Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2005, Az. XII ZB 125/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1125

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[X.][X.]/05
vom 26. Oktober 2005 in der Familiensache

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 26. Oktober 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Dr. Ahlt und Dose beschlossen: 1. Der Klägerin wird als Beschwerdeführerin für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsan-walt Prof. Dr. Nirk beigeordnet. 2. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 2. [X.]s für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlan-desgerichts vom 30. Mai 2005 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. [X.]: 3.682 •

Gründe: [X.] Die Parteien streiten um Kindesunterhalt, den die Klägerin für die seit der Trennung bei ihr lebenden gemeinsamen Kinder in Prozessstandschaft für [X.] geltend macht. 1 - 3 - Das Amtsgericht hat die Klage wegen krankheitsbedingt fehlender [X.] des Beklagten abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 24. Januar 2005 zugestellt worden. Mit Antrag vom 24. Februar 2005 hat sie Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens begehrt. Dem Antrag war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen [X.] der Klägerin nebst Anlagen beigefügt. Mit Beschluss vom 4. April 2005, der Klägerin zugestellt am 11. April 2005, hat das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt. Am 22. April 2005 hat die Klägerin [X.] eingelegt, diese zugleich begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Außerdem hat sie Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 4. April 2005 erhoben. Das [X.]sgericht hat die Gegenvorstellung mit Beschluss vom 26. April 2005 zu-rückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 30. Mai 2005 hat es den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung auf Kosten der Klägerin verworfen. Dagegen richtet sich die Rechts-beschwerde der Klägerin. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Beschlusses und zur Bewilligung der Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). 2 3 4 - 4 - Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht bei der Ver-sagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der ständi-gen Rechtsprechung des [X.] abgewichen ist und deswegen ein Fall der Divergenz vorliegt. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebie-ten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschut-zes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Ge-hör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfah-rensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgrün-den nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.], 221, 227 m.w.[X.]; [X.]sbeschluss vom 9. Februar 2005 - [X.] ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung. 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der [X.]. a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Partei nach ständiger Rechtsprechung des [X.] dann zu gewähren, wenn sie inner-halb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch einge-bracht hat und vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werde ([X.]sbeschlüsse vom 23. Fe-bruar 2000 - [X.] ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387 m.w.[X.] und vom 31. August 2005 - [X.] ZB 116/05 - zur [X.] bestimmt). Das ist hier der Fall. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings zutreffend von einer Ob-liegenheit der Klägerin zur Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und 5 6 7 8 - 5 - wirtschaftlichen Verhältnisse aus. Für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 ([X.], abgedruckt bei [X.]/[X.] ZPO 25. Aufl. § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Ein Antragsteller kann deshalb grund-sätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig (vor Ablauf der Rechtsmittelfrist) einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck zu den Akten gereicht hat ([X.]sbeschluss vom 19. Mai 2004 - [X.] ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548; [X.] Beschlüsse vom 26. September 2002 - [X.]/02 - FamRZ 2003, 89 und vom 10. November 1998 - [X.] - [X.], 1123). Einen solchen Vordruck hatte die Klägerin, bezogen auf ihre eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, vor Ablauf der Berufungsfrist einge-reicht und ihm zum Beleg auch die erforderlichen Anlagen beigefügt (vgl. Se-natsbeschluss vom 31. August 2005 aaO). b) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts musste die Klägerin mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht zugleich Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der minderjährigen [X.] einreichen. Der [X.] hat inzwischen entschieden, dass im Rahmen einer nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft erhobenen Klage auf Kindesunterhalt für die Bewilligung von [X.] auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des klagenden Elternteils und nicht auf diejenigen der betroffenen Kinder abzustellen ist ([X.]sbe-schluss vom 11. Mai 2005 - [X.] ZB 242/03 - FamRZ 2005, 1164, 1166 f.). Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kinder kam es mithin für die Beurteilung der Prozesskostenarmut nach § 115 ZPO nicht an. Deswegen konnte die Klägerin nach Vorlage der Erklärung über ihre eigenen [X.] - 6 - mens- und Vermögensverhältnisse mit entsprechenden Nachweisen davon ausgehen, dass ihr die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt würde. Die Klägerin war somit schuldlos gehindert, Berufung gegen das [X.] Urteil einzulegen und diese zu begründen. Diese Verhinderung ist erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist entfallen ([X.]sbeschluss vom 26. Mai 1993 - [X.] ZB 70/93 - FamRZ 1993, 1428 f.; [X.] Beschluss vom 10. November 1998 aaO m.w.[X.]), die mit Zustellung des Beschlusses vom 4. April 2005 am 11. April 2005 begann. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungs-frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Berufung hat die Klägerin mit ihrem am 22. April 2005 eingegangenen Schriftsatz deswegen gewahrt. Eine Wieder-einsetzung in die Begründungsfrist ist hier nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch ohne Antrag möglich, weil die Klägerin innerhalb der [X.] mit der Berufungsbegründung auch diese versäumte Handlung nachgeholt hat. c) Die Verwerfung der Berufung als unzulässig steht der Wiedereinset-zung in den vorigen Stand wegen schuldloser Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist nicht entgegen, weil dem Beschluss des 10 11 - 7 - Berufungsgerichts mit der Bewilligung der Wiedereinsetzung insoweit die Grundlage entzogen und er damit gegenstandslos geworden ist (vgl. [X.]sbe-schluss vom 9. Februar 2005 aaO 792 m.w.[X.]). Hahne [X.] [X.] Ahlt Dose Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.01.2005 - 10 F 342/02 - [X.], Entscheidung vom 30.05.2005 - 10 UF 40/05 -

Meta

XII ZB 125/05

26.10.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2005, Az. XII ZB 125/05 (REWIS RS 2005, 1125)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1125

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