Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.02.2018, Az. IX ZR 83/17

9. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13440

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EUGVVO IZVR EINSEITIGE ERLEDIGUNGSERKLÄRUNG ENTGEGENSTEHENDE RECHTSHÄNGIGKEIT

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Gegenstand

Unzulässigkeit einer bei einem deutschen Gericht erhobenen Klage bei Anhängigkeit der Klage bei einem international zuständigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union; Verfahrensaussetzung und Erledigung der Hauptsache


Leitsatz

1. Eine bei einem deutschen Gericht erhobene Klage ist von Anfang an unzulässig, wenn wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bereits eine Klage bei einem international zuständigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union anhängig ist.

2. Wird ein vor einem deutschen Gericht anhängiges Verfahren wegen einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bereits anhängigen Klage ausgesetzt, bewirkt die Feststellung der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts im inländischen Verfahren nicht die Erledigung der Hauptsache.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des [X.] vom 10. März 2017 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Niederlassung in [X.], [X.]. Er vertrat im Jahr 2013 den Beklagten sowie dessen ebenfalls in [X.] wohnhafte Geschwister in einem Zivilprozess vor dem Bezirksgericht [X.] in [X.]. Das für seine Tätigkeit angefallene Honorar in Höhe von 3.447,54 € machte der Kläger nebst weiteren Kosten gegen den Beklagten und dessen Geschwister als Auftraggeber in [X.] gerichtlich geltend. Seine im Juli 2014 beim Bezirksgericht [X.] erhobene, auf Zahlung von insgesamt 3.965,18 € gerichtete Klage wurde an das Bezirksgericht [X.] verwiesen und dort mangels internationaler Zuständigkeit mit Beschluss vom 27. Februar 2015 abgewiesen. Der Kläger legte hiergegen Rekurs zum Landesgericht [X.] ein. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 20. August 2015 stellte dieses die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts [X.] fest und verwies das Verfahren im Übrigen an das Bezirksgericht zurück, wo sich die Parteien am 6. Oktober 2015 in Höhe der Klageforderung verglichen.

2

Im März 2015 hat der Kläger sein Honorar auch vor [X.] Gerichten geltend gemacht, gegen den Beklagten beim [X.]. Dieses hat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 das Verfahren bis zur Entscheidung der [X.] Gerichte über ihre Zuständigkeit ausgesetzt. Nach dem Abschluss des Verfahrens in [X.] hat der Kläger den Rechtsstreit vor dem [X.] für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

3

Das Amtsgericht hat die nunmehr auf Feststellung der Erledigung gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.]n hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung des [X.].

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die ursprüngliche Zahlungsklage habe sich nach Rechtshängigkeit dadurch erledigt, dass sich die [X.] Gerichte für international zuständig erklärt hätten, so dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gleichen Inhalts in [X.] entfallen sei. Die Klage vor dem [X.] sei bei Einreichung nicht unzulässig gewesen. Die Vorschrift des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO gelte nicht für den Fall von Klagen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der [X.]. Gemäß Art. 29 der Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ([X.]. Nr. L 351/1, fortan "[X.]") sei das Verfahren bei dem später angerufenen Gericht auszusetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststehe. Solange dieses nicht über seine internationale Zuständigkeit entschieden habe, sei die Klage vor dem später angerufenen Gericht schwebend zulässig. Art. 29 [X.] wolle es gerade ermöglichen, dass bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen mit demselben Streitgegenstand anhängig gemacht werden. Diesem Regelungszweck liefe es zuwider, müsste ein Kläger, wenn sich das von ihm berechtigterweise zuerst angerufene Gericht tatsächlich für zuständig erklärt, die Kosten des zweiten Verfahrens tragen.

II.

6

Die Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht eine Erledigung der Hauptsache festgestellt.

7

1. Wenn ein Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt, der [X.] dem aber widerspricht und Klageabweisung beantragt, hat das Gericht durch Urteil zu entscheiden, ob Erledigung eingetreten ist oder nicht ([X.], Urteil vom 6. Dezember 1984 - [X.], NJW 1986, 588 f). Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde ([X.], Urteil vom 17. Juli 2003 - [X.], [X.]Z 155, 392, 395; vom 27. Januar 2010 - [X.], [X.]Z 184, 128 Rn. 18; jeweils mwN). Das Gericht muss die Klage abweisen, wenn eine der beiden Voraussetzungen nicht vorlag ([X.], Urteil vom 17. April 1984 - [X.], [X.]Z 91, 126, 127).

8

2. Von diesem Maßstab ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die vor dem Amtsgericht erhobene Zahlungsklage bis zu der als maßgeblich angesehenen Entscheidung des [X.] über die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte schwebend zulässig gewesen und erst infolge dieser Entscheidung unzulässig geworden sei. Die vor dem Amtsgericht erhobene Klage war von Anfang an unzulässig, weil der Kläger wegen desselben Anspruchs gegen den [X.]n bereits vor einem international zuständigen Gericht in [X.] einen Rechtsstreit führte, der bis zu dessen vergleichsweiser Beendigung rechtshängig blieb.

9

a) Die Rechtshängigkeit der Streitsache hat nach [X.] Zivilprozessrecht die Wirkung, dass während der Dauer der Rechtshängigkeit die Streitsache von keiner [X.] anderweitig anhängig gemacht werden kann (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dadurch soll verhindert werden, dass der [X.] und die Gerichte sich in mehreren Verfahren mit derselben Sache befassen müssen und dass einander widersprechende Urteile ergehen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Januar 1952 - [X.], [X.]Z 4, 314, 322; vom 17. Mai 2001 - [X.], NJW 2001, 3713; vom 7. März 2002 - [X.], [X.], 1503 unter II. 1.). Das [X.] Prozessrecht behandelt die anderweitige Rechtshängigkeit als negative Prozessvoraussetzung, die von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., grundlegend [X.], 338, 344 f; [X.], Urteil vom 15. Januar 1985 - [X.], [X.], 673; vom 28. Mai 2008 - [X.], [X.]Z 176, 365 Rn. 19; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 261 Rn. 5 und 42). Eine später gegen dieselbe [X.] über denselben Streitgegenstand erhobene Klage ist während der Dauer der anderweitigen Rechtshängigkeit von Anfang an unzulässig ([X.], Beschluss vom 2. Dezember 2014 - [X.], [X.], 69 Rn. 15; [X.], [X.], 124 Rn. 34; [X.]/[X.], aaO § 261 Rn. 42).

b) § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO regelt unmittelbar nur die Wirkungen der Rechtshängigkeit einer Streitsache vor einem [X.]n Gericht. Die Rechtshängigkeit der Streitsache vor einem ausländischen Gericht steht nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] der Rechtshängigkeit vor einem inländischen Gericht aber gleich, wenn das ausländische Urteil hier anzuerkennen sein wird (vgl. etwa [X.], Urteil vom 18. März 1987 - [X.], [X.], 826; vom 12. Februar 1992 - [X.], [X.], 1058, 1059; vom 24. Oktober 2000 - [X.], NJW 2001, 524, 525; vom 28. Mai 2008, aaO Rn. 17). Sie steht unter dieser Voraussetzung einer nachfolgenden Klage in gleicher Weise von Anfang an entgegen, wie gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache in [X.].

c) Aus Art. 29 [X.] ergibt sich nicht, dass die in [X.] erhobene Klage abweichend von den vorstehenden Grundsätzen zunächst zulässig war.

aa) Für den hier gegebenen Fall der doppelten Rechtshängigkeit einer Streitsache bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten der [X.] bestimmt Art. 29 Abs. 1 und 3 [X.], dass das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen auszusetzen hat, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht; sobald dies der Fall ist, hat sich das später angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären. Die doppelte Rechtshängigkeit ein und desselben Streitgegenstandes ist danach wie im [X.]n Zivilprozessrecht auch im Verhältnis zwischen den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten der [X.] beachtlich und steht einer Sachentscheidung des später angerufenen Gerichts entgegen. Im Interesse einer geordneten und abgestimmten Rechtspflege innerhalb der [X.] sollen so weit wie möglich Parallelverfahren und widersprüchliche Entscheidungen in verschiedenen Mitgliedstaaten verhindert werden (für Art. 21 des [X.] von 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - [X.]. [X.] 1972 Nr. L 299 S. 32, EuGVÜ - [X.], [X.]. [X.] 1979 Nr. [X.], 41; vgl. auch Erwägungsgrund 21 der [X.]), die sich daraus ergeben können, dass einem Kläger in den [X.] die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen in verschiedenen Mitgliedstaaten ermöglicht wird (für das EuGVÜ [X.], [X.] im [X.]n internationalen Zivilprozess, 1996, S. 33; für Art. 27 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 - [X.] aF - [X.] in [X.]/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 27 Rn. 1; für Art. 29 [X.] [X.]/Leible, [X.], 4. Aufl., Art. 29 [X.] Ia-VO Rn. 9).

bb) Die Regelung der Verordnung hat Vorrang vor dem Prozessrecht der einzelnen Mitgliedstaaten ([X.] in [X.]/[X.], [X.] I-Verordnung, 2012, vor [X.]. 27-30 Rn. 15; [X.]/[X.], aaO, Einl. [X.] Ia-VO Rn. 27 ff; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 261 Rn. 49, 53; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 261 Rn. 73; zu Art. 21 EuGVÜ [X.] 2001, 288, 289). Der Vorrang gilt jedoch nur insoweit, als die Regelung der Verordnung reicht. Art. 29 [X.] bestimmt die Rechtsfolge der doppelten Rechtshängigkeit dahin, dass sich das später angerufene Gericht, sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, für unzuständig zu erklären hat. In welcher Weise und auf wessen Kosten der später begonnene Rechtsstreit prozessual beendet wird, überlässt die Regelung dem nationalen Recht (vgl. [X.], aaO [X.]). Die [X.] Rechtsprechung hat schon zu den früheren Bestimmungen in Art. 21 EuGVÜ und Art. 27 [X.] aF entschieden, dass die Klage bei dem später angerufenen Gericht als unzulässig abzuweisen ist ([X.], Urteil vom 9. Oktober 1985, NJW 1986, 662; vom 8. Februar 1995 - [X.], NJW 1995, 1758, 1759; vgl. auch [X.], Urteil vom 19. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 180 Rn. 11). Dies entspricht der Rechtslage nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Die durch die anderweitige Rechtshängigkeit bewirkte Unzulässigkeit der späteren Klage besteht von Anfang an. Deswegen ist dem Kläger auch der Weg versperrt, die Kosten über eine Erledigungserklärung auf den [X.]n abzuwälzen.

d) Selbst unter der Annahme, Art. 29 [X.] regle auch den Zeitpunkt, ab dem die Klage beim später angerufenen Gericht unzulässig ist, träfe die Ansicht des Berufungsgerichts, die spätere Klage sei bis zur Feststellung der Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts zulässig, nicht zu. Eine solche vorübergehende Zulässigkeit der später erhobenen Klage kann nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass Art. 29 Abs. 1 [X.] eine Aussetzung des Verfahrens vorschreibt, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Das Aussetzungsgebot betrifft ausschließlich das vom Zweitgericht einzuhaltende Verfahren.

aa) Nach der ursprünglichen Regelung in Art. 21 EuGVÜ hatte sich, wenn bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben [X.]en anhängig gemacht wurden, das später angerufene Gericht von Amts wegen zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären. Falls die Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geltend gemacht wurde, konnte das Gericht, das sich für unzuständig zu erklären hätte, die Entscheidung aussetzen. Diese Regelung brachte zum Ausdruck, dass eine zweite Klage unzulässig war, wenn in einem anderen Vertragsstaat bereits eine Klage über denselben Anspruch vor einem international zuständigen Gericht anhängig war. Durch Art. 8 des Übereinkommens über den Beitritt des [X.] und der [X.] von 1989 ([X.]. [X.] 1989 Nr. L 285, [X.]) wurde die Regelung dahin geändert, dass die bisher fakultative Aussetzung obligatorisch wurde. Eine sofortige Prozessabweisung durch das Zweitgericht wurde in den Fällen als zu radikal angesehen, in denen die Erhebung der zweiten identischen Klage zur Fristwahrung oder Verjährungsunterbrechung erfolgte (vgl. hierzu für das [X.]/Möller, [X.]. [X.] 1990 Nr. [X.], 78 Nr. 64; übernommen für das EuGVÜ nF, vgl. [X.]/Real/[X.] zum Beitrittsübereinkommen 1989, [X.]. [X.] 1990 Nr. [X.], 48 Nr. 28). Der Ausgangspunkt, dass die zweite Klage angesichts der bereits bei einem anderen, international zuständigen Gericht anhängigen Klage unzulässig ist, änderte sich dadurch nicht. Es sollte lediglich vermieden werden, dass nach sofortiger Abweisung der zweiten Klage ein neues Verfahren eingeleitet werden musste, sofern sich später die Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts herausstellte (vgl. [X.], Die ausländische Rechtshängigkeit und ihre Auswirkungen auf das internationale Zivilverfahrensrecht, 1999, [X.]92).

bb) Die Regelung in Art. 29 Abs. 1 und 3 [X.] entspricht, wie schon die Vorgängerregelung in Art. 27 [X.] aF, im Wesentlichen derjenigen in Art. 21 EuGVÜ [X.] Auch sie schiebt lediglich die Befugnis des Zweitgerichts, sich im Hinblick auf die doppelte Rechtshängigkeit für unzuständig zu erklären, zeitlich hinaus (vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., Art. 27 [X.] Rn. 58; [X.], Die [X.] Rechtshängigkeit nach der [X.] an der Schnittstelle zum nationalen Zivilprozessrecht, 2006, [X.]56). Das Zweitgericht hat die Entscheidung des Erstgerichts zur internationalen Zuständigkeit abzuwarten und im Verfahren bis dahin innezuhalten. Hierdurch sollen negative Kompetenzkonflikte vermieden werden, die im Falle einer sofortigen Abweisung der zweiten Klage wegen der anderweitigen Rechtshängigkeit drohten, wenn sich das erste Verfahren letztlich doch mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig erweist (für Art. 21 Abs. 2 EuGVÜ aF [X.], aaO, S. 41; [X.]/[X.], 4. Aufl., Art. 27 [X.] Rn. 21). Die [X.]en sollen in einem solchen Fall nicht mit ihrem Prozess von neuem beginnen müssen (für Art. 21 Abs. 2 EuGVÜ aF [X.], aaO; für die [X.] [X.]/Leible, aaO, Art. 29 [X.] Ia-VO Rn. 38; [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., Art. 29 [X.] Rn. 1). Damit ist den Interessen des [X.] im Rahmen des von Art. 29 [X.] verfolgten Regelungszwecks hinreichend Rechnung getragen. Eine weitergehende Bevorzugung seiner Interessen gebietet Art. 29 [X.] nicht. Insbesondere bezweckt die Bestimmung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, dass ein Kläger gegen ein und denselben [X.]n wegen desselben Streitgegenstandes bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten ohne Kostenrisiko gerichtlich vorgehen kann. Art. 29 [X.] dient auch dem Schutz des [X.]n vor der Gefahr, sich einer doppelten Verurteilung und entsprechenden Kostenfolgen ausgesetzt zu sehen (zu Art. 21 EuGVÜ [X.], Beschluss vom 28. November 1985 - [X.], [X.] 1986, 217 f).

3. Der Senat erachtet ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 A[X.]V an den Gerichtshof der [X.] im Streitfall nicht für erforderlich. Der Regelungsumfang des Art. 29 [X.] ist angesichts der [X.] derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibt. Der Senat ist davon überzeugt, dass diese Gewissheit auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof besteht (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81, [X.], Slg. 1982, 3415 Rn. 16). Das Verfahren der Aussetzung und die prozessualen Folgen der Unzuständigkeit des später angerufenen Gerichts richten sich hingegen nach nationalem Recht.

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechts-verletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Kayser          

      

Gehrlein          

      

Grupp 

      

Schoppmeyer          

      

Meyberg          

      

Meta

IX ZR 83/17

22.02.2018

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Darmstadt, 10. März 2017, Az: 24 S 24/16

§ 91a ZPO, § 261 Abs 3 Nr 1 ZPO, Art 29 Abs 1 EUV 1215/2012, Art 29 Abs 3 EUV 1215/2012

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.02.2018, Az. IX ZR 83/17 (REWIS RS 2018, 13440)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 723-724 WM2018,2104 REWIS RS 2018, 13440

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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