Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2013, Az. VII ZR 371/12

7. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 771

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Gegenstand

Streit um die Verwirkung einer Vertragsstrafe bei Überschreitung des Fertigstellungstermins für Bauleistungen: Eigenständige Inhaltskontrolle für eine bezugnehmende Formularklausel; Revisionszulassung wegen vereinzelter Abweichung von Oberlandesgerichten von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs


Leitsatz

1. Wird in einer Vertragsstrafenklausel wegen der strafbewehrten Fristen auf eine weitere Klausel Bezug genommen, in der die Fertigstellungsfrist neben anderen Fristen gesondert aufgeführt ist, so liegt insoweit eine trennbare Regelung der Vertragsstrafe vor, die einer eigenständigen Inhaltskontrolle unterzogen werden kann (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. Januar 1999, VII ZR 73/98, BauR 1999, 645).

2. Eine Zulassung der Revision ist nicht allein deshalb geboten, weil andere Oberlandesgerichte als das Berufungsgericht vereinzelt von einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichen, ohne diese Abweichung zu begründen.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 2. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Gegenstandswert: 63.336 €

Gründe

1

1. Die Klägerin beauftragte die zwischenzeitlich insolvente [X.] mit der Ausführung eines Wärmedämmverbundsystems. Sie nimmt die Beklagte aus [X.] in Anspruch, weil die [X.] durch Überschreitung des Fertigstellungstermins eine Vertragsstrafe in Höhe von 63.336 € verwirkt habe. Die Parteien streiten u.a. über die Wirksamkeit der Vertragsstrafenvereinbarung. Der Vertrag zwischen der Klägerin und der [X.] enthielt dazu folgende Regelungen:

"§ 8 Ausführungsfristen - Behinderungen

1. Für die zeitgerechte Ausführung der Bauleistungen ist der vereinbarte Terminplan maßgeblich. Folgende, dort aufgeführte Einzeltermine werden als Vertragstermine vereinbart

a) Beginn der Ausführung: spätestens 12 Kalendertage nach Abruf der Leistung

b) Zwischen- und Fertigstellungstermine sind im Bauzeitenplan festgelegt, welcher nach Anerkenntnis der Vertragsparteien wesentlicher Bestandteil des Werkvertrags wird

c) [X.] Baumaßnahme: 20.9.2002.

§ 10 Vertragsstrafe

1. Überschreitet der Auftragnehmer aus von ihm zu vertretenden Gründen einen Vertragstermin, hat er hierfür an den Auftraggeber eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % pro Werktag, höchstens aber 10 % der sich aus der Schlussrechnung ergebenden [X.] zu leisten. Bei mehrfacher Überschreitung der Vertragstermine findet eine Kumulation nicht statt, so dass auch der Höchstbetrag nur einmal berechnet werden kann."

2

Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, 63.336 € nebst Zinsen zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der [X.]. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

3

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

4

a) Das Berufungsgericht hält das [X.] jedenfalls für wirksam, soweit es sich auf die hier allein maßgebliche Überschreitung des Fertigstellungstermins beziehe. Die Klausel sei insoweit trennbar und nicht zu beanstanden. Da die Klägerin den [X.] ausschließlich auf die Überschreitung des Fertigstellungstermins stütze, ergebe sich unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Kumulierung kein Bedenken. Der Höchstbetrag von 10 % der [X.] sei nach der Rechtsprechung des [X.] nicht überhöht, wenn die Vereinbarung - wie hier - vor Bekanntwerden der Entscheidung des [X.] vom 23. Januar 2003 - [X.], [X.], 311 getroffen worden sei.

5

b) Die Beschwerde macht unter anderem geltend, die [X.] sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil hinsichtlich der Verzögerungen nicht zwischen [X.] und [X.] unterschieden werde. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Senats sei nach dem heutigen Stand der [X.] zu "[X.]" nicht mehr aufrechtzuerhalten. Mehrere Oberlandesgerichte hätten entschieden, dass die in Rede stehende [X.] unwirksam sei und sich nicht in einen unwirksamen - die [X.] betreffenden - und einen wirksamen - den [X.]stermin betreffenden - Teil aufteilen ließe. Die Vertragsstrafenregelung benachteilige die Auftragsnehmerin zudem deshalb unbillig, weil sie die Vertragsstrafe nach der Brutto- statt nach der Nettoauftragssumme bemesse.

6

c) Damit ist einer der in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Gründe, die Revision zuzulassen, nicht gegeben.

7

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die zwischen den Parteien vereinbarte [X.] wirksam, soweit die Überschreitung des Fertigstellungstermins unter Strafe gestellt worden ist. Die Vertragsstrafe für die Überschreitung des Fertigstellungstermins ist nach der Vertragsgestaltung eine eigenständige Regelung, die inhaltlich, optisch und sprachlich von der Vertragsstrafe für die Überschreitung sonstiger Termine getrennt ist. Die trennbare, aus sich heraus verständliche Regelung kann einer eigenen Inhaltskontrolle unterzogen werden. Dieser hält sie stand ([X.], Urteil vom 14. Januar 1999 - [X.], [X.], 645, 646 f.; Urteil vom 18. Januar 2001 - [X.], [X.], 791, 792 = NZBau 2001, 257).

8

bb) Die Ausführungen der Beschwerde geben keinen Anlass, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Der Senat hat sich bereits in den genannten Entscheidungen damit auseinandergesetzt, dass die Klausel hinsichtlich der Vertragsstrafe für die Überschreitung des Fertigstellungstermins ungeachtet des Umstands wirksam ist, dass die Überschreitung vorhergehender Termine ebenfalls und dazu noch in bedenklicher Weise strafbewehrt ist. Insoweit bringt die Nichtzulassungsbeschwerde im Ergebnis keine neuen Argumente. Das gilt auch für den Hinweis auf den sogenannten Summierungseffekt.

9

cc) Soweit die Beschwerde meint, die Revision sei zuzulassen, weil die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise davon abweiche, kann dem nicht gefolgt werden. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht in Übereinstimmung mit der gefestigten Rechtsprechung des [X.]. Damit ist die Revision weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Besteht eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, gibt es eine Leitlinie, an der sich andere Gerichte orientieren können und es gibt keinen Klärungsbedarf mehr. Allein der Umstand, dass Oberlandesgerichte vereinzelt die Rechtsprechung des [X.] nicht berücksichtigen, erfordert die Zulassung der Revision nicht, wenn es nichts zusätzlich zu klären gibt. Ein zusätzlicher Klärungsbedarf kann dadurch entstehen, dass diejenigen Oberlandesgerichte, die dem [X.] nicht folgen, dafür beachtenswerte Argumente entwickeln, mit denen sich der [X.] noch nicht ausreichend auseinandergesetzt hat (Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 543 Rn. 5a; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 543 Rn. 7). So liegt es hier nicht. Die von der Beschwerde zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte setzen sich mit der Rechtsprechung des Senats in dem hier interessierenden Punkt nicht auseinander. Das [X.] ([X.] 2003, 1416) zitiert zwar die Entscheidung des Senats vom 14. Januar 1999 - [X.], befasst sich jedoch nicht mit der Frage, ob die Vertragsstrafe für die Endtermine einer eigenen Inhaltskontrolle zugängig ist. Gleiches gilt für die Entscheidung des [X.] ([X.], 1591 = NZBau 2010, 566). Auch die Entscheidung des [X.] (NZBau 2012, 237) erwähnt nicht die Rechtsprechung des Senats, wobei nach dem Inhalt der Entscheidung offen bleibt, ob überhaupt eine Vertragsstrafe für die Überschreitung des Fertigstellungstermins geltend gemacht worden ist.

dd) Einen Klärungsbedarf gibt es auch nicht zu der Frage, ob die Vertragsstrafe in vor dem 30. Juni 2003 geschlossenen Verträgen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 8. Juli 2004 - [X.], [X.], 1609 = NZBau 2004, 609) mit einem Tagessatz von 0,2 Prozent und einem Höchstsatz von 10 % der [X.] vereinbart werden kann. Das hat der [X.] bereits bejaht ([X.], Urteil vom 18. Januar 2001 - [X.], [X.], 791, 793 = NZBau 2001, 257).

3. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).

Kniffka                       Safari Chabestari                        Eick

               Kosziol                                     [X.]

Meta

VII ZR 371/12

27.11.2013

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 2. März 2012, Az: 12 U 2/10

§ 307 Abs 1 BGB, § 341 BGB, § 543 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2013, Az. VII ZR 371/12 (REWIS RS 2013, 771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 771

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