Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2017, Az. 25 W (pat) 94/14

25. Senat | REWIS RS 2017, 10512

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "REALFUNDUS/Realfundus  (Unternehmenskennzeichen)" – Widerspruch aus einer geschäftlichen Bezeichnung – zu den Voraussetzungen für den bundesweiten Untersagungsanspruch – zur Abrufbarkeit eines Internetangebots – Zurückweisung des Widerspruchs – Fehlen eines bundesweiten Unterlassungsanspruchs


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2013 024 220

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 23. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 27. März 2013 angemeldete Bezeichnung

2

REALFUNDUS

3

ist am 13. Mai 2013 unter der Nummer 30 2013 024 220 als Wortmarke für die Dienstleistungen der

4

Klasse 35:

5

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen); Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht; Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten sowie Werbung und Marketing für Immobilien; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren;

6

Klasse 36:

7

Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; [X.]; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht; Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Immobilienvermittlung; Immobilienverwaltung; [X.]; Schätzung von Immobilien;

8

Klasse 37:

9

Bauwesen; Installationsarbeiten.

in das beim [X.] geführte Markenregister eingetragen worden.

Gegen die Eintragung hat die Beschwerdeführerin und Widersprechende gestützt auf ihr Unternehmenskennzeichen

[X.]

Widerspruch erhoben. Sie verweist auf die ausweislich des eingereichten [X.] am 15. Juni 2010 erfolgte Firmengründung und ihre seit diesem [X.]punkt ausgeübte Tätigkeit unter der Bezeichnung [X.], zudem sei sie Inhaberin der [X.]adressen „[X.].de“, „[X.]“ und „RealFundus.eu“.

Die Markenstelle für Klasse 36 des [X.]s hat mit Beschluss vom 28. März 2014 den Widerspruch aus der geschäftlichen Bezeichnung zurückgewiesen, da die Widersprechende nicht nachgewiesen habe, dass ihre Firmenbezeichnung über das [X.] hinaus einen Wirkungsbereich aufweise.

Der Widerspruch aus dem älterem Firmenschlagwort „[X.]“ sei zwar zulässig, da insbesondere die nach § 42 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 30 Abs. 1 [X.] geforderten Angaben vorlägen. Ausweislich des [X.] werde auch ein seit dem 15. Juni 2010 bestehendes widerspruchsgeeignetes älteres Recht geltend gemacht. Der Widerspruch sei aber nicht begründet, weil kein Unterlassungsanspruch im gesamten [X.] im Sinn einer Verwechslungsgefahr beider Zeichen bestehe. Diesbezüglich treffe die Widersprechende die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines auf das gesamte [X.] bezogenen Unternehmenskennzeichens. Die Widersprechende habe zwar die Benutzungsaufnahme ihrer geschäftlichen Bezeichnung “[X.]“ hinreichend dargelegt. Denn nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag, der nach einer von Seiten der Markenstelle durchgeführten [X.]recherche plausibel erscheint, arbeite die Widersprechende seit ihrer Gründung und Eintragung im Handelsregister unter der geltend gemachten Firmierung und bewerbe ihre Dienstleistungen auch über ihre Domains „realfundus.de“, „realfundus.com“ „realfundus.eu“ mit dem Schlagwort [X.]. Eine seit dem [X.] bestehende und gegenüber der angegriffenen Marke somit ältere Firmenbezeichnung „[X.]“ sei damit entstanden. Allerdings sei weder vorgetragen, noch aus den eingereichten Unterlagen ersichtlich, dass die Firmenbezeichnung einen Wirkungskreis über das [X.] hinaus aufweise. Insoweit fehle es vorliegend an einem Unterlassungsanspruch gegen die angegriffene Marke im gesamten [X.]. Das Bestehen einer Domain für die Widersprechende mit einem breiteren Abrufgebiet genüge hierfür nicht, solange damit ein sogenannter „kommerzieller Effekt“ in anderen Regionen [X.] nicht feststellbar sei. Damit sei aber von einem räumlichen Geltungsbereich der Widerspruchsmarke lediglich für das [X.] auszugehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, eine überregional agierende Gesellschaft mit einem Tätigkeitsbereich im gesamten [X.] zu sein. Sie habe Geschäftspartner in ganz [X.] und würde ihre Dienstleistungen seit Beginn ihrer Tätigkeit über das [X.] auch überregional anbieten. Ihre Dienstleistungen würden auch von überregional ansässigen Interessenten aus ganz [X.] nachgesucht. Hierzu legt die Widersprechende diverse Unterlagen vor. Dabei handelt es sich im Einzelnen um E-Mail-Anfragen von Interessenten aus [X.], [X.] und [X.] jeweils zu einem Bauvorhaben in [X.] Mitte vom 4. Oktober 2012 bzw. 29. September 2012 bzw. 20. März 2012 (Anlage W1) sowie um ein (Kurz)Exposé aus dem [X.] über eine Immobilie in [X.] (Anlage [X.]). Die Widersprechende reicht weitere Immobilienanfragen aus der [X.] von September 2012 bis Mai 2014 zu [X.]er Immobilien ein, die von aus verschiedenen Städten [X.] stammenden Interessenten an die Widersprechende gerichtet wurden (Anlagen [X.] bis BF 20 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 13. April 2015). Die Richtigkeit der hinsichtlich der Namen der Interessenten anonymisierten Unterlagen versichert Herr L… für die Widersprechende an Eides statt. Zudem hat die Widersprechende zum Beweis ihrer behaupteten überregionalen Geschäftstätigkeit drei Zeugen als Beweis angeboten (Schriftsatz vom 5. Februar 2015, [X.]. [X.]). Die Widersprechende macht weiter geltend, die Anmeldung der jüngeren Marke sei missbräuchlich und in der Absicht, die Beschwerdeführerin zu schädigen, erfolgt.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des [X.]s vom 28. März 2014 in der Hauptsache aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2013 024 220 auf ihren Widerspruch aus dem Unternehmenskennzeichen [X.] hin anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Sie bestreitet, dass die Widersprechende überregional tätig ist und bundesweit über Geschäftspartner verfügt. Die vorgelegten Unterlagen eigneten sich bereits nicht zum Nachweis einer überregionalen Tätigkeit der Widersprechenden, da es sich um bloße Anfragen handele. Im Übrigen stamme lediglich eine Anfrage aus [X.] und damit nicht aus dem Großraum [X.]s, was als Beleg für ein überregionales Tätigsein aber nicht genüge. Auch die mit dem Schriftsatz der Widersprechenden vom 13. April 2014 vorgelegten Unterlagen (Anlagen BF 16 bis 20) könnten einen sogenannten kommerziellen Effekt nicht belegen, weil es sich vorwiegend um nach dem Anmeldetag der angegriffenen Marke versandte Anfragen handele, die im Übrigen angesichts der Unkenntlichmachung von Namen/Tele-fonnummern und Emailadressen der Interessenten nicht verwertbar seien. Die bundesweite Abrufmöglichkeit eines [X.]angebots und die - von Seiten der Inhaberin der angegriffenen jüngeren Marke bestrittenen - Anfragen von Interessenten aus dem gesamten [X.] führten nicht dazu, dass von einem überregionalen Wirkungsbereich eines ganz überwiegend in [X.] und [X.] tätigen Unternehmen ausgegangen werden könne und begründe keinen bundesweiten Unterlassungsanspruch der Widersprechenden.

Ein Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung ist von keiner der beiden Beteiligten gestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Die Markenstelle für Klasse 36 des [X.] hat den Widerspruch aus dem geltend gemachten Unternehmenskennzeichen zu Recht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 [X.] zurückgewiesen, weil diesem Kennzeichen jedenfalls zum maßgeblichen [X.]punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke nur ein regionaler Schutz zugestanden werden kann, der keinen bundesweiten Unterlassungsanspruch der Widersprechenden aufgrund ihres Unternehmenskennzeichen [X.] gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] i. V. m. §§ 12, 5, 15 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 [X.] begründet. Die Beschwerde der Widersprechenden war daher zurückzuweisen.

Nach § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] kann der Widerspruch auf eine geschäftliche Bezeichnung mit älterem [X.]rang nach § 5 in Verbindung mit § 12 [X.] gestützt werden. Ein Löschungsanspruch besteht, wenn ein anderer vor dem für den [X.]rang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 [X.] erworben hat und diese ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Mai 2014, 30 W (pat) 26/12, Beschluss vom 3. Februar 2016, 29 W (pat) 25/13 – die Entscheidungen sind über die Homepage des [X.] öffentlich zugänglich; siehe diesbezüglich auch die Rechtsprechung zur Frage eines schutzwürdigen Besitzstandes im Zusammenhang mit [X.]en Markenanmeldungen und der eingeschränkten Verbietungsrechte bei nur räumlich bzw. regional begrenzten Unternehmenskennzeichen [X.], 378 Rn. 19 ff. – [X.]; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 12 Rn. 4).

Ungeachtet des im patentgerichtlichen Verfahren grundsätzlich geltenden [X.] bzw. Untersuchungsgrundsatzes obliegt es in den Fällen, in denen ein Widerspruch aus einem nicht registrierten, sondern durch Benutzung entstandenen Recht erhoben wurde, dem Widersprechenden, die Voraussetzungen für das Entstehen des älteren Rechts, seinen [X.]rang und seine Inhaberschaft an diesem Recht darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen (vgl. [X.] Beschluss vom 4. Juni 2014, 26 W (pat) 88/13, [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 42 Rn. 59, 60). Auch wenn der Gesetzgeber es im Zusammenhang mit den nach dem [X.] vom 31. Juli 2009 zum 1. Oktober 2009 u. a. neu in das [X.] eingeführten [X.] nach § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] unterlassen hat, ausdrücklich spezielle und praktikable Verfahrensregelungen hierzu einzuführen, kann es nach Auffassung des Senats keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass in Bezug auf das Bestehen bzw. die Existenz von nicht registrierten Widerspruchsrechten nicht der Untersuchungsgrundsatz nach § 73 Abs. 1 [X.], sondern der zivilprozessuale [X.] gilt. Anders als bei einem Registerrecht, dessen Geltung aufgrund der [X.] für das Gericht zweifelsfrei vorgegeben ist in Bezug auf das Widerspruchszeichen einschließlich der dafür geschützten Waren und Dienstleistungen, existiert bei einem nicht registrierten Kennzeichen nach § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] keine entsprechend gesicherte Entscheidungsgrundlage in Bezug auf die maßgeblichen verwechslungsrelevanten Umstände, insbesondere Identität oder Ähnlichkeit der Waren, Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Die die [X.] betreffenden Teile der maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen können in Fällen des § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] nur die Widersprechenden, in deren Sphäre sie liegen und die den entsprechenden Zugang dazu haben, selbst liefern. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der bei zulässig erhobener Nichtbenutzungseinrede. Die [X.] in Bezug auf die Widerspruchsmarken unterstehen nach allgemeiner Auffassung dem [X.], d. h. der Widersprechende muss substantiiert zur Benutzung seiner Marke vortragen und diesen Vortrag nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und/oder Satz 2 [X.] glaubhaft machen (= Beweisführung, die dem Gericht einen geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln soll als dies beim [X.] ist). Die Ausgangssituation bei einem Widerspruch aus einer Benutzungsmarke gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 4 Nr. 2 [X.] entspricht weitgehend der bei zulässig erhobener Nichtbenutzungseinrede in Bezug auf eine Registermarke, wobei es bei der Benutzungsmarke – anders als bei der Nichtbenutzungseinrede in Bezug auf ein Registerrecht – bei den [X.] nicht nur um die Benutzung eines existenten Rechts geht, sondern darum, ob aufgrund der Benutzung überhaupt ein entsprechendes Recht entstanden bzw. existent geworden ist. Wenn im Widerspruchsverfahren bei streitiger Benutzung einer existenten Marke schon die [X.] dem [X.] unterstellt werden, muss dies erst recht für die markenexistenzbegründende Benutzung einer Benutzungsmarke gelten. Weitgehend ähnlich ist auch die Ausgangssituation bei Widersprüchen aus geschäftlichen Bezeichnungen gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. §§ 12, 5 [X.]. Dort ist die Existenz eines widerspruchsgeeigneten Rechts von einem bundesweiten Untersagungsanspruch abhängig, der bundesweite bzw. zumindest relevante überregionale geschäftliche Aktivitäten verlangt.

Das bedeutet, dass der Widersprechende im Verfahren die Existenz eines solchen Rechts und im Falle des Widerspruchs aus einer geschäftlichen Bezeichnung auch die weiteren Voraussetzungen für den bundesweiten Untersagungsanspruch, der bundesweite bzw. zumindest relevante überregionale geschäftliche Aktivitäten verlangt, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen hat (siehe zu dieser Problematik auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 42 Rn. 58, 59, die trotz Anwendung bzw. Beibehaltung des Untersuchungsgrundsatzes aufgrund der Darlegungs- und Mitwirkungspflicht der Beteiligten und über die Feststellungslast praktisch zu demselben Ergebnis kommt; siehe zur Frage, ob für die Existenz von Rechten nach § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] Glaubhaftmachung ausreicht oder Vollbeweis zu fordern ist, [X.] in GRUR 2010, 99, 101).

1. Nach den vorgelegten Unterlagen ist von einem prioritätsälteren unterscheidungskräftigen Kennzeichen der Widersprechenden auszugehen. Zum relevanten Kollisionszeitpunkt, dem Tag der Anmeldung der angegriffenen Marke am 27. März 2013, hat für die Widersprechende ein Unternehmenskennzeichenrecht im Sinn des § 5 Abs. 2 [X.] an der geschäftlichen Bezeichnung [X.] bestanden und zwar für die Geschäftsfelder Ankauf, Verkauf, Verwaltung, Vermittlung von Grundstücken, Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten sowie sonstiger Immobilien. Dieses Unternehmenskennzeichen besteht auch noch zum [X.]punkt der Entscheidung über den Widerspruch. Denn die Widersprechende tritt unter der abgekürzten Form „[X.]“ ihres Firmennamens im geschäftlichen Verkehr auf (§ 5 Abs. 2 Satz 1 [X.]) und bietet Dienstleistungen im Immobilienbereich an.

2. Der Anspruch auf Löschung der eingetragenen Marke gemäß § 12 [X.] setzt aber voraus, dass die Widersprechende Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 [X.] zum [X.]punkt der Anmeldung (§ 33 Absatz 1 [X.] = 27. März 2013) der eingetragenen jüngeren Marke erworben hat, die die Inhaberin dazu berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen (Schalk in: Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 3. Aufl., § 5 [X.] Rn. 20). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kennzeichenrechte nach § 5 [X.] auch in nur geographisch begrenztem Umfang bestehen können. Solche territorial beschränkten Rechte sollen aber auch nur zu einem Benutzungsverbot innerhalb des jeweiligen geographischen Gebiets führen, nicht jedoch zur Löschung eines bundesweit geltenden prioritätsjüngeren Registerrechts ([X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 12 Rn. 17 m. w. N.).

Die Widersprechende hat ihren Sitz in [X.] (Ziffer 2 b. des [X.]) und verkauft und vermittelt ausweislich der von ihr eingereichten Unterlagen Immobilien in bzw. rund um [X.] (vgl. dazu die eingereichten Anlagen der Widersprechenden: Anlage [X.]: Bau Areal/Baugrundstücke [X.] Mitte; Anlage [X.], [X.], [X.]: [X.] [X.], Anlage [X.], [X.]: [X.] Grunewald). Soweit die Widersprechende Anfragen von Kaufinteressenten einreicht, die nach dem [X.]punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 27. März 2013 liegen (Anlagen BF 16 - BF 20) sind diese Unterlagen ohnehin schon deshalb nicht mit einzubeziehen, weil es insoweit bei der Frage nach dem bundesweiten Untersagungsanspruch aufgrund bundesweiter bzw. zumindest relevanter überregionaler geschäftlicher Aktivität nur auf den [X.]raum vor der Anmeldung der angegriffenen Marke ankommt. Nur wenn zu diesem [X.]punkt bereits ein entsprechendes bundesweites Verbietungsrecht bestanden hat, kann überhaupt von einem relevanten prioritätsälteren Zeichenrecht im Sinn des § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] ausgegangen werden (siehe zur ähnlichen Frage des maßgeblichen [X.]punkts bei der Berücksichtigung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 9 Rn. 211 [X.]). Der räumliche Schwerpunkt der Dienstleistungserbringung der Widersprechenden bezieht sich ausweislich der Unterlagen auf Immobilien, die sich in [X.] und der näheren Umgebung von [X.] befinden. Eine Ausdehnung der Dienstleistungstätigkeit auf außerhalb von [X.] konnte die Widersprechende nicht nachweisen. Soweit sie behauptet, Geschäftspartner in ganz [X.] zu haben, hat die Widersprechende einen entsprechenden Nachweis nicht geführt.

Soweit die Widersprechende anführt, über das [X.] würden die Dienstleistungen in ganz [X.] angeboten und die Dienstleistungen würden von Interessenten aus ganz [X.] in Anspruch genommen, genügt dies allein für die Annahme eines überörtliches Wirkungsgebiets des Dienstleisters nach der Rechtsprechung aber nicht, zumal die deutschland- bzw. weltweite Aufrufbarkeit von [X.]seiten aus technischen Gründen die zwangsläufige Konsequenz eines [X.]auftritts ist. Das gilt für den [X.]auftritt eines lokalen Gastronomiebetriebs mit seiner Speisekarte in gleicher Weise wie für ein tatsächlich weltweit agierendes Unternehmen. Insoweit reicht für eine Erweiterung des räumlichen Wirkungskreises nicht nur die bloße Abrufbarkeit eines [X.]angebots in ganz [X.], erforderlich ist vielmehr eine Benutzung, die darüber hinaus überregional einen kommerziellen Effekt entfaltet (vgl. hierzu [X.], 943 Rn. 36 – [X.]; [X.], 159, 160 Rn. 18 – hufeland.de; [X.], 262, 263 [X.]; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 5 Rn. 70). Eine über die reine Abrufbarkeit und die daran anknüpfende Kontaktaufnahme (für die Inanspruchnahme von in [X.] zu erbringenden und auf [X.]er Immobilien bezogenen Dienstleistungen) hinausgehende wirtschaftliche überregionale Aktivität, insbesondere ein darüber hinausgehender kommerzieller Effekt in anderen Regionen [X.], ist aber nicht dargetan und auch nicht aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich. Denn dazu bedürfte es auch wirtschaftlich relevanter Auswirkungen außerhalb von [X.], etwa in Bezug auf ein Angebot von Immobilien außerhalb des Großraums [X.]. Besteht der Gegenstand des betreffenden Unternehmens beispielsweise gerade im Angebot internetspezifischer Dienstleistungen (zum Beispiel bei dem Betrieb einer [X.]-Plattform), ist ein solcher bundesweiter kommerzieller Effekt in der Regel gegeben ([X.], 383 Rn. 135 f. - abebooks), wohingegen das Bewerben eines ausländischen [X.] seiner Leistungen über das [X.] und in [X.] als nicht ausreichend angesehen wurde, da die Dienstleistungen nur im Ausland erbracht werden können (vgl. auch [X.], [X.], 431, 433 – HOTEL MARITIME). So verhält es sich auch bei den [X.], die sich auf den Verkauf, die Vermietung oder die Verwaltung von Immobilien beziehen, die sich in [X.] befinden und deren darüberhinausgehende Wirkung für das [X.] allein in einer bundesweiten Abrufbarkeit besteht.

Soweit die Widersprechende behauptet, dass sie überregionale Geschäftstätigkeiten vor dem Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke entfaltet habe und hierfür Zeugenbeweis anbietet, ist dieser Sachvortrag unsubstantiiert. Die entsprechende Einvernahme von Zeugen ohne konkrete Benennung des zu beweisenden Sachverhalts würde nur zu einer unzulässigen Ausforschung führen. Soweit es um den Bestand vermeintlich prioritätsälterer Unternehmenskennzeichen geht, gilt – wie bereits ausgeführt – auch im markenrechtlichen Verfahren im vollen Umfang der [X.] und nicht der Untersuchungsgrundsatz gemäß § 73 Abs. 1 [X.]. Soweit die Widersprechende in diesem Zusammenhang um einen Hinweis des Gerichts gebeten hat, war ein solcher Hinweis nicht veranlasst. Das Fehlen einer überregionalen Geschäftstätigkeit der Widersprechenden war der wesentliche Grund für die Zurückweisung des Widerspruchs durch das [X.] und stand auch im Beschwerdeverfahren erkennbar im Streit. Die Widersprechende hat diesen Gesichtspunkt weder übersehen noch für unerheblich gehalten, so dass insoweit auch keine entsprechenden Hinweise nach § 82 [X.] i. V. m. § 139 ZPO veranlasst waren.

Soweit die Widersprechende schließlich noch anführt, die jüngere Marke sei missbräuchlich angemeldet worden, und sie damit das Schutzhindernis bzw. den Löschungsgrund des § § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] geltend macht, kann der Widerspruch darauf nicht gestützt werden. Die Frage, ob die Markenanmeldung [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] erfolgt ist, stellt ein Schutzhindernis dar, das im Rahmen der Schutzfähigkeitsprüfung vor Eintragung der Marke geprüft wird. Die Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke ist nicht Prüfungsgegenstand im Widerspruchsverfahren. Denn die [X.] sind in § 42 Abs. 2 [X.] abschließend geregelt (vgl. [X.] Beschluss vom 25. Juni 2014, 28 W (pat) 572/12; [X.]/[X.], 3. Auflage, § 42 Rn. 35; [X.]/[X.], a. a. O., § 42 Rn. 63). Die Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke kann nur in einem (kostenpflichtigen) Antrag auf Löschung nach §§ 54, 50 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] wegen Nichtigkeit geltend gemacht werden. Im Übrigen wäre auch in einem solchen Zusammenhang ein Unternehmenskennzeichen erforderlich, das nicht nur regionalen, sondern bundesweiten Schutz genießt (vgl. dazu [X.], [X.], 378 - [X.]).

[X.] war daher zurückzuweisen.

3. Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.

4. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine solche war weder von den Beteiligten beantragt noch aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und [X.] [X.].

Meta

25 W (pat) 94/14

23.05.2017

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2017, Az. 25 W (pat) 94/14 (REWIS RS 2017, 10512)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10512

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