Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.04.2012, Az. IX R 6/10

9. Senat | REWIS RS 2012, 6999

STEUERRECHT FERNSEHEN BUNDESFINANZHOF (BFH) EINKOMMENSTEUER

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

("Projektgewinn" als Entgelt für Mitwirken an TV-Sendeformat - Steuerbarkeit des "Big Brother"-Preisgeldes - Anwendungsbereich des § 22 Nr. 3 EStG)


Leitsatz

Ein dem Gewinner der Fernsehshow "Big Brother" ausgezahltes Preisgeld ("Projektgewinn") ist als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern, wenn die Auskehrung des Preisgeldes nach Maßgabe und Durchführung des entgeltlichen (Teilnahme-)Vertrags als Gegenleistung für sein (aktives wie passives) Verhalten während seines Aufenthaltes im "Big-Brother-Haus" zu beurteilen ist .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob ein im Zusammenhang mit der Teilnahme an der [X.] "[X.]" ([X.]) --von der [X.] als Veranstalterin und [X.] gezahlter "[X.]" der Einkommensteuer zu unterwerfen ist.

2

In dem Sendeformat [X.] --hier: 5. Staffel-- wurden Kandidaten 24 Stunden pro Tag in einem ununterbrochen von Kameras beobachteten und von Mikrofonen abgehörten, von der Außenwelt abgeschlossenen Wohngelände ([X.]-Haus einschließlich Garten und sog. "[X.]") untergebracht. Unterbringung und Verpflegung erfolgten im [X.]-Haus unentgeltlich. Eine Privatsphäre bestand nicht, bis auf eine "kamerafreie Stunde pro Tag in den Schlafzimmern", die jedoch aus Sicherheitsgründen über die Kameras einsehbar bleiben mussten. Die Aufzeichnungen wurden "ganz oder teilweise" u.a. für Fernseh-, "[X.], "Pay-TV"- oder Internetausstrahlungen verwendet. Das Sendeformat war auf eine Laufzeit von maximal 367 Tagen begrenzt, konnte jedoch --nach Wahl der [X.]-- auch schon nach 94, 136, 213 oder 297 Tagen enden.

3

An dieser Staffel (Beginn: März 2004; Ende: März 2005) nahmen insgesamt 61 Kandidaten teil. Die Anzahl der jeweils im [X.]-Haus anwesenden Kandidaten war auf maximal 15 Teilnehmer beschränkt, wobei [X.] den Beginn des Einzugs in das [X.]-Haus nach eigenem Ermessen bestimmte. Durch telefonische bzw. per [X.] durchgeführte [X.] wurde pro Woche ein einzelner der zuvor nominierten Kandidaten (eines Teams) aus der Sendung herausgewählt. In den ersten zehn Monaten rückten für die herausgewählten Kandidaten neue Teilnehmer nach. Erst in den letzten zwei Monaten verringerte sich die Anzahl der Teilnehmer kontinuierlich. Der einzelne Teilnehmer konnte solange im [X.]-Haus bleiben, bis er entweder freiwillig oder aufgrund der Entscheidung der Zuschauer ausschied, oder bis er durch [X.] "nach freiem Ermessen" bzw. bei gesundheitlicher Beeinträchtigung ausgeschlossen wurde oder aber als einer der Teilnehmer der Schlusssendung feststand.

4

Die im [X.]-Haus wohnenden Teilnehmer wurden "nach eigenem Ermessen" der [X.] in drei Teams eingeteilt ([X.], Normalen-Team und "[X.]), diese traten in Wettbewerben, sog. "Matches", gegeneinander an. Einzelne oder mehrere Kandidaten mussten des [X.]" bestreiten, d.h. besondere Aufgaben bewältigen. Diese beiden Wettbewerbsarten zogen je nach Ausgang besondere Belohnungen oder Bestrafungen nach sich.

5

Ende Februar 2004 schloss der Kläger und Revisionskläger (Kläger) mit der [X.] einen (26 Seiten umfassenden) [X.] an [X.] ab sowie einen Vertrag über das exklusive und vollumfängliche Management des [X.] nach dessen Ausscheiden aus dem [X.]-Projekt. Laut Ziff. 1 des [X.] nahm der Kläger die "Einladung zur Teilnahme" an dem [X.]-Projekt "sowie dessen Vor- und Nachbereitung an" und erklärte sich "mit Inhalt und Ablauf des Projekts einverstanden". Im Übrigen enthält der [X.] u.a. folgende Regelungen:

6

- Der Teilnehmer hat sich für die Vorbereitung des Projekts, wie z.B. Drehen eines Einspielfilms, Foto-Shooting, Interviews, Ausfüllen von Fragebögen, Kleidungsanprobe, Pressetermine und anderes auf Wunsch von [X.] bereitzuhalten.

7

- Jeder Teilnehmer hat nach seinem Ausscheiden bzw. dem Ende des [X.]-Projekts auf Wunsch von [X.] für Interviews, Talk-Shows, [X.] und sonstige Presse- und Promotionarbeit ... zur Verfügung zu stehen.

8

- Der Teilnehmer überträgt auf [X.] --ausschließlich und umfänglich-- das Recht, seine Mitwirkung am Projekt [X.] aufzuzeichnen und für seine Produktionszwecke zu verwenden und zu nutzen sowie sämtliche ihm zustehenden urheberrechtlichen Nutzungs-, Einwilligungs-, Leistungsschutz- und Verwertungsrechte, ohne dass [X.] zur Nutzung dieser Rechte verpflichtet ist. Sämtliche Rechte, die Gegenstand dieser beschriebenen Rechteübertragung sind, sind mit der Zahlung der Pauschale gemäß Ziff. 5.3 dieser Vereinbarung abgegolten.

9

- Nach Ziff. 5.1 des [X.] erhält der Teilnehmer mit seinem Einzug in das [X.]-Haus "die Chance auf einen [X.]" in Höhe von 1 Mio. €. Der [X.] gebührt demjenigen, der zum Ende des Projekts [X.] von den Zuschauern als Gewinner ausgewählt wird. Die übrigen Finalisten erhalten keinen, auch keinen Anteil am [X.].

- Nach Ziff. 5.3 erhält jeder Teilnehmer wöchentlich eine Pauschale von 250 € für die [X.] vom Beginn des Projekts am 2. März 2004 bis zum jeweiligen Ende seiner Teilnahme ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgt gemäß Abrechnung durch [X.] monatlich jeweils zum Monatsende (der Betrag wurde unstreitig der Lohnversteuerung unterworfen).

- Nach Ziff. 5.4 ist der Teilnehmer für die Abführung etwaiger im Zusammenhang mit dieser Ziff. 5 anfallender Steuern "selbst verantwortlich".

- Nach Ziff. 6.1 dürfen Ankündigungen, bildliche und publizistische Darstellungen, Interviews, Pressenotizen sowie sonstige Mitteilungen an die Öffentlichkeit, die auf das Projekt [X.], deren Inhalt oder die Teilnahme des Teilnehmers hinweisen oder Bezug zu ihr nehmen, nur mit vorheriger Zustimmung von [X.] gegeben werden. Ebenso ist dem Teilnehmer nicht gestattet, unter Bezugnahme auf seine Teilnahme an [X.] seinen Namen oder sonstige Namenskennzeichnungen zum Zwecke der Werbung für Dritte zu verwenden oder für Dritte zur Verfügung zu stehen.

- Nach Ziff. 6.3 steht der Teilnehmer in Absprache mit [X.] dem Sender ... nach seinem Ausscheiden bzw. dem Ende des Projekts für Auftritte/Mitwirkung in/an TV-Produktionen für mindestens vier Promotionauftritte unentgeltlich zur Verfügung, ebenso für Auftritte/Mitwirkung an der Produktion der [X.] für eine evtl. weitere Staffel des [X.]-Projekts sowie auf Wunsch von [X.] für weitere Produktionen aus und im Zusammenhang mit dem [X.]-Projekt in angemessenem Umfang zur Verfügung. Er wird --auf Wunsch von [X.]-- auch an Foto- und Presseterminen, Shows, Talkshows sowie Telefon- und [X.] teilnehmen, Interviews geben und geeignete Lichtbilder frei von Rechten Dritter zur Verfügung stellen und/oder durch [X.] herstellen lassen, jeweils gegen Erstattung etwa anfallender Aufwendungen.

Der Kläger wurde im März des Streitjahres (2005) vom Publikum zum Gewinner gewählt und erhielt den [X.] von 1 Mio. € sodann ausgezahlt.

Das zunächst zuständige Finanzamt sah den Gewinn als steuerpflichtige Einnahme an und setzte [X.] fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Zuge des sich anschließenden Klageverfahrens erließ der --nach Umzug des [X.] zuständig gewordene-- Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) unter Einbeziehung des Gewinns als sonstige Einkünfte einen (Jahressteuer-)Bescheid für das Streitjahr.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab; es begründete sein Urteil (in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 570) wie folgt: Das dem Kläger zugeflossene Preisgeld sei als sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu besteuern; denn andere, vorrangige Einkünfte lägen offensichtlich nicht vor, auch sei das Preisgeld kein nicht steuerbarer Spiel- oder Wettgewinn. Vielmehr bestehe die Leistung des [X.] in der vertragsgemäßen Tätigkeit, sich für die Durchführung einer Fernsehproduktion rund um die Uhr filmen und belauschen zu lassen, Aufzeichnungen zu dulden und entsprechend verwerten zu lassen. Diese spezielle Art der Mitwirkung des [X.] an der Unterhaltungssendung mache den Schritt von einer reinen Spieltätigkeit zur steuerlich relevanten Leistung aus. Als Gegenleistung für dieses Verhalten sei dem Kläger vertraglich die Chance auf den [X.] in Höhe von 1 Mio. € zugesagt worden. Auf die Höhe der Gewinnchance komme es nicht an. Das Dazwischentreten der Zuschauerabstimmungen (Zufallselement) unterbreche nicht den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung; die Auszahlung des Gewinns stelle sich nämlich als Folge der Realisierung der vertraglich zugesagten Gewinnchance dar und sei daher durch die Teilnahme wirtschaftlich veranlasst geblieben. Diesen Gewinn habe der Kläger auch als Gegenleistung (Entgelt) für seine Leistung angenommen und damit seiner (einkommen-)steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zugeordnet.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 19 Abs. 1, § 22 Nr. 3 EStG). Der [X.] sei --unabhängig von einer Einkunftsart-- keine (Gegen-)Leistung für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des [X.], sondern sei als Spielgewinn nicht steuerbar. Weder sei ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und [X.] gegeben noch liege eine schauspielerische oder dieser ähnliche oder sonst steuerrechtlich relevante Leistung vor, auch nicht im Rahmen der Vor- und Nachbereitung des Sendeformats; entsprechend sei auch keine leistungsspezifische Prämierung gegeben. Die Teilnahme des [X.] habe wesentlich im "Sich-filmen-lassen" bei der Verrichtung alltäglicher Dinge bestanden; er habe vor laufender Kamera sein bisherigen Leben sozialadäquat im [X.]-Haus weitergelebt und sich dabei dem Abstimmungsverhalten und der Gunst des Fernsehpublikums ausgeliefert. Auch der [X.]faktor sei unerheblich.

Nach dem [X.] habe der Kläger allenfalls eine Gewinnchance erhalten, die aber mit Abschluss des [X.] zu versteuern gewesen wäre. Hingegen sei der [X.] weder ein Entgelt für die Teilnahme an dem Sendeformat noch für die Anwesenheit im [X.]-Haus, die mit der [X.] von 250 € abgegolten sei. Habe der Kläger nämlich --wie hier-- während des Spiels keine oder nur geringe Möglichkeiten, durch eigene Leistung gezielt den [X.] der Gewinnchance zu erhöhen, sei das erzielte Preisgeld gerade nicht leistungsbezogen und damit als Spielgewinn nicht steuerbar, gleichviel mit welchem Engagement oder Erfolg deren Verwirklichung angestrebt werde.

Überdies sei die Entscheidung, welcher Teilnehmer den Spielgewinn erhalten würde, allein durch das Fernsehpublikum bestimmt worden; die Teilnehmer seien damit ausschließlich der Zufälligkeit der Zuschauergunst ausgeliefert gewesen. Dieses Zufallsmoment unterbreche die [X.] zwischen dem Verhalten des [X.] und der Realisierung der Gewinnchance. Eine verhaltensbedingte Beeinflussung der [X.], etwa durch eigenes Geschick oder taktisches Vorgehen etc., sei nicht möglich gewesen. Schließlich sei vom Publikum aufgrund des gelebten Sozialverhaltens die Gesamtpersönlichkeit des Teilnehmers und nicht ein konkretes Verhalten bewertet worden. Die [X.] als Zufallsmoment resultiere aus Sympathiewerten, sei also persönlichkeitsbezogen.

Auf das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht komme es vorliegend nicht an, da schon der objektive Tatbestand nicht erfüllt sei. Dass der Kläger den Spielgewinn angenommen habe, könne jedenfalls seine Einkünfteerzielungsabsicht nicht belegen. Auch enthalte das [X.] keine Feststellungen, wonach der Kläger den ausbezahlten Spielgewinn "als Lohn für seine Leistung" angenommen habe. Vielmehr habe der Kläger den Betrag als reinen Spielgewinn angesehen, beruhend auf einer Sympathieentscheidung des Fernsehpublikums.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des [X.]s den Einkommensteuerbescheid für 2005, zuletzt geändert durch Bescheid vom 27. Februar 2007, mit der Maßgabe zu ändern, dass der als Einnahme aus sonstigen Einkünften angesetzte Spielgewinn in Höhe von 1 Mio. € außer Ansatz bleibt,

sowie hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Es ist der Ansicht, das dem Kläger zugeflossene Preisgeld in Gestalt des [X.]s sei jedenfalls als leistungsbezogenes Entgelt steuerpflichtig. Es liege weder ein Spiel- noch ein Wettgewinn vor. Entweder habe zwischen dem Kläger und der [X.] aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse ein Arbeitsverhältnis bestanden, in dessen Rahmen der Gewinn als Prämie an den Kläger als Arbeitslohn für seine Tätigkeit im [X.]-Haus gezahlt worden sei. Oder der Kläger habe den Gewinn für sein dortiges Verhalten als Gegenleistung erhalten, die nach § 22 Nr. 3 EStG als sonstige Leistung zu versteuern sei. Insbesondere sei der erforderliche Veranlassungszusammenhang der Zahlung des [X.]s zum steuerpflichtigen Verhalten des [X.] nicht durch die [X.] unterbrochen worden.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zur Recht hat das [X.] den dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen "[X.]" in Höhe von 1 Mio. € als sonstige Einkünfte aus Leistungen der Besteuerung unterworfen.

1. Nach § 22 Nr. 3 [X.] sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 [X.]) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 [X.]) noch zu den Einkünften [X.]. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Eine vorrangige Einkunftsart, nämlich eine solche i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.], liegt jedenfalls bezogen auf den [X.] nicht vor, wie das [X.] zwar ohne ersichtlich nähere Prüfung, aber im Ergebnis zutreffend angenommen hat. Nach seinen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O) stellt sich das Gesamtbild der Verhältnisse der Beziehungen zwischen dem Kläger und [X.] --trotz teilweisem Vorliegen entsprechender Elemente-- nicht als ein typisches Arbeitsverhältnis i.S. der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) dar (z.B. Urteile vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, [X.]E 144, 225, [X.] 1985, 661; vom 23. April 2009 [X.], [X.]E 225, 33, [X.] 2012, 262; geschuldete Arbeitskraft im Über-/Unterordnungsverhältnis), sondern gibt lediglich den Rahmen für die --wie auch immer geartete-- Teilnahme des [X.] an dem Sendeformat vor. Damit erledigt sich auch der Hilfsantrag des [X.].

a) Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 [X.] ist [X.], Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im Privatbereich betrifft (vgl. [X.]-Urteil vom 26. Oktober 2004 [X.], [X.]E 207, 305, [X.] 2005, 167, m.w.N.), Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Als sonstige Leistung kommt danach --abgesehen von hier nicht vorliegenden Veräußerungs- oder veräußerungsähnlichen Vorgängen-- jedes wie auch immer geartete aktive, passive oder nichtwirtschaftliche Verhalten des Steuerpflichtigen in Betracht. Dabei ist unerheblich, ob sich das Verhalten mit oder ohne Mühe zeigt, mit welcher Qualität es erbracht wird, ob eine gute, schlechte oder gar keine schauspielerische Leistung gegeben ist, [X.]es oder -untypisches, natürliches, alltägliches oder indifferentes Verhalten vorliegt oder ob mit Blick auf das [X.] und/oder das anstehende Publikumsvotum telegenes, taktisches oder sonstiges Verhalten an den Tag gelegt wird.

b) Dauer und Häufigkeit der Leistung/en sind ohne Bedeutung. Entsprechend ihrem Wortlaut erfasst die Vorschrift nicht nur ein gelegentliches oder auch ein nur einmaliges Verhalten (vgl. [X.]-Urteile vom 21. September 1982 [X.], [X.]E 137, 251, [X.] 1983, 201; vom 20. April 2004 [X.], [X.]E 206, 105, [X.] 2004, 1072), sondern auch ein sich wiederholendes, regelmäßig erbrachtes oder auf (eine gewisse) Dauer oder Wiederholung angelegtes Tun, Dulden oder Unterlassen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], § 22 Nr. 3 [X.] [X.]; [X.]/[X.], [X.], [X.] § 22 Rz 168; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 22 [X.] Rz 384, 390; [X.]/[X.], [X.], 31. Aufl., § 22 Rz 134, 138).

c) Ein synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung (Verhalten und Entgelt) im Sinne eines [X.] ist nicht erforderlich (so schon [X.]-Urteile vom 26. Mai 1993 [X.], [X.]E 171, 500, [X.] 1994, 96; vom 18. Dezember 2001 [X.], [X.]/NV 2002, 643, m.w.N.). Entscheidend ist vielmehr, ob das Entgelt (die Gegenleistung) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen (wirtschaftlich) veranlasst ist; dafür genügt es, dass die Gegenleistung durch das Verhalten des Steuerpflichtigen --wenn auch erst nachträglich-- "ausgelöst" wird (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 137, 251, [X.] 1983, 201; vom 21. September 2004 [X.], [X.]E 207, 284, [X.] 2005, 44; vom 25. Februar 2009 [X.], [X.]/NV 2009, 1253, unter [X.], m.w.N.). Insofern kommen auch "Casting-Shows", "[X.]" oder ähnliche Auslobungs-Veranstaltungen in Betracht, bei denen für die Vornahme einer Handlung [X.] oder Unterlassen) oder die Herbeiführung eines Erfolges ein Preisgeld ausgesetzt (vgl. [X.]/ [X.], [X.], 13. Aufl., § 657 Rz 4, 8; jurisPK-[X.], [X.], 5. Aufl., § 657 Rz 2; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 657 Rz 1, 10; [X.]/Sprau, [X.], 71. Aufl., § 657 Rz 4) und als solches angenommen wird.

Allerdings führt nicht jede Einnahme, die durch ein Verhalten ausgelöst wird, auch zu Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 [X.]. Die Norm erfasst --wie auch der Wortlaut der Vorschrift erkennen lässt ("gelegentliche Vermittlungen", "Vermietung beweglicher Gegenstände")-- ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten, das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit oder Vermögensnutzung und setzt wie diese die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften nach § 2 [X.], also ein erwerbswirtschaftliches Verhalten, voraus (vgl. [X.]-Urteile in [X.]/NV 2009, 1253, unter II.2.c; in [X.]E 207, 284, [X.] 2005, 44; vom 14. September 1999 [X.], [X.]E 189, 424, [X.] 1999, 776, unter 1.b, m.w.N.).

Das verlangt aber nicht, dass der Leistende bereits beim Erbringen seiner Leistung eine Gegenleistung erwarten müsste. Ausreichend ist vielmehr, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Verhalten (Tun, Dulden oder Unterlassen) gewährte (Gegen-)Leistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlich und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu ([X.]-Urteile in [X.]/NV 2009, 1253; in [X.]E 207, 284, [X.] 2005, 44).

d) Das unterscheidet Einnahmen, um die es hier geht, von solchen aus (Sport-)Wetten, Lotterie- und anderen Glücksspielen, soweit sie außerhalb einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit anfallen (vgl. [X.]-Urteile vom 28. November 2007 [X.], [X.]E 220, 67, [X.] 2008, 469; vom 11. November 1993 [X.], [X.]/NV 1994, 622; vom 19. Juli 1990 IV R 82/89, [X.]E 161, 144, [X.] 1991, 333, unter 2.; [X.]-Beschluss vom 28. Juni 1996 [X.], [X.]/NV 1996, 743, m.w.N.; zu Spielgewinnen und Preisgeldern: [X.]/Liebig, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1995, 162, 169 ff.; [X.], [X.] --[X.]-- 2007, 235; [X.]/Raßhofer, Festschrift für [X.], 2011, S. 819; s.a. § 3 Abs. 1 des [X.]). Im Übrigen kommt es entgegen der Ansicht des [X.] nicht darauf an, wie groß die Gewinnchance ist ([X.]-Urteile in [X.]E 220, 67, [X.] 2008, 469, und in [X.]E 161, 144, [X.] 1991, 333; [X.]/Liebig, [X.], 162, 163, 169); ebenso ist ein (positiver) Erwartungswert unmaßgeblich ([X.]/[X.], a.a.[X.], § 22 Rz 131 a.E.; a.A. [X.], [X.] 2007, 235, 238, 240).

2. Diesen Maßstäben entspricht die Vorentscheidung; das [X.] hat den dem Kläger zugeflossenen [X.] zu Recht als sonstige Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 [X.] beurteilt.

a) Das Verhalten des [X.] erfüllt den Tatbestand des § 22 Nr. 3 [X.]. Nach dem durchgeführten Vertrag schuldete der Kläger seine Teilnahme und ständige Anwesenheit im [X.]. Er musste sich während seines dortigen Aufenthalts ununterbrochen beobachten und belauschen lassen und hatte nach Auswahl auch an Wettbewerben ("Matches", "[X.]") teilzunehmen. Zudem hat er seine Person und die Aufzeichnungen betreffend Verwendungs- und Verwertungsrechte umfänglich an [X.] abgetreten. Dieses aktive wie passive Verhalten des [X.] ist als (geschuldete und erbrachte) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 [X.] zu beurteilen, auch wenn sich der Kläger nur bei der Verrichtung alltäglicher Dinge hat filmen und abhören lassen und er daher nur sein bisheriges Leben in anderem Umfeld [X.] weitergelebt haben sollte. Selbst wenn eine Privatsphäre bestanden haben sollte, was nach den Feststellungen des [X.] nicht zutraf, war diese in die vom Kläger eingegangene Verpflichtung miteinbezogen.

Im Übrigen war das Verhalten des [X.] Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags, des [X.]; Verhalten und [X.] standen im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Dies entsprach den im Teilnahmevertrag zum Ausdruck kommenden jeweiligen Interessen der Vertragspartner. Denn einerseits konnte sich der Kläger im Rahmen des Projektes nach Belieben darstellen; für ihn (wie die übrigen Teilnehmer) war es attraktiv, sich im Fernsehen und in sonstigen Medien präsentieren zu können. Die Aussetzung des hohen Gewinns war für die Teilnehmer ein wesentlicher Anreiz, trotz der gegebenen Vertragsmodalitäten im BB-Projekt "bei der Stange" zu bleiben. Andererseits lag es im Interesse der [X.] als Produzentin des [X.] durch die Auslobung des hohen [X.]s für ein engagiertes Verhalten der Teilnehmer und hohes Zuschauerinteresse zu sorgen, damit der das BB-Projekt ausstrahlende Sender hohe Einschaltquoten erreichen und damit weitere bzw. mehr Werbeeinahmen generieren konnte.

Auf dieser Basis war auch der notwendige [X.] zwischen dem Verhalten des [X.] und der Auszahlung des [X.]s durch [X.] gegeben. Dazu reicht es, dass die Auszahlung des [X.]s an den Kläger auf sein Verhalten im [X.] zurückzuführen war, also dadurch ausgelöst wurde. Zudem war dieser Gewinn aus Sicht der [X.] gerade für die Vornahme solchen Verhaltens ausgesetzt. Mit der Annahme des [X.]s hat der Kläger diesen seiner [X.] und damit steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zugeordnet.

b) Der [X.] zwischen der Leistung des [X.] und dem an ihn ausgezahlten [X.] wurde deshalb durch die Zufallskomponente in Gestalt der (zwischenzeitlichen) Publikumsvoten und des Schlussvotums des Publikums nicht entscheidend unterbrochen. Zwar war der Sieg bei dem BB-Projekt in gewissem Umfang von diesen Zufällen abhängig, die Teilnehmer konnten aber --anders als bei einem [X.] durch ihr Verhalten zumindest bedingt und indirekt, aber nicht unerheblich Einfluss auf die [X.] nehmen. Die Gewinnchance war im Übrigen vorliegend nicht --wie vom Kläger angegeben-- mit 1,64 % (1:61) "extrem gering", sondern im Verhältnis zu Glücksspielen wie [X.], [X.] etc. vergleichsweise hoch. Diese Quote erhöhte sich als Folge der [X.] im BB-Projekt mit zunehmender Anwesenheitsdauer und stieg wegen der regelbedingten Verringerung der Anzahl der Teilnehmer in den letzten zwei Monaten bis zum Endvotum in der Schlusssendung noch deutlich an. Auf die Voten konnte auch die [X.] zumindest bedingt und indirekt Einfluss nehmen durch eigene Auswahl (s. Präambel und Ziff. 2 Rechteübertragung: "ganz oder teilweise") und Platzierung der Aufzeichnungen und Sequenzen in Fernsehen, [X.] oder sonstigen Medien. Danach stellt sich die hier gegebene Zufallskomponente auch und gerade als Bestandteil des [X.] (Ziff. 5.1) und konkrete Ausgestaltung der vertraglich eingeräumten Gewinnchance dar; die Komponente "Zufall" war von vornherein eingeplant (vgl. [X.]-Urteile vom 2. September 2008 [X.], [X.]E 223, 35, [X.] 2010, 550, unter II.3.; vom 25. November 1993 VI R 45/93, [X.]E 173, 65, [X.] 1994, 254, unter 3. a.E.; jeweils zu Verlosungen). Im ausgekehrten [X.] hat sich dann lediglich die von [X.] eingeräumte Gewinnchance realisiert.

Dabei bestimmte nicht etwa ein Dritter, nämlich das Publikum, die (Gegen-)Leistung der [X.], vielmehr wurde der Leistungsempfänger des vertraglich feststehenden [X.]s lediglich aus einer begrenzter werdenden Teilnehmerzahl durch das Publikum als [X.] ausgesucht (wie etwa durch die Jury bei Preisverleihungen). In solchen Fällen ist allerdings nach der Rechtsprechung Voraussetzung für die Annahme von Erwerbseinnahmen (in Höhe des Preisgeldes), dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zur betrieblichen, beruflichen oder sonstigen Tätigkeit des Empfängers aufweist (vgl. [X.]-Urteile vom 9. Mai 1985 IV R 184/82, [X.]E 143, 466, [X.] 1985, 427; vom 14. März 1989 [X.], [X.]E 156, 462, [X.] 1989, 650; vom 23. April 2009 [X.], [X.]E 224, 571, [X.] 2009, 668). Das ist vorliegend der Fall. Denn unbeschadet ihres besonderen Rechtsgrundes (Auslobung § 657 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) hatte der ausgekehrte [X.] wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts, und zwar gerade hinsichtlich des nach dem Teilnahmevertrag vom Kläger zu erbringenden und auch erbrachten Verhaltens. Dabei mag es zutreffen, dass sich die Publikumsvoten auch oder überwiegend an Persönlichkeits- und Sympathiewerten orientierten; allein dadurch wurde aber der vorhandene [X.] weder unterbrochen noch überlagert.

Meta

IX R 6/10

24.04.2012

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 29. Oktober 2009, Az: 15 K 2917/06, Urteil

§ 657 BGB, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 22 Nr 3 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.04.2012, Az. IX R 6/10 (REWIS RS 2012, 6999)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6999


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 1503/12

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1503/12, 24.04.2015.


Az. IX R 6/10

Bundesfinanzhof, IX R 6/10, 24.04.2012.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI B 103/17 (Bundesfinanzhof)

Zur Steuerbarkeit der Leistungen eines Teilnehmers an einer Fernsehshow


XI R 37/14 (Bundesfinanzhof)

Zur Unternehmereigenschaft und Steuerbarkeit der Leistungen eines "Berufspokerspielers"


X R 34/16 (Bundesfinanzhof)

Einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Preisgeldern aus Turnierpokerspielen


V R 21/16 (Bundesfinanzhof)

Änderung der Rechtsprechung zum steuerbaren Leistungsaustausch bei platzierungsabhängigen Preisgeldern


X R 43/12 (Bundesfinanzhof)

Einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Preisgeldern aus Turnierpokerspielen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.