Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.09.2012, Az. IV ZR 71/11

4. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2806

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Gegenstand

Fondsgebundene Lebensversicherung zur Vermögensanlage: Aufklärungspflicht des Versicherers; Zurechenbarkeit des Verhaltens des Vermittlers im Rahmen der geschuldeten Aufklärung


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten zu 3 gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 31. März 2011 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen

vier Wochen.

Gründe

1

I. [X.]ie Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem zum Zweck der Vermögensanlage erfolgten Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei der [X.] zu 3, einer liechtensteinischen Versicherungsgesellschaft, geltend.

2

Im Jahre 2005 wollte die Klägerin 900.000 € anlegen. In diesem Zusammenhang kam es im [X.] 2005 in der Wohnung der Klägerin zu zwei [X.]en mit dem [X.] zu 1, dem Geschäftsführer der [X.] zu 2, einer [X.]. In dem zweiten Gespräch am 11. August 2005 erläuterte der Beklagte zu 1 der Klägerin zwei Anlageempfehlungen, unter anderem den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei der [X.] zu 3 zur Investition in das [X.]          Portfolio mit einer Einmalanlage von 600.000 €. [X.]abei wurde ihr ein Prospekt "[X.]        Investments - [X.]ie wichtigsten Fakten im Überblick" übergeben. [X.]arin ist unter anderem erläutert, dass zwischen drei verschiedenen Anlagestrategien gewählt werden kann, die sich hinsichtlich Renditechancen und Risiko unterscheiden. Für den vorliegenden Rechtsstreit spielen zwei dieser [X.]e eine Rolle: das "P.           124" und das "P.      [X.]".

3

Bei der Anlagestrategie "P.            124" investiert die Beklagte zu 3 die bei ihr eingezahlten Kundengelder in Anleihen der [X.] [X.]. [X.]ie in diese Anleihen investierten Gelder werden in einem Fund-of-Hedgefonds der [X.], einer in [X.] ansässigen Vermögensverwaltungsgesellschaft, angelegt und gegebenenfalls auch in verzinslichen Anlagen. [X.]ie [X.] managt die Anlage. [X.]ie [X.] als Emittentin garantiert den Anlegern im Fall einer Einmalanlage einen Kapitalrückfluss nach 10 Jahren von mindestens 124%.

4

Bei der Anlagestrategie "P.          [X.]" investiert die Beklagte zu 3 die Kundengelder direkt in den von der E.     P.   AG initiierten und aufgelegten P.           [X.] Fonds. [X.]ieser Fonds, der ebenfalls von der [X.] gemanagt wird, legt seinerseits das Kapital in kapitalgarantierten Notes der [X.] an. Ein Kapitalerhalt wird hier aber nicht garantiert, weil auch Fremdkapital aufgenommen und investiert wird und die Zins- und Verwaltungskosten für die Fremdmittel aus der Anlage entnommen werden. [X.]iese Anlageform bietet höhere Renditechancen, beinhaltet aber auch höhere Risiken.

5

[X.]ie Klägerin unterzeichnete im Verlauf des Gesprächs vom 11. August 2005 schließlich einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung "mit Vermögensverwaltung" mit einer [X.] von 600.000 €. Als Anlagestrategie ist "P.          [X.]" angekreuzt. Ferner unterzeichnete sie eine "Erklärung des Versicherungsnehmers zum [X.]" und "Hinweise zu [X.]- und 3- Anlagen". Weitere 300.000 € legte die Klägerin auf Empfehlung des [X.] zu 1 anderweitig an.

6

[X.]ie Anlage entwickelte sich in der Folgezeit negativ. Am 30. April 2008 besaß das Portfolio der Klägerin nur noch einen Wert von 279.107,04 €. Mit Schreiben vom 28. Juli 2008 forderte die Klägerin von der [X.] zu 2 Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung. Mit Schreiben vom 29. November 2009 kündigte sie den Versicherungsvertrag. [X.]ie Beklagte zu 3 erklärte daraufhin, dass eine Auflösung des Vertrages derzeit nicht möglich sei, weil der Verkauf der von der Klägerin gewählten Veranlagung unmöglich und der Fonds geschlossen sei.

7

[X.]ie Klägerin macht geltend, dass sie im Zusammenhang mit der getätigten Anlage fehlerhaft beraten und über die Anlagestrategie getäuscht worden sei. Es sei ihr um eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gegangen. [X.]iesem Anlageziel hätten die [X.] nicht Rechnung getragen. [X.]er Beklagte zu 1 habe ihr die Anlage ausschließlich im Modell "P.          124" empfohlen und erläutert, dass sie damit kein Geld verlieren könne. Er habe auf wiederholtes Nachfragen immer die Sicherheit der Anlage hervorgehoben.

8

[X.]ie Klägerin meint, die Beklagte zu 3 hafte sowohl für die Pflichtverletzung der [X.] zu 2 in Form fehlerhafter Beratung als auch für den fehlerhaften Prospekt, den sie bei der E.       [X.] in Auftrag gegeben habe, in dem sie als Partner genannt sei und deren Inhalt mit ihr abgestimmt sei. [X.]ieser Prospekt sei widersprüchlich und falsch, weil die 124%-ige Absicherung der Anlage darin derartig in den Vordergrund gestellt sei, dass der Gesamteindruck entstehe, dies gelte für alle Anlagevarianten. [X.]arüber hinaus habe die Beklagte zu 3 eine eigene Aufklärungspflicht verletzt, weil sie hätte erkennen müssen, dass der im Versicherungsantrag angegebene [X.] "Vorsorge" nicht zu der gewählten Anlage gepasst habe.

9

[X.]ie Klägerin begehrt jetzt noch die Rückzahlung von 547.130,15 € nebst Zinsen. In Höhe weiterer 52.869,85 € haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte zu 3 diesen Betrag am 17. Mai 2010 an die Klägerin gezahlt hat.

[X.]as [X.] hat die Klage abgewiesen. [X.]as [X.] hat die Abweisung gegen den [X.] zu 1 bestätigt und die [X.] zu 2 und 3 bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen und die gegenüber der [X.] zu 2 begehrte Feststellung des Annahmeverzugs antragsgemäß verurteilt.

Mit der vom Berufungsgericht nur für sie zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte zu 3 die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage.

II. [X.]ie Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. [X.]as Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision für die Beklagte zu 3 damit begründet, dass es deren Verurteilung entgegen einem unveröffentlichten Beschluss des [X.]s Oldenburg (8 [X.] vom 9. Juni 2010) auch auf eine Anwendung der Grundsätze über die [X.] Prospekthaftung gestützt hat; dies erfordere eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

[X.]abei hat das Berufungsgericht verkannt, dass es - und zwar auch nach seiner eigenen Rechtsauffassung - auf Fragen der [X.]n Prospekthaftung, insbesondere ihrer Anwendbarkeit beim Vertrieb von fondsgebundenen Lebensversicherungen, für die Entscheidung nicht ankommt, weil bereits die vom Berufungsgericht bejahte Haftung der [X.] zu 3 für einen Beratungsfehler der [X.] zu 2 die ausgesprochene Verurteilung selbständig trägt (dazu näher nachfolgend unter 2.).

Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dass ein Beratungsfehler der [X.] zu 2 vorliegt, deren Verhalten sich auch die Beklagte zu 3 gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage gefestigter Rechtsprechung. Insoweit sind Zulassungsgründe nicht ersichtlich.

2. [X.]ie Revision hat auch in der Sache keinen Erfolg. [X.]as Berufungsgericht hat die Haftung der [X.] zu 3 für eine fehlerhafte Beratung der Klägerin durch die Beklagte zu 2 rechtsfehlerfrei bejaht.

a) [X.]as Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Beklagte zu 2 Pflichten aus einem zwischen dieser und der Klägerin zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag verletzt habe, indem der Beklagte zu 1 die mit der Vermögensanlage in der "[X.]"-Variante verbundenen Risiken durch mündliche Falschangaben bei der Beratung unzulässig verharmlost habe. Aus seinen eigenen Angaben bei der Parteianhörung in erster Instanz gehe ein unzulässiges "Schönreden" des Risikos hervor. Er habe jedoch kein Bild zeichnen dürfen, das die Bedeutung der schriftlichen Hinweise für die Entscheidungsbildung der Klägerin mindere und die von ihr unterzeichneten verschiedenen Risikohinweise in den schriftlichen Vertragsunterlagen entwerte.

Für den der Klägerin hierdurch entstandenen Schaden hafte auch die Beklagte zu 3, weil ihr die mangelhafte Beratung durch die Beklagte zu 2 gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei. [X.]ie Beklagte zu 2 sei bei Anbahnung des Vertragsverhältnisses auch als ihr Verhandlungsgehilfe tätig geworden, wie sich aus den Umständen des Einzelfalles ergebe. [X.]er Versicherer müsse sich das Verhalten des Vermittlers gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, wenn er es ihm überlassen habe, die das [X.] betreffenden Vertragsverhandlungen bis zur Unterschriftsreife zu führen.

b) [X.]ies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

aa) Von der Revision unangegriffen und auch im Übrigen bedenkenfrei hat das Berufungsgericht das Zustandekommen eines Beratungsvertrages zwischen der Klägerin und der [X.] zu 2 festgestellt. [X.]eshalb hatte sich die Beratung der Klägerin auch aufgrund eigener kritischer Überprüfung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben konnten; das schließt beim Vertrieb einer Anlage anhand eines Prospekts eine Überprüfung des Prospekts und der darin enthaltenen Informationen ein ([X.], Urteil vom 1. [X.]ezember 2011 - [X.], [X.], 380 Rn. 9 f. m.w.N.; st. Rspr.).

[X.]araus folgt weiter, dass auch bei zutreffenden und ausreichenden Prospektangaben über die Chancen und Risiken einer Anlage eine Pflichtverletzung des Beraters vorliegen kann, wenn dieser im [X.] eine abweichende [X.]arstellung der Risiken vornimmt und damit ein Bild zeichnet, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.], 1653 Rn. 10) bzw. tatsächlich bestehende Gefahren unzulässig verharmlost und zutreffende schriftliche Warnhinweise fälschlich relativiert ([X.] VersR 2005, 62, 63).

bb) [X.]iese Maßstäbe hat das Berufungsgericht beachtet und auf ihrer Grundlage rechtsfehlerfrei eine Pflichtverletzung der [X.] zu 2 festgestellt.

[X.]as Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1 einen unrichtigen Eindruck von der Sicherheit und den Risiken der Anlage "[X.]" vermittelt und die - insoweit nur unterstellte - hinreichende schriftliche Risikoaufklärung im Prospekt durch seine mündlichen Ausführungen unterlaufen und die Risiken irreführend abgeschwächt hat. Es konnte sich dabei in zulässiger Weise darauf stützen, dass der Beklagte zu 1 nach seinen eigenen Angaben erklärt hat, "es könne nicht so viel passieren", solange sich die Gefahren "Ausfall des Emittenten" und "Entwicklung der Zinsen für Fremdkapital" nicht realisierten, und durfte die Wiedergabe einer solchen Einschätzung im Rahmen tatrichterlichen Ermessens als eine unzulässige Verharmlosung werten.

Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, es habe sich um ein zutreffend als gering dargestelltes Risiko gehandelt, vom Gegenteil könne nicht ausgegangen werden, ohne Feststellungen dazu zu treffen, was den Anlagefonds letztlich in Schieflage gebracht habe, ist Letzteres unrichtig. [X.]erartige Feststellungen waren nicht erforderlich. Ob ein Risiko vom Anlageberater abweichend von schriftlichen Warnhinweisen "kleingeredet" werden darf, beurteilt sich allein ex ante und ist nicht davon abhängig, ob sich genau dieses Risiko später verwirklicht oder nicht. Zudem ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, auf welcher Grundlage die vermeintlich nur geringe Gefahr einer Zinsentwicklung, die den [X.] übersteigende Kosten herbeiführen kann, vom [X.] zu 1 eingeschätzt und beurteilt worden ist. Mit ihrer Auffassung, dass das Risiko aus einer [X.] als gering bewertet werden durfte und deshalb kein "Schönreden", sondern eine zutreffende Risikobewertung vorgelegen habe, setzt die Revision dem Berufungsurteil damit nur ihre eigene abweichende Würdigung entgegen, ohne Rechtsfehler aufzeigen zu können.

cc) Weiter zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Beklagte zu 3 fehlerhafte mündliche Erklärungen des [X.] zu 1 zur Risikobewertung zurechnen lassen muss.

(1) [X.]abei kann zugunsten der [X.] zu 3 davon ausgegangen werden, dass sie die Informations- und Aufklärungspflichten, die ihr nach § 10a Abs. 1 [X.] a.F. i.V.m. der Anlage Teil [X.] oblagen, ebenso erfüllt hat wie diejenigen Pflichten, die sich daraus ergeben, dass auch ein Versicherer entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet ist, den Versicherungsnehmer bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind, wenn der Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - [X.], [X.], 1582 Rn. 53, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt). Zur richtigen und vollständigen Information über ein Anlageprodukt gehört die zutreffende Beschreibung der damit verbundenen Chancen und Risiken, nicht jedoch deren Bewertung, die nur im Rahmen eines Beratungsvertrages geschuldet wird (vgl. auch [X.], Urteil vom 25. November 1981 - [X.], NJW 1982, 1095 unter [X.]; sowie [X.]/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. § 4 Rn. 4 m.w.N. zur Abgrenzung von Anlageberatung und Anlagevermittlung).

(2) Entscheidend ist, dass die Beklagte zu 3 sich auch zur Erfüllung dieser Pflichten der [X.] zu 2 bedient hat. [X.]ie von der [X.] zu 3 geschuldete Aufklärung ist in dem vom [X.] zu 1 geführten [X.] vorgenommen worden, weshalb die Beklagte zu 3 auf den Gesprächsinhalt auch im Versicherungsantrag Bezug genommen hat. So heißt es in dem Antragsformular, in dessen Kopf neben der E.     [X.] auch die Beklagte zu 3 aufgeführt ist:

"Ich wurde über die einzelnen Veranlagungsmöglichkeiten informiert und über alle Chancen und Risiken (…) dieser Anlageform aufgeklärt. Ich habe die Erklärung zum [X.] gelesen, ausgefüllt, unterschrieben. …"

In der genannten "Erklärung zum [X.]" bestätigte die Klägerin durch Ankreuzen der jeweiligen vorgedruckten Kästchen, "dass ich über folgende Punkte und Risiken aufgeklärt wurde". [X.]amit hat sich die Beklagte zu 3 die Risikoaufklärung im [X.] zu Eigen gemacht. Sie hat sich für die von ihr selbst vorgesehene Risikoaufklärung der [X.] zu 2 bedient, die damit in diesem Rahmen als ihre Erfüllungsgehilfin zu betrachten ist (§ 278 BGB). [X.]ie Beklagte zu 3 muss sich deshalb auch solche in diesem Gespräch abgegebenen Erklärungen zu Chancen und Risiken zurechnen lassen, die innerhalb der Grenzen ihrer eigenen Aufklärungspflicht nicht geschuldet waren. Werden Auskünfte gegeben, auch ohne dass dazu eine Verpflichtung besteht, so müssen diese richtig oder, wenn es um eine Risikobewertung geht, jedenfalls ex ante vertretbar sein.

(3) An der Zurechenbarkeit ändert es nichts, dass es sich bei der [X.] zu 2 um eine selbständige Beraterin handelt, die als Untervermittlerin für die E.     [X.] tätig geworden ist. Es kommt allein auf den Pflichtenkreis des Vermittlers im Einzelfall an. Nur dieser ist ausschlaggebend dafür, wann ein Vermittler, gleichgültig ob selbständig oder nicht, als Hilfsperson des Versicherers anzusehen ist. Auch wenn ein Versicherungsmakler grundsätzlich die Interessen des Versicherten und nicht diejenigen des Versicherers wahrnimmt (Senatsurteil vom 22. Mai 1985 - [X.], [X.]Z 90, 356; Senatsbeschluss vom 12. März 2008 - [X.], [X.], 809 Rn. 7), kann dies im Einzelfall doch anders sein. So muss sich ein Versicherer das Verhalten und die Erklärungen rechtlich selbständiger Vermittler und von diesen eingesetzter Untervermittler zurechnen lassen, soweit die Lebensversicherung unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem ausschließlich über diese Vermittler vertrieben wird (Senatsurteil vom 11. Juli 2012 aaO Rn. 51).

Gleiches gilt hier. [X.]ass die E.       [X.], obwohl Versicherungsmakler, hier im Lager der [X.] zu 3 steht, wird bereits an der Gestaltung des Antragsformulars deutlich. Es ist nicht etwa so, dass sie sich lediglich ihr zur Verfügung stehender Antragsformulare des Versicherers bedient hat (so im Fall, der dem Senatsbeschluss vom 12. März 2008, aaO, zugrunde lag), sondern Herausgeber des Antragsformulars sind nach dessen Kopfzeile die Maklerin und die Beklagte zu 3 gemeinsam. Ferner handelt es sich um einen "Antrag auf eine Lebensversicherung mit Vermögensverwaltung", wobei in den zugehörigen Unterlagen ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass die Beklagte zu 3 als Versicherer sich nicht um die Verwaltung des [X.] kümmert und damit nichts zu tun hat. [X.]ies fällt in die alleinige Zuständigkeit der E.     [X.]. Somit treten beide schon im Antragsformular zusammen mit einem gemeinsamen Produkt dem [X.] und zukünftigen Versicherungsunternehmer gegenüber. [X.]as kombinierte Anlageprodukt wird von ihnen gemeinsam angeboten und vertrieben. [X.]anach kann keine Rede davon sein, dass die E.     [X.] und deren Vermittler alleinige Sachwalter der Interessen des Versicherungsnehmers seien.

dd) [X.]ass die Klägerin den ihr im Jahre 2008 unterbreiteten Angeboten auf einen Wechsel in andere Anlagemöglichkeiten nicht nachgekommen ist, stellt weder eine Bestätigung der Anlageentscheidung dar, die die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ausschließt, noch einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB). [X.]ieser unterlassene Wechsel ist der Klägerin nicht vorzuwerfen. [X.]as Berufungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass mangels entsprechenden Vortrags schon völlig unklar ist, wie sich die Anlage dann weiter entwickelt hätte. Ebenfalls nicht dargelegt ist, dass die Klägerin eine etwaige bessere Entwicklung ex ante mit der notwendigen Sicherheit hätte erkennen können und müssen.

ee) Ein Verstoß gegen § 308 ZPO liegt im Hinblick auf die Beklagte zu 3 nicht vor. [X.]er - wegen unterschiedlicher Verzinsungen umständlich formulierte - Klageantrag ist sachgerecht dahin auszulegen, dass sich die beantragte Zug-um-Zug-Einschränkung nur auf die [X.] zu 1 und 2 bezog. Eine Abtretung von Ansprüchen gegen die Beklagte zu 3 aus jenem Vertrag, bezüglich dessen die Klägerin verlangt, so gestellt zu werden, als hätte sie ihn nicht abgeschlossen, ist nicht nur erkennbar sinnlos, sondern war auch nicht gewollt, wie sich hinreichend deutlich daraus ergibt, dass die Feststellung des Annahmeverzugs mit dieser Gegenleistung ausdrücklich nur gegenüber den [X.] zu 1 und 2 begehrt wurde.

ff) Unerheblich ist schließlich, ob eine noch ausstehende endgültige Abrechnung des Fonds noch zu weiteren Ausschüttungen an die Klägerin über die erfolgte Teilzahlung hinaus führen würde. [X.]er entstandene Anspruch der Klägerin auf [X.] vom Vertrag wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss berechtigt sie schon jetzt, ihre Einzahlung in voller Höhe zurückzuverlangen.

[X.]                                [X.]                                        Felsch

                  [X.]                             [X.]r. Brockmöller

Hinweis: [X.]as Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

IV ZR 71/11

26.09.2012

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 31. März 2011, Az: 3 U 148/10, Urteil

§ 278 BGB, § 280 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.09.2012, Az. IV ZR 71/11 (REWIS RS 2012, 2806)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2806

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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