Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.05.2022, Az. IX ZR 67/21

9. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 4730

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Geltendmachung der Schadensersatzforderungen von Genussrechts-Kapitalanlegern im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 31. März 2021 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf bis zu 50.400 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die behaupteten Verletzungen von [X.] hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet.

2

Die Zulassung der Revision ist insbesondere nicht deshalb erforderlich, weil das Berufungsgericht den vom Beklagten geltend gemachten Nachrang der streitgegenständlichen Schadensersatzforderung im Sinne des § 39 [X.] verneint hat. Der Nachrang folgt insbesondere nicht daraus, dass nach den Genussrechtsbedingungen der Schuldnerin der Anspruch auf Rückzahlung des [X.] und die (sonstigen) Forderungen aus den Genussrechten nachrangig sind. Der II. Zivilsenat des [X.] hat in einem nicht veröffentlichten Hinweisbeschluss gemäß § 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO (Beschluss vom 9. Mai 2006 - [X.]) folgendes ausgeführt:

3

"Die Revision des Beklagten ist offensichtlich unbegründet. Das Berufungsgericht hat zutreffend hinsichtlich der betrügerischen Veranlassung des [X.] zum Erwerb der auf die Schuldnerin übergeleiteten Genussrechte der [X.] durch deren Geschäftsführer eine Schadensersatzforderung aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB, §§ 826, 31 BGB) gegen die Schuldnerin in Höhe von (…) im Range des § 38 [X.] zur Insolvenztabelle festgestellt.

4

1. Das Berufungsgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass der in § 6 der Genussrechtsbedingungen vereinbarte Nachrang der Rechte aus den Genussrechten gegenüber anderen Gläubigern der GmbH - insbesondere die Bedienung der Genussrechte erst nach Befriedigung solcher Drittgläubiger bei Beendigung der GmbH - nicht die hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung erfasst und demzufolge diese Forderung auch nicht als nachrangig i.S. von § 39 Abs. 2 [X.] einzustufen ist.

5

Derartige Schadensersatzforderungen des durch Betrug bzw. arglistige Täuschung zum Vertragsschluss verleiteten Anlegers haben ihre Wurzel nicht in dem Vertrag selbst, sondern in den schädigenden Ereignissen, die erst zum Abschluss des Vertrages mit der betreffenden nachteiligen Nachrangklausel führten. Der solchermaßen geschädigte Anleger ist in seiner Eigenschaft als Drittgläubiger betroffen (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 9. Mai 2005 - [X.], [X.], 1270 - [X.]) und als solcher im Wege des Schadensersatzes gemäß § 249 BGB (Naturalrestitution) so zu stellen, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen; er kann also die Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

6

Etwas anderes würde sich auch dann nicht ergeben, wenn man - wie der Beklagte dies für angebracht hält - die von der [X.] emittierten Genussrechte aufgrund ihrer vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere der Verlustbeteiligung, wie eine stille Beteiligung zu behandeln hätte. Zwar sind auf eine stille Gesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft grundsätzlich anwendbar. Diese Grundsätze stehen aber nach der neueren Rechtsprechung des Senats einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters verpflichtet ist, diesen im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet; denn demjenigen, der sich aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen - wie im vorliegenden Fall wegen [X.] - schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2005 - II ZR 234/04, [X.], 279; Senatsurteil vom 21. März 2005 - [X.], [X.], 763, 764 mwN). Dass dies erst recht für eine bloße Genussrechtsbeteiligung der hier vorliegenden Art zu gelten hätte - bei der es an der für eine Gesellschaft von Anlegern typischen Solidargemeinschaft fehlt, weil rechtliche Beziehungen des einzelnen Genussrechtsinhabers nur zu der ausgebenden Gesellschaft, nicht aber zu den anderen Genussrechtsinhabern bestehen -, liegt auf der Hand. (…)"

7

Dem ist für den Streitfall nichts hinzuzufügen. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

[X.]     

      

[X.]     

      

Schultz

      

Selbmann     

      

Harms     

      

Meta

IX ZR 67/21

19.05.2022

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 31. März 2021, Az: 29 U 58/20

§ 38 InsO, § 39 InsO, § 31 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 826 BGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.05.2022, Az. IX ZR 67/21 (REWIS RS 2022, 4730)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4730

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 99/17 (Bundesgerichtshof)

Feststellung von Forderungen aus Genussrechten zur Insolvenztabelle: Behandlung unverbriefter Genussrechte; Prozessfähigkeit der Schuldverschreibungsgläubiger im Feststellungsprozess …


IX ZR 72/17 (Bundesgerichtshof)

Insolvenz der Emittentin von Genussrechten: Zulässigkeit einer Feststellungsklage hinsichtlich der Gültigkeit der Genussrechtsbedingungen; Wirksamkeit einer …


IX ZR 72/17 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 76/17 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 75/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.