Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. XII ZB 49/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3904

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[X.][X.]/07
vom 22. April 2009 in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 2, 3 Zum Wert der Beschwer bei Verurteilung zur [X.] über größere [X.] für länger zurückliegende Zeiträume. [X.], Beschluss vom 22. April 2009 - [X.]/07 - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 22. April 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Klinkhammer beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluss des 1. Familiensenats des [X.] vom 27. März 2007 aufgehoben. [X.] wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Ober-landesgericht zurückverwiesen.
Gründe: [X.] Die Parteien, deren Ehe auf den am 23. Dezember 1998 zugestellten [X.] durch Urteil vom 21. September 1999, rechtskräftig seit 9. November 1999, geschieden worden ist, streiten um Zugewinnausgleich. 1 Der im Wege der Stufenklage auf [X.] in Anspruch genommene [X.] war an drei im landwirtschaftlichen Bereich tätigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung beteiligt, die Eigentümer verschiedener Grundstücke sind und Acker- sowie Grünland bewirtschaften (lt. Feststellungen des Amtsgerichts [X.] 1998: 12.480.000 •, 1.950.000 • und 900.000 •; Eigenkapital 2 - 3 - 1998: 2.480.000 •, 420.000 • und 650.000 •). Zum Teil vor Beginn, zum Teil während des vorliegenden Verfahrens [X.] Instanz legte der [X.] der Klägerin - neben einem auf den Stichtag bezogenen Vermögensverzeichnis - die [X.] und die Jahresabschlüsse dieser Gesellschaften für die Jahre 1995/1996 bzw. 1996, 1997 und 1998 vor. Die Gesellschaften hatten in größe-rem Umfang Sonderabschreibungen vorgenommen und - in Ausübung bilanziel-ler Wahlrechte - die Werte von [X.] nicht in die Bilanzen eingestellt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den [X.]n verurteilt, bezogen auf die drei genannten Gesellschaften für die Jahre 1995/1996 bzw. 1996 sowie 1997 und 1998 [X.] zu erteilen durch die Vorlage 3 "a) einer detaillierten Darstellung der getätigten Sonderabschreibungen ... nach [X.] bzw. Einzelobjekten, b) detaillierter Inventarlisten, insbesondere zu [X.] und selbst erzeugten Vorräten, c) detaillierter Auflistungen der Pachtverträge, aus denen sich insbe-sondere die Restlaufzeiten, die Modalitäten der Vertragsverlängerung und die Verpflichtung des Pächters bei Vertragsende ergeben, d) einer detaillierten Aufstellung des Immobilienbesitzes und Angabe der wertbildenden Faktoren der Grundstücke bzw. Grundstücksbeteili-gung nach Lage, Größe, Art der aufstehenden Bebauung, Nutzung und zukünftiger Nutzungserwartung und e) einer Aufstellung der stillen Reserven." Die gegen das Teilurteil eingelegte Berufung des [X.]n hat das [X.] als unzulässig verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 • nicht übersteige. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der [X.]. 4 - 4 - I[X.] 5 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. Die angefochtene Entscheidung verletzt das [X.] [X.]n auf wirkungsvollen Rechtsschutz, weil sie den Wert des [X.] ermessensfehlerhaft unter der Berufungs-grenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO festsetzt und dem [X.]n dadurch den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise verwehrt ([X.] 151, 221, 226 f.). 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg; sie führt zur [X.] und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 6 a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung, der Wert der Beschwer betrage weniger als 600 •, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Beschwer des [X.]n sei mit dem Aufwand an Zeit und Kos-ten anzusetzen, der ihm durch das Erteilen der [X.] erwachse. Sollte der [X.], wie von ihm ursprünglich dargelegt, den [X.]sanspruch mit den von ihm übermittelten Unterlagen bereits erfüllt haben, sei dieser Aufwand schon deshalb gering, weil der [X.] die frühere [X.] nur durch Ferti-gung und Übersendung von Ablichtungen wiederholen müsste. Im Übrigen sei die Beschwer auch deshalb unterhalb des Wertes von 600 • anzunehmen, weil der [X.] nur die Sonderabschreibungen aufzulisten sowie eine nach den Gegenständen Inventar, Pachtverträge und Immobilien [X.] vorzulegen habe. Die "Aufstellung der stillen Reserven", zu wel-cher der [X.] verurteilt sei, sei "verständig zu lesen" und demgemäß so zu verstehen, dass der [X.] in der Bilanz enthaltene Posten zu beschreiben 7 - 5 - habe, deren Zeitwert er als höher als in der Bilanz ausgewiesen annehme. Für die dem [X.]n danach aufgegebenen Tätigkeiten bedürfe es keiner beson-deren Sachkunde, welche die Hilfe eines Steuerberaters erforderlich mache. 8 b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 9 Zu Recht und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des [X.], auch des [X.]s, ist das [X.] allerdings davon ausgegangen, dass sich die Beschwer einer zur [X.] verurteilten Partei nach deren Interesse richtet, die [X.] nicht erteilen zu müssen. Für die Bewertung dieses Interesses kommt es, soweit ein besonderes [X.] nicht zu erkennen ist, auf den Zeit- und Arbeitsaufwand an, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten [X.] verursacht ([X.] - [X.] - 128, 85, 87 ff. = [X.], 349, 350; vgl. etwa [X.]sbeschlüsse vom 14. Januar 2009 - [X.] ZB 146/08 - [X.], 594, 595 und vom 28. Januar 2009 - [X.] ZB 121/08 - [X.], 595, 596). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können dabei nur dann berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der [X.]spflichtige zu einer sachgerechten [X.]serteilung allein nicht in der Lage ist (vgl. etwa [X.]sbeschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.] ZB 25/05 - [X.], 33, 34). In dem so gezogenen Rahmen hat das Berufungsgericht im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur [X.]serteilung den Wert der Beschwer gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzuset-zen. Die Bewertung des Berufungsgerichts kann vom [X.] nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. etwa [X.]sbeschluss vom 3. November 2004 - [X.] ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105). Beides ist hier Fall. 10 - 6 - aa) Eine Ermessensüberschreitung liegt insoweit vor, als das Berufungs-gericht den Wert der Beschwer bereits deshalb mit weniger als 600 • bewerten will, weil der [X.] - wie er ursprünglich dargelegt habe - die [X.] be-reits erteilt habe und er deshalb die erteilte [X.] nur wiederholen müsse. Der [X.] hat in [X.] Instanz geltend gemacht, seine [X.]spflicht bezüglich seiner Gesellschaftsbeteiligungen durch die - bereits erfolgte - Vorlage der [X.] und der Jahresabschlüsse für 1995/1996 bzw. 1996 sowie für 1997 und 1998 erfüllt zu haben. Diese Rechtsauffassung hat das Amtsge-richt im angefochtenen Teilurteil wie auch in zwei diesem vorausgegangenen Hinweisbeschlüssen zurückgewiesen. Vor diesem Hintergrund überschreitet eine Bewertung des [X.], die den [X.]n unter Hinweis auf seine früher geäußerte Rechtsauffassung darauf verweist, seine in erster Instanz erteilte [X.] lediglich zu wiederholen und so seinen bewertungser-heblichen Aufwand auf Ablichtungen und [X.] zu beschränken, den von § 3 ZPO gezogenen Ermessensrahmen. Dies gilt um so mehr, als auch das [X.] selbst in seinem begründeten Vergleichsvorschlag (vom 21. [X.]) nicht nur den Tenor des amtsgerichtlichen Urteils in einem deut-lich weitergehenden Sinne verstanden, sondern den [X.]n auch zu einer weitergehenden [X.] für verpflichtet gehalten hat. 11 bb) [X.] sind die zusätzlichen Überlegungen, auf die das Berufungsgericht seine Auffassung stützt, der Wert der Beschwer erreiche die [X.] nicht. Seine Erwägungen lassen wesentlichen Tatsachenstoff außer Betracht. 12 Das Berufungsgericht geht davon aus, dass es dem [X.]n ohne [X.] und aus eigener Sachkunde möglich sei, Listen über [X.], [X.], Pachtverträge und Immobilien der Gesellschaften, an denen er beteiligt war, zu erstellen. Dabei ist davon auszugehen, dass sich 13 - 7 - - auch nach Auffassung des Berufungsgerichts - die entsprechenden Daten nicht bereits aus den Jahresabschlüssen ergeben; denn anderenfalls wäre die dem [X.]n im amtsgerichtlichen Urteil, aber auch in dem begründeten [X.] des Berufungsgerichts aufgegebene Auflistung dieser Um-stände entbehrlich und nicht mehr Gegenstand der [X.]spflicht. 14 Bei dieser Beurteilung lässt das Berufungsgericht indes unberücksichtigt, dass die vom [X.]n geforderten Feststellungen auf die Bilanzjahre 1995/ 1996 bzw. 1996 sowie 1997 und 1998 bezogen sein sollen - mithin auf einen Zeitpunkt, der bei Einlegung des Rechtsmittels (Mai 2005) zum Teil über zehn Jahre zurücklag. Es ist nicht ersichtlich, wie der [X.] auch bei [X.] der Gesellschaften dieser Aufgabe ohne sachkun-digen Beistand - etwa des Steuerberaters dieser Gesellschaften - verantwortlich nachkommen soll. Nicht in die Erwägungen einbezogen wird vom Berufungsge-richt auch der Umstand, dass die von den Gesellschaften betriebenen Unter-nehmen - mit einem Bilanzvolumen von zum Teil mehreren Millionen Euro - ei-nen beachtlichen Geschäftsumfang aufweisen und dem [X.]n jeweils "de-taillierte" Angaben zu allen Positionen abverlangt werden. So sollen die [X.] u. a. Angaben über die (in den Jahresabschlüssen nicht ausgewiese-nen) "Feldbestände und selbst erzeugten Vorräte" machen. Die Aufstellung des [X.] soll sich zu den "wertbildenden" Faktoren wie "Lage, Größe, Art der aufstehenden Bebauung, Nutzung und zukünftige Nutzungser-wartung" verhalten. Wie ein Laie eine solche - zudem auf länger zurückliegende Zeiträume bezogene - Aufschlüsselung ohne fachkundige Hilfe verantwortlich bewirken soll, erschließt sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich. [X.] ist auch die Annahme, die Verurteilung, eine "Auf-stellung der stillen Reserven" zu fertigen, sei bei verständiger Lesart dahin zu 15 - 8 - verstehen, dass der [X.] lediglich "in der Bilanz enthaltene Posten zu be-schreiben" habe, deren Zeitwert er - der [X.] - höher als in der Bilanz [X.] annehme; auch in diesem Falle gehe es mithin nur um eine Auflistung bestimmter Gegenstände mit der Angabe ihrer wertbildenden Eigenschaften. Der - auch im Vergleichsvorschlag des Berufungsgerichts verwandte - Begriff der "stillen Reserve" ist, wie das Berufungsgericht nicht verkennt, fest umrissen. Schon deshalb kann er nicht im Sinne einer "verständigen" Interpretation des angefochtenen Urteils subjektiviert und auf bloße - nach Grund und Höhe nicht näher bestimmte - "Annahmen" des [X.]n über etwaige Divergenzen von Bilanz- und Zeitwert einzelner Wirtschaftsgüter reduziert werden. Schon im Hinblick auf die Nachteile, die sich bei einem - entgegen der Interpretation des [X.]s - strikten Verständnis des amtsgerichtlichen Urteils aus dessen Vollstreckung ergeben können, ist es dem [X.]n nicht zumutbar, bei der ihm aufgegebenen Aufstellung stiller Reserven auf eine Hinzuziehung fachlicher Hilfe - etwa des für die Jahresabschlüsse der Gesellschaften verant-wortlichen Steuerberaters - zu verzichten. Jedenfalls kann dem [X.]n nicht angesonnen werden, sich - im Vertrauen auf die vom Berufungsgericht für "[X.]" erachtete Interpretation und ohne Inanspruchnahme anwaltlichen Ra-tes - bei der Erfüllung des Urteils auf die Formulierung wertbildender Faktoren bei einzelnen Wirtschaftsgütern zu beschränken und in der Folge die Risiken einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung hinzuneh-men. Kosten, die aufgrund der danach gebotenen Inanspruchnahme fachlicher Hilfe oder anwaltlicher Beratung anfallen, sind somit für die dem [X.]n auf-gegebene [X.] unerlässlich; das [X.] durfte sie bei der Be-messung des Wertes der Beschwer des [X.]n deshalb nicht unberücksich-tigt lassen (zur Berücksichtigung der für die Abwehr von [X.] anfallenden Kosten vgl. [X.]surteil vom 10. Dezember 2008 - [X.] ZR 108/05 - [X.], 495, 496). - 9 - Unberücksichtigt gelassen hat das [X.] auch die Schwie-rigkeiten, die sich für den [X.]n aus dem Umstand ergeben können, dass er - nach seinem unbestrittenen Vortrag in der zweiten Instanz - inzwischen nicht mehr Gesellschafter der genannten Gesellschaften ist. Dieser Umstand ist für die Bemessung des Wertes seiner Beschwer zwar nur insoweit erheblich, als er in dem für die Wertbemessung maßgebenden Zeitpunkt der [X.] bereits eingetreten war ([X.]surteil vom 10. Dezember 2008 - [X.] ZR 108/05 - [X.], 495, 496). Ob dies der Fall war, hätte das [X.] bei der Wertermittlung allerdings aufklären müssen (§ 139 ZPO). Dass das Berufungsgericht entsprechende Feststellungen nicht getroffen hat, begründet ebenfalls einen Ermessensfehler (vgl. [X.]sbeschluss vom 31. Ja-nuar 2007 - [X.] ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714). 16 3. Der angefochtene Beschluss kann nach allem nicht bestehen bleiben. Der [X.] vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. [X.] war daher an das [X.] zurückzuverweisen. 17 Hahne [X.] [X.] [X.]Klinkhammer Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.04.2005 - 5 [X.]/02 - [X.], Entscheidung vom 27.03.2007 - 10 UF 96/05 -

Meta

XII ZB 49/07

22.04.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. XII ZB 49/07 (REWIS RS 2009, 3904)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3904

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