Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.03.2012, Az. VIII ZR 244/10

8. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7627

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Gegenstand

Kaufvertrag via Internet-Versteigerungsplattform: Schadensersatzanspruch des Käufers bei Ersteigerung eines zu einem Startpreis von 1 Euro angebotenen Markenmobiltelefons zu einem unverhältnismäßig günstigen Preis und nachträglicher Feststellung des Vorliegens eines Plagiats


Leitsatz

1. Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot eines Bieters und dem (angenommenen) Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters.

2. Aus einem geringen Startpreis (hier: 1 €) bei einer Internetauktion ergeben sich keine Rückschlüsse auf den Wert des Versteigerungsobjekts.

3. Ob und mit welchem Inhalt bei einer Internetauktion durch die Angebotsbeschreibung des Anbieters eine Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Meistbietenden zustande kommt, ist unter umfassender Würdigung der abgegebenen Willenserklärungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

4. Grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers von der Unechtheit eines im Internet unter Angabe des Markennamens versteigerten Luxusobjekts kann nicht mit der Begründung bejaht werden, es sei erfahrungswidrig, dass ein solcher Gegenstand mit einem Startpreis von nur einem Euro angeboten werde.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 26. August 2010 aufgehoben, soweit hinsichtlich des [X.] auf Zahlung von 23.218 € nebst Zinsen zum Nachteil des [X.] entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions- und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der [X.] aufgrund eines zwischen den Parteien auf der Internetplattform [X.] abgeschlossenen Kaufvertrages Schadensersatz.

2

Die [X.] bot auf der Internetplattform [X.] im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Mobiltelefon zum Verkauf unter der Bezeichnung "[X.] Gold" ab einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot "Zustand gebraucht". Außerdem teilte die [X.] dazu Folgendes mit:

"Hallo an alle Liebhaber von [X.].

Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). [X.] aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und [X.] für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten."

3

Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999 € ab und erhielt für 782 € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der [X.] angebotenen Mobiltelefons verweigerte der Kläger mit der Begründung, es handele sich um ein Plagiat. Er behauptet, bei dem im Übergabetermin angebotenen Mobiltelefon habe es sich um eine Imitation der Firma [X.] gehandelt, ein Original des von der [X.] angebotenen Mobiltelefons koste 24.000 €. Der Aufforderung des [X.], ihm ein "Original [X.] Handy Signature weiß-gold" zur Verfügung zu stellen oder Schadensersatz zu zahlen, kam die [X.] nicht nach.

4

Der Kläger nimmt die [X.] auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch; hilfsweise hat er die Erfüllung des Kaufvertrages sowie die Feststellung begehrt, dass sich die [X.] im Verzug befinde. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren hinsichtlich des [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgeri[X.]ht hat zur Begründung seiner Ents[X.]heidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentli[X.]hen ausgeführt:

7

Der geltend gema[X.]hte S[X.]hadensersatzanspru[X.]h stehe dem Kläger weder aus § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB no[X.]h gemäß diesen Bestimmungen in Verbindung mit §§ 434, 437 Nr. 3, § 440 BGB zu.

8

Zwis[X.]hen den Parteien sei zwar ein Kaufvertrag zustande gekommen. Ein S[X.]hadensersatzanspru[X.]h s[X.]heitere na[X.]h dem eigenen Vortrag des [X.] aber daran, dass der mit der [X.] ges[X.]hlossene Kaufvertrag als wu[X.]herähnli[X.]hes Re[X.]htsges[X.]häft gemäß § 138 Abs. 1 BGB ni[X.]htig sei. Hiervon sei na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] auszugehen, wenn zwis[X.]hen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis bestehe und mindestens ein weiterer Umstand hinzukomme, der den [X.] als sittenwidrig ers[X.]heinen lasse. Ein besonders großes Missverhältnis lasse dabei bereits den S[X.]hluss auf eine verwerfli[X.]he Gesinnung des Begünstigten zu.

9

Diese Vermutungsregel sei au[X.]h auf im Rahmen von [X.]auktionen abges[X.]hlossene Kaufverträge anwendbar. Dana[X.]h sei der zwis[X.]hen den Parteien ges[X.]hlossene Kaufvertrag unter Zugrundelegung des klägeris[X.]hen Vortrags ni[X.]htig. Insoweit sei bei dem erforderli[X.]hen [X.] allerdings ni[X.]ht auf den Preis abzustellen, zu dem der Vertrag ges[X.]hlossen worden sei, sondern auf den Preis, den der Kläger zu zahlen bereit gewesen sei, also sein Maximalgebot von 1.999 €. Der vom Kläger behauptete Wert des Mobiltelefons übersteige dieses Gebot um mehr als das Zwölffa[X.]he. Die demna[X.]h gegen ihn spre[X.]hende tatsä[X.]hli[X.]he Vermutung habe der Kläger ni[X.]ht ers[X.]hüttern können.

Der Annahme der Sittenwidrigkeit des Vertrages stehe die Behauptung des [X.] ni[X.]ht entgegen, die Beklagte habe si[X.]h bei Vertragss[X.]hluss arglistig verhalten. Insoweit habe der Kläger bereits ni[X.]ht behauptet, dass die Beklagte bei Vertragss[X.]hluss Kenntnis davon gehabt habe, dass es si[X.]h ni[X.]ht um ein Originalmobiltelefon handele. Im Übrigen spre[X.]he bereits der Umstand, dass die Beklagte das Mobiltelefon mit einem Startpreis von 1 € angeboten habe, gegen die Annahme, sie habe die Bieter bewusst über die E[X.]htheit des Mobiltelefons täus[X.]hen wollen.

Unabhängig hiervon stünde dem Kläger aber au[X.]h dann ein S[X.]hadensersatzanspru[X.]h ni[X.]ht zu, wenn der Kaufvertrag wirksam wäre.

Ein Sa[X.]hmangel des Mobiltelefons läge selbst dann ni[X.]ht vor, wenn es si[X.]h ni[X.]ht um ein Originalmobiltelefon handelte, denn es könne ni[X.]ht davon ausgegangen werden, dass Gegenstand des Kaufvertrages ein Original-[X.]-Mobiltelefon weiß-gold gewesen sei. Zwar könne au[X.]h die E[X.]htheit der [X.] Gegenstand einer Bes[X.]haffenheitsvereinbarung sein, dies setze aber eine entspre[X.]hende Abrede der Parteien voraus. An einer ausdrü[X.]kli[X.]hen Vereinbarung des Mobiltelefons als Original fehle es.

Die Angaben der [X.] in dem Angebot re[X.]htfertigten ni[X.]ht die Annahme, die Beklagte habe die Bes[X.]haffenheit des Mobiltelefons als Original des Herstellers [X.] bes[X.]hrieben und der Kläger habe dies au[X.]h so verstanden. Gegen eine derartige Bes[X.]haffenheitsvereinbarung spre[X.]he vor allem, dass die Beklagte es zu einem Startpreis von 1 € angeboten habe, obwohl ein Originalmobiltelefon - na[X.]h der Behauptung des [X.] - einen Wert von 24.000 € habe. Ein derart niedriger Startpreis stehe der konkludenten Vereinbarung einer Bes[X.]haffenheit als Original jedenfalls dann entgegen, wenn ein sol[X.]hes Original einen den festgesetzten Startpreis ganz erhebli[X.]h übersteigenden Wert habe, der Käufer Kenntnis von dem Wert habe und der Verkäufer die [X.] ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h als Original bezei[X.]hne.

Aber selbst bei Annahme eines Sa[X.]hmangels s[X.]heide ein S[X.]hadensersatzanspru[X.]h des [X.] aus, weil ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es sei erfahrungswidrig, dass ein Mobiltelefon mit einem - wie vom Kläger behauptet - derart hohen Wert zu einem Startpreis von 1 € angeboten werde. Bei einem sol[X.]hen Angebot habe für den Kläger der Verda[X.]ht naheliegen müssen, dass es si[X.]h bei dem angebotenen Mobiltelefon ni[X.]ht um ein Original handele. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Mangel arglistig vers[X.]hwiegen habe, habe der Kläger ni[X.]ht dargetan.

II.

Diese Beurteilung hält re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. Mit der vom Berufungsgeri[X.]ht gegebenen Begründung kann ein Anspru[X.]h des [X.] auf S[X.]hadensersatz gemäß § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB ni[X.]ht verneint werden.

1. Entgegen der Annahme des Berufungsgeri[X.]hts s[X.]heitert der vom Kläger geltend gema[X.]hte S[X.]hadensersatzanspru[X.]h ni[X.]ht bereits daran, dass unter Zugrundelegung seines eigenen Vorbringens der mit der [X.] ges[X.]hlossene Kaufvertrag als wu[X.]herähnli[X.]hes Re[X.]htsges[X.]häft wegen Sittenwidrigkeit ni[X.]htig wäre (§ 138 Abs. 1 BGB).

a) Das Berufungsgeri[X.]ht stützt si[X.]h für seine Annahme der Sittenwidrigkeit des zwis[X.]hen den Parteien ges[X.]hlossenen Kaufvertrages auf die ständige Re[X.]htspre[X.]hung des [X.], na[X.]h wel[X.]her Re[X.]htsges[X.]häfte, bei denen ein auffälliges Missverhältnis zwis[X.]hen der verspro[X.]henen Vergütung und dem Wert der dafür zu erbringenden Leistung besteht, dann na[X.]h § 138 Abs. 1 BGB ni[X.]htig sind, wenn weitere Umstände hinzutreten wie etwa eine verwerfli[X.]he Gesinnung oder die Ausbeutung der s[X.]hwierigen Lage oder Unerfahrenheit des Partners für das eigene unangemessene Gewinnstreben. Besteht ein grobes, besonders krasses Missverhältnis zwis[X.]hen Leistung und Gegenleistung, so re[X.]htfertigt dieser Umstand regelmäßig den S[X.]hluss auf eine verwerfli[X.]he Gesinnung des begünstigten Vertragsteils und damit auf einen sittenwidrigen Charakter des Re[X.]htsges[X.]häfts. Ein sol[X.]hes auffälliges, grobes Missverhältnis wird bei Grundstü[X.]kskaufverträgen sowie Kaufverträgen über verglei[X.]hbar wertvolle bewegli[X.]he Sa[X.]hen regelmäßig angenommen, wenn der Wert der Leistung annähernd doppelt so ho[X.]h ist wie derjenige der Gegenleistung (vgl. [X.], Urteile vom 8. November 1991 - [X.], [X.], 441 unter [X.] a; vom 4. Februar 2000 - [X.], [X.], 1487 unter II 3; vom 8. Dezember 2000 - [X.], juris Rn. 11; [X.]surteile vom 9. Oktober 1996 - [X.], [X.], 230 unter [X.] und 1a, und vom 26. November 1997 - [X.], [X.], 932 unter [X.] und [X.]; jeweils [X.]). Das Berufungsgeri[X.]ht ist der Ansi[X.]ht, diese Re[X.]htspre[X.]hung sei au[X.]h auf [X.]auktionen, bei denen das vom Käufer abgegebene Maximalgebot in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert des Gegenstandes stehe, zu übertragen.

Demgegenüber wird in der Instanzre[X.]htspre[X.]hung und im S[X.]hrifttum die Auffassung vertreten, aufgrund der Besonderheiten einer [X.]auktion könne ni[X.]ht bereits aus einem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auf das für § 138 BGB erforderli[X.]he subjektive Tatbestandsmoment einer verwerfli[X.]hen Gesinnung ges[X.]hlossen werden ([X.], NJW 2004, 168, 169; [X.], [X.], 598, 600 f.; [X.], Urteil vom 12. November 2004 - 1 O 307/04, juris Rn. 33 ff.; LG Mün[X.]hen I, Urteil vom 7. August 2008 - 34 S 20431/04, juris Rn. 19; He[X.]kmann in: jurisPK-[X.]re[X.]ht, 3. Aufl., [X.]. 4.3 Rn. 97 ff.; [X.]/[X.]/[X.], Re[X.]ht der elektronis[X.]hen Medien, 2. Aufl., § 138 BGB Rn. 20a; [X.], CR 2000, 304, 310; Ei[X.]kelmann, [X.] 2011, 451, 454 f.). Diese Ansi[X.]ht trifft zu.

b) Der S[X.]hluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf eine verwerfli[X.]he Gesinnung des Begünstigten leitet si[X.]h aus dem Erfahrungssatz her, dass außergewöhnli[X.]he Leistungen in der Regel ni[X.]ht ohne Not oder einen anderen den Bena[X.]hteiligten hemmenden Umstand zugestanden werden und der Begünstigte diese Erfahrung teilt ([X.], Urteile vom 19. Januar 2001 - [X.], [X.]Z 146, 298, 302 f.; vom 5. Oktober 2001 - [X.], NJW 2002, 429 unter [X.] (3); jew. [X.]). Von einem sol[X.]hen Beweisanzei[X.]hen kann indes bei einer Onlineauktion ni[X.]ht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn die Situation einer [X.]versteigerung unters[X.]heidet si[X.]h grundlegend von den bisher ents[X.]hiedenen Fällen, in denen si[X.]h in den Vertragsverhandlungen, die zu den Zugeständnissen der objektiv bena[X.]hteiligten Seite führten, nur die Vertragspartner gegenüberstanden.

Hier kann aus einem deutli[X.]h unter dem Wert des angebotenen Gegenstandes liegenden Gebot des Bieters ni[X.]ht auf dessen verwerfli[X.]he Gesinnung ges[X.]hlossen werden. Zwar ist der Kaufpreis für den Bieter dur[X.]h den von ihm eingegebenen Hö[X.]hstpreis zunä[X.]hst na[X.]h oben begrenzt. Es ma[X.]ht jedo[X.]h gerade den Reiz einer ([X.]-)Auktion aus, mit der Abgabe eines zunä[X.]hst niedrigen Gebots die Chan[X.]e wahrzunehmen, den [X.] zum "S[X.]hnäpp[X.]henpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Anbieter die Chan[X.]e wahrnimmt, dur[X.]h den Me[X.]hanismus des Überbietens am Ende einen für ihn vorteilhaften Kaufpreis zu erzielen. Für den Bieter kann es daher dur[X.]haus taktis[X.]he Gründe geben, zunä[X.]hst ni[X.]ht sein äußerstes Hö[X.]hstgebot anzugeben, sondern - etwa kurz vor Ablauf der Auktion - no[X.]h ein höheres Gebot zu platzieren, zu dem er indes keine Veranlassung hat, wenn er si[X.]h zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Auktionsverlaufes bereits Chan[X.]en ausre[X.]hnen kann, den Gegenstand zu dem von ihm zunä[X.]hst gebotenen Hö[X.]hstpreis zu erwerben. Bereits aus diesem Grund ist der vom Berufungsgeri[X.]ht angenommene S[X.]hluss einer verwerfli[X.]hen Gesinnung alleine aus dem Verhältnis des abgegebenen Hö[X.]hstgebots zum Wert ni[X.]ht gere[X.]htfertigt.

Es bedürfte vielmehr zusätzli[X.]her - zu einem etwaigen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hinzutretender - Umstände, aus denen bei einem Vertragss[X.]hluss im Rahmen einer [X.]auktion ges[X.]hlossen werden kann, der Bieter habe trotz der hier bestehenden besonderen Preisbildungssituation die Not oder einen anderen den Anbieter hemmenden Umstand in verwerfli[X.]her Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt. Derartige Umstände hat das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht festgestellt.

Davon abgesehen hat das Berufungsgeri[X.]ht zum Wert des von der [X.] angebotenen Mobiltelefons keine Feststellungen getroffen, sondern seiner Beurteilung den vom Kläger behaupteten Ladenpreis eines neuen [X.]-Mobiltelefons des Modells "Signature weiß-gold" zugrunde gelegt. Das ist offensi[X.]htli[X.]h unzutreffend. Das angebotene Mobiltelefon war ni[X.]ht neu, sondern gebrau[X.]ht. Die Beklagte hatte zudem angegeben, es selbst ersteigert und damit ni[X.]ht im autorisierten Fa[X.]hhandel erworben zu haben, zudem fehle die Gebrau[X.]hsanleitung. Ein derartiger Gegenstand hat ersi[X.]htli[X.]h ni[X.]ht ansatzweise den Marktwert eines vom Fa[X.]hhandel angebotenen neuen Originalgeräts.

2. Mit der vom Berufungsgeri[X.]ht gegebenen Begründung kann au[X.]h eine Bes[X.]haffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass es si[X.]h bei dem angebotenen Mobiltelefon um ein Originalexemplar der Marke [X.] handelt, ni[X.]ht verneint werden. Das Berufungsgeri[X.]ht meint, gegen die Annahme einer entspre[X.]henden Bes[X.]haffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) spre[X.]he "vor allem" der von der [X.] gewählte Startpreis der Auktion von 1 €. Diese Begründung trägt ni[X.]ht.

Das Berufungsgeri[X.]ht verkennt, dass dem Startpreis angesi[X.]hts der Besonderheiten einer [X.]auktion im Hinbli[X.]k auf den Wert des angebotenen Gegenstandes grundsätzli[X.]h kein Aussagegehalt zu entnehmen ist. Denn der bei [X.]auktionen erzielbare Preis ist von dem Startpreis völlig unabhängig, da er aus den Maximalgeboten der Interessenten gebildet wird, so dass au[X.]h Artikel mit einem sehr geringen Startpreis einen hohen Endpreis erzielen können, wenn mehrere Bieter bereit sind, entspre[X.]hende Beträge für den Artikel zu zahlen. Dieses System kann den Anbieter veranlassen, au[X.]h ho[X.]hwertige Artikel zu einem niedrigen Einstiegspreis anzubieten. Der Anbieter kann mit einem sol[X.]hen Startpreis beispielsweise versu[X.]hen, das Interesse einer Vielzahl von Interessenten zu we[X.]ken, und si[X.]h dabei von der Hoffnung leiten lassen, dur[X.]h eine Vielzahl von Geboten einen hohen Preis zu erzielen, oder dur[X.]h einen niedrigen Startpreis die Angebotsgebühr zu minimieren (vgl. [X.], aaO S. 168 f.; [X.], aaO S. 599 f.; vgl. [X.], [X.], 677). Ein Rü[X.]ks[X.]hluss darauf, ob die Parteien eine Bes[X.]haffenheitsvereinbarung über wertbildende Eigens[X.]haften getroffen haben, kann daher entgegen der Ansi[X.]ht des Berufungsgeri[X.]hts aus dem Startpreis einer [X.]auktion ni[X.]ht erfolgen ([X.], aaO).

Ob dur[X.]h die Angebotsbes[X.]hreibung eine Bes[X.]haffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) des Inhalts, dass es si[X.]h bei dem angebotenen Mobiltelefon um ein Originalexemplar der Marke [X.] handelt, getroffen wurde, erfordert vielmehr eine umfassende Würdigung der abgegebenen Willenserklärungen unter Berü[X.]ksi[X.]htigung aller Umstände des vorliegenden Falls, die das Berufungsgeri[X.]ht - von seinem Standpunkt folgeri[X.]htig - bislang ni[X.]ht vorgenommen hat.

3. Aus den unter [X.] dargelegten Gründen kann dem Berufungsgeri[X.]ht s[X.]hließli[X.]h au[X.]h insoweit ni[X.]ht gefolgt werden, als es den geltend gema[X.]hten S[X.]hadensersatzanspru[X.]h mit der Hilfsbegründung verneint hat, dem Kläger sei der unterstellte Mangel der Une[X.]htheit des von der [X.] angebotenen Mobiltelefons infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil es erfahrungswidrig sei, dass ein Mobiltelefon mit dem von dem Kläger behaupteten Wert zu einem Startpreis von 1 € auf einer [X.]plattform angeboten werde.

III.

Na[X.]h alledem kann das angefo[X.]htene Urteil, soweit es mit der Revision angegriffen worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 557 Abs. 1, § 562 Abs. 1 ZPO).

Die Sa[X.]he ist, da der Re[X.]htsstreit ni[X.]ht zur Endents[X.]heidung reif ist, im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen, damit die erforderli[X.]hen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), auf deren Grundlage das Berufungsgeri[X.]ht in umfassender Würdigung der gesamten Umstände zu beurteilen haben wird, ob das Angebot der [X.] aus der Si[X.]ht eines verständigen Empfängers ein Originalgerät der Marke [X.] zum Gegenstand hatte.

Ausgangspunkt dieser Beurteilung ist das Angebot der [X.], wel[X.]hes in der Übers[X.]hrift ein Mobiltelefon mit der Bezei[X.]hnung "[X.]" anbietet und si[X.]h ausdrü[X.]kli[X.]h "an alle Liebhaber von [X.]" ri[X.]htete. Dies sind Umstände, die für eine Bes[X.]haffenheitsvereinbarung spre[X.]hen können. Hinzu kommt, dass [X.] den Verkauf von Repliken und Fäls[X.]hungen ausdrü[X.]kli[X.]h verbietet (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, [X.], 259 Rn. 3 - Kinderho[X.]hstühle im [X.]). Dieses Verbot ist au[X.]h bei der Auslegung der Willenserklärung des Anbieters zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Denn wie der [X.] bereits ents[X.]hieden hat, ri[X.]htet si[X.]h der Erklärungsinhalt der Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) bei Abs[X.]hluss des Kaufvertrages im Rahmen der bei [X.] dur[X.]hgeführten [X.]auktion au[X.]h na[X.]h den Bestimmungen in den Allgemeinen Ges[X.]häftsbedingungen von [X.], denen die Parteien vor der Teilnahme an der [X.]auktion zugestimmt haben ([X.]surteile vom 3. November 2004 - [X.], [X.], 53 unter [X.] a aa; vom 8. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 2643 Rn. 15). Bezieht si[X.]h das Angebot ausdrü[X.]kli[X.]h auf einen Markennamen, kann und darf der Kunde, soweit si[X.]h ni[X.]ht aus dem Angebot eine Eins[X.]hränkung ergibt, daher im allgemeinen die bere[X.]htigte Erwartung haben, dass das angebotene Produkt diesen Vorgaben entspri[X.]ht und kein Plagiat ist.

Andere Umstände ers[X.]heinen dagegen geeignet, Zweifel am Bestehen einer Bes[X.]haffenheitsvereinbarung zu we[X.]ken. So gab die Beklagte an, das streitgegenständli[X.]he Telefon und ein weiteres [X.]-Mobiltelefon selbst ersteigert und damit ni[X.]ht im autorisierten Fa[X.]hhandel erworben zu haben; au[X.]h fehle die Gebrau[X.]hsanleitung. Zudem enthält der Angebotstext - für Luxusobjekte ungewöhnli[X.]h - keine Modellbezei[X.]hnung. Ob si[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h des angebotenen Modells aus dem Foto, das dem Angebot beigefügt war, Näheres ergibt, hat das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht festgestellt.

Ball                                                   Dr. Hessel                                                   Dr. A[X.]hilles

                     Dr. S[X.]hneider                                                  Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 244/10

28.03.2012

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, 26. August 2010, Az: 8 U 472/09 - 122

§ 138 BGB, § 280 BGB, § 281 BGB, § 434 BGB, § 442 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.03.2012, Az. VIII ZR 244/10 (REWIS RS 2012, 7627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7627

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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