Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.01.2020, Az. B 14 AS 98/19 B

14. Senat | REWIS RS 2020, 2504

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - schlüssige Bezeichnung von Verfahrensmängeln - Rüge der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter nach erfolglos gebliebenen Ablehnungsgesuchen - vermeintlich übergangenes Vorgehen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt L beizuordnen, wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 [X.]).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.] ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das [X.] in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.

3

Die von der Klägerin allein geltend gemachten Verfahrensmängel sind in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]).

4

Nach § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.] ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels erfordert, dass in der Beschwerdebegründung die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 160a Rd[X.]6).

6

Soweit die Klägerin behauptet, nach der Stellung eines [X.] habe der Vorsitzende erklärt, er werde nun zunächst "die anderen Verfahren" verhandeln und man werde sich dann in zwei Stunden wieder treffen und weiter verhandeln, ist schon nicht klar, welche für das sozialgerichtliche Verfahren geltende Vorschrift ("es hätte durchverhandelt werden müssen") die Klägerin für verletzt hält. Zudem widerspricht der Vortrag, ihr Prozessbevollmächtigter sei dann etwa zehn Minuten vor der festgesetzten [X.] wieder eingetroffen, wisse aber jetzt nicht mehr genau, welche Uhrzeit vereinbart gewesen worden sei, einer zeit- und nicht sachbezogenen Verhandlungsunterbrechung und ist in sich nicht schlüssig.

7

Wegen der dem [X.] vorgeworfenen erneuten Aufnahme der mündlichen Verhandlung vor dem Eintreffen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist nicht dargetan, welches Vorbringen der Klägerin (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]) hierdurch entscheidungserheblich abgeschnitten worden sei. Zum behaupteten Übergehen einer Bitte der Klägerin, auf das Eintreffen ihres Prozessbevollmächtigten zu warten (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) ist der Vortrag unsubstantiiert, nachdem dem Vortrag nicht zu entnehmen ist, dass die Formulierung einer solchen Bitte in der Niederschrift festgehalten worden sei.

8

Wegen der Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit des Verfahrens, weil dem neben dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Verhandlung anwesenden Beistand die Verlesung eines (zweiten) schriftlichen [X.] versagt worden sei, fehlt jedes Vorbringen dazu, dass einem Publikum die Teilnahme an der Verhandlung allgemein nicht möglich gewesen wäre, weil sie nicht öffentlich durchgeführt worden sei. Dass die Entgegennahme des Antrags und die Entscheidung über ihn durch das [X.] abgelehnt worden sei, behauptet auch die Klägerin nicht.

9

Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres Rechts auf [X.] (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) rügt, weil ihre Ablehnungsgesuche aus der Sitzung keinen Erfolg gehabt haben, fehlt jede Darlegung dazu, dass und warum diese nach § 177 [X.] unanfechtbaren Entscheidungen des [X.] einen willkürlichen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften enthalten oder Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters verkannt habe. Dieser Darlegung bedarf es, weil insoweit nach § 557 Abs 2 ZPO iVm § 202 Satz 1 [X.] die Verfahrensaufsicht des [X.] auf die Einhaltung dieser Maßstäbe begrenzt ist (vgl Senatsbeschluss vom [X.] - [X.] [X.]/18 B - Rd[X.] 3 mwN).

Weitere einen Verfahrensfehler begründende Tatsachen werden in der Beschwerdebegründung nicht ausreichend konkret bezeichnet. Insoweit gilt, dass vom [X.] vermeintlich übergangenes Vorbringen so genau zu bezeichnen ist, dass es für das Beschwerdegericht ohne Weiteres auffindbar ist. Es ist nicht Aufgabe des [X.], sich den Sachverhalt, der zu dem Begehren und dem Vorbringen des Beschwerdeführers passen könnte, aus den Verfahrensakten herauszusuchen und zu ermitteln, was möglicherweise zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte; dem [X.] muss es vielmehr grundsätzlich allein aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers möglich sein zu beurteilen, ob die Revision zuzulassen ist oder nicht (vgl nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 160a Rd[X.]3e mwN). Regelmäßig ist daher in der Beschwerdebegründung auch der Sachverhalt so zu schildern, dass das Gericht dadurch ohne Weiteres in die Lage versetzt wird, ausgehend von der Rechtsansicht des Beschwerdeführers zu prüfen, ob das verfolgte Begehren durchgreifen kann (vgl zB [X.] SozR 1500 § 160a [X.] 62; [X.] Beschlüsse vom [X.] - B 7 [X.] 23/09 B - juris Rd[X.] 8, vom 27.1.2011 - [X.] [X.] 60/10 B - juris Rd[X.]0 und vom 27.7.2011 - [X.] [X.]/11 B - juris Rd[X.] 5).

Hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 [X.] fehlt es schon an der Bezeichnung des [X.], dem das [X.] nicht gefolgt sein soll. Die vor dem [X.] rechtskundig vertretene Klägerin hat nicht einmal behauptet, im Berufungsverfahren die Vernehmung von Zeugen beantragt zu haben. Sie meint allein, sämtliche erstinstanzlich vernommenen Zeugen hätten auch im Berufungsverfahren noch einmal von Amts wegen befragt werden müssen.

Die von der Beschwerde gerügte Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 2 [X.] ist nicht hinreichend dargelegt. Nach dieser Vorschrift sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Eine Rüge der Verletzung der Norm mit der Nichtzulassungsbeschwerde setzt die Darlegung voraus, dass, ausgehend von der Rechtsauffassung des [X.], wesentliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte, insbesondere die Tatsachenfeststellungen, in den Entscheidungsgründen nicht behandelt worden seien ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 128 Rd[X.]8). Eine solche Darlegung enthält die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Es fehlt schon an der Beschreibung des Verfahrensgegenstands, zu dem sich das [X.] in der angefochtenen Entscheidung eine Rechtsauffassung gebildet hat.

PKH ist der Klägerin nicht zu bewilligen, da ihre Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 114 ZPO). Da die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 121 ZPO).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.] ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 [X.].

Meta

B 14 AS 98/19 B

14.01.2020

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Köln, 13. Juni 2017, Az: S 40 AS 321/17, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 177 SGG, § 202 S 1 SGG, § 557 Abs 2 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.01.2020, Az. B 14 AS 98/19 B (REWIS RS 2020, 2504)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2504

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