Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.08.2018, Az. V R 21/16

5. Senat | REWIS RS 2018, 5162

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Änderung der Rechtsprechung zum steuerbaren Leistungsaustausch bei platzierungsabhängigen Preisgeldern


Leitsatz

Die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) ist nicht steuerbar, wenn dem Eigentümer der Pferde als Gegenleistung lediglich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt wird (anders noch BFH-Urteil vom 9. März 1972 V R 32/69, BFHE 105, 196, BStBl II 1972, 556) .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 6. Oktober 2015  16 K 254/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die J-GmbH in den Streitjahren (2007 bis 2010) zum Vorsteuerabzug berechtigt war.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] Diese wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... Dezember 2007 errichtet, Unternehmensgegenstand ist der Kauf und Verkauf sowie die [X.]usbildung von Pferden und die Förderung [X.] für den Spitzensport. Die J-GmbH ist ferner berechtigt, alle Geschäfte durchzuführen, die im Interesse der Gesellschaft liegen. [X.]lleinige Gesellschafterin der J-GmbH ist [X.], alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren in den Streitjahren W und K.

3

Für die Streitjahre reichte die J-GmbH Umsatzsteuererklärungen mit folgenden Beträgen ein, denen der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) zustimmte:

4

Streitjahr

Umsätze

   Umsatzsteuer

Vorsteuern

2007 

0 €

0 €

77.632,15 €

2008 

11.150 €

818,30 €

   114.961,95 €

2009 

39.044 €

2.733,08 €

22.093,14 €

2010 

247.951 €

19.877,53 €

84.756,63 €

5

Im September 2010 führte das [X.] eine [X.] durch. Die Prüferin war zunächst der [X.]nsicht, die J-GmbH sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil sie nicht nachgewiesen habe, ein Unternehmen zu betreiben. Nachdem sie der J-GmbH diese [X.]nsicht mitgeteilt hatte, trug diese vor, das Unternehmen befinde sich noch im [X.]ufbau. Hierauf kam die Prüferin zu der [X.]uffassung, die Vorsteuerbeträge beträfen [X.] und seien daher nach § 15 [X.]bs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) [X.]. § 4 [X.]bs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähig.

6

In der [X.] vom November 2012 bis März 2013 führte das [X.] für Großbetriebsprüfung eine [X.]ußenprüfung bei der J-GmbH durch. Dabei stellte der Prüfer fest, dass sämtliche Pferde bei der [X.] untergebracht und dort umfassend betreut worden waren. Eigene Stallungen und Weideflächen hätten der J-GmbH nicht zur Verfügung gestanden. [X.] liege Liebhaberei vor, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien nicht abzugsfähig.

7

Das [X.] folgte der [X.]uffassung der Prüfer und erließ am ... 2013 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2007 über 0 € und am ... 2013 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010, in denen die bislang geltend gemachten Vorsteuerbeträge vollständig gestrichen wurden.

8

Den Einspruch der J-GmbH wies das [X.] am ... 2014 als unbegründet zurück. Entgegen der [X.]uffassung der J-GmbH liege kein Pferdezuchtbetrieb im größeren Umfang vor, der bei typisierender Betrachtung nicht unter das [X.]bzugsverbot des § 4 [X.]bs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG falle. Zwar sei es möglich, bei 10 Hengsten und 2 Stuten auch ein hoch prämiertes Pferd zu züchten, dies sei allerdings eher selten. [X.] hätten in der Regel eine größere [X.]nzahl an Zuchtstuten und legten Wert darauf, dass die trächtigen Stuten unter ihrer Beobachtung stünden, um den Zuchterfolg nicht zu gefährden. Sie benötigten Weideflächen, über die die J-GmbH nicht verfüge. Die J-GmbH trete auch im [X.]ußenverhältnis nicht als eigenständiger Zuchtbetrieb auf, sondern bediene sich nur der Betriebsstrukturen der [X.].

9

Die dagegen erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2016, 1658 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Die Klägerin sei "unstreitig" Unternehmerin, wobei "ihre unternehmerische Tätigkeit zumindest die regelmäßige Teilnahme an Turnieren mit dem Ziel der Erzielung von Preisgeldern" umfasse. Sie sei damit auch dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dem Vorsteueranspruch stehe aber das [X.]bzugsverbot des § 15 [X.]bs. 1a UStG [X.]. § 4 [X.]bs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entgegen.

Das Halten von Rennpferden könne nach dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 2. Juli 2008 XI R 66/06 ([X.]E 222, 123, [X.], 206, Rz 13, 15 f.) ein ähnlicher Zweck i.S. des § 4 [X.]bs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG sein. Etwas anderes gelte zwar für den Betrieb einer Pferdezucht in größerem Umfang mit erheblichen Umsätzen ([X.]-Urteil vom 12. Februar 2009 V R 61/06, [X.]E 224, 467, [X.], 828, Rz 30). Vorliegend werde der Sachverhalt aber dahingehend gewürdigt, dass keine Pferdezucht vorliege, sondern mit dem Betrieb der J-GmbH ein überdurchschnittliches Repräsentationsbedürfnis der [X.] und ihre sportlichen Neigungen befriedigt werden sollten. Das Unternehmen der J-GmbH habe lediglich aus den im Januar 2008 von der [X.] erworbenen fünf Hengsten und Zuchtrechten bestanden. Für die von der J-GmbH behauptete Pferdezucht fehlten ihr offensichtlich die erforderlichen Stuten. Hierauf angesprochen habe der Prozessbevollmächtigte seinen bisherigen Vortrag sofort aufgegeben und erklärt, die J-GmbH betreibe einen Pferdehandel. [X.]ber auch dieser neue Sachvortrag sei nicht schlüssig, weil die J-GmbH in 2010 und 2011 lediglich jeweils ein Pferd veräußert habe und beide Pferde zuvor zum 31. Dezember 2009 von [X.] in den Betrieb eingelegt worden sein sollten. Nachgewiesen habe die J-GmbH als unternehmerischen Zweck nur die Unterhaltung eines Pferdestalls mit dem Ziel der Teilnahme an Turnieren. Derartige [X.]ufwendungen dienten bei typisierender Betrachtung einem überdurchschnittlichen Repräsentationsbedürfnis des Betriebsinhabers, zumal wenn dieser --wie die [X.] im [X.] eine Sportreiterin im Spitzenbereich sei.

Mit ihrer Revision rügt die J-GmbH die Verletzung von § 15 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]. § 15 [X.]bs. 1a UStG und § 4 [X.]bs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG.

Während des Revisionsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der J-GmbH eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er bestritt die vom [X.] zur Tabelle gemeldeten Steuerrückstände in voller Höhe und teilte im Schreiben vom 9. Mai 2017 mit, dass er das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Verfahren (§ 155 der [X.]sordnung --[X.]O-- [X.]. § 240 der Zivilprozessordnung --ZPO--) aufnehme.

Das [X.] habe im angefochtenen Urteil die Unternehmereigenschaft mit der regelmäßigen Teilnahme an Turnieren mit dem Ziel der Erzielung von Preisgeldern begründet. Da aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) der Insolvenzschuldnerin (J-GmbH) die Unternehmereigenschaft und der begehrte Vorsteuerabzug zu versagen sei, könnten die erzielten Preisgelder im Gegenzug auch nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden. Die angefochtenen Bescheide seien daher insoweit rechtswidrig, als die von der Insolvenzschuldnerin in den Streitjahren erzielten Preisgelder (Siegprämien) der Umsatzsteuer unterworfen worden seien. Darüber hinaus könnten zu weiteren Umständen bezüglich der Unternehmereigenschaft keine [X.]ngaben gemacht werden.

Der Kläger beantragt festzustellen,
dass die vom [X.] beim [X.]mtsgericht ([X.]G) zur Insolvenztabelle angemeldeten streitgegenständlichen Umsatzsteuerforderungen 2007 bis 2010 nicht berechtigt sind und der Widerspruch des [X.] daher berechtigt ist.

Das [X.] beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

Der [X.]uffassung, dass es sich bei der Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen um keine umsatzsteuerbare sonstige Leistung handele, könne sich das [X.] nicht anschließen. Das [X.]-Urteil vom 30. [X.]ugust 2017 XI R 37/14 ([X.]E 259, 175) sei bislang nicht amtlich veröffentlicht und daher von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar. Die Teilnahme am Wettbewerb führe zwar nicht regelmäßig zu einem Preisgeld, sei aber notwendige Voraussetzung für die Chance auf ein Preisgeld. Daher bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Der [X.]nnahme eines Leistungsaustausches stehe nicht entgegen, dass sich die Entgelterwartung nicht erfülle ([X.]-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84, [X.]E 158, 144, [X.] 1989, 913). [X.]uch ein selbständiger Handelsvertreter könne nicht aus jedem Kundengesuch Umsätze generieren. Ebenso ziele die Teilnahme am Wettkampf auf Einnahmen ab und erschöpfe sich nicht in der Freude am Pferdesport.

Das [X.] habe für die Umsätze der Jahre 2007, 2008 sowie der Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 2009 und 2010 einen Betrag von 21.523 € benannt, bei dem es sich "überwiegend um Preisgelder" handele. Eine genauere [X.]ussage zur Höhe und zur zeitlichen Zuordnung der Preisgelder sei wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit unterblieben. [X.]uch sei der Widerspruch zu den nach dem klägerischen Vortrag erzielten Preisgeldern auf S. 6 (des [X.]-Urteils) des streitigen Sachverhalts (... € in 2008, ... € in 2009, sowie ... € in 2010, insgesamt also ... €) nicht aufgeklärt. Daher fehle es an einem feststehenden Sachverhalt, den der Senat einer Entscheidung zugrunde legen könne.

Entscheidungsgründe

II.

A. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der J-GmbH durch den Beschluss des AG vom Januar 2017 steht einer Entscheidung des [X.] nicht entgegen. Das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Januar 2017 unterbrochene Verfahren ist durch den zum Insolvenzverwalter bestellten Kläger wirksam aufgenommen worden (§ 155 [X.]O i.V.m. § 240 ZPO). Das ursprüngliche Anfechtungsverfahren hat sich nach Anmeldung der streitgegenständlichen Umsatzsteuer durch das [X.], dem Widerspruch des [X.] und Aufnahme des Rechtsstreits in ein Insolvenzfeststellungsverfahren gewandelt. Da der Kläger als Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen hat, kommt es zu keinem [X.]. Streitgegenstand ist nunmehr der Widerspruch gegen die im Prüfungstermin vom [X.] geltend gemachten Umsatzsteuerforderungen zur Tabelle (vgl. z.B. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 53a, m.w.N.).

B. Die Revision des [X.] ist aus anderen als den zunächst geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Das [X.] hat gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 UStG (unter 1.) und gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (unter 2.) verstoßen, indem es von der Steuerbarkeit der von der J-GmbH getätigten Umsätze sowie ihrer Berechtigung zum Vorsteuerabzug dem Grunde nach ausgegangen ist. Der [X.] kann mangels tatsächlicher Feststellungen zu Art und Höhe der Umsätze sowie zur Unternehmereigenschaft der J-GmbH die Sache nicht selbst entscheiden (unter 3.).

1. Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, die J-GmbH habe an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern im Rahmen eines [X.] teilgenommen und sei insoweit unternehmerisch tätig geworden.

Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).

a) Die Teilnahme der J-GmbH an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern erfolgte nicht im Rahmen eines [X.]. Nach ständiger [X.]-Rechtsprechung und des [X.] setzt eine "Leistung gegen Entgelt" das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet ([X.] vom 3. März 1994 [X.], [X.]:[X.], [X.] --[X.]-- 1994, 357, Rz 13 und 14; Gemeente Borsele vom 12. Mai 2016 C-520/14, [X.]:C:2016:334, [X.], 664, Rz 24; [X.] vom 2. Juni 2016 [X.]/15, [X.]:C:2016:392, [X.], 665, Rz 26; [X.]-Urteile vom 10. Juli 1997 V R 94/96, [X.]E 183, 288, [X.] 1997, 707; vom 14. März 2012 XI R 8/10, [X.]/NV 2012, 1667, Rz 52; vom 12. August 2015 XI R 43/13, [X.]E 251, 253, [X.] 2015, 919, Rz 25).

aa) Im Urteil [X.] vom 10. November 2016 [X.]/15 ([X.]:C:2016:855, [X.], 82) hat der [X.] entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten; die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung hat der [X.] im Urteil in [X.]E 259, 175 erkannt, dass auch ein Berufspokerspieler keine Leistung im Rahmen eines [X.] "gegen Entgelt" i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbringt, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder oder Spielgewinne erhält. Zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehlt dann der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang ([X.]-Urteil in [X.]E 259, 175, Rz 26).

Soweit das [X.] in diesem Zusammenhang vorträgt, es könne sich der geänderten Rechtsprechung des [X.] nicht anschließen, da das [X.]-Urteil in [X.]E 259, 175 bislang nicht amtlich veröffentlicht und daher von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar sei, verkennt es, dass es für den an Recht und Gesetz gebundenen [X.] (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) nicht darauf ankommt, ob Entscheidungen im BStBl veröffentlicht wurden. Im Übrigen ist die Finanzverwaltung nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Vertrages über die [X.] gehalten, die Rechtsprechung des [X.] zu beachten und [X.] im Lichte dieser Urteile (im Streitfall: [X.]-Urteil [X.], [X.]:C:2016:855, [X.], 82) auszulegen (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 259, 175, Rz 26, 27, sowie vom 18. Oktober 2001 V R 106/98, [X.]E 196, 363, [X.] 2002, 551, Rz 18, 25 f.).

bb) Entgegen der Ansicht des [X.] widerspricht die geänderte Rechtsprechung nicht dem [X.]-Urteil in [X.]E 158, 144, [X.] 1989, 913. Danach setzt der Tatbestand des [X.] zwar voraus, dass eine Leistung, nicht aber auch, dass das Entgelt tatsächlich erbracht wird. Aus § 17 UStG ergebe sich, dass es der Annahme eines [X.] nicht entgegenstehe, wenn der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung, das Entgelt, nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält, sei es, dass sich die begründete Entgeltserwartung nicht erfüllt, dass das Entgelt uneinbringlich wird oder sich nachträglich mindert. Im Falle von Wettbewerben mit unsicherem Ausgang fehlt es jedoch an einer "begründeten" Entgeltserwartung, weil der Erhalt des Entgelts von der Erzielung einer besonderen Leistung abhängt und "Unwägbarkeiten" unterliegt.

cc) Soweit der [X.] im Urteil vom 9. März 1972 V R 32/69 ([X.]E 105, 196, [X.] 1972, 556) entschieden hatte, dass die als Belohnung für das erfolgreiche Teilnehmen an Pferderennen empfangenen [X.] Entgelte für eine von dem [X.] erbrachte sonstige Leistung darstellen, ist diese [X.] früheren, noch nicht harmonisierten Rechtslage (Streitjahre: 1963 bis 1966) ergangene-- Entscheidung durch das [X.]-Urteil [X.] ([X.]:C:2016:855, [X.], 82) überholt (vgl. hierzu bereits [X.]-Urteil in [X.]E 259, 175, Rz 29).

dd) Das [X.] ist in dem angegriffenen Urteil von der Steuerbarkeit der Preisgelder ausgegangen. Diese Auffassung widerspricht den o.g. Grundsätzen des [X.] und des [X.], die das [X.] indes noch nicht berücksichtigen konnte. Da nach seinen Feststellungen über diese --als "[X.]" erachteten-- Umsätze noch keine Rechnungen ausgestellt wurden, kommt jedenfalls für die Streitjahre auch keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG in Betracht. Das Urteil des [X.] ist daher aufzuheben.

b) Darüber hinaus ist das [X.] in der fehlerhaften Annahme, die J-GmbH sei jedenfalls durch die regelmäßige Teilnahme an Turnieren zwecks Erzielung von Preisgeldern unternehmerisch tätig geworden, von der Steuerbarkeit der Umsätze der J-GmbH ausgegangen. Es hat daher --aus seiner Sicht zu [X.] keine weiteren Feststellungen getroffen, aus denen die Unternehmereigenschaft der J-GmbH folgen könnte.

aa) Stellt die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern keine wirtschaftliche Tätigkeit dar, ist diese Tätigkeit auch nicht zur Begründung der Unternehmerstellung geeignet. Denn bei richtlinienkonformer Auslegung erfordert die Unternehmereigenschaft ("Steuerpflichtiger") die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der [X.] über die Umsatzsteuern (vgl. [X.]-Urteile vom 18. Dezember 2008 V R 80/07, [X.]E 225, 163, [X.] 2011, 292, unter [X.]; vom 11. April 2008 V R 10/07, [X.]E 221, 456, [X.] 2009, 741, unter [X.]). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Leistungen gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ("Leistungsaustausch") erbracht werden. Da die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 UStG eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (Erbringung von Leistungen gegen Entgelt) voraussetzt (vgl. [X.]-Urteile vom 9. Februar 2012 V R 40/10, [X.]E 236, 258, [X.] 2012, 844, unter Rz 21, sowie vom 24. September 2014 V R 54/13, [X.]/NV 2015, 364, Rz 26), ist sie ausgeschlossen, wenn es an einem Leistungsaustausch fehlt.

bb) Die Unternehmereigenschaft der J-GmbH ergibt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen weder aus einer Pferdezucht noch aus einem Pferdehandel.

(1) Das [X.] hat den Sachverhalt vielmehr dahingehend gewürdigt, dass mit dem Betrieb der J-GmbH ein überdurchschnittliches Repräsentationsbedürfnis der Alleingesellschafterin A und ihre sportlichen Neigungen befriedigt werden sollte, weil es für die behauptete Pferdezucht (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 224, 467, [X.] 2009, 828, Leitsatz 1) offensichtlich an den hierfür erforderlichen Stuten fehle ([X.]-Urteil S. 9). Diese Würdigung ist möglich und nachvollziehbar, sie wird auch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, sodass diese Würdigung den [X.] bindet (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

(2) Das [X.] hat auch eine Unternehmereigenschaft aus einem Handel mit Pferden ausgeschlossen, weil die J-GmbH in 2010 und 2011 lediglich jeweils ein Pferd veräußerte und beide Pferde angeblich zuvor zum 31. Dezember 2009 von der Alleingesellschafterin in den Betrieb eingelegt worden sein sollten. Nachgewiesen habe die J-GmbH als unternehmerischen Zweck nur "die Unterhaltung eines Pferdestalls mit dem Ziel der Teilnahme an Turnieren". Diese Schlussfolgerung des [X.] ist ebenfalls möglich und nachvollziehbar, sie wird auch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und bindet daher den [X.].

2. Fehlt es an der Unternehmereigenschaft der J-GmbH, ist diese bereits dem Grunde nach nicht zum Abzug der geltend gemachten Vorsteuern berechtigt. Denn nur ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 UStG).

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der [X.] kann mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst über die Steuerbarkeit der Umsätze und den Vorsteuerabzug der J-GmbH entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das [X.] zurückzuverweisen.

a) Im zweiten Rechtsgang hat das [X.] zunächst die Höhe der nicht steuerbaren Preisgelder zu ermitteln. Das [X.] hat die in den Jahren 2007 und 2008 sowie in den Voranmeldungen für 2009 und 2010 erklärten Umsätze mit insgesamt 21.523 € beziffert. Dabei soll es sich nicht um Umsätze aus dem Verkauf von Pferden, der Ausbildung von Pferden und der Förderung [X.], sondern "überwiegend um Preisgelder" handeln. Das [X.] hat somit --wegen fehlender [X.] noch keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe nicht steuerbare Preisgelder vorliegen. Die fehlenden Feststellungen sind im Rahmen des zweiten [X.] nachzuholen. Dabei ist auch zu prüfen, ob es sich insoweit tatsächlich um "echte" Preisgelder handelt oder ob die vereinnahmten Beträge --teilweise auch-- auf platzierungsunabhängigen und damit steuerbaren Vergütungen (z.B. Antrittsgeldern) beruhen. Schließlich hat das [X.] die Differenzen zwischen seinen Feststellungen zur Höhe der Preisgelder auf S. 3 des [X.]-Urteils (21.523 €) und den nach klägerischem Vortrag erzielten --wesentlich höheren-- Preisgeldern auf S. 6 des [X.]-Urteils aufzuklären. Die Siegprämien beliefen sich danach auf ... € (2008), ... € (2009) sowie ... € (2010), in den Streitjahren also auf insgesamt ... €.

b) Weiterhin ist aufzuklären, welche weiteren Umsätze die J-GmbH in den Streitjahren ausgeführt hat und zu prüfen, ob die J-GmbH im Hinblick auf diese Umsätze unternehmerisch tätig war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine nur gelegentliche Vermietung oder Verpachtung eines im Übrigen privat genutzten Gegenstands keine unternehmerische Tätigkeit darstellt ([X.]-Urteil vom 12. Dezember 1996 V R 23/93, [X.]E 182, 388, [X.] 1997, 368; [X.]-Urteil [X.] vom 26. September 1996 [X.]/94, [X.]:[X.], [X.] 1996, 836). Bei einem Gegenstand, der seiner Art nach sowohl für wirtschaftliche als auch für private Zwecke verwendet werden kann, sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen und damit unternehmerisch verwendet wird. Eine der Methoden, mit denen geprüft werden kann, ob die betreffende Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird, ist der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Ferner sind die tatsächliche Dauer der Vermietung des Gegenstands, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls gehören und daher neben anderen Gesichtspunkten bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können ([X.]-Urteil vom 4. September 2008 V R 10/06, [X.]/NV 2009, 230, unter [X.]c aa; [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 1996, 836, Leitsatz). Kommt das [X.] aufgrund dieser Gesamtbetrachtung zum Ergebnis, dass die J-GmbH auch hinsichtlich der weiteren Umsätze nicht unternehmerisch tätig war, sind auch diese (weiteren) Umsätze nicht steuerbar und ist ein Vorsteuerabzug bereits dem Grunde nach ausgeschlossen.

c) Führt diese Prüfung hingegen zum Ergebnis, dass die J-GmbH als Unternehmerin anzusehen ist, hat das [X.] zu untersuchen, ob der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG zu versagen ist, weil der Gegenstand der jeweiligen Lieferung (im Streitfall: Rennpferde, LKW, Anhänger, PKW) zu weniger als 10 % für das Unternehmen genutzt wurde. Ob die 10 %-Grenze erreicht wird, richtet sich im Hinblick auf den [X.] der Vorsteuer bei Anschaffung nach der beim Erwerb vorgesehenen und durch objektive Anhaltspunkte belegten Verwendungsabsicht (vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 UStG Rz 461).

Zu beachten ist allerdings, dass § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG in den Streitjahren 2007 bis 2010 nur insoweit unionsrechtskonform und damit anwendbar war, als er eine Verwendung zu unternehmensfremden (privaten) Zwecken von mehr als 90 % umfasst. Die Ausnahme greift somit nicht, wenn der Gegenstand im Unternehmen zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche --nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende-- Tätigkeiten genutzt wird ([X.]urteil vom 3. August 2017 V R 62/16, [X.]E 259, 380, Rz 31; [X.]-Urteil vom 16. November 2016 XI R 15/13, [X.]E 255, 555, [X.] 2018, 237; [X.]-Urteil [X.] vom 15. September 2016 [X.]/15, [X.]:C:2016:687). Die Nutzung der angeschafften Gegenstände zur Befriedigung der sportlichen Neigungen und des Repräsentationsbedürfnisses der Alleingesellschafterin A könnte geeignet sein, eine private Verwendung zu begründen.

d) Falls auch der Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht eingreifen sollte, ist schließlich vom [X.] zu prüfen, ob es sich bei den Anschaffungen im Hinblick auf eine ggf. vom [X.] festgestellte Unternehmereigenschaft der J-GmbH um nicht abziehbaren [X.] handelt (§ 15 Abs. 1a i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG). Auch hierüber kann der [X.] nicht selbst entscheiden, da es für diese Beurteilung maßgeblich auf die jeweilige unternehmerische Tätigkeit ankommt.

Soweit das [X.] die Voraussetzungen für das Vorliegen von nichtabziehbarem und daher vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenem [X.] bejahen sollte, hat es zu berücksichtigen, dass der Verkauf der betreffenden Gegenstände (im Streitfall: Rennpferde) nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei ist (vgl. hierzu [X.]-Urteil vom 21. Mai 2014 V R 34/13, [X.]E 246, 232, [X.] 2014, 914, Rz 54); etwas anderes ergäbe sich lediglich dann, wenn die J-GmbH noch im Streitjahr 2010 eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis (§ 14c Abs. 1 UStG) erteilt hätte. Hierzu fehlen jedoch Feststellungen im Urteil des [X.].

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 21/16

02.08.2018

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 6. Oktober 2015, Az: 16 K 254/14, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 2005, § 2 Abs 1 UStG 2005, § 14c Abs 1 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 2 UStG 2005, § 15 Abs 1a UStG 2005, § 118 Abs 2 FGO, § 155 FGO, § 240 ZPO, UStG VZ 2007, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.08.2018, Az. V R 21/16 (REWIS RS 2018, 5162)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5162

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI R 25/18 (Bundesfinanzhof)

Sonstige Leistungen eines Berufsreiters, der einen Turnier- und Ausbildungsstall betreibt: Steuerbarkeit, Entgelt, Mindestbemessungsgrundlage und Vorsteuerabzug; …


XI R 37/14 (Bundesfinanzhof)

Zur Unternehmereigenschaft und Steuerbarkeit der Leistungen eines "Berufspokerspielers"


V B 63/20 (AdV) (Bundesfinanzhof)

Aussetzung der Vollziehung; Umfang des Vorsteuerabzugs einer Führungsholding; Leistungsaustausch bei erfolgsabhängiger Vergütung


2 K 6/13 (Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern)


XI B 14/19 (Bundesfinanzhof)

(Teilweise Parallelentscheidung zu BFH-Beschluss vom 16.05.2019 XI B 13/19 - AdV; Leistungsbeschreibung bei Waren im …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.