Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.08.2010, Az. 9 AZR 414/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 4038

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Gegenstand

Altersteilzeit im öffentlichen Dienst - genereller Ausschluss des Blockmodells - Ermessensausübung


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. April 2009 - 9 [X.] 1375/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Der im Juni 1949 geborene Kläger ist seit Oktober 2001 mit einer Unterbrechung von mehreren Monaten als Arbeitsvermittler für die beklagte [X.] ([X.]) tätig. Vom 31. Juli 2004 bis 3. Januar 2005 bestand zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis.

3

Die Beklagte ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (Art. 87 Abs. 2 Satz 1 GG, § 367 Abs. 1 [X.]). Sie ist nach Art. 86 Satz 1 GG an allgemeine Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung gebunden. Die Bundesregierung muss den Haushaltsplan der [X.] genehmigen (§ 71a Abs. 2 SGB IV). Für die Beklagte gelten sinngemäß die Vorschriften der [X.]sordnung (§ 77a Satz 1 SGB IV) und die Aufsichtsregelungen der §§ 87 ff. [X.] Die [X.] hat aus den Überschüssen der Einnahmen über die Ausgaben eine Rücklage zu bilden (§ 366 [X.]).

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist kraft vertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 idF des [X.] Nr. 2 vom 30. Juni 2000 ([X.]) anzuwenden.

5

Der [X.] lautet auszugsweise:

        

        

§ 2      

                 

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit           

        

(1)     

Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet haben,

                 

b)    

eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 [X.]T/[X.]T-O) von fünf Jahren vollendet haben und

                 

c)    

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem [X.] gestanden haben,

                 

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des [X.] sein.

        

(2)     

Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

        

(3)     

Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

        

(4)     

Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.

                          
        

§ 3      

        

Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit           

        

(1)     

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.

                 

Als bisherige wöchentliche Arbeitszeit ist die wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, die mit dem Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Zugrunde zu legen ist höchstens die Arbeitszeit, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit nach Satz 2 dieses Unterabsatzes bleiben Arbeitszeiten, die die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschritten haben, außer Betracht. Die ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit kann auf die nächste volle Stunde gerundet werden.

        

(2)     

Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie

                 

a)    

in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder

                 

b)    

durchgehend geleistet wird ([X.]).

        

(3)     

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird.“

6

Das [X.] ([X.]) teilte mit Rundschreiben vom 28. Februar 2006 mit, der Rechnungsprüfungsausschuss habe in seiner Sitzung vom 17. Februar 2006 beschlossen, dass die Bewilligung von Altersteilzeit für Beamte ab sofort (Stichtag 17. Februar 2006) nur noch im [X.] möglich sei. Ausgenommen seien bestimmte Personalabbaubereiche. Mit Rundschreiben vom 8. März 2006 übertrug das [X.] diese Regelung auf Altersteilzeitarbeitsverträge mit Arbeitnehmern. Das [X.] führte zur Begründung aus, die tariflichen Regelungen begründeten keinen Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Arbeitszeitmodell während der Altersteilzeit. [X.] dürften zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen für den [X.] führen. Die Rundschreiben wurden der [X.] im März 2006 über das [X.] ([X.]) mit der Bitte um Beachtung zugeleitet. Mit [X.] Personal vom 13. April 2006 teilte die [X.] ihren Beschäftigten mit, für Beamte und Arbeitnehmer sei die Vereinbarung von Altersteilzeit im Blockmodell mit Blick auf die Rundschreiben des [X.] ab sofort in aller Regel ausgeschlossen. Ausgenommen seien lediglich Kraftfahrer.

7

Der Kläger bat mit Schreiben vom 2. Januar 2008 darum, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell zu schließen. Die Arbeitsphase sollte von Juli 2009 bis Dezember 2011 dauern, die Freistellungsphase von Januar 2012 bis Juni 2014. Die Beklagte lehnte den Antrag unter dem 17. Januar 2008 ab. Sie stützte sich bei der Ausübung ihres Ermessens darauf, dass die Zahl der im Blockmodell durchgeführten [X.] in den vergangenen Jahren im Bereich der [X.] stark zugenommen habe. Daher sei von einer zunehmenden finanziellen Belastung des Haushalts der [X.] in den kommenden Jahren auszugehen. Es sei nicht mehr möglich, im bisherigen Umfang [X.] auszubringen. Durch [X.] werde der Dienstbetrieb in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt.

8

Der Kläger fragte unter dem 7. Mai 2008 an, ob die Beklagte den [X.] weiter ablehne. Die [X.] erwiderte mit Schreiben vom 19. Mai 2008, dem Kläger stehe es frei, Altersteilzeitarbeit im [X.] zu beantragen.

9

Der Kläger meint, finanzielle Belastungen, die mit einem tariflich vorgesehenen Altersteilzeitverteilungsmodell verbunden seien, stellten keinen Sachgrund dar, der dem individuellen Verteilungswunsch entgegengehalten werden könne. Sonst werde das Blockmodell faktisch abgeschafft. Störungen des Betriebsablaufs habe die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Jedenfalls überwögen die Interessen des [X.] die Belange der Beklagten, weil er an einer Augenerkrankung leide und seine Ehefrau sich bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinde.

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersteilzeit im Blockmodell für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2011 als Arbeitsphase und für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2014 als Freistellungsphase zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, sie habe sich die Weisungen der Rundschreiben des [X.] zu eigen machen müssen, um Restriktionen im Haushaltsverfahren zu vermeiden. Nach der [X.]sordnung dürften Rücklagen für das kommende Haushaltsjahr grundsätzlich nicht gebildet werden. Haushaltsmittel, die im Haushaltsjahr nicht in Anspruch genommen würden, verfielen. § 366 [X.] sehe zwar vor, dass die Beklagte aus den Überschüssen der Einnahmen über die Ausgaben eine Rücklage zu bilden habe. Derartige Überschüsse seien jedoch nicht vorhanden. Der nach § 366a [X.] einzurichtende Versorgungsfonds erfasse Rücklagen für [X.] nicht. Außerdem sei nicht sichergestellt, dass die Stelle des [X.] bei Eintritt in die Freistellungsphase nachbesetzt werden könne.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zustimmung zu dem Antrag des [X.] auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell verurteilt. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat Erfolg.

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

I. Der Antrag ist so zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, das Angebot des [X.] auf Abschluss eines [X.] anzunehmen. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 [X.]tz 1 ZPO als abgegeben (vgl. nur [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 23, [X.] § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1). Zu welchem [X.]punkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht.

II. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll hier im Blockmodell in der [X.] vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2014 durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des [X.] erbracht werden. Daran soll sich die Freistellungsphase anschließen. Die Arbeitsphase soll von Juli 2009 bis Dezember 2011 dauern, die Freistellungsphase von Januar 2012 bis Juni 2014. Das ergibt sich aus dem ersten Altersteilzeitantrag vom 2. Januar 2008 und dem Klageantrag. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll sich inhaltlich nach den Regelungen des TV [X.] richten.

B. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Abschluss des verlangten [X.] im Blockmodell aus § 2 Abs. 2 [X.]tz 1, § 3 Abs. 2 Buch[X.] a TV [X.]. § 106 [X.]tz 1 [X.] und § 315 Abs. 1 BGB.

I. Der auf Annahme des Vertragsangebots gerichtete Antrag ist nicht schon deshalb unbegründet, weil der Kläger die rückwirkende Änderung des Arbeitsverhältnisses ab 1. Juli 2009 verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]I S. 3138) kommt die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung mit Rückwirkung in Betracht. Ein Vertragsangebot kann auch dann angenommen werden, wenn es auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden [X.]punkt gerichtet i[X.] Eine Rückdatierung des [X.] vor Eintritt der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung mit Rechtskraft des Urteils nach § 894 [X.]tz 1 ZPO ist dagegen ausgeschlossen (vgl. für die [X.] Rspr. [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.] - Rn. 35; 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 15 f., [X.] § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1; 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 15, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann (vgl. nur [X.] 15. April 2008 - 9 [X.]/07 - Rn. 26 mwN, [X.] 126, 264).

II. Der Kläger erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 iVm. Abs. 1 TV [X.].

1. Er vollendete mit dem 21. Juni 2009 das 60. Lebensjahr.

a) Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger bei der Ablehnung seiner Anträge durch die Beklagte mit Schreiben vom 17. Januar 2008 und 19. Mai 2008 noch nicht das 60. Lebensjahr vollendet hatte, sondern diese Voraussetzung des § 2 Abs. 2 [X.]tz 1 TV [X.] erst im Juni 2009 erfüllte.

b) Der [X.] kann offenlassen, ob ein Arbeitgeber auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 [X.]tz 1 TV [X.] stets verpflichtet ist, über den Antrag auf Abschluss eines [X.] zu entscheiden, wenn das Angebot abgegeben wird, bevor der Anspruchsteller das 60. Lebensjahr vollendet hat. Ferner kann auf sich beruhen, ob diese Pflicht schon über ein Jahr vor Vollendung des 60. Lebensjahres besteht. Die Beklagte ließ sich hier vorbehaltlos auf die Altersteilzeitanträge des [X.] ein. Sie berief sich nicht auf die fehlende Vollendung des 60. Lebensjahres oder eine noch nicht mögliche Prognose der künftigen Verhältnisse. Die [X.] lehnte die Anträge vielmehr aus [X.] ab (vgl. [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 19 f., [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

2. Der Kläger wird von der Beklagten seit Oktober 2001 mit einer Unterbrechung von etwas mehr als fünf Monaten in der [X.] vom 31. Juli 2004 bis 3. Januar 2005, dh. in der Summe seit weit über fünf Jahren vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeitarbeit am 1. Juli 2009 beschäftigt. Die Unterbrechung ist für die Vollendung der fünfjährigen Beschäftigungszeit des § 2 Abs. 1 Buch[X.] b TV [X.] unschädlich (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Altersteilzeit 5. Aufl. S. 49 f.).

3. Der Kläger stand in dem [X.] vor Beginn der Altersteilzeitarbeit (§ 2 Abs. 1 Buch[X.] c TV [X.]) mindestens 1.080 Kalendertage in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nach dem [X.] III.

4. Der Kläger wahrte die Dreimonatsfrist des § 2 Abs. 2 [X.]tz 2 TV [X.] sowohl mit seinem ersten Altersteilzeitantrag vom 2. Januar 2008 als auch mit seinem zweiten Antrag vom 7. Mai 2008. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sollte erst am 1. Juli 2009 beginnen.

III. Der Kläger hat nach § 2 Abs. 2 [X.]tz 1 TV [X.] Anspruch auf Vereinbarung eines [X.]. Nur die von ihm gewünschte Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell (§ 3 Abs. 2 Buch[X.] a TV [X.]) entspricht billigem Ermessen (§ 106 [X.]tz 1 [X.], § 315 Abs. 1 BGB). Die von der Beklagten ermessensfehlerhaft nicht abgegebene Annahmeerklärung ist vom [X.] zu ersetzen.

1. Die Beklagte wendet sich nicht gegen das „Ob“ des Anspruchs auf Begründung eines [X.]. Sie beruft sich insbesondere nicht auf dringende dienstliche oder betriebliche Gründe iSv. § 2 Abs. 3 TV [X.] oder die Überschreitung der in § 2 Abs. 1 TV [X.]. § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] enthaltenen Überforderungsgrenze.

a) Beide Einschränkungen beziehen sich auf den Anspruch auf Abschluss eines [X.] „an sich“, nicht auf die Verteilung der Arbeitszeit. Die [X.] lehnt lediglich eine Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell ab.

b) Der Streitfall unterscheidet sich darin von dem Urteil des [X.] vom 29. April 2004, das die Beklagte heranzieht (- 2 [X.] - juris Rn. 10 ff., BVerwGE 120, 382). Diese Entscheidung behandelt die Frage der dem „Ob“ des Anspruchs auf Altersteilzeit entgegenstehenden dringenden dienstlichen Belange iSv. § 88a Abs. 3 [X.]tz 1 Nr. 4 [X.] aF im [X.]. Verfahrensgegenstand war kein Vollanspruch (vgl. zu der Abgrenzung im [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 23 ff., [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Es ging um einen Anspruch auf Ausübung billigen Ermessens hinsichtlich der Begründung eines Altersteilzeitbeamtenverhältnisses in der [X.] zwischen der Vollendung des 55. und des 60. Lebensjahres.

2. Ermessensgerecht ist hier nur die Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell.

a) Der Arbeitnehmer hat nach §§ 2, 3 TV [X.] keinen Vollanspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit während des [X.]. Der Arbeitgeber hat vielmehr nach billigem Ermessen über die Verteilung der Arbeitszeit zu entscheiden (§ 106 [X.]tz 1 [X.], § 315 Abs. 1 BGB).

aa) Das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 [X.]tz 1 [X.] für die Verteilung der Arbeitszeit im Altersteilzeitarbeitsverhältnis zeigt sich vor allem an § 3 Abs. 3 TV [X.]. Danach kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird. Die Regelung wäre überflüssig, wenn der Arbeitnehmer die Verteilung der Arbeitszeit selbst bestimmen könnte (vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 37, [X.] 121, 55).

[X.]) Für die Verteilung der Arbeitszeit durch Weisung des Arbeitgebers sprechen auch Wortlaut, Zusammenhang und Zweck von §§ 2, 3 TV [X.]. § 2 Abs. 2 [X.]tz 1 TV [X.] begründet ausdrücklich nur einen Anspruch auf Vereinbarung eines [X.]. § 3 Abs. 2 TV [X.] sieht vor, dass die während der Gesamtdauer des [X.] zu leistende Arbeit im Block- oder im [X.] verteilt werden „kann“. Der in der [X.] festgehaltene Zweck des TV [X.] kann sowohl im Block- als auch im [X.] erreicht werden. Älteren Beschäftigten soll ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht werden. Dadurch sollen vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden.

b) Der Arbeitnehmer kann sein Angebot auf Abschluss eines [X.] jedoch - wie hier der Kläger - auf ein bestimmtes Modell der Verteilung der Arbeitszeit beschränken. Einen solchen Antrag kann der Arbeitgeber nur einheitlich annehmen oder ablehnen. Zu einer Annahme des Angebots auf Abschluss eines [X.] im Blockmodell ist der Arbeitgeber nach §§ 2, 3 TV [X.] lediglich dann verpflichtet, wenn jede andere Entscheidung über die Verteilung der Arbeitszeit billigem Ermessen widerspräche.

c) Die Entscheidung der Beklagten, die Arbeitszeit nicht im Blockmodell zu verteilen, wird diesem Maßstab nicht gerecht. Sie widerspricht billigem Ermessen iSv. § 106 [X.]tz 1 [X.], § 315 Abs. 1 BGB. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.

aa) Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat. Maßgeblich ist der [X.]punkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 26 und 29, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

[X.]) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 [X.]tz 2 BGB (vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 29 mwN, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese [X.]chentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den [X.] vorbehalten ([X.] 10. Mai 2005 - 9 [X.] [X.] 3 b und [X.] 1 der Gründe, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; str., zu der Kontroverse GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Eine Entscheidung des [X.] ist dann geboten, wenn die Tatsachen, die die Ablehnung rechtfertigen sollen, feststehen und nur eine zustimmende Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht ([X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 29 mwN, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

cc) Der [X.] muss nach diesen Grundsätzen selbst entsprechend § 315 Abs. 3 [X.]tz 2 BGB entscheiden. Er hat die Beklagte zur Abgabe der Annahmeerklärung mit der gewünschten Arbeitszeitverteilung im Blockmodell zu verurteilen. Nur die Annahme des Angebots auf Abschluss eines [X.] mit einer Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell entspricht der Billigkeit. Die erforderlichen Tatsachen sind festgestellt.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.]s genügt im Rahmen billigen Ermessens jeder sachliche Grund, der sich auf den Übergang in die Altersteilzeit bezieht, um einen Altersteilzeitantrag - das „Ob“ des Abschlusses eines [X.] - abzulehnen. Dazu können auch finanzielle Gründe gehören (vgl. [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 31 mwN, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Der [X.] hat für die Verteilung der Arbeitszeit nach § 3 Abs. 2 TV [X.] demgegenüber bisher offengelassen, welche Gesichtspunkte der Arbeitgeber bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat (vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 38, [X.] 121, 55).

(2) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird vertreten, bei der Ermessensentscheidung nach § 3 Abs. 2 TV [X.] könnten wie bei § 2 Abs. 1 TV [X.] alle sachlichen Gründe berücksichtigt werden, die sich auf den Übergang in die Altersteilzeit bezögen oder sich aus dem Wechsel in die Altersteilzeit im Blockmodell ergäben (vgl. [X.] 6. November 2009 - 10 [X.]/09 - zu II 2 b der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 [X.] -]; 24. September 2009 - 13 [X.] 749/09 - zu I 2 b cc der Gründe, [X.] [X.] § 3 Nr. 11 [Revision eingelegt unter - 9 [X.] -]; [X.] 12. Januar 2010 - 6 [X.] 488/09 - zu II 2 b [X.] der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 [X.] -]; 17. Dezember 2008 - 10 [X.] 817/08 - zu II 2 b cc (1) der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 [X.]/09 -]). Dieser Ansatz wird damit begründet, dass finanzielle Gründe sogar die vollständige Ablehnung eines [X.] rechtfertigen könnten. Sie müssten es deshalb erst recht erlauben, eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit abzulehnen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe.

(3) Der [X.] stimmt diesen Überlegungen nicht zu.

(a) Welche tatsächlichen Umstände in die Ermessensabwägung einzubeziehen sind, richtet sich nach dem jeweiligen Regelungsgegenstand (vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 30, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14; [X.] 31. Oktober 2007 - 6 [X.] 136/07 - zu II 2 b [X.] (1) der Gründe, [X.] 700 TV [X.] Nr. 12). Geht es - wie hier - um die Verteilung der Arbeitszeit, können alle sachlichen Gründe berücksichtigt werden, die sich auf die Lage der Arbeitszeit als solche beziehen. Das kann wegen der Aufgabenstellung des Arbeitnehmers im Einzelfall auch zu einem Vorrang des [X.]s führen. Daran ist beispielsweise zu denken, wenn eine Nachbesetzung mit einer langen Einarbeitung verbunden ist und beide Arbeitnehmer deswegen zeitlich überlappend beschäftigt werden sollen (vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - aaO).

(b) Derartige Gründe, die sich auf den Betriebsablauf beziehen, hat die Beklagte nach den [X.] und damit bindenden Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Die Annahme der [X.], sie könne die Stelle bei Eintritt des [X.] in die Freistellungsphase nicht nachbesetzen, ist nicht auf im Einzelnen nachvollziehbares Tatsachenvorbringen gestützt. Es handelt sich um eine vage Befürchtung, auf die der Kläger nicht sachgerecht erwidern kann. Die Beklagte beruft sich letztlich auf ihr Interesse an Vertragskontinuität. Dieses Interesse ist kein [X.]chgrund für die Ablehnung der Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell, wenn keine anderen sachlich berechtigten Belange hinzutreten.

(c) Die Beklagte beruft sich vor allem auf das Rundschreiben des [X.] vom 8. März 2006, in dem ausgeführt wurde, [X.] dürften zu keinen zusätzlichen Belastungen für den Bundeshaushalt führen. Dieses Rundschreiben wurde der [X.] über das [X.] zugeleitet. Die Beklagte machte es sich mit [X.] Personal vom 13. April 2006 zu eigen. Sie nimmt an, die erhöhte wirtschaftliche Belastung durch das Blockmodell schlage sich in den Kosten für die Insolvenzsicherung und darin nieder, dass sie wegen der kameralistischen Haushaltsführung keine Rückstellungen bilden könne.

(aa) Der [X.] kann im Streitfall offenlassen, ob eine höhere wirtschaftliche Belastung durch das Blockmodell in bestimmten Fällen als [X.]chgrund gegen die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeführt werden kann (dagegen [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 30, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14; ebenso [X.] 9. Februar 2010 - 14 [X.] 26/09 - zu II 2 b [X.] der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 [X.] -]).

([X.]) Eine - unterstellte - höhere wirtschaftliche Belastung durch das Blockmodell kann hier nicht allein als [X.]chgrund für die Ablehnung des Verteilungswunschs herangezogen werden, weil die tariflichen Vorschriften weder dem Block- noch dem [X.] den Vorrang geben. Die nötige Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls steht generellen Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in der Praxis umsetzt, zwar nicht entgegen (vgl. [X.] 12. Dezember 2000 - 9 [X.] - zu [X.] 1 c [X.] [X.] der Gründe, [X.] 96, 363). Das Rundschreiben des [X.] vom 8. März 2006, das sich die Beklagte unter dem 13. April 2006 zu eigen machte, geht aber darüber hinaus. Es schließt eines der beiden tariflich vorgesehenen Arbeitszeitverteilungsmodelle gänzlich aus. Die Regelung in § 3 Abs. 3 TV [X.] „liefe“ teilweise „leer“, wenn der Arbeitgeber aus finanziellen oder haushaltswirtschaftlichen Gründen von vornherein bestimmen könnte, dass ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur im [X.] durchgeführt werden darf. Der übereinstimmende Wille der Tarifvertragsparteien würde unterlaufen. Das hat das [X.] zu Recht erkannt. Der Einzelarbeitsvertrag der Parteien nimmt auf den TV [X.] Bezug. Die Beklagte hat sich damit verpflichtet, den nicht durch [X.] originär tarifgebundenen Kläger tarifgerecht zu behandeln.

(cc) Die Interessen des [X.] an der Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell überwiegen nach den festgestellten Tatsachen gegenüber den Belangen der Beklagten.

([X.]) Mit dem Wunsch nach Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell bringt der Arbeitnehmer eine bestimmte Lebensplanung zum Ausdruck. Der Arbeitgeber ist im Gegenzug gehalten, [X.]chgründe gegen die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell vorzubringen. Sonst überwiegen die Belange des Arbeitnehmers. Dafür spricht insbesondere § 3 Abs. 3 TV [X.]. Der Arbeitgeber wird durch diese Regelung verpflichtet, den Wunsch des Arbeitnehmers nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer Einigung zu erörtern.

([X.]b) Die mit dem Wunsch nach Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell ausgedrückte Lebensplanung zeigt sich hier deutlich daran, dass sich die Ehefrau des [X.] bereits in der Freistellungsphase des [X.] befindet. Die von der Beklagten vorgebrachten Umstände sind mit den genannten Argumenten keine sachlich berechtigten betriebsorganisatorischen oder wirtschaftlichen Gegengründe.

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bruse    

        

    Starke    

        

        

Meta

9 AZR 414/09

17.08.2010

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 8. August 2008, Az: 3 Ca 3138/08, Urteil

Art 86 GG, Art 87 GG, § 3 AltTZG 1996, § 311a BGB, § 315 BGB, § 106 GewO, § 2 Abs 2 S 1 AltTZTV, § 3 Abs 2 AltTZTV, § 366 SGB 3, § 366a SGB 3, § 367 SGB 3, § 71a SGB 4, § 77a SGB 4, § 87 SGB 4, § 88a Abs 3 S 1 Nr 4 BG SH vom 03.08.2005, § 3 Abs 3 AltTZTV

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.08.2010, Az. 9 AZR 414/09 (REWIS RS 2010, 4038)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4038

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Referenzen
Wird zitiert von

2 Sa 182/16

2 Ca 5607/12

11 Sa 1150/11

11 Sa 792/10

10 Sa 524/10

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