Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2020, Az. 1 ABR 6/19

1. Senat | REWIS RS 2020, 419

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) BETRIEBSRAT AUSKUNFTSRECHT AUSKUNFT GEHALT

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Gegenstand

Entgeltlisten - Anspruch des Betriebsrats nach EntgTranspG


Leitsatz

Das entgeltlistenbezogene Einsichts- und Auswertungsrecht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG ist an die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung individueller Auskunftsverlangen nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG gebunden. Es besteht nicht, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung berechtigterweise an sich gezogen hat.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 23. Oktober 2018 - 8 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Übergabe von [X.].

2

Die Zentralverwaltung der Arbeitgeberin ist ein Betrieb mit mehr als 4.000 Beschäftigten. Dort ist ein 27-köpfiger Betriebsrat gewählt. Dieser hat einen Betriebsausschuss gebildet.

3

Nach dem Inkrafttreten des [X.] [X.] zwischen Frauen und Männern ([X.]gesetz - [X.] -) hat die Arbeitgeberin von der dort vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Verpflichtung zur Erfüllung individueller Auskunftsverlangen von Beschäftigten generell zu übernehmen. Sie unterrichtet den Betriebsrat regelmäßig über konkrete Auskunftsverlangen und deren Beantwortung. In diesem Zusammenhang gewährt sie Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter, welche nach Geschlecht aufgeschlüsselt die Entgeltbestandteile einschließlich übertariflicher Zulagen und individuell ausgehandelter Zahlungen enthalten. Die Listen können entweder auf einem zur Verfügung gestellten Rechner als [X.] oder als Ausdruck eingesehen werden. Es besteht die Möglichkeit, sich Notizen zu machen und Berechnungen anzustellen.

4

Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Verfahren die Übergabe dieser [X.] an den Betriebsausschuss geltend gemacht. § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] weise ihm die Aufgabe zu, die Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb zu fördern. Dazu sei der Betriebsausschuss nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] berechtigt, die [X.] einzusehen und auszuwerten. Das Auswertungsrecht umfasse auch die Herausgabe der Listen in bearbeitungsfähigen Dateiformaten, hilfsweise in einer anderen auswertbaren (Papier-)Form.

5

Der Betriebsrat hat - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Betriebsausschuss für die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorzunehmende Auswertung Listen über die Bruttoentgelte aller betriebsangehörigen Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten elektronisch im Format *.xls oder *.txt zu übergeben, die nach Geschlecht aufgeschlüsselt alle Entgeltbestandteile aller Arbeitnehmer des Betriebs enthalten, einschließlich übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt werden;

        

hilfsweise die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Betriebsausschuss die im Hauptantrag genannte Liste zu diesem Zweck in gedruckter Papierform zu übergeben, die geeignet ist, den Inhalt der Liste mittels elektronischer Zeichenerkennung (OCR) in elektronisches Format umzuwandeln.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Einsichts- und Auswertungsberechtigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] erweitere nicht den allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 [X.] um ein Recht auf Überlassung der Listen über die Bruttolöhne und -gehälter.

7

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.

8

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen dem in der Rechtsbeschwerde noch anfallenden Begehren des Betriebsrats nicht entsprochen. Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet. Der Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an.

9

I. Der hauptsächlich gestellte Antrag ist - entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin - zulässig.

1. Er bedarf allerdings der Auslegung.

a) Der Betriebsrat bezieht die begehrte Übergabeverpflichtung nach ihrer sprachlichen Fassung auf Listen über Bruttoentgelte mit einem näher beschriebenen Inhalt. Damit sind die Listen bezeichnet, die von der Arbeitgeberin nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] aufbereitet werden und in die sie Einsicht gewährt. Es fehlt an jeglichem Anhaltspunkt, dass der Betriebsrat die Übergabe inhaltlich anderer - von der Arbeitgeberin noch herzustellender - Listen erstrebt.

b) Die Übergabe der bei der Arbeitgeberin bereits vorgehaltenen Listen soll in spezifischen [X.] („elektronisch im Format *.xls oder *.txt“) erfolgen. Diese entsprechen nicht dem Dateiformat bei der gewährten Einsichtnahme ([X.] oder Ausdruck). Damit sind sie Bestandteil der beanspruchten Verpflichtung.

c) Die - ausdrücklich erst in der Beschwerdeinstanz formulierte - Herausnahme der leitenden Angestellten bei der Listenbeschreibung hat lediglich klarstellenden Charakter. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Betriebsrat ein Rechtsschutzziel verfolgt, das über seinen Zuständigkeitsbereich hinausginge.

d) Soweit im Antrag der [X.] angeführt ist, handelt es sich um ein bloßes Element der Antragsbegründung. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die streitbefangenen [X.] mit keiner anderen Intention als der ihrer Auswertung unter den Gesichtspunkten des [X.] übergeben werden sollen. Streitig ist nach ihrem Vorbringen vielmehr, ob das Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine Pflicht der Arbeitgeberin zur [X.] an den Betriebsausschuss begründet. Zwar „übermittelt“ die Arbeitgeberin die [X.] bereits in dem Sinn, als sie im [X.] eingesehen werden können und Gelegenheit besteht, Notizen zu fertigen und Berechnungen anzustellen. Es geht dem Betriebsrat aber um die Weitergabe der die [X.] darstellenden Daten in den bezeichneten Dateiformaten an den Betriebsausschuss zu dessen Verfügung.

2. In diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Anders als die Arbeitgeberin eingewandt hat, ist das Übergabeverlangen nicht deshalb unzulänglich beschrieben, weil hinsichtlich der [X.] der Zeitpunkt des dort abzubildenden [X.] unklar wäre. Es geht dem Betriebsrat um keine anderen Listen als die, in welche die Arbeitgeberin - auch nach ihrem eigenen Vortrag - Einsicht gewährt.

II. Der Hauptantrag ist unbegründet.

1. Die Arbeitgeberin ist nicht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] zur Übergabe der [X.] verpflichtet. Dabei kann offenbleiben, ob das nach dieser Vorschrift bestehende Recht, die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter iSd. § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.] einzusehen und auszuwerten, einen Anspruch auf deren Übergabe gewährt. Jedenfalls korrespondiert es mit der Aufgabe des Betriebsrats nach § 14 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 [X.] (bei tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern) bzw. nach § 15 Abs. 2 iVm. § 14 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 [X.] (bei nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Arbeitgebern) im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Auskunftsverpflichtung nach § 10 Abs. 1 [X.]. Es besteht daher nicht, wenn es der Arbeitgeber - wie im vorliegenden Fall - nach § 14 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 15 Abs. 2 [X.] übernommen hat, die Auskunft selbst zu erteilen.

a) Entsprechend dem im Abschnitt 2 des [X.] geregelten individuellen Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit haben Beschäftigte nach §§ 10 ff. [X.] in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber einen inhaltlich mit näheren Maßgaben versehenen individuellen Auskunftsanspruch. In dieses Verfahren ist der Betriebsrat eingebunden. An ihn wenden sich Beschäftigte tarifgebundener und tarifanwendender Arbeitgeber für ihr Auskunftsverlangen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Entsprechendes gilt für Beschäftigte nicht tarifgebundener und nicht tarifanwendender Arbeitgeber (§ 15 Abs. 2 [X.]). Damit ist der Betriebsrat für die Erteilung der Auskunft grundsätzlich zuständig, wobei er die Verpflichtung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 [X.] auf den Arbeitgeber übertragen kann. Der Arbeitgeber seinerseits ist berechtigt, nach Maßgabe von § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 [X.] die Erfüllung der Auskunftspflicht generell oder im Einzelfall an sich zu ziehen.

b) § 13 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] flankiert die von § 14 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 [X.] vorgesehene Stellung des Betriebsrats als Adressat eines individuellen Auskunftsverlangens nach § 10 Abs. 1 [X.] ([X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 28, [X.]E 166, 309). Hat der Arbeitgeber entsprechend der ihm gesetzlich eröffneten Möglichkeit die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung an sich gezogen, besteht das Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht. Dieses ist an die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Auskunftserteilung gebunden. Das geben Systematik und der Zweck der Norm vor.

aa) Allerdings lässt der [X.] mehrere inhaltliche Deutungen zu.

(1) Er ist unmissverständlich dahingehend, dass das Recht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.], die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter iSd. § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.] einzusehen und auszuwerten, aufgabengebunden ist. Das legt bereits die Überschrift von § 13 [X.] nahe, die dessen Regelungsgegenstände mit „Aufgaben und Rechte des Betriebsrates“ zusammenfasst. Den entsprechenden Aufgabenbezug verdeutlicht vor allem die Präposition „für“ im Zusammenhang mit dem textlichen Ausdruck „die Erfüllung seiner Aufgaben“. Das Possessivpronomen „seiner“ bezieht sich zwar grammatikalisch gesehen auf den dort angeführten Betriebsausschuss bzw. den nach § 28 Abs. 1 Satz 3 [X.] beauftragten Ausschuss; diese werden jedoch insoweit anstelle des Betriebsrats tätig.

(2) Die Aufgaben selbst sind mit der inhaltsbezogenen Verweisung „nach Absatz 1“ beschrieben. Allerdings ist der gesamte „Absatz 1“ von § 13 [X.] rechtstechnisch von vornherein ein nur bedingt verweisungstauglicher Text, denn sein Satz 3 beschreibt keine Aufgaben, sondern bestimmt, dass betriebsverfassungsrechtliche, [X.] oder betrieblich geregelte Verfahren unberührt bleiben.

(3) Soweit auf Satz 1 und Satz 2 von § 13 Abs. 1 [X.] Bezug genommen wird, gibt deren Normtext ein bestimmtes inhaltliches Verständnis nicht zwingend vor. Die Formulierung, wonach der Betriebsrat „[i]m Rahmen seiner Aufgabe nach § 80 Absatz 1 Nummer 2a des Betriebsverfassungsgesetzes … die Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb“ fördert, wobei er „insbesondere die Aufgaben nach § 14 Absatz 1 und § 15 Absatz 2“ [X.] wahrnimmt, deutet zwar darauf hin, dass das Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] unabhängig davon besteht, ob der Betriebsrat die Auskunft zu erteilen hat oder ob - so in Betrieben unterhalb des Schwellenwerts von in der Regel mehr als 200 Beschäftigten - ein individueller Auskunftsanspruch iSv. §§ 10 ff. [X.] überhaupt geltend gemacht werden kann (so [X.]/[X.] 4. Aufl. § 314 Rn. 34; [X.]/Krieger/Günther AGG/[X.] 5. Aufl. § 13 [X.] Rn. 18; [X.]/[X.] Stand 1. Juni 2020 [X.] § 13 Rn. 5; [X.]/[X.] 17. Aufl. § 80 Rn. 130a; [X.]/[X.] 20. Aufl. [X.] § 13 Rn. 3; [X.] 11. Aufl. § 80 Rn. 130; [X.]/[X.] NZA 2018, 545, 547; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 13 [X.] Rn. 3; [X.] NZA 2017, 819, 820; Kocher AuR 2018, 8, 15; [X.]/[X.] 2018, 509, 515; [X.]/Wenckebach [X.] § 13 Rn. 4). Allerdings verschließt sich diese Aufgabenbeschreibung sprachlich auch keinem Verständnis dahingehend, dass mit Satz 1 von § 13 Abs. 1 [X.] der bereits in § 80 Abs. 1 Nr. 2a [X.] enthaltene Aspekt der Förderung einer Durchsetzung von Entgeltgleichheit - aus Gründen der Klarstellung - angeführt ist. Denn § 80 Abs. 1 Nr. 2a [X.] zählt seinerseits bei der dort festgelegten Förderaufgabe des Betriebsrats zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter die hierfür einschlägigen Bereiche (Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und beruflicher Aufstieg) nicht abschließend auf. Mit dem Adverb „insbesondere“ in Satz 2 von § 13 Abs. 1 [X.] können daher auch lediglich die in § 14 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 [X.] geregelten spezifischen Zuständigkeitsaufgaben des Betriebsrats besonders betont sein, deren Wahrnehmung das Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] dient.

bb) Für letzteres Verständnis spricht die Normsystematik. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann der einsichts- und auswertungsberechtigte Ausschuss „mehrere Auskunftsverlangen bündeln und gemeinsam behandeln“. Die gliederungsmäßige Stellung dieser Berechtigung lässt darauf schließen, das im Satz 1 der Vorschrift geregelte Einsichts- und Auswertungsrecht in Abhängigkeit von der Zuständigkeit des Betriebsrats zur Beantwortung von Auskunftsverlangen zu verstehen. Zudem kann zumindest § 13 Abs. 5 [X.] ein sinnvoller Regelungsgehalt nur dann beigemessen werden, wenn entweder der Arbeitgeber von der ihm möglichen Übernahme der Beantwortung von Auskunftsverlangen keinen Gebrauch gemacht oder der Betriebsrat Entsprechendes nicht verlangt hat. Auch § 13 Abs. 4 [X.] knüpft an Auskunftsverlangen - hier der leitenden Angestellten - an.

cc) Gesetzessystematische Überlegungen stützen dieses Verständnis.

(1) Die Regelungen des mit „Aufgaben und Rechte des Betriebsrates“ überschriebenen § 13 [X.] finden sich im Gesetzesabschnitt „Individuelle Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit“. In diesem Abschnitt sind der Auskunftsanspruch und hierzu die Anspruchsberechtigung, Formalien, Bezugspunkt, Gegenstand und Reichweite ebenso festgelegt wie ein Verfahren zur Geltendmachung und Behandlung von Auskunftsverlangen mit regelhafter - vom Arbeitgeber sowie Betriebsrat aber auch „verzichtbarer“ - Einbindung des Betriebsrats. Sämtliche Vorschriften des § 13 [X.] dürften damit eher die spezifischen Rechte und Aufgaben des Betriebsrats bei seiner regelhaften Verfahrenseinbindung betreffen. Dies zeigt auch § 10 Abs. 3 [X.], wonach ein Auskunftsverlangen mit einer Antwort „nach Maßgabe der §§ 11 bis 16“ - was die Regelungen in § 13 [X.] einschließt - erfüllt ist. Ebenso nimmt § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] - im unmittelbaren [X.] an die in Satz 1 festgelegte Zuständigkeit des Betriebsrats für Auskunftsverlangen im Verfahren bei tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern - Bezug auf § 13 [X.]. Die dort angesprochenen „Vorgaben … nach § 13“ greifen also im Zusammenhang mit einem Auskunftsverlangen von Beschäftigten.

(2) Ein systematischer Normtextvergleich von § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] mit § 15 Abs. 4 Satz 5 [X.] gebietet keine bestimmte Lesart. Die besondere Informationsverpflichtung des nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Arbeitgebers nach § 15 Abs. 4 Satz 5 [X.] knüpft zwar ausdrücklich an die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung des Auskunftsverlangens an („[s]oweit“). Ein Gegenschluss zu § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist aber nicht zwingend, weil Satz 5 von § 15 Abs. 4 [X.] nicht die [X.]einsicht und -auswertung betrifft, sondern die Bereitstellung erforderlicher Informationen regelt.

(3) Der Umstand, dass die Übergangsbestimmung des § 25 Abs. 1 [X.] allein den Auskunftsanspruch nach § 10 [X.] - und nicht auch § 13 [X.] - in Bezug nimmt, ist nicht aussagekräftig. Versteht man die Einsichts- und Auswertungsberechtigung als ein mit der Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung von Auskunftsverlangen korrespondierendes Recht, wäre eine gesonderte Übergangsbestimmung überflüssig. Aus ihrem Fehlen vermag daher nichts abgeleitet zu werden.

(4) Die auf Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 von § 13 [X.] bezogene textvergleichende Regelungssystematik führt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Norm des § 13 Abs. 3 Satz 3 [X.] legt die inhaltlichen Anforderungen für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufbereitung der [X.] fest. Die Formulierung in § 13 Abs. 3 [X.], die nicht ausdrücklich aufgabenbezogen ist, zwingt jedoch nicht zu dem Gegenschluss, bei den von § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] angesprochenen Aufgaben müsse es sich um weitergehende als die der Auskunftserteilung handeln.

dd) Sinn und Zweck des Einsichts- und Auswertungsrechts streiten deutlich dafür, dass es eine Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung individueller Auskunftsverlangen voraussetzt.

(1) Damit der Betriebsrat individuelle Auskunftsansprüche der Beschäftigten nach § 10 [X.] ordnungsgemäß erfüllen kann, bedarf es einer Berechtigung, die [X.] nicht nur einzusehen, sondern auch auszuwerten. Das ist durch den gesetzlichen Mindestinhalt und -umfang der Auskunft vorgegeben (§ 11 [X.]). Die inhaltlichen Anforderungen an die Auskunftserteilung begründen einen spezifischen Informationsbedarf des nach der [X.] des [X.] für die Beantwortung von Auskunftsverlangen zuständigen Betriebsrats. Im Hinblick darauf ist mit § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine über das Einblicksrecht des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 [X.] hinausgehende entgeltlistenbezogene Auswertungsberechtigung festgelegt (vgl. zB [X.]/[X.] 20. Aufl. [X.] § 13 Rn. 3). Eine solche Notwendigkeit der [X.]auswertung ist der - genereller verfassten - Aufgabe des Betriebsrats zur Förderung der Durchsetzung der Entgeltgleichheit nicht in vergleichbarer Weise immanent. Hierzu bedarf es vielmehr der Darlegung des Betriebsrats, für welche konkreten Förderungsmaßnahmen bestimmte Auskünfte benötigt werden (vgl. dazu zB [X.] 24. April 2018 - 1 [X.] - Rn. 34). Das gilt auch, wenn die - nach ihrem eindeutigen Wortlaut - auf eine „Förderung“ der Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern gerichtete Aufgabe des Betriebsrats eine solche zur Überwachung der Einhaltung des [X.] enthielte. Ungeachtet dessen, dass eine entsprechende Überwachungsaufgabe nicht aus § 80 Abs. 1 Nr. 2a [X.] oder § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgte, sondern aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (vgl. zB [X.] 26. September 2017 - 1 ABR 27/16 - Rn. 17), stünde auch sie unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit einer Auswertung der [X.]. Hierfür reichten weder allgemein gehaltene Hinweise auf gesetzliche Aufgaben unter Wiederholung des Gesetzeswortlauts aus noch wäre die Erforderlichkeit allein mit dem Bestehen einer Überwachungsaufgabe impliziert (vgl. zB [X.] 9. April 2019 - 1 [X.] - Rn. 16 ff., [X.]E 166, 269).

(2) Die in den Gesetzesmaterialien verlautbarte Intention des Gesetzgebers zeigt deutlich die Bindung des Einsichts- und Auswertungsrechts an die regelhaft dem Betriebsrat zugewiesene Aufgabe der Erfüllung von Auskunftsverpflichtungen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bestimmt der in „sechs Absätze gegliedert[e]“ Paragraph des § 13 [X.] „die Aufgaben und Rechte des Betriebsrats und speziell des Betriebsausschusses im Rahmen des Auskunftsanspruchs der Beschäftigten nach § 10“ [X.] ([X.]. 18/11133 S. 62). Zu Abs. 2 von § 13 [X.] heißt es ua.:

        

„Satz 1 regelt, auf welcher Datengrundlage der Betriebsausschuss die Antwort auf das Auskunftsersuchen der Beschäftigten zu erstellen hat und wie er an die erforderlichen Informationen gelangt. Dazu bestimmt Satz 1, dass der Betriebsausschuss … für die Erfüllung seiner Aufgaben nach Absatz 1 das Recht hat, die in § 80 Abs. 2 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes genannten Listen über die Bruttolöhne und -gehälter einzusehen und auszuwerten.“

Damit ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass das entgeltlistenbezogene Einsichts- und Auswertungsrecht der Beantwortung individueller Auskunftsverlangen dienen soll. Nach seinen Vorstellungen ist der Regelungszweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] mit der Zuständigkeit des Betriebsrats zur Beantwortung individueller Auskunftsverlangen verknüpft.

ee) Ein solches Normverständnis verbietet sich nicht deshalb, weil § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] dann kein anderer Regelungsgehalt zukäme als § 13 Abs. 3 [X.]. Absatz 2 von § 13 [X.] legt als Bezugsobjekt der Einsichts- und Auswertungsberechtigung die in § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 [X.] genannten Listen über die Bruttolöhne und -gehälter fest. Das bezieht sich - ggf. in einem für das Auskunftsverlangen relevanten Umfang - auf die vom Arbeitgeber tatsächlich geführten Listen. Demgegenüber verpflichtet Abs. 3 von § 13 [X.] den Arbeitgeber nicht nur dazu, dem Betriebsausschuss Einblick „in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter der Beschäftigten“ zu gewähren, sondern die Listen auch nach näheren Maßgaben aufzubereiten. Das Einblicksrecht nach § 13 Abs. 3 [X.] umfasst also spezifische Listen mit bestimmten [X.] und Angaben, was - anders als beim Einsichts- und Auswertungsrecht nach Abs. 2 Satz 1 [X.] - den Arbeitgeber verpflichtet, entsprechende Listen ggf. erst herzustellen (ganz [X.] vgl. zB [X.]/Krieger/Günther AGG/[X.] 5. Aufl. § 13 [X.] Rn. 14; [X.]/[X.] § 80 Rn. 130a; Fitting [X.] 30. Aufl. § 80 Rn. 111). Beide Vorschriften - das Recht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] und die Verpflichtung nach § 13 Abs. 3 [X.] - sind mit der nach dem [X.] [X.] Einbindung des Betriebsrats in das individuelle Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit verknüpft.

c) Danach kommt dem Betriebsrat auf der Grundlage der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.]s das beanspruchte Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] schon dem Grunde nach nicht zu. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob das in dieser Vorschrift genannte Auswertungsrecht auch ein Recht auf Überlassung der [X.] zur Verfügung des Betriebsausschusses umfasst. Die Arbeitgeberin hat die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung generell übernommen. Ihre Berechtigung hierzu folgt, sollte sie tarifgebunden oder tarifanwendend sein, aus § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] oder, sollte sie nicht tarifgebunden und nicht tarifanwendend sein, aus § 15 Abs. 2 iVm. § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Übernahme § 14 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.] entspricht, ohne dass es darauf ankäme, welche Folge eine Verletzung der entsprechenden Vorschriften zur Übernahme zeitigte. Auch der Betriebsrat hat diesbezüglich keine Beanstandungen erhoben und die streitbefangene [X.] nicht auf seine Zuständigkeit für die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung gestützt.

2. Im Übrigen folgt die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Verpflichtung weder aus § 13 Abs. 3 [X.] noch aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 [X.] oder aus § 80 Abs. 2 Satz 1 iVm. Satz 2 Halbs. 1 [X.].

a) § 13 Abs. 3 [X.] und § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 [X.] tragen die streitbefangene Übergabeverpflichtung schon deshalb nicht, weil sie als Einblicksrechte in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter konzipiert sind. Das stellt auch der Betriebsrat nicht in Abrede. Entsprechend hat er sein Begehren im Wesentlichen mit der entgeltlistenbezogenen Auswertungsberechtigung begründet.

b) Auch die aus § 80 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 [X.] folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten sowie ihm auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, vermag die erstrebte [X.] nicht zu begründen. Dabei kann zugunsten des Betriebsrats eine entgeltgleichheitsbezogene Aufgabe - welche allerdings nicht allein unter Wiederholung des Gesetzeswortlauts von § 80 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2a [X.] aufzuzeigen wäre - unterstellt werden. Denn der Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 [X.] wird zwar im Bereich der Löhne und Gehälter nicht durch die Regelung des Satzes 2 Halbs. 2 der Vorschrift verdrängt. Er begründete jedoch keinen entgeltlistenbezogenen Anspruch, der über eine [X.] hinausginge (ausf. zur insoweit gebotenen teleologischen Reduktion von § 80 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] 30. September 2008 - 1 [X.] - Rn. 31, [X.]E 128, 92).

III. Der Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. Er steht unter der Bedingung, dass der vom Betriebsrat hauptsächlich erstrebte Anspruch allein daran scheitert, dass eine Übergabe der Listen nicht in den bezeichneten Dateiformaten verlangt werden kann. Wie im Hilfsantrag ausdrücklich formuliert, bezieht er sich auf die Übergabe der „im Hauptantrag genannten Liste“, nur in einer anderen Form (Papierform mit der Eignung zur Umwandlung in elektronisches Format). Die so verstandene Bedingung der Abweisung des [X.] tritt nicht ein.

        

    Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Schwitzer    

        

    Rose    

                 

Meta

1 ABR 6/19

28.07.2020

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 6. Juli 2018, Az: 11 BV 47/18, Beschluss

§ 10 Abs 1 EntgTranspG, § 13 Abs 2 S 1 EntgTranspG, § 13 Abs 3 EntgTranspG, § 14 Abs 1 EntgTranspG, § 15 Abs 2 EntgTranspG, § 80 Abs 2 S 1 BetrVG, § 80 Abs 2 S 2 Halbs 1 BetrVG, § 80 Abs 2 S 2 Halbs 2 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2020, Az. 1 ABR 6/19 (REWIS RS 2020, 419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 419

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