Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2023, Az. 3 StR 445/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 488

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Neues Strafurteil: Besonderes Begründungserfordernis bei Verhängung einer identischen Strafe durch den neuen Tatrichter nach Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. September 2022 aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hatte den Angeklagten wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom 8. März 2022 (3 [X.]) das Urteil unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch aufgehoben, weil das [X.] bei der Bemessung der Strafe die dem Angeklagten möglicherweise drohenden anwaltsgerichtlichen Sanktionen gemäß § 114 Abs. 1 [X.] nicht in den Blick genommen hatte.

2

Im zweiten Rechtsgang hat das [X.] den Angeklagten zu derselben Freiheitsstrafe wie zuvor verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

3

Das Urteil hält [X.] Nachprüfung nicht stand.

4

1. Wird ein Urteil auf ein Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten aufgehoben und trifft das neue Tatgericht Feststellungen, welche die Tat in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen, hält es aber dennoch eine gleich hohe Strafe für erforderlich, so hat es seine Entscheidung eingehend zu begründen; denn die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung in der aufgehobenen Entscheidung sind zwar kein Maßstab für die neue Strafzumessung. Jedoch hat der Angeklagte einen Anspruch darauf, zu erfahren, warum er für ein wesentlich geringeres Vergehen nun gleich hoch bestraft wird (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Juli 2020 - 1 StR 196/20, juris Rn. 6; vom 8. Dezember 2015 - 3 [X.], [X.], 34 Rn. 4; vom 28. April 2015 - 3 [X.], [X.], 207; vom 27. November 2012 - 3 StR 439/12, [X.], 113 mwN; vom 11. Juni 2008 - 5 [X.], [X.], 386, 387; vom 20. April 1989 - 4 StR 149/89, [X.]R StGB § 46 Abs. 1 Begründung 13; vom 20. August 1982 - 2 StR 296/82, NJW 1983, 54). Gleiches gilt für den Fall, dass sich die mildere Beurteilung aus einem im zweiten Verfahrensgang erstmals festgestellten schuldmildernden Umstand ergibt ([X.], Beschluss vom 10. Oktober 1990 - 2 [X.], [X.] 1991, 19).

5

Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Das [X.] hat keine Begründung für die Verhängung gleich hoher Strafen gegeben, obwohl es nunmehr zu Gunsten des Angeklagten angenommen hat, dass gegen ihn anwaltsgerichtliche Maßnahmen verhängt werden. Darüber hinaus hat es ausdrücklich ausgeführt, es habe „in besonderem Maße strafmildernd“ berücksichtigt, dass dem Angeklagten der Verlust seiner beruflichen und/oder wirtschaftlichen Basis droht. Trotz dieser - auch aus Sicht der Strafkammer - bedeutsamen neuen Strafmilderungsgründe lassen die Erwägungen zur Strafzumessung nicht erkennen, aus welchen Gründen das [X.] dennoch auf eine gleich hohe Strafe wie im früheren Urteil erkannt hat.

6

Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers ist das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben; jedoch können die - ergänzend getroffenen - Feststellungen bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

7

2. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Alternative 2 StPO Gebrauch und verweist die Sache an eine Strafkammer des [X.]s Oldenburg.

Schäfer     

  

Berg     

  

Erbguth

  

Kreicker     

  

Voigt     

  

Meta

3 StR 445/22

11.01.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aurich, 19. September 2022, Az: 11 KLs 45/20

§ 46 Abs 1 StGB, § 267 StPO, § 349 Abs 4 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2023, Az. 3 StR 445/22 (REWIS RS 2023, 488)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 488

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 217/23 (Bundesgerichtshof)

Urteilsbegründung bei Verhängung hoher Strafe


3 StR 466/23 (Bundesgerichtshof)


3 StR 416/15 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung bei schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und/oder Schutzbefohlenen: Begründung bei Verhängung der gleichen Strafe …


3 StR 439/12 (Bundesgerichtshof)

Jugendstrafverfahren: Begründungserfordernis bei Verhängung der gleichen Jugendstrafe nach Zurückverweisung


6 StR 227/23 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 StR 398/21

1 StR 196/20

3 StR 416/15

3 StR 92/15

3 StR 439/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.