Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2011, Az. VIII ZB 44/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10623

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.] ZB 44/10 vom 11. Januar 2011 in dem Rechtsstreit - 2 -
Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 11. Januar 2011 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.] und [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss der 10. Zivilkammer des [X.] vom 25. Mai 2010 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. [X.]: 16.800,98 • Gründe: [X.] Der Kläger, der zusammen mit der [X.] Mieter einer Wohnung der Beklagten in [X.]ist, verlangt von den Beklagten die Folgen ei-nes in der gemieteten Wohnung eingetretenen Wasserschadens ersetzt. Das Amtsgericht hat seine Klage durch ihm am 2. Januar 2010 zugestelltes Urteil abgewiesen. Seine dagegen gerichtete Berufung ist am 6. Februar 2010 bei dem [X.] eingegangen. Zur Begründung des gleichzeitig eingereichten Antrags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist hat der Kläger geltend gemacht: 1 - 3 - 2 Seine Prozessbevollmächtigte habe am Abend des 2. Februar 2010 die Berufungsschrift gefertigt und dreimal, nämlich um 20:46 Uhr, 20:59 Uhr und 23:40 Uhr, an das [X.] unter dessen Telefaxnummer zu übermitteln versucht. Die von ihr verwendeten Sendegeräte hätten jeweils beanstandungs-frei funktioniert, nicht dagegen das Empfangsgerät des [X.]s, das [X.] nur ein Freizeichen ausgesandt habe und aus ihr nicht bekannter Ursache nicht empfangsbereit gewesen sei. Ihre Sendeprotokolle, deren aufgedruckte Anfangszeit allerdings der tatsächlichen Anfangszeit um eine Stunde voraus gewesen sei, hätten die Sendeversuche jeweils mit dem Bemerken "Be-setzt/Keine Antw." als nicht erfolgreich abgeschlossen protokolliert, so dass das [X.] für sie unter der angegebenen Telefaxnummer bis zum Fristablauf nicht zu erreichen gewesen sei. Das [X.] hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen, weil die Pro-zessbevollmächtigte des [X.] nicht glaubhaft gemacht habe, dass die Über-tragung der von ihr gefertigten Berufungsschrift an einer Fehlfunktion der Fax-geräte des [X.]s gescheitert sei. Ebenso sei es denkbar, dass zu den jeweiligen Übertragungszeitpunkten sämtliche Leitungen belegt gewesen seien, womit die Prozessbevollmächtigte habe rechnen müssen. Sie habe den Über-tragungsvorgang deshalb angesichts des unmittelbar bevorstehenden Fristab-laufs rechtzeitig beginnen müssen und ihn nicht vorzeitig abbrechen dürfen. Die von ihr unternommenen zwei oder - wenn man entgegen der [X.] in den [X.] von einem weiteren Übermittlungsversuch vor Fristablauf ausgehe - drei [X.] hätten diesen Anforderungen nicht ge-nügt. 3 Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde. 4 - 4 - I[X.] 5 Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entschei-dung ist aus nachstehenden Gründen unter Verletzung des Verfahrensgrund-rechts des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ergangen und verletzt zugleich dessen verfassungsrechtlich verbürgten [X.] auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaats-prinzip), weil sie in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtferti-gender Weise die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung ei-nes Wiedereinsetzungsgrundes überspannt (vgl. Senatsbeschluss vom [X.] [X.] ZB 97/08, NJW-RR 2010, 998 Rn. 8 mwN). 6 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Es kann allerdings dahin-stehen, ob der angefochtene Beschluss schon deshalb rechtsfehlerhaft ist, weil er - wie die Rechtsbeschwerde rügt - nicht ausreichend mit Gründen versehen ist. Denn soweit das Berufungsgericht sich in den Gründen seines Beschlusses mit der darin wiedergegebenen Begründung des [X.] auseinandergesetzt hat, unterliegt die angefochtene Entscheidung auch des-halb der Aufhebung, weil das Berufungsgericht - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht - bei der Zurückweisung des Antrages einen wesentli-chen Umstand in den Darlegungen des [X.] zu einer nicht in seine [X.] fallenden Ursache für die gestörte Telefaxübermittlung übergangen hat. 7 - 5 - 8 a) Grundsätzlich gilt, dass die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax in allen Gerichtszweigen zulässig ist. Wird dieser Übermittlungs-weg - wie hier - durch ein Gericht eröffnet, dürfen die aus den technischen Ge-gebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Das gilt im [X.] für Störungen des Empfangsgeräts im Gericht. Denn in diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in der Sphäre des Gerichts. Der Nutzer hat vielmehr mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmedi-ums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der [X.] das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss zum Fristablauf - hier bis 24.00 Uhr des 2. Februar 2010 - zu rechnen ist ([X.], NJW 2006, 829; [X.], Beschlüsse vom 9. November 2004 - [X.], juris unter II; vom 30. [X.] 2003 - [X.], NJW-RR 2004, 283 unter [X.]; vom 30. Oktober 1996 - [X.], NJW-RR 1997, 250 unter II; jeweils mwN). Allerdings dürfen - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat - dem Absender angezeigte Störungen des Übermittlungsvorgangs nicht vorschnell dem Empfangsgerät des Gerichts zugeschrieben werden. Vielmehr ist der Absender gehalten, den ihm erkennbar gewordenen Übermitt-lungsfehler bis zum Fristablauf zu beheben und zumindest weitere Übermitt-lungsversuche zu unternehmen, um auszuschließen, dass die Übermittlungs-schwierigkeiten in seinem Bereich liegen. Bloße Zweifel an der Funktionstüch-tigkeit des [X.] können ihn insoweit nicht im Sinne von § 233 ZPO entlasten ([X.], aaO). Das gilt insbesondere dann, wenn der Absender nicht sicher sein kann, ob die Übermittlungsschwierigkeiten darauf beruhen, dass das Empfangsgerät des Gerichts durch andere eingehende Sendungen belegt ist. Denn dies ist ein Umstand, dem er zur Vermeidung eines [X.] - 6 - [X.] durch geeignete Vorkehrungen, insbesondere durch Einplanung einer gewissen Zeitreserve, Rechnung tragen muss, um gegebenenfalls durch Wie-derholung der [X.] einen Zugang des zu übermittelnden Schriftsatzes bis zum Fristablauf zu gewährleisten. Es gereicht ihm deshalb zum Verschulden, wenn er unter diesen Voraussetzungen den Übermittlungs-vorgang nicht rechtzeitig beginnt oder seine [X.] vorschnell aufgibt und die für ihn nicht aufklärbare Ursache der Übermittlungsschwierigkei-ten dem Empfangsgericht zuschreibt ([X.], aaO; NJW 2006, 1505, 1506; NJW 2007, 2838; ebenso auch [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 357 Rn. 11). b) Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus, wenn es der Prozessbe-vollmächtigten des [X.] als ein diesem gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechen-bares Verschulden anlastet, dass sie ihre Versuche zur fristwahrenden Über-mittlung der Berufungsschrift nicht im erforderlichen Maße wiederholt habe. Die Wertung des Berufungsgerichts, angesichts des in den [X.] ver-zeichneten [X.] "Besetzt/Keine Antw." sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Übertragung an einer Fehlfunktion der Faxgeräte des Land-gerichts gescheitert sei, vielmehr sei ebenso eine Belegung sämtlicher Leitun-gen zu den jeweiligen Übertragungszeitpunkten denkbar, übergeht jedoch - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - das an Eides Statt versi-cherte Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des [X.], wonach das [X.] bei den [X.]n Freizeichen ausgesendet habe und gleichwohl nicht empfangsbereit gewesen sei. Unter Berücksichtigung dessen, dass dieser Umstand außerhalb der [X.] des [X.] liegt und von ihm deshalb nicht näher aufgeklärt werden kann, hätte das Berufungs-gericht über dieses erhebliche Vorbringen nicht hinweggehen dürfen, sondern ihm nachgehen und sich zumindest einen Ausdruck aus dem Journal der auf Empfängerseite im fraglichen Zeitraum für den benutzten [X.] - 7 - gesetzten Telefaxgeräte vorlegen lassen müssen, um daraus weitere [X.] über die vom Kläger behaupteten Funktionsstörungen zu gewinnen (vgl. etwa [X.], NJW 2006, 1505, 1506; [X.], Beschlüsse vom [X.] 1994 - [X.]/94, NJW-RR 1995, 442 unter [X.]; vom 18. März 1998 - [X.] 144/97, juris Rn. 6). II[X.] Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann nach alledem keinen [X.] haben. Da es weiterer tatsächlicher Aufklärung bedarf, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). 11 Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.12.2009 - 205 [X.]/09 - [X.], Entscheidung vom 25.05.2010 - 10 S 51/10 -

Meta

VIII ZB 44/10

11.01.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2011, Az. VIII ZB 44/10 (REWIS RS 2011, 10623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10623

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