Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 29.09.2020, Az. 1 ABR 32/19

1. Senat | REWIS RS 2020, 486

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Gegenstand

Betriebsrat - dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten


Leitsatz

Aus dem entgeltlistenbezogenen Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG folgt kein Anspruch des Betriebsrats auf dauerhafte Überlassung der Listen über die Bruttolöhne und -gehälter.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 1. August 2019 - 5 [X.] 313/19 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die Überlassung von [X.]ruttoentgeltlisten.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen im [X.]ereich des Gesundheitswesens. In ihrem [X.]etrieb in [X.] ist der antragstellende [X.]etriebsrat errichtet. Dieser hat einen [X.]etriebsausschuss gebildet.

3

Unter Hinweis auf das Entgelttransparenzgesetz, seine Förderaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG sowie seine sonstigen betriebsverfassungsrechtlichen Überwachungspflichten und das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG hat der [X.]etriebsrat ohne Erfolg die Überlassung von [X.] verlangt.

4

Daraufhin hat er in dem am 21. November 2018 eingeleiteten [X.]eschlussverfahren sinngemäß beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem [X.]etriebsausschuss die Listen über die [X.]ruttoentgelte für den Zeitraum vom Juni 2018 bis zum November 2018 in [X.]ezug auf alle im [X.]etrieb beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 [X.]etrVG dauerhaft in elektronischer Form zu überlassen und die Listen insbesondere wie folgt aufzuschlüsseln: Zugehörigkeit zum Geschlecht, [X.], Zuschläge jeder Art, Zulagen und Sondervergütungen jeder Art (auch individuell ausgehandelte), Prämien und Gratifikationen;

        

hilfsweise

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem [X.]etriebsausschuss die Listen über die [X.]ruttoentgelte für den Zeitraum vom Juni 2018 bis zum November 2018 in [X.]ezug auf alle im [X.]etrieb beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 [X.]etrVG dauerhaft in Papierform zu überlassen und die Listen insbesondere wie folgt aufzuschlüsseln: Zugehörigkeit zum Geschlecht, [X.], Zuschläge jeder Art, Zulagen und Sondervergütungen jeder Art (auch individuell ausgehandelte), Prämien und Gratifikationen;

        

äußerst hilfsweise

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem [X.]etriebsausschuss die Listen über die [X.]ruttoentgelte für den Zeitraum vom Juni 2018 bis zum November 2018 in [X.]ezug auf alle im [X.]etrieb beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 [X.]etrVG zum Zwecke der Anfertigung von Kopien bzw. Anfertigung von Abschriften für die Dauer dieser Anfertigung von Abschriften bzw. Kopien zu überlassen und die Listen insbesondere wie folgt aufzuschlüsseln: Zugehörigkeit zum Geschlecht, [X.], Zuschläge jeder Art, Zulagen und Sondervergütungen jeder Art (auch individuell ausgehandelte), Prämien und Gratifikationen.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt, das [X.]egehren abzuweisen.

6

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Die hiergegen gerichtete [X.]eschwerde des [X.]etriebsrats hat das [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der [X.]etriebsrat sein [X.]egehren weiter.

7

[X.]. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen den Hauptantrag abgewiesen. Dieser ist unbegründet. Der erste Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. Der zweite Hilfsantrag ist gleichfalls unbegründet.

8

I. Das hauptsächliche [X.]egehren des [X.]etriebsrats ist zulässig, aber unbegründet.

9

1. Seine gebotene Auslegung ergibt, dass der [X.]etriebsrat - anders als es der Antragswortlaut nahelegt - ausschließlich die Überlassung näher bezeichneter [X.] in elektronischer Form an den [X.]etriebsausschuss zu dessen dauerhafter Verfügung verlangt. Mit der buchstäblichen Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Aufschlüsselung der Listen hinsichtlich einzelner genannter Daten beschreibt der [X.]etriebsrat lediglich die begehrten Listen und verfolgt kein gesondertes Rechtsschutzziel. Diesem vorinstanzlichen Antragsverständnis hat der [X.]etriebsrat nicht widersprochen. Mit der beanspruchten „dauerhaften Überlassung“ zielt der Antrag auf ein nicht nur vorübergehendes Zugriffsrecht auf die [X.]ruttoentgeltlisten. Dieses betrifft nach dem eindeutigen Antragswortlaut die Auflistung von [X.]ruttoentgelten eines - bereits bei Einleitung des Verfahrens - in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraums (Juni bis November 2018). In diesem Verständnis begegnen dem Antrag keine Zulässigkeitsbedenken; er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

2. Der Antrag ist unbegründet. Der [X.]etriebsrat kann die dauerhafte Überlassung der näher beschriebenen [X.]ruttoentgeltlisten an den [X.]etriebsausschuss unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beanspruchen.

a) Ein Anspruch folgt nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG.

aa) Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]etrVG sind dem [X.]etriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der [X.]etriebsausschuss oder ein nach § 28 [X.]etrVG gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die [X.]ruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Der [X.]etriebsrat kann allerdings nur Einblick in Unterlagen verlangen, die der Arbeitgeber - zumindest in Form einer elektronischen Datei - tatsächlich besitzt; ein auf Herstellung nicht existenter Listen gerichteter Anspruch lässt sich nicht auf § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG stützen (vgl. [X.]AG 7. Mai 2019 - 1 A[X.]R 53/17 - Rn. 16, [X.]AGE 166, 309).

bb) Das Recht des § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG, in die Listen über [X.]ruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen, unterliegt den Grenzen der allgemeinen Regelung in § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 1 [X.]etrVG (vgl. [X.]AG 14. Januar 2014 - 1 A[X.]R 54/12 - Rn. 18 mwN). Es besteht nur, soweit dies zur Durchführung von Aufgaben des [X.]etriebsrats erforderlich ist ([X.]AG 7. Mai 2019 - 1 A[X.]R 53/17 - Rn. 16, [X.]AGE 166, 309). Der [X.]etriebsrat muss - sollte er auf seine Überwachungsaufgabe verweisen - kein besonderes Überwachungsbedürfnis darlegen. Der für das Einblicksrecht des § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG notwendige Aufgabenbezug ist regelmäßig schon deshalb gegeben, weil der [X.]etriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 [X.]etrVG darüber zu wachen hat, dass ua. die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze durchgeführt werden. Hierzu gehört auch die sich aus § 75 Abs. 1 [X.]etrVG ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers zur [X.]eachtung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes (vgl. z[X.] [X.]AG 7. Mai 2019 - 1 A[X.]R 53/17 - Rn. 17, aaO). Verweist der [X.]etriebsrat auf die Prüfung der Wahrnehmung eines Mitbestimmungsrechts, wofür es der Einsicht in die [X.]ruttoentgeltlisten bedarf, kann auch das ausreichend sein (vgl. [X.]AG 30. September 2008 - 1 A[X.]R 54/07 - [X.]AGE 128, 92). [X.]ei einem Verweis auf seine Aufgabe zur Förderung der Durchsetzung der Entgeltgleichheit bedarf es allerdings näherer Darlegung, für welche konkreten Förderungsmaßnahmen bestimmte Auskünfte benötigt werden (vgl. z[X.] [X.]AG 24. April 2018 - 1 A[X.]R 6/16 - Rn. 34). Ein allgemein gehaltener Hinweis auf die gesetzlichen Aufgaben nach den beiden [X.]estimmungen unter bloßer Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist regelmäßig unzureichend (vgl. [X.]AG 17. September 2013 - 1 A[X.]R 26/12 - Rn. 16).

cc) Hiervon ausgehend trägt § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG die streitbefangene Überlassung nicht.

(1) Zwar hat die Arbeitgeberin nicht in Abrede gestellt, die zu überlassenden Listen mit den näher benannten, aufgeschlüsselten Daten vorzuhalten. Aus dem Vorbringen des [X.]etriebsrats erschließt sich aber nicht, für welche Überwachungs- oder Förderungsaufgabe oder Geltendmachung eines Mitbestimmungsrechts er die Auflistung der [X.] bis November 2018 benötigt. Die Überwachungsaufgabe gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 [X.]etrVG ist vorrangig gegenwarts- und zukunftsbezogen, um den Arbeitgeber im Einzelfall zu künftiger Rechtsbefolgung anzuhalten ([X.]AG 24. April 2018 - 1 A[X.]R 6/16 - Rn. 26). Auch hinsichtlich der [X.] nach § 80 Abs. 1 Nr. 2a [X.]etrVG liegt nicht auf der Hand, inwieweit hierfür vergangenheitsbezogene Daten notwendig sein sollen, zumal eine spezifische Maßnahme vom [X.]etriebsrat nicht genannt, sondern nur der Gesetzestext wiederholt wird. Für die Wahrnehmung welcher entgeltbezogenen Mitbestimmung die erstrebte Auflistung der [X.] bis November 2018 gebraucht wird, ist gleichfalls nicht ersichtlich.

(2) Einen erforderlichen Aufgabenbezug unterstellt, bewirkt auch dies keinen Anspruch auf dauerhafte Überlassung der [X.]ruttoentgeltlisten an den [X.]etriebsausschuss. Aus § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG folgt - in Abgrenzung zum Anspruch des § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 1 [X.]etrVG - ein Anspruch auf [X.] in die Listen über [X.]ruttolöhne und -gehälter und nicht auf deren Zurverfügungstellung (vgl. [X.]AG 10. Oktober 2006 - 1 A[X.]R 68/05 - Rn. 21, [X.]AGE 119, 356). Das gibt schon der Normwortlaut vor und trägt damit verfassungs- oder datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung (ausf. [X.]AG 7. Mai 2019 - 1 A[X.]R 53/17 - Rn. 44, 49, [X.]AGE 166, 309). Es ist deshalb unerheblich, ob die [X.]egrenzung auf eine [X.] nach Auffassung der Rechtsbeschwerde historisch überholt ist und im „Zeitalter der Digitalisierung der [X.]“ an [X.]edeutung verloren hat. Diese Auffassung lässt zudem außer [X.], dass sich der Anspruch des § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG ohne Weiteres auf [X.] in elektronischen Dateiformaten bezieht, wenn sie der Arbeitgeber in diesen Formaten führt. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob die [X.]ruttoentgeltlisten dem [X.]etriebsausschuss dauerhaft zur Verfügung zu stellen sind. Dafür bietet § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG keinen Anhalt.

b) Die erstrebte Listenüberlassung folgt nicht aus § 13 Abs. 2 Satz 1 oder § 13 Abs. 3 [X.].

aa) Das entgeltlistenbezogene Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist an die Zuständigkeit des [X.]etriebsrats für die [X.]eantwortung individueller Auskunftsverlangen nach § 10 Abs. 1 [X.] gebunden (ausf. [X.]AG 28. Juli 2020 - 1 A[X.]R 6/19 - Rn. 17 ff.). Voraussetzung ist, dass der [X.]etriebsrat - entsprechend der ihm mit dem [X.] zugewiesenen Regelzuständigkeit - individuelle Auskunftsverlangen iSd. §§ 10 ff. [X.] beantwortet. Das Recht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] besteht nicht, wenn es der Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 15 Abs. 2 [X.] übernommen hat, die Auskunft selbst zu erteilen, oder der [X.]etriebsrat die Aufgabe nach § 14 Abs. 1 Satz 4 [X.] auf den Arbeitgeber übertragen hat. Nichts anderes gilt für die Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 13 Abs. 3 [X.], dem [X.]etriebsausschuss Einblick in die - nach näheren Maßgaben aufzubereitenden und ggf. auch erst herzustellenden - Listen über die [X.]ruttolöhne und -gehälter der [X.]eschäftigten zu gewähren (vgl. [X.]AG 28. Juli 2020 - 1 A[X.]R 6/19 - Rn. 34).

bb) Es ist nicht ersichtlich, dass der [X.]etriebsrat für die [X.]eantwortung konkreter, individueller Auskunftsverlangen zuständig ist. Er hat dies auch nicht behauptet und sein Verlangen ausschließlich mit der allgemeinen Überwachungs- und Förderungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2a [X.]etrVG sowie der Wahrnehmung seiner Mitbestimmungsrechte begründet. Im Übrigen scheitert ein auf § 13 Abs. 2 Satz 1 oder § 13 Abs. 3 [X.] gestützter Überlassungsanspruch auch am vergangenheitsbezogenen Leistungsgegenstand. Es erschließt sich nicht, weshalb die dauerhafte Überlassung von [X.]ruttoentgeltlisten für den Zeitraum Juni bis November 2018 für die [X.]eantwortung individueller Auskunftsverlangen relevant sein könnte, da der [X.]etriebsrat nach § 15 Abs. 3 Satz 1 [X.] gehalten ist, eine Auskunft innerhalb von drei Monaten nach Zugang eines Auskunftsverlangens zu erteilen.

cc) Ungeachtet dessen vermittelt die Einsichts- und Auswertungsberechtigung des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] kein Recht auf dauerhafte Überlassung der Listen über die [X.]ruttolöhne und -gehälter iSd. § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG. Das gilt ebenso für das Einblicksrecht des § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Das folgt neben Wortlaut und Gesetzessystematik deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Normen.

(1) Der Gesetzgeber hat bei der Formulierung der Rechte und Verpflichtungen in § 13 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] ersichtlich § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]etrVG in den [X.]lick genommen (vgl. [X.]T-Drs. 18/11133 S. 63). Satz 2 des § 80 Abs. 2 [X.]etrVG differenziert sprachlich zwischen „zur Verfügung zu stellen“ ([X.]. 1) und „Einblick … nehmen“ ([X.]. 2). Letzteres bedeutet nach ständiger Rechtsprechung eine Vorlage zum Zwecke der Einsicht und keine Aushändigung. [X.]ei der [X.] handelt es sich um eine einschränkende Ausgestaltung des Rechts, Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen (vgl. [X.]AG 30. September 2008 - 1 A[X.]R 54/07 - Rn. 24, [X.]AGE 128, 92), was einen Anspruch auf eine weiter reichende Überlassung der [X.]ruttolohn- und -gehaltslisten gerade ausschließt (vgl. [X.]AG 10. Oktober 2006 - 1 A[X.]R 68/05 - Rn. 21, [X.]AGE 119, 356).

(2) Der Wortlaut des Gesetzes bezieht - in verlautbarter Kenntnis des Gesetzgebers von dieser Rechtsprechung ([X.]T-Drs. 18/11133 S. 63 unter Verweis auf [X.]AG 30. September 2008 - 1 A[X.]R 54/07 -) - die [X.]erechtigung des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf das „Einsehen und Auswerten“ der [X.]ruttoentgeltlisten und die Verpflichtung des § 13 Abs. 3 [X.] auf den „Einblick“ in diese. Der Formulierung eines „[X.]“ hat sich der Gesetzgeber enthalten. Das spricht erkennbar dafür, dass weder aus Abs. 2 noch aus Abs. 3 des § 13 [X.] ein Anspruch auf dauerhafte Überlassung der [X.] folgen soll.

(3) § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] sieht über die bloße Einsichtnahme hinaus auch eine [X.]erechtigung des [X.]etriebsausschusses zur Listenauswertung vor. Dieses Auswertungsrecht ist zweckorientiert - bezogen an der [X.]eantwortung individueller Auskunftsverlangen - zu verstehen. Ob es einen über die bloße Leseberechtigung hinausgehenden, ggf. auch mehrfachen [X.]earbeitungszugriff auf die [X.]ruttoentgeltliste in elektronischer Form - in deren Gänze oder in Auszügen - unter [X.]ereitstellung technischer Auswertungsmittel und -programme durch den Arbeitgeber und insoweit auch eine zeitweise Überlassung umfasst (vgl. dazu z[X.] [X.]/[X.]ertzbach/[X.] AGG 4. Aufl. § 13 [X.] Rn. 4; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 13 [X.] Rn. 3; [X.]eckOK ArbR/[X.] Stand 1. September 2020 [X.] § 13 Rn. 8), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls beinhaltet es keinen Anspruch auf Aushändigung oder Übermittlung der [X.]ruttoentgeltlisten zur dauerhaften Verfügung der auswertungsberechtigten Ausschüsse. Dem steht schon die funktionsbezogene [X.]eschreibung dieses Rechts („auszuwerten“) entgegen. Auch die - zu § 13 Abs. 3 [X.] verfasste - Formulierung in den Gesetzesmaterialien bestätigt dieses Verständnis. Danach ist „[e]ine Überlassung der [X.] in physischer Form an den [X.]etriebsausschuss … nicht verlangt“ ([X.]T-Drs. 18/11133 S. 63). [X.]ei elektronisch geführten Listen entspricht dies einer Dateiübermittlung zum nicht nur aufgabenbezogen vorübergehenden Verbleib.

(4) Anders als der [X.]etriebsrat meint, drückt sich ein gegenteiliger Regelungswille des Gesetzgebers nicht in dessen Ausführungen zum Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft in der Gesetzesentwurfsbegründung aus (vgl. [X.]rune/[X.]rune [X.][X.] 2019, 436, 444; [X.] 2018, 8, 15). [X.]ei dieser Darstellung ist zwar ua. für die „Datenübermittlung“ an den [X.]etriebsrat ein Zeitfaktor ausgewiesen; dieser ist aber explizit mit der situativen [X.]eschreibung „Personalabteilung ermöglicht [X.]“ verknüpft ([X.]T-Drs. 18/11133 S. 37). Damit bildet dies lediglich den Umstand ab, dass die Verpflichtung zur Gewährung von Einsicht- bzw. [X.] in elektronisch geführte [X.] eine Datenübermittlung seitens des Arbeitgebers bewirkt. Entsprechend sind auch lediglich Zeitaufwände für den [X.]etriebsrat bei der Datenaufbereitung und Durchführung von [X.]erechnungen - also der Auswertung der [X.] - veranschlagt ([X.]T-Drs. 18/11133 S. 37). Für eine die Übermittlung der Listen über die [X.]ruttolöhne und -gehälter zur dauerhaften Verfügung des [X.]etriebsausschusses tragende Regelungskonzeption geben die dargestellten Aufwände nichts her.

(5) Vor allem vor dem Hintergrund der Gesetzeshistorie verbietet sich ein Verständnis von § 13 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 [X.] als die zeitlich unbegrenzte Überlassung der [X.]ruttoentgeltlisten umfassenden Rechte. [X.]ereits in der ersten [X.]eratung im Deutschen [X.]undestag zum Entwurf des [X.] ist in einem Redebeitrag der Abgeordneten [X.] ([X.]) kritisiert (Plenarprotokoll 18/218 S. 21792):

        

„… Die Lohnlisten und Gehaltslisten müssten an die [X.]etriebsräte ausgehändigt werden. Einsichtsrechte alleine genügen doch nicht. …“

Dies ist ebenso wenig aufgegriffen worden wie die vom [X.] in seiner schriftlichen Stellungnahme in der öffentlichen Anhörung des [X.], Frauen und Jugend des Deutschen [X.]undestags angebrachte Forderung nach einer Regelung, wonach dem [X.]etriebsausschuss bzw. einem von diesem beauftragten Ausschuss „die Unterlagen in entsprechend aufbereiteter Form … zur Verfügung gestellt werden“ ([X.]. 18 (13) 107 j). Damit ist die sich aus der Gesetzesbegründung ergebende Vorstellung des Gesetzgebers unterstrichen, dass § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine weitergehende als die an der Auswertungsberechtigung ausgerichtete vorübergehende Überlassung ebenso wenig regelt wie § 13 Abs. 3 [X.] eine dauerhafte Listenüberlassung oder -übergabe vorsieht. Eine Interpretation, die sich über diesen klar erkennbaren Willen hinwegsetzte, liefe Gefahr, unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers einzugreifen (vgl. [X.]VerfG 6. Juni 2018 - 1 [X.]vL 7/14, 1 [X.]vR 1375/14 - Rn. 81 ff., [X.]VerfGE 149, 126).

c) Entgegen der Ansicht des [X.]etriebsrats gebieten weder der dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des [X.]undes ([X.]) zugrunde liegende normative Gehalt noch unionsrechtliche Gesichtspunkte ein anderes Verständnis von § 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]. 2 [X.]etrVG, § 13 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.].

aa) Der Verweis der Rechtsbeschwerde insbesondere auf § 7 Abs. 4 [X.], wonach im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen kann, geht fehl. Das [X.] betrifft die Informationszugangsfreiheit im öffentlichen Sektor. Mit ihm sind in einfach-gesetzlicher Ausformung des für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und die Aufrechterhaltung der [X.] Ordnung bedeutsamen Grundrechts von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]. 2 GG (vgl. [X.]VerfG 9. Februar 1994 - 1 [X.]vR 1687/92 - zu [X.] I 1 der Gründe, [X.]VerfGE 90, 27) das Verwaltungshandeln des [X.]undes durch erleichterten Informationszugang transparenter gestaltet, die [X.] [X.]eteiligungsrechte der [X.]ürgerinnen und [X.]ürger gestärkt sowie ein allgemeiner und voraussetzungsloser Zugang zu amtlicher Information des [X.]undes unter [X.]erücksichtigung des Daten- und Geheimnisschutzes eröffnet (vgl. [X.]T-Drs. 15/4493 S. 1). Auf diesen [X.] basiert das Regelungskonzept des [X.] zu Art und Varianten des Informationszugangs (ausf. [X.] [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 247 ff.). Aus den entsprechenden [X.]estimmungen können keine Folgerungen für die - anderen Intentionen dienenden - Ansprüche des [X.]etriebsrats auf betrieblichen Informationszugang gegenüber dem Arbeitgeber abgeleitet werden.

bb) Die vom [X.]etriebsrat angebrachten unionsrechtlichen Erwägungen tragen seine Ansicht nicht. Die Richtlinie 2002/14/[X.] als allgemeiner Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer (vgl. z[X.] [X.]AG 5. Dezember 2012 - 7 [X.] - Rn. 39, [X.]AGE 144, 85) - sollte sie nach ihrem Art. 4 Abs. 2 überhaupt für die hier streitbefangenen [X.] als Unterrichtungs- und Anhörungsgegenstand einschlägig sein - gibt eine Überlassung von Daten zur dauerhaften Verfügung der Arbeitnehmervertretung als Mindeststandard offenkundig nicht vor. Das gilt auch unter [X.]erücksichtigung ihres Art. 4 Abs. 3, wonach die Unterrichtung ua. in einer zweckangemessenen Weise erfolgt. Art. 27 [X.] konturiert die Verpflichtung zur Unterrichtung und Anhörung offensichtlich nicht in einer über die Richtlinie 2002/14/[X.] hinausgehenden Art und Weise (vgl. EuArbRK/[X.] 3. Aufl. [X.] Art. 27 Rn. 34).

II. Der erste Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. Er steht unter der [X.]edingung, dass die vom [X.]etriebsrat mit dem [X.] erstrebte dauerhafte Listenüberlassung lediglich deshalb unbegründet ist, weil sie in elektronischer Form verlangt wird. Mit dem Hilfsantrag erstrebt der [X.]etriebsrat gleichfalls eine dauerhafte Überlassung der näher bezeichneten Listen über die [X.]ruttoentgelte, allerdings in Papierform. Die so verstandene [X.]edingung der Abweisung des [X.] tritt nicht ein.

III. Mit dem zur Entscheidung anfallenden äußerst hilfsweise angebrachten Antrag erstrebt der [X.]etriebsrat keine dauerhafte, sondern eine zweckgebundene zeitweilige Listenüberlassung. Ein entsprechender Anspruch - gleich aus welchem Rechtsgrund - scheitert schon daran, dass der [X.]etriebsrat auch dieses Verlangen auf Listen mit vergangenheitsbezogenen Daten bezieht. Es ist nichts dafür ersichtlich - und wird vom [X.]etriebsrat auch nicht behauptet -, dass diese Daten einen gegenwärtigen [X.]ezug zu betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben oder entgelttransparenzgesetzlichen Auskunftsverpflichtungen haben.

        

    Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Hayen    

        

    Dr. [X.]    

                 

Meta

1 ABR 32/19

29.09.2020

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Berlin, 13. Dezember 2018, Az: 7 BV 15191/18, Beschluss

Art 4 EGRL 14/2002, § 13 Abs 2 S 1 EntgTranspG, § 13 Abs 3 EntgTranspG, § 80 Abs 1 Nr 1 BetrVG, § 80 Abs 2 S 2 BetrVG, § 7 Abs 4 IFG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 29.09.2020, Az. 1 ABR 32/19 (REWIS RS 2020, 486)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 486

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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