August 2014 beim [X.] eingegangenem Schreiben und damit innerhalb der 2-Monatsfrist des § 53 Abs. 4 [X.] (§ 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F.) widersprochen, da ihr der Löschungsantrag am 28. Juli 2014 zugestellt worden ist. Zudem ist der Löschungsantrag am 13. Juni 2014, folglich binnen der mit der Eintragung der angegriffenen Marke am 9. September 2011 beginnenden 10-Jahresfrist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 8 Satz 2 [X.] gestellt worden, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war.

2. Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 [X.] trifft den Antragsteller des [X.]. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis zum Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des [X.] (vgl. [X.], 138 – ROCHER-Kugel).

3. Dem hier nicht einschlägigen Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 – [X.]; [X.], 723 – Chiemsee).

Vorliegend kann es im Ergebnis dahinstehen, ob die angegriffene Marke – wie von der Löschungsantragstellerin vorgetragen – mit "nach Art der Schwiegermutter" oder – wie von der Inhaberin der besagten Marke dargelegt – mit "der Schiegermutter gehörend" zu übersetzen ist. Keine der vorstehenden Bedeutungen vermittelt nämlich einen beschreibenden Sinngehalt in Verbindung mit den beanspruchten Waren gegenüber den inländischen [X.]en.

Maßgeblich für die Beurteilung der Verkehrsauffassung sind sämtliche [X.]e, die als Abnehmer oder Interessenten der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen oder mit deren Vertrieb befasst sind, einschließlich solcher, die nur gelegentlich mit diesen in Berührung kommen. Es können dabei auch mehrere [X.]e mit ggf. jeweils unterschiedlicher Verkehrsauffassung zugleich maßgeblich sein, mit der Folge, dass das Zeichen dann nach Auffassung aller relevanten [X.]e unterscheidungskräftig sein muss. Dagegen ist es unerheblich, wenn ausschließlich nicht angesprochene (und damit irrelevante) [X.]e dem Zeichen keinen Herkunftshinweis entnehmen. Welche [X.]e angesprochen sind, bestimmt sich objektiv nach den dauerhaften, charakteristischen Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und nicht subjektiv nach den individuellen – jederzeit änderbaren – Werbekonzeptionen und Vermarktungsstrategien des Markeninhabers. Nicht objektiv durch die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorgegebene, sondern lediglich subjektiv durch den Markeninhaber vorgenommene Beschränkungen der [X.] oder Vertriebswege sind deshalb unbeachtlich. Im nationalen Markenrecht sind ausschließlich inländische [X.]e relevant. Für den Erwerb einer nationalen Marke ist es deshalb unerheblich, ob ausländische [X.]e das Zeichen beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig ansehen. Nur im Ausland bestehende Schutzhindernisse sind unbeachtlich (vgl. [X.] [X.], 22. Edition, Stand: 01.07.2020, § 8, Rdnr. 103 ff).

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob vorliegend auf den [X.] der (inländischen) Verbraucher oder auf den des (inländischen) Handels (mithin die Fachkreise) abzustellen ist, da sich die angegriffene Marke in beiden Fällen als schutzfähig erweist.

a) Dies gilt zunächst für den [X.] der inländischen Verbraucher. Da es sich bei den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren um Lebensmittel des täglichen Bedarfs handelt und das [X.] auch keinerlei Einschränkung auf den [X.] oder den Ursprung der Waren aufweist, ist auf die breite Masse der inländischen Verbraucher abzustellen. Dass ein relevanter Teil der inländischen Gesamtbevölkerung die angegriffene Marke im Sinne von "nach Art der Schwiegermutter" oder "der Schiegermutter gehörend" auffassen wird, erscheint unwahrscheinlich, da nur ein geringer Prozentsatz der inländischen Bevölkerung der [X.] Sprache mächtig ist. Dies bedarf im Ergebnis jedoch keiner Entscheidung. Selbst wenn man nämlich zu Gunsten der Löschungsantragstellerin ein solches Verständnis der Gesamtbevölkerung unterstellen wollte oder den [X.] der russischsprachigen inländischen Bevölkerung als relevanten [X.] ansehen würde, würde dies dem Löschungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.

(1) Im Sinne von "nach Art der Schwiegermutter" oder "der Schiegermutter gehörend" benennt die angegriffene Marke keine Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren "Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; [X.]; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate" sowie "Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten". Sie mag zwar gewisse Assoziationen mit einer traditionellen Herstellungsart wecken (im Sinne von: "so wie es bereits die Schwiegermutter zubereitet hat"). Fraglich erscheint jedoch bereits, ob hiermit zugleich auch eine gewisse Qualität suggeriert wird, zumal bereits vor der Anmeldung der gegenständlichen Marke ein Wandel weg von einer traditionell eher schweren Küche hin zu moderneren und leichteren Zubereitungsarten festzustellen ist. Selbst wenn man jedoch zu Gunsten der Löschungsantragstellerin eine entsprechende Qualitätssuggerierung unterstellen wollte, wäre diese gedankliche Verbindung zu wenig konkret, als dass der angesprochene Verkehrsteilnehmer tatsächlich von einer Eigenschaftsangabe ausgehen könnte. Lediglich beschreibende Anklänge und Andeutungen stehen einer Eintragung jedoch nicht entgegen, denn der Verkehr nimmt ein Zeichen in der Regel so wahr, wie es ihm entgegentritt, und unterwirft es keiner analysierenden, möglichen beschreibenden Begriffsinhalten nachgehenden Betrachtung. Ein merkmalsbeschreibender Inhalt, der – wie vorliegend der Fall – allenfalls erst nach mehreren Gedankenschritten erkennbar wird, ist daher unschädlich ([X.], 729, Rdnr. 14 - [X.]; [X.] [X.], 22. Edition, Stand: 01.07.2020, § 8, Rdnr. 165).

Entsprechend verhält es sich hinsichtlich der von der Löschungsantragstellerin vorgetragenen Verwendung der angegriffenen Marke zusammen mit dem weiteren Begriff "Freude", also im Sinne von "[X.]" oder "den besonderen Ansprüchen der Schwiegermutter entsprechend". Zum einen entspricht diese Kombination mit dem Wort "Freude" nicht dem Bedeutungsgehalt der angegriffenen Marke als solcher und zum anderen vermittelt auch diese Kombination keine konkrete Aussage über Eigenschaften der beanspruchten Waren. Insbesondere bleibt unklar, was der Schwiegermutter Freude machen soll. So kann der Geschmack, das Aussehen, der Preis, die Haltbarkeit oder die Verwendbarkeit mit anderen Lebensmitteln gemeint sein. Des Weiteren ist völlig offen, warum gerade Schwiegermütter von den gegenständlichen Waren erfreut werden.

(2) Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass das in [X.] gegebenenfalls anderweitige Sprachverständnis der angegriffenen Marke auch bei den inländischen [X.]en, auf die es vorliegend abzustellen gilt, anzutreffen ist.

Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin vorgelegten [X.] nicht geeignet seien, das von ihr behauptete Verständnis zu belegen. Aber auch Recherchen des Senats haben nicht ergeben, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne eines Qualitätshinweises verstanden wird. Um dies zu belegen, hat die Löschungsantragstellerin zwar mit ihren Schriftsätzen vom 13. Juni 2014 sowie vom 23. Dezember 2014 verschiedene [X.] vorgelegt. Hierbei ist jedoch zunächst auffällig, dass die angegriffene Marke dort oftmals in Anführungszeichen zu finden ist, was auf eine markenmäßige und nicht auf eine beschreibende Verwendung schließen lässt. Hinzu kommt, dass nahezu alle vorgelegten Nachweise ausschließlich in [X.]r Sprache gehalten sind und die Löschungsantragstellerin jeden substantiierten Vortrag, in welchem konkreten Umfeld die verfahrensgegenständliche Bezeichnung dort genannt wird, schuldig geblieben ist. Allein die Einreichung von (überwiegend) fremdsprachigen Internetausdrucken ohne jedwede nähere Erläuterung derselben ist als Beleg einer beschreibenden Verwendung ungeeignet, zumal die [X.] ist (§ 184 GVG).

Dass die angegriffene Marke als Sachangabe oder Gattungsbezeichnung in Verbindung mit der ebenfalls beanspruchten Ware "Fisch" aufgefasst wird, hat die Löschungsantragstellerin bereits nicht behauptet.

Ferner ist der Hinweis der Löschungsantragstellerin auf eine Vielzahl von Unternehmen in [X.], welche die angegriffene Marke als Gattungsbezeichnung verwenden würden, nicht geeignet, ein entsprechendes Verkehrsverständnis in [X.], geschweige denn in [X.] zu belegen. Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin ins Feld geführten [X.] auch dafür sprechen könnten, dass es sich um eine beliebte Kennzeichnung handelt, die von verschiedenen Anbietern markenmäßig verwendet wird, möglicherweise auch im Rahmen einer Lizenzvereinbarung. Trotz der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht sowie Darlegungslast (vgl. hierzu [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 53, Rdnr. 61) hat die Löschungsantragstellerin ihren entsprechenden Vortrag auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht näher substantiiert.

b) Auch wenn auf den [X.] als weiteren angesprochenen [X.] abgestellt wird, verhilft dies dem Löschungsbegehren der Antragstellerin vorliegend nicht zum Erfolg.

Bei den am internationalen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen kann unterstellt werden, dass sie grundsätzlich in der Lage sind, eindeutig beschreibende Angaben auch in fremder Sprache zu erkennen. Davon ist jedenfalls bei Sprachen fremder [X.] auszugehen, mit denen Handelsbeziehungen im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen bestehen. Vorliegend gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen [X.] und [X.] seit dem Zusammenbruch der [X.] im Zuge der Öffnung der Grenzen erheblich intensiviert worden sind. Der Handel mit den baltischen [X.] und [X.] expandiert aufgrund entsprechender Handelsabkommen und Wirtschaftsvereinbarungen, wovon auch der Lebensmittelbereich in ansteigendem Maße profitiert. Dies war bereits bei der Anmeldung und ist – ungeachtet der aktuellen Krimkrise und der daraus resultierenden politischen Spannungen zwischen der [X.] und westlichen [X.] – auch im Entscheidungszeitpunkt der Fall (vgl. BPatG 28 W (pat) 578/12 – Omas Gurken; BPatG 28 W (pat) 27/13 – PLOMBIR).

Wie bereits ausgeführt, sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne einer Qualitätangabe oder als Gattungsbezeichnung verstanden wurde, respektive wird, so dass allein schon hierauf basierend für die Annahme eines entsprechenden Verständnisses des inländischen Handels kein Raum ist.

4. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke auch nicht auf das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gestützt werden kann. Es ist nämlich nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit der beschreibende Sinngehalt der gegenständlichen Bezeichnung zum Zeitpunkt der Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag feststellbar. Auch handelt es sich bei der gegenständlichen Marke nicht um einen geläufigen, keine Hinweisfunktion aufweisenden Begriff.

5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

Dies gilt auch für die Kosten des Verfahrens vor dem [X.]. Die Beschwerdeführerin hat sich zwar nicht ausdrücklich gegen die Kostenentscheidung der Markenabteilung 3.4 in dem Beschluss vom 11. Dezember 2017 gewandt, nach der jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da sie jedoch Beschwerde gegen den Beschluss in seiner Gesamtheit eingelegt hat, ist davon auszugehen, dass sie alle Ziffern des Tenors und somit auch die Kostenentscheidung angreift. Es sind allerdings auch in Bezug auf das Amtsverfahren keine [X.] erkennbar, die eine Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] angezeigt erscheinen lassen. Ebenso ist seitens der Beschwerdeführerin hierzu nichts vorgetragen worden, so dass es bei dem [X.] zu Ziffer 2 des Tenors des Beschlusses vom 11. Dezember 2017 verbleibt.

6. Ebenso begegnet die nach § 63 Abs. 2 Satz 1 [X.] i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erfolgte und ebenfalls angegriffene Festsetzung des [X.] gemäß Ziffer 3 des Tenors des besagten Beschlusses keinen rechtlichen Bedenken, so dass es bei ihr verbleibt.

Meta

28 W (pat) 15/18

29.01.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 50 Abs 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.01.2021, Az. 28 W (pat) 15/18 (REWIS RS 2021, 9064)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9064

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