Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.11.2014, Az. 2 B 24/14

2. Senat | REWIS RS 2014, 1715

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Gegenstand

Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen den Dienstherrn (hier: "Mobbing")


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 12. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 158 750 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache sowie auf Verfahrensfehler gestützte [X.]eschwerde des [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) ist unbegründet.

2

1. Der 1943 geborene Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats Juli 2008 im Dienst der [X.], zuletzt als Leitender Postdirektor ([X.] 3 [X.]). Nach Umwandlung der [X.] [X.] in eine private Aktiengesellschaft zum 1. Januar 1995 nahm der Kläger dort verschiedene Funktionen - auch unter [X.]eurlaubung als [X.]eamter unter Wegfall der [X.]ezüge - wahr. Nach Eintritt in den Ruhestand begehrte der Kläger von der [X.] erfolglos ein „nach außen sichtbares Zeichen der Wertschätzung im Rahmen einer sinnvollen Aufgabe auf vertraglicher [X.]asis", etwa im Rahmen einer anwaltlichen Tätigkeit für die [X.]. Anschließend forderte der Kläger von der [X.] für den Zeitraum ab 1998 Ersatz des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld) bzw. eine finanzielle Entschädigung in Höhe von insgesamt 158 750 € wegen fortgesetzter Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, seiner Menschenwürde, seines Achtungsanspruchs innerhalb und außerhalb des Unternehmens als Leitender [X.]eamter der [X.]esoldungsgruppe [X.] und seines Anspruchs auf eine seinem Rang und seiner [X.]esoldungsgruppe entsprechenden [X.]eschäftigung. Die [X.]eklagte lehnte dies ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen und zur [X.]egründung im Wesentlichen ausgeführt:

3

Es könne dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger aufgeführten Umstände nach Art und Gewicht sowie ihrer Zielsetzung in einer Gesamtschau als „Mobbing" aufgefasst werden könnten. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, und zwar weder mit [X.]lick auf eine etwaige Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht noch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung oder der Amtshaftung. Denn der Kläger habe es entgegen § 839 Abs. 3 [X.]G[X.] unterlassen, den möglichen und ihm auch zumutbaren [X.] in Anspruch zu nehmen. Zudem sei der Schadensersatzanspruch im Zeitpunkt seiner erstmaligen außergerichtlichen Geltendmachung bereits verwirkt gewesen.

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2. Grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr; u.a. [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Das ist hier nicht der Fall.

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Es ist bereits zweifelhaft, ob das Vorbringen des [X.] in der innerhalb der [X.]eschwerdefrist eingegangenen [X.]egründung in [X.]ezug auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO genügt. Denn mit dem Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht verkehre den Opferschutz in den Schutz des [X.], wird lediglich die inhaltliche Richtigkeit des [X.]erufungsurteils angezweifelt.

6

Aber selbst wenn zugunsten des [X.] angenommen wird, dieser habe hinsichtlich des Zulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Frage aufgeworfen, ob der Rechtsgedanke des § 839 [X.]G[X.] bei Klagen der hier vorliegenden Art anwendbar ist, wäre die Revision nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen. Denn es ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt, dass ein Schadensersatzanspruch eines [X.]eamten gegen den Dienstherrn neben einem bezifferbaren Schaden voraussetzt, dass sich der Dienstherr gegenüber dem [X.]eamten rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat, dass dieses Verhalten den Schaden adäquat kausal herbeigeführt hat und dass der [X.]eamte seiner Schadensabwendungspflicht nach § 839 Abs. 3 [X.]G[X.] nachgekommen ist (Urteile vom 28. Mai 1998 - [X.]VerwG 2 C 29.97 - [X.]VerwGE 107, 29 <31> = [X.] 232 § 23 [X.] Nr. 40 S. 2 f., vom 1. April 2004 - [X.]VerwG 2 C 26.03 - [X.] 237.8 § 10 RhPL[X.]G Nr. 1 S. 2, vom 28. Februar 2008 - [X.]VerwG 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 23 und vom 26. Januar 2012 - [X.]VerwG 2 A 7.09 - [X.]VerwGE 141, 361 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53 jeweils Rn. 15).

7

§ 839 Abs. 3 [X.]G[X.] ist eine besondere Ausprägung des Mitverschuldensprinzips, das in allgemeiner Form in § 254 [X.]G[X.] niedergelegt ist und für das gesamte private und öffentliche Haftungsrecht gilt ([X.]eschluss vom 6. Juni 2014 - [X.]VerwG 2 [X.] 75.13 - juris Rn. 12; Papier, in: [X.] Kommentar, [X.]G[X.], 6. Aufl. 2013, § 839 Rn. 329 f.). [X.]ei rechtswidrigem Handeln des Staates soll der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz im Vordergrund stehen und dem [X.]etroffenen dadurch die missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder den rechtswidrigen hoheitlichen Akt mit den ordentlichen Rechtsschutzmitteln anzugreifen oder aber diesen zu dulden und dafür zu liquidieren ([X.]GH, Urteil vom 15. November 1990 - [X.] - [X.]GHZ 113, 17 <22>). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen [X.]elange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat ([X.]GH, Urteil vom 29. März 1971 - [X.]/69 - [X.]GHZ 56, 57 <63>).

8

3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen.

9

a) Der Sache nach macht der Kläger zunächst eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend. Er rügt, das Oberverwaltungsgericht sei bei der [X.] der Aussage des von ihm benannten Zeugen [X.]. von einem unzutreffenden Aussagegehalt ausgegangen und habe die von ihm tatsächlich in das Wissen dieses Zeugen gestellte Aussage nicht zur Kenntnis genommen.

Eine Verletzung des Anspruchs des [X.] auf rechtliches Gehör kann dem Oberverwaltungsgericht insoweit nicht angelastet werden. Zwar setzt die auch im Verwaltungsprozess anerkannte Verfahrensweise, einen [X.]eweisantrag durch „[X.]" abzulehnen, voraus, dass die behauptete [X.]eweistatsache im Folgenden „ohne jede Einschränkung" als nachgewiesen behandelt wird ([X.]eschluss vom 3. Dezember 2012 - [X.]VerwG 2 [X.]2.12 - juris Rn. 12 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Entscheidung jedoch. Die Wiedergabe der als wahr unterstellten Aussage des vom Kläger benannten Zeugen im [X.]erufungsurteil entspricht der des [X.] in der [X.]erufungsbegründung vom 9. März 2011. Dort hat der Kläger selbst ausgeführt, der Zeuge [X.]. habe ihn darauf hingewiesen, auch im Falle eines obsiegenden Urteils werde er in einer Weise behandelt werden, die trotz formaler Erfüllung der in der obsiegenden Entscheidung vom Gericht aufgestellten Kriterien wiederum gerichtlichen Rechtsschutz notwendig mache.

Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht insoweit auch nicht die ihm obliegende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt. Einen [X.]eweisantrag im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO, Herrn [X.]. zu einem bestimmten [X.]eweisthema als Zeugen zu vernehmen, hat der Kläger in der [X.]erufungsverhandlung ausweislich der Niederschrift nicht gestellt. Der Anregung des [X.] zur Zeugenvernehmung ist das [X.]erufungsgericht wegen der [X.] der vom Kläger geschilderten Zeugenaussage nicht gefolgt. Für den Umfang der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO ist die materiellrechtliche Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts maßgeblich. Danach ist die Warnung des Zeugen vor der Anrufung der Gerichte unerheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat darauf abgehoben, dem Kläger sei die Inanspruchnahme von [X.] gegen die von ihm beanstandete [X.]ehandlung zumutbar und er sei als Jurist insoweit nicht von der Einschätzung anderer abhängig gewesen.

b) Das Oberverwaltungsgericht hat den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass es - nach Darstellung des [X.] - für seine persönliche Integrität sprechende Umstände, wie etwa seinen Einsatz für gemeinnützige Ziele und Zwecke oder seine guten beruflichen Leistungen, nicht ausreichend berücksichtigt hat. Denn das Gericht muss sich bei seiner Entscheidung nur mit denjenigen Umständen befassen, auf die es nach seiner Rechtsauffassung ankommt.

c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des [X.], das Oberverwaltungsgericht habe die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO dadurch verletzt, dass es über den Aspekt der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die vom Kläger beanstandete Verfahrensweise seines Arbeitgebers ohne Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens entschieden hat.

Die [X.]eschwerde genügt insoweit bereits nicht den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie legt weder dar, dass der Kläger die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht beantragt hat noch dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum [X.]: Urteil vom 5. Juni 2014 - [X.]VerwG 2 C 22.13 - NVwZ 2014, 1319 Rn. 32 m.w.N.). Die Verfahrensrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines [X.]eteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (stRspr; vgl. [X.]eschluss vom 20. Dezember 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] 43.11 - [X.] 445.4 § 58 [X.] Nr. 1 Rn. 26).

Unabhängig davon ist auch in der Sache nicht zu erkennen, dass der von der [X.]eschwerde behauptete [X.] vorliegt. Aus dem Vortrag des [X.] vor den Tatsachengerichten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, die die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von gerichtlichem [X.] im Zeitraum von 1998 bis 2008 hätten erforderlich erscheinen lassen. Der Kläger war in diesem Zeitraum überwiegend dienstfähig und hat auch zwischen 2002 und 2005 vor dem Verwaltungsgericht einen Prozess um [X.] geführt.

Im Übrigen greift der Kläger mit seinem Vorbringen zu angeblichen Verfahrensmängeln lediglich die inhaltliche Richtigkeit des [X.]erufungsurteils an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 3 GKG.

Meta

2 B 24/14

03.11.2014

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 12. Dezember 2013, Az: 1 A 71/11, Urteil

§ 839 Abs 3 BGB, § 254 BGB, § 244 Abs 3 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.11.2014, Az. 2 B 24/14 (REWIS RS 2014, 1715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1715

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