Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 27 W (pat) 15/18

27. Senat | REWIS RS 2019, 2237

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "RICCO EGOISTA/EGO-IST-IN/EGO-IST/EGO_IST" – zur Zahlung der Gebühren bei Widersprüchen aus mehreren Widerspruchsmarken – geänderte rechtliche Beurteilung: die Gebührenregelungen sind nicht personen-, sondern sachgebunden - bei mehreren Widersprüchen im Verwaltungsverfahren ist auf die Anzahl der Widerspruchsmarken abzustellen - im Beschwerdeverfahren ist auf die Anzahl der im angefochtenen Beschluss getroffenen unabhängigen Entscheidungen über die Widersprüche abzustellen - Senat hat zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, dass vorliegend die Zahlung nur einer Beschwerdegebühr ausreicht - unterstellte Warenidentität – durchschnittliche Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 069 195

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 24. Oktober 2019 durch [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin hat gegen die am 20. Februar 2015 veröffentlichte Eintragung vom 19. Januar 2015 der am 10. Dezember 2014 angemeldeten und für die Waren und Dienstleistungen der

2

Klasse 03: Körperpflegemittel; Parfümeriewaren und Duftstoffe

3

Klasse 14: Juwelier- und Schmuckwaren, Uhren, Armband- und Taschenuhren; Unechte Juwelier- und Schmuckwaren

4

[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren

5

geschützten Wortmarke 30 2014 069 195

6

[X.] [X.][X.]A

7

Widerspruch eingelegt aus ihren folgenden, jeweils am 21. Oktober 2013 angemeldeten und seit 17. Januar 2014 jeweils gleichlautend für die Waren und Dienstleistungen

8

Klasse 14: Armbanduhren, Halsketten [Schmuck], [X.], echte und unechte Schmuckwaren, Krawattennadeln, Manschettenknöpfe, Ohrringe, [X.] [Schmuck]

9

Klasse 16: Fotografien; Schreibwaren; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Folien, Taschen und Beutel aus Kunststoff für Verpackungszwecke

Klasse 18: Brieftaschen, Dokumentenkoffer, Geldbörsen, Handkoffer, Kulturbeutel, Kulturtaschen, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind

[X.]: Anzüge, Bekleidung aus Lederimitat, Bekleidungsstücke, Damenkleider, Gürtel [Bekleidung], Halbstiefel [Stiefeletten], Halstücher, Handschuhe [Bekleidung], Hemdblusen, Hemden, Hosen, Jacken, Kopfbedeckungen, Krawatten, Lederbekleidung, Mäntel, Oberbekleidungsstücke, Pullover, Röcke, Schals, Schuhe [Halbschuhe], Schuhwaren, Socken, Stiefel, Strümpfe, T-Shirts, Westen

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen für Armbanduhren, Halsketten [Schmuck], [X.], Schmuckwaren, Krawattennadeln, Manschettenknöpfe, Ohrringe, [X.] [Schmuck], Brieftaschen, Dokumentenkoffer, Geldbörsen, Handkoffer, Kulturbeutel, Kulturtaschen, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Anzüge, Bekleidung aus Lederimitat, Bekleidungsstücke, Damenkleider, Gürtel [Bekleidung], Halbstiefel [Stiefeletten], Halstücher, Handschuhe [Bekleidung], Hemdblusen, Hemden, Hosen, Jacken, Kopfbedeckungen, Krawatten, Lederbekleidung, Mäntel, Oberbekleidungsstücke, Pullover, Röcke, Schals, Schuhe [Halbschuhe], Schuhwaren, Socken, Stiefel, Strümpfe, T-Shirts, Westen

Klasse 40: Änderung von Bekleidungsstücken; Behandlung von Textilien

Klasse 41: Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation von Modenschauen zu Unterhaltungszwecken, Party-Planung, Veranstaltung von [X.]; Produktion von Shows; Videofilmproduktion

eingetragenen Wortmarken:

1. [X.] 2013 055 866

[X.]

2. [X.] 2013 055 867

[X.]-[X.],

und

3. [X.] 2013 055 868

[X.]_[X.].

Das [X.], Markenstelle für [X.], hat mit Beschluss vom 25. Januar 2018 alle drei Widersprüche zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt:

Nach der hier mangels aufgeworfener Benutzungsfrage der Beurteilung zugrunde zu legenden [X.] würden von den [X.] und der jüngeren Marke in [X.] identische und in Klasse 14 potentiell identische Waren beansprucht.

Die Kennzeichnungskraft der [X.] sei jeweils als durchschnittlich zu bewerten. Die [X.] seien mehrgliedrige Wortmarken, deren mit einem Binde- bzw. einem Unterstrich miteinander verbundene Wortbestandteile „[X.]“ und „[X.]“ und bei der Widerspruchsmarke zu 1 zusätzlich auch „IN“ zusammengelesen für den angesprochenen [X.] als die Begriffe „[X.][X.]IN“ und „[X.][X.]“ erkennbar seien, also die männliche und weibliche Bezeichnung für einen eigennützigen, nur auf den eigenen Vorteil bedachten Menschen. Für die beanspruchten Waren hätten diese Aussagen aber keinen beschreibenden Gehalt oder seien aus sonstigen Gründen nicht unterscheidungskräftig, so dass die [X.] in ihrer Gesamtheit als originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig anzusehen seien. Mangels substantiierten Vortrags der Beschwerdeführerin sei davon auszugehen, dass diese originäre Kennzeichnungskraft nicht durch Benutzung der Marken gesteigert worden sei. Auch für eine Schwächung der originären Kennzeichnungskraft der [X.] durch [X.] fehle es am notwendigen Vortrag des Beschwerdegegners.

Die sich jeweils gegenüberstehenden Marken hielten den aufgrund potentiell identischer Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.] in der maßgeblichen Wechselwirkung der Faktoren zum Ausschluss der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr erforderlichen überdurchschnittlichen Abstand bei Weitem ein. Auf entferntere Waren müsse daher nicht eingegangen werden.

Nach den bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit anzulegenden Grundsätzen seien die jüngere Marke „[X.] [X.][X.]A“ und die [X.] „[X.]“, „[X.]-[X.]“ und „[X.]_[X.]“ in der Gesamtheit der Summe ihrer Elemente visuell und klanglich weit unterdurchschnittlich ähnlich. Die jüngere Marke bestehe aus zwei Wörtern, die jeweils fünf (nämlich zwei Vokale und drei Konsonanten) und sieben (vier Vokale und drei Konsonanten) Buchstaben enthielten. Demgegenüber bestehe die Widerspruchsmarke zu 1 aus drei Wörtern, die jeweils drei (zwei Vokale und ein Konsonant), drei (ein Vokal und zwei Konsonanten) und zwei (ein Vokal und ein Konsonant) Buchstaben enthielten. Und die [X.] zu 2 und 3 bestünden jeweils aus zwei Wörtern, die jeweils aus drei (zwei Vokale und ein Konsonant) und drei (ein Vokal und zwei Konsonanten) Buchstaben zusammengesetzt seien. Die Bestandteile der [X.] seien jeweils durch einen Binde- bzw. einen Unterstrich verbunden. Die [X.] und die jüngere Marke stimmten lediglich in den Buchstaben „[X.][X.]“ überein, seien sich aber ansonsten in ihrer Gesamtheit, der [X.], der Vokalfolge, der Silbenanzahl, der Konsonantenanzahl, der Wörteranzahl und insbesondere durch den komplett unterschiedlichen Wortbestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke sowie durch den Abschlussbuchstaben „a“ von „[X.][X.]A“ der angegriffenen Marke und durch den Binde- bzw. Unterstrich bei den [X.] phonetisch und auch visuell absolut unähnlich. Im Gesamteindruck seien die jeweils gegenüberstehenden Zeichen klanglich und visuell nicht unmittelbar verwechslungsrelevant ähnlich. Auch eine verwechslungsrelevante Ähnlichkeit aufgrund der Prägung durch einzelne [X.]e, insbesondere durch das Element „[X.][X.]A“, liege nicht vor. Denn vorliegend könne bei der angegriffenen Marke keine prägende Wirkung irgendeines Bestandteils festgestellt werden. Allein die Tatsache, dass „[X.]“ als [X.] Vorname angesehen werden könne, führe keinesfalls dazu, dass dieser [X.] gegenüber dem anderen komplett in den Hintergrund trete, denn bei Namen handele es sich grundsätzlich um klassische [X.], die, solange sie keine beschreibenden Angaben enthielten, nicht aufgrund ihrer Namenseigenschaft vermindert kennzeichnungskräftig seien. Somit stünden die Bestandteile „[X.]“ und „[X.][X.]A“ gleichwertig nebeneinander, womit eine prägende Wirkung eines Bestandteils ausscheide. Bei den jeweils gegenüberstehenden Marken bestehe weiterhin auch nicht die Gefahr eines gedanklichen in [X.] gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. 2 [X.]. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr bei Vorliegen einer Serienmarke sei mangels Vortrags der darlegungsbelasteten Beschwerdeführerin hinsichtlich der Inhaberschaft einer Serienmarke zu verneinen, ebenso wie eine mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr wegen des voneinander abweichenden Sinngehalts der Marken ausscheide. Eine solche Verwechslungsgefahr ergebe sich auch nicht aufgrund einer selbstständig kennzeichnenden Stellung. Es lägen hier keine für die selbstständig kennzeichnende Stellung notwendigen besonderen Umstände vor, die den übernommenen Bestandteil auf den Verbraucher wie eine Art „Marke in der Marke“ wirken ließen. Eine selbstständig kennzeichnende Stellung werde gerade durch das Verschmelzen der einzelnen Elemente zu einem Gesamtbegriff verhindert.

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 2. Februar 2018 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 22. Februar 2018 „Beschwerde“ unter Zahlung einer Beschwerdegebühr in Höhe von 200 € eingelegt.

Ihre Beschwerden hat sie wie folgt begründet:

In Übereinstimmung mit dem [X.] sei zwischen den jeweiligen [X.] ein großer [X.] erforderlich, denn es bestehe [X.] und die [X.] seien originär kennzeichnungskräftig. Den erforderlichen großen [X.] halte die angegriffene Marke jedoch nicht ein. Die sich gegenüberstehenden Zeichen seien zwar als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließe jedoch nicht aus, dass unter Umständen ein Bestandteil oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den Gesamteindruck prägend sein könnten oder ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke oder einer komplexen Bezeichnung eine selbstständig kennzeichnende Stellung behalte, ohne dass er das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiere oder präge, so dass bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer Marke beim angesprochenen Publikum der Eindruck hervorgerufen werden könne, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten. Der [X.] „[X.][X.]A" präge und dominiere vorliegend den Gesamteindruck der angegriffenen Marke „[X.] [X.][X.]A". Entgegen der Auffassung des [X.]es sei die Zeichenkomponente „[X.]" für den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu vernachlässigen. Die angesprochenen [X.] [X.]e würden in der angegriffenen Marke einen aus Vor- und Nachnamen zusammengesetzten Personennamen erkennen. Der Bestandteil „[X.]" sei im Verhältnis zum Bestandteil „[X.][X.]A" als untergeordnet anzusehen, da es sich um einen bekannten Vornamen handele, nämlich die Kurzform von „[X.]". Für den hier relevanten [X.] Verbraucher komme dem Nachnamen im Gegensatz zum Vornamen grundsätzlich größere Bedeutung zu. Unabhängig davon, dass Vornamen [X.] sein könnten, besäße der Familienname ein größeres Gewicht als der Vorname, da das maßgebliche [X.] Publikum Personen gewöhnlich nur anhand des Nachnamens identifiziere. Aber selbst wenn man nicht von einem allgemeinen Erfahrungssatz ausgehen würde, dass sich der [X.] Verbraucher bei einer erkennbar aus Vor- und Nachnamen gebildeten Marke allein oder vorrangig am Nachnamen orientiere, gehe vorliegend von dem Bestandteil „[X.][X.]A" dennoch eine dominierende Wirkung aus. Denn der Bestandteil „[X.][X.]A" sei als Nachname im Gegensatz zum Vornamen und Bestandteil „[X.]" besonders auffällig. Personen mit dem Nachnamen „[X.][X.]A" gebe es in [X.] nicht. Hinzu komme die semantische Bedeutung von „[X.][X.]A". Dieser Bestandteil sei die [X.] Form von "[X.][X.]". Der Begriff beschreibe die Haltung, ausschließlich persönliche Interessen zu verfolgen ohne Rücksichtnahme auf die Belange oder sogar zu Lasten anderer. Er enthalte als Marke eine bewusste Provokation, welche vom Publikum als eine ironische Überspitzung verstanden werde. Der [X.] „[X.][X.]A“ kokettiere genauso wie die [X.] daher mit der Eitelkeit der Käufer der mit der Marke gekennzeichneten Waren. Die Abnehmer der streitgegenständlichen Waren aus dem Modebereich sprächen daher vordergründig auf den Bestandteil „[X.][X.]A" an und legten ihre Aufmerksamkeit gerade auf diesen somit dominierenden Bestandteil.

Schließlich seien in der angegriffenen Marke besonders leicht die [X.] zu identifizieren. Die angegriffene Marke sei nämlich visuell in zwei Teile untergliedert. Der Vorname „[X.]" sei wie dargelegt weit verbreitet und daher ohne besondere Unterscheidungskraft, weshalb der ungewöhnliche Bestandteil „[X.][X.]A" eine besondere Stellung in dem [X.] einnehme. Es sei demzufolge kein Grund ersichtlich, warum sich das angesprochene Publikum an dem Bestandteil „[X.]" bei der Wiedergabe der Widerspruchsmarke orientieren sollte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er vornehmlich den Bestandteil „[X.][X.]A" als charakteristische Komponente der älteren Marke im Gedächtnis behalten werde.

Die danach zu vergleichenden Zeichen(bestandteile) seien hochgradig ähnlich. Denn die Struktur der [X.] „[X.]-[X.]" und „[X.]_[X.]" und des [X.]s „[X.][X.]A" in der angegriffenen Marke stimmten überein. Die Zeichenanzahl sei identisch, denn jeweils ergebe sich eine Anzahl von insgesamt sechs Zeichen. Die beiden Zeichen wiesen mehrere Buchstaben in derselben Reihenfolge auf, wobei fünf von sechs Buchstaben identisch seien. Entsprechendes gelte auch für die Widerspruchsmarke „[X.]“, da auch deren Hauptbestandteil, nämlich „[X.]-[X.]", in dem Bestandteil „[X.][X.]A" enthalten sei. Der Wortanfang der zu vergleichenden Bestandteile sei identisch. Durch die lediglich abweichende Endung „A" erfahre der die [X.] enthaltene Wortanfang in klanglicher Hinsicht keine Veränderung. Der hinten im Rachenraum gebildete [X.] (ein ungerundeter offener Hinterzungenvokal) nehme im Zeichen bei der Betonung eine gesonderte Stellung ein und wirke sich auf die Phonetik des identischen Bestandteils „[X.][X.]“ nicht aus. Auch in visueller Hinsicht bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit, aus denselben Gründen liege in begrifflicher Hinsicht sogar Identität vor. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass beim relevanten Publikum, welches sich aus der Allgemeinheit zusammensetze, im Hinblick auf die betroffenen Waren ein geringer Aufmerksamkeitsgrad bestehe. Auf Grund der Identität der beiderseitigen Waren und der hochgradigen Ähnlichkeit der zu vergleichenden Zeichen(bestandteile) unter Zugrundelegung der Kennzeichnungskraft der [X.] bestehe daher die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Beschwerdeführerin beantragt wörtlich:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des [X.]s, Markenstelle für die [X.], vom 25.01.2018 aufgehoben, soweit die Widersprüche aus den Marken 302013055867, 302013055868 und 302013055866 zurückgewiesen worden sind.

2. Auf Grund der Widersprüche aus den Marken 302013055867, 302013055868 und 302013055866 wird die Löschung der Eintragung der Marke 302014069195 angeordnet.

Der Beschwerdegegner hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Mit Schreiben vom 18. April 2018 hat er mitgeteilt, dass er die Beschwerde nicht nachvollziehen könne und auf den angefochtenen Beschluss verweise.

II.

A. Die Beschwerden, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, weil kein Beteiligter eine solche beantragt hat und auch der [X.] eine solche für entbehrlich erachtet, sind nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

1. Allerdings hat der [X.] erhebliche Zweifel an ihrer Wirksamkeit, soweit sie nicht nur wegen der Zurückweisung des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke 30 2013 055 867 „[X.]-[X.]“ erhoben wurde. Denn hinsichtlich der übrigen [X.] dürfte sie mangels Gebührenzahlung als nicht erhoben anzusehen sein (§ 6 Abs. 2 [X.]).

a) Entgegen der bisherigen Praxis reicht in den Fällen, in denen ein Widersprechender, der aus mehreren Widerspruchszeichen jeweils Widerspruch eingelegt hat, gegen die (gänzliche oder teilweise) Zurückweisung dieser Widersprüche, welche das [X.] in einem Beschluss zusammenfassend ausgesprochen hat, „Beschwerde“ eingelegt hat, die Zahlung nur einer Beschwerdegebühr nicht aus. Nach der bisherigen Praxis wurde die Zahlung nur einer Beschwerdegebühr in diesen Fällen damit begründet, dass die Beschwerde nur von einem Beschwerdeführer gegen einen Beschluss erhoben werde, so dass, ausgehend von einem angeblich personenbezogenen Gebührenverständnis des Patentkostengesetzes ([X.]), auch nur eine Gebühr zu zahlen sei (vgl. zur bisherigen Praxis die Darstellung bei [X.] in: [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 66 Rn. 45). Diese Rechtsansicht der bisherigen Praxis trifft jedoch nicht zu (zu Recht ablehnend auch bereits [X.], Beschluss vom 10. Januar 2017, [X.]. 25 W (pat) 19/15, [X.], 1172 Rn. 28). Aus den Regelungen der [X.] in den [X.]. 401 100 bis 401 300 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 [X.], im Folgenden: GV) lässt sich nicht herleiten, dass im Fall der Zusammenfassung der Entscheidungen über die Widersprüche aus mehreren Widerspruchszeichen in einem Beschluss nur eine Beschwerdegebühr zu zahlen sei. Vielmehr sprechen diese Regelungen für das Gegenteil. Denn aus der Regelung des [X.] in Nr. 401 100 GV, der zufolge in patent- und gebrauchsmusterrechtlichen Beschwerdeverfahren die Gebühr für Beschwerden gegen die „Entscheidung“ der Patent- oder Gebrauchsmusterabteilung erhoben wird, ergibt sich, dass die Gebühr entscheidungsbezogen ist. Mit dem dort gewählten Begriff „Entscheidung“ ist dabei jeder abschließende Ausspruch des [X.]es zu verstehen, mit dem dieses über einen Verfahrensgegenstand eine das Verwaltungsverfahren abschließende Regelung trifft. Für jeden Widerspruch aus einem bestimmten Widerspruchszeichen liegt aber ein anderer Verfahrensgegenstand vor. Denn wie der [X.] in seiner Grundsatzentscheidung „Fünf Streifen“ ([X.], 500 Rn. 12) zum Löschungsverfahren klargestellt hat, wird der Verfahrensgegenstand – ähnlich wie der Streitgegenstand im Zivilverfahren – nicht nur durch den Antrag, sondern auch durch den zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhalt bestimmt. Da dieser sich aber bei jedem Widerspruchszeichen unterscheidet, liegen bei Widersprüchen aus mehreren [X.] auch mehrere Verfahrensgegenstände vor. Dabei spielt es für die Bestimmung des Verfahrensgegenstandes keine Rolle, ob es sich um mehrere [X.] unterschiedlicher Widersprechender handelt oder um mehrere [X.] desselben Widersprechenden. Dementsprechend enthält ein Beschluss des [X.]es, wenn in ihm über die Widersprüche aus mehreren [X.] entschieden wird, ungeachtet des Umstandes, ob die [X.], aufgrund derer die Widersprüche eingelegt worden sind, mehreren oder demselben Widersprechenden gehören, stets mehrere Entscheidungen. Dass diese Entscheidungen der äußeren Form nach in einem einzigen Beschluss zusammengefasst sind (was an sich nicht zwingend erforderlich wäre), spielt demgegenüber keine Rolle, da sich aus dem Gebührenverzeichnis gerade nicht ergibt, dass diese äußere Form für die Gebührenanzahl entscheidend sein soll.

An den Erwägungen, mit denen bislang die hiervon abweichende Praxis begründet worden ist, kann nicht festgehalten werden. Die bisherige Praxis begründet ihre Auffassung, im Fall von Widersprüchen aus mehreren Widerspruchszeichen sei, wenn über sie in einem einzigen Beschluss entschieden worden ist, nur eine Beschwerdegebühr erforderlich, allein damit, dass das [X.] eine personenbezogene Gebührenregelung enthalte, aufgrund derer auch für den Fall, dass über mehrere Widersprüche nur eines Widersprechenden entschieden worden sei, die Zahlung einer Beschwerdegebühr ausreiche. Für ihre Auffassung einer angeblich personenorientierten Ausrichtung der [X.] verweist die bisherige Praxis allein auf die Gebührenregelung in der Vorbemerkung B. Abs. 1 GV, der zufolge die Gebühren [u.a. der Nummer 401 300] für jeden Antragsteller gesondert erhoben werden. Diese Interpretation der Gebührenregelungen des [X.] trifft allerdings nicht zu. Sie übersieht nämlich, dass die gleiche (mit Ausnahme der zitierten [X.] sogar wortidentische) Vorschrift, aus der sie die angebliche Personenbezogenheit der [X.] für die Beschwerde zum [X.] ableiten möchte, auch für die Zahlung der Gebühren des [X.]s im Gebührenverzeichnis gilt (vgl. Vorbemerkung [X.]), obwohl im Fall mehrerer Widersprüche aus mehreren [X.] das Gebührenverzeichnis in Nr. 331 600 und 331 610 der geltenden Fassung - die der sich aus § 29 Abs. 1 Satz 1 [X.] zwingend ergebenden Auslegung der bis 14. Januar 2019 geltenden früheren Nr. 331 600 entspricht (vgl. [X.] in: [X.]/ Hacker/Thiering, a.a.[X.], § 42 Rn. 33) - ausdrücklich für jedes Widerspruchszeichen die Zahlung einer gesonderten Gebühr vorschreibt. Für die Verwirklichung dieser [X.] spielt es dabei keine Rolle, ob die [X.] mehreren oder demselben Widersprechenden gehören. Wenn aber das Gebührenverzeichnis für den Fall, dass ein Widersprechender Widerspruch aus mehreren [X.] erhebt, für das Verwaltungsverfahren stets die Zahlung mehrerer Widerspruchsgebühren fordert, obwohl es für das Verwaltungsverfahren die gleiche Regelung wie für das Beschwerdeverfahren für den Fall einer Personenmehrheit auf der [X.] vorsieht, ist die Auffassung, im Beschwerdeverfahren sei die Zahlung nur einer Gebühr bei Vorliegen nur eines Beschlusses, in dem über mehrere Widersprüche entschieden wurde, ausreichend, nicht mehr haltbar. Vielmehr zeigt diese Rechtslage, dass die Gebührenregelungen im [X.] gerade nicht personen-, sondern sachgebunden sind, indem für den Fall mehrerer Widersprüche im Verwaltungsverfahren allein auf die Anzahl der [X.] und im Beschwerdeverfahren auf die Anzahl der im angefochtenen Beschluss getroffenen unabhängigen Entscheidungen über die Widersprüche abzustellen ist.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt für das vorliegende Beschwerdeverfahren, dass der angefochtene Beschluss in Bezug auf die Beschwerdeführerin insgesamt drei Entscheidungen enthält, nämlich über jede ihrer drei [X.] jeweils eine eigene. Dies kommt im Übrigen auch im Tenor des angefochtenen Beschlusses zum Ausdruck, in dem für jede Widerspruchsmarke ein eigenständiger Ausspruch vorgenommen wurde, sowie in seiner Begründung, die für jede Widerspruchsmarke ungeachtet des für alle drei [X.] identischen [X.] jeweils gesonderte Ausführungen enthält. Insoweit können diese drei Entscheidungen auch nur mit drei selbständigen Beschwerden angefochten werden. Dies würde allerdings auch die Zahlung dreier Beschwerdegebühren erfordern.

b) Deckt der gezahlte Betrag - vorliegend also die Einzahlung von 200 € - lediglich eine Beschwerdegebühr nach Nr. 401 300 GV ab, nicht aber den Gesamtbetrag für alle geschuldeten Gebühren, ist der tatsächlich gezahlte Betrag, sofern er - wie hier - mindestens jeweils eine volle Gebühr abdeckt, nur auf die Widerspruchszeichen in der Reihenfolge anzurechnen, in der sie entweder vom Beschwerdeführer bei seiner Zahlung oder in seiner Beschwerde ausdrücklich bezeichnet oder in Ermangelung einer solchen Bestimmung durch den Beschwerdeführer im angefochtenen Beschluss genannt worden sind. Insoweit gelten die Grundsätze der Entscheidung „Mehrschichtlager“ ([X.] [X.], 1286) des [X.] des [X.]es für das patentrechtliche Einspruchsbeschwerdeverfahren entsprechend für das Markenbeschwerdeverfahren.

c) Ausgehend hiervon kann die gezahlte einzige Gebühr lediglich auf die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Widerspruchs aus der o.g. Widerspruchsmarke 30 2013 055 867 „[X.]-[X.]“ angerechnet werden, da diese in der Beschwerde der Beschwerdeführerin als erste genannt worden ist, während hinsichtlich der übrigen [X.] keine wirksamen Beschwerden vorlägen.

2. Allerdings ist die in § 6 Abs. 2 [X.] für solche Fälle der unzureichenden Zahlung der Beschwerdegebühr vorgesehene Feststellung, dass die Beschwerden aus den beiden anderen [X.] [X.] 2013 055 868 „[X.]_[X.]“ und [X.] 2013 055 866 „[X.]“ als nicht erhoben gelten, wegen der Änderung der rechtlichen Beurteilung gegenüber der bisherigen Praxis nur nach einem entsprechenden rechtlichen Hinweis möglich (§ 78 Abs. 2 [X.], Art. 103 GG). Der [X.] hat hiervon allerdings abgesehen und stattdessen - insoweit zugunsten der Beschwerdeführerin - unterstellt, dass vorliegend die Zahlung nur einer Beschwerdegebühr ausreicht, da die Beschwerde auch bei Berücksichtigung aller drei [X.] keine Aussicht auf Erfolg hat.

B. Die somit insgesamt als zulässig zu betrachtende Beschwerde ist unbegründet, weil das [X.] die Widersprüche aus allen drei [X.] zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass eine Gefahr von Verwechslungen der angegriffenen Marke mit den [X.] nach dem gem. § 158 Abs. 3 [X.] in der bis 14. Januar 2019 geltenden Fassung anwendbaren § 42 Abs. 2 Nr. 1 (a.F.) i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht besteht.

1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und [X.] oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 922, 923 Rn. 16 f. - [X.]; [X.] 1999, 236, 239 Rn. 19 - [X.]/[X.]; [X.], 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2003, 55 Rn. 51 - [X.] plc; [X.], 153 Rn. 59 - [X.]; [X.], 318, Rn. 21

- [X.]/Autec).

2. Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend eine Verwechslungsgefahr zwischen der jüngeren Marke und den ihr jeweils gegenüberstehenden [X.] ausgeschlossen werden. Denn selbst wenn zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt wird, dass die jeweils gegenüberstehenden Marken identische Waren beanspruchen und, da die Beschwerdeführerin eine Steigerung der Kennzeichnungskraft nicht geltend gemacht hat, die drei [X.] jeweils über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügen, wäre eine Verwechslungsgefahr nur zu bejahen, wenn die [X.] zumindest unterdurchschnittlich ähnlich wären. Ein solcher oder gar ein höherer Grad der Markenähnlichkeit liegt indes nicht vor.

a) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der (auch undeutlichen) Erinnerung von maßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 605 – [X.]; [X.], 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, in einem Maße überwiegen ([X.], 1004 Rn. 23 – [X.]/ISP), dass die betreffenden [X.] die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können.

Die Ähnlichkeit von Marken ist dabei grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom [X.] zu beurteilen ([X.] GRUR 1998, 397 Rn. 23 - Sabèl/[X.]; [X.], 1043 Rn. 28 f. - [X.]; [X.], 413 Rn. 19 - SIR/[X.]; [X.], [X.], 382 Rn. 14 – [X.]; [X.], 833 Rn. 30 - [X.]/[X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass das Publikum eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, Bild bzw. Schriftbild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die Angesprochenen klanglich, bildlich und begrifflich wirken (vgl. [X.] [X.], 413 Rn. 19 – [X.]/SIR; [X.], 1042 Rn. 28 – [X.] LIFE; [X.], 1009 Rn. 24 – [X.]; [X.], 235 Rn. 15 – [X.]/[X.]). Dabei kann berücksichtigt werden, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistungen zukommt (vgl. [X.] [X.], 413 Rn. 28 - SIR/[X.]). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. [X.] a.a.[X.], Rn. 21 f. - SIR/[X.]), kann aber im Einzelfall ausreichen ([X.] a.a.[X.], Rn. 21 - SIR/[X.]; vgl. auch [X.], 1009 Rn. 24 – [X.]; [X.], 382 Rn. 25 – [X.]; [X.], 235 Rn. 18 – [X.]/[X.]), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. [X.] a.a.[X.] Rn. 35 - SIR/[X.]).

Auch wenn vom Gesamteindruck auszugehen ist, kommt eine Markenähnlichkeit aber auch in Betracht, wenn Bestandteile einer komplexen Marke, die Bestandteilen der gegenüberstehenden Marke entsprechen, den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Abnehmer hervorgerufenen Gesamteindruck dominieren (vgl. [X.] [X.], 1042 Rn. 30 - [X.] LIFE; [X.] [X.], 859 Rn. 18 - Malteserkreuz) oder prägen (vgl. [X.] [X.], 60 Rn. 17 - coccodrillo).

Eine Markenähnlichkeit liegt nicht nur dann vor, wenn das Publikum die zu vergleichenden Zeichen nicht auseinanderhalten kann, sondern miteinander identifiziert und sie somit unmittelbar als das gleiche Zeichen, also jeweils als eine auf dasselbe Unternehmen hinweisende Kennzeichnung ansieht. Vielmehr kann eine Markenähnlichkeit in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz [X.] auch dann zu bejahen sein, wenn das Publikum die Zeichen zwar auseinanderhält und als verschieden erachtet, aber unzutreffend den Eindruck gewinnt, dass die beiden Zeichen jeweils auf dasselbe Unternehmen hinwiesen oder es sich zwar um unterschiedliche Unternehmen handle, diese aber wirtschaftlich miteinander verbunden seien (vgl. [X.] GRUR 2002, 171, 175 – [X.]). Hierzu bedarf es allerdings stets besonderer Umstände. Diese können etwa vorliegen, wenn ein mit der Widerspruchsmarke identischer oder ähnlicher [X.] in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung aufweist, ohne dass es deren Erscheinungsbild dominiert oder prägt, und es sich bei dem weiteren Bestandteil oder den weiteren Bestandteilen der jüngeren Marke um das Unternehmenskennzeichen oder -schlagwort oder um eine bekannte Marke des Inhabers der angegriffenen Marke handelt (vgl. [X.] [X.], 1042 Rn. 30 - [X.] LIFE; [X.] [X.], 859 Rn. 18 - Malteserkreuz; [X.], 833 Rn. 50 f. - [X.]/[X.]). Eine gedankliche Verbindung zwischen den gegenüberstehenden Zeichen besteht schließlich auch dann, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den das Publikum als Stamm einer Zeichenserie des Inhabers der Widerspruchsmarke ansieht, die dieser tatsächlich auch benutzt (vgl. [X.] [X.], 343 Rn. 63 ff. - [X.]; [X.] [X.], 1257 Rn. 27 ff. - [X.] [[X.]]), so dass es auch die jüngere, den wesensgleichen Stamm enthaltende Marke dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet (vgl. [X.] WRP 2002, 534, 536 – [X.]; [X.] WRP 2002, 537, 541 – BANK 24).

b) Nach diesen Grundsätzen liegt hier allenfalls ein sehr unterdurchschnittlicher Grad der Zeichenähnlichkeit vor (vgl. zur Bestimmung der jeweiligen Intensität der einzelnen Faktoren der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft und der Markenähnlichkeit [X.] [X.], 833 Rn. 55 – [X.]/[X.]).

aa) Im Gesamteindruck weist die angegriffene Marke jeweils mit den [X.], die für das Publikum erkennbar lediglich aus einem Begriff, nämlich der weiblichen oder männlichen Form des Begriffs „Egoist“, bestehen, eine Übereinstimmung auf, als auch diese den Bestandteil „[X.][X.]A“ enthält. Bei diesem Bestandteil handelt es sich lediglich um die [X.] Übersetzung des Begriffs „Egoist“ (vgl. https://dict.leo.org/italienisch-deutsch/egoista). Aus diesem Grund scheidet zwar die Annahme einer (absoluten) Unähnlichkeit der Vergleichsmarken aus. Infolge des weiteren, in den [X.] nicht enthaltenen und zudem bei der jüngeren Marke am [X.] stehenden Begriffs „[X.]“ besteht zwischen den jeweils gegenüberstehenden Marken aber ein bedeutsamer und gewichtiger Unterschied, aufgrund dessen die durch den übereinstimmenden Bestandteil gegebene Ähnlichkeit sehr deutlich reduziert wird. Infolge dieses Unterschiedes kann daher im Gesamteindruck der Vergleichsmarken allenfalls ein sehr unterdurchschnittlicher Grad der Zeichenähnlichkeit angenommen werden.

bb) Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin ist dieser sich aus der Gesamtheit der Vergleichsmarken ergebende Grad der Markenähnlichkeit nicht dadurch gesteigert, dass die angegriffene Marke vom Bestandteil „[X.][X.]A“ geprägt würde.

Eine Prägung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dabei nur anzunehmen, wenn alle anderen [X.]e im fraglichen Zeichen für das Publikum in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke in keiner Weise mitbestimmen ([X.] [X.], 283 Rn. 13 – [X.]/DSA [X.]UTSCHE SPORTMANAGEMENT AKA[X.]MIE; [X.], 64 Rn. 15 – Maalox/[X.]; [X.], 903 Rn. 18 – [X.]), also zu vernachlässigen sind ([X.] GRUR 2011, 824 Rn. 23 – [X.]). Prägen andere [X.]e den von der Marke ausgehenden Gesamteindruck mit, kann die Zeichenähnlichkeit oder ein höherer Grad der Zeichenähnlichkeit nicht mit den Grundsätzen der Prägetheorie begründet werden ([X.] [X.], 64 Rn. 23 – Maalox/[X.]). Auch wenn sich das Publikum üblicherweise an den unterscheidungskräftigen Elementen eines Zeichens orientiert ([X.] [X.], 283 Rn. 13 – [X.]/DSA [X.]UTSCHE SPORTMANAGEMENT AKA[X.]MIE), so dass kennzeichnungsschwächeren Merkmalen neben kennzeichnungsstärkeren regelmäßig keine maßgebliche Bedeutung für den Gesamteindruck zukommt ([X.] GRUR 2011, 148 Rn. 21 f. – [X.]; [X.], 235 Rn. 24 – Goldhase) und glatt beschreibende Bestandteile beim [X.] häufig sogar vollständig außer [X.] gelassen werden dürfen ([X.] BeckRS 2017, 119850 Rn. 28 – [X.]/MediCo Apotheke), kann im jeweils zu beurteilenden Einzelfall auch ein für sich genommen beschreibender Bestandteil zum Gesamteindruck der Marke beitragen, diesen mitprägen oder sogar dominieren ([X.] [X.], 1055 Rn. 30 – [X.]; [X.], 772 Rn. 59 – [X.]). Dies ist etwa der Fall, wenn die einzelnen [X.]e eine ausgeprägte Klammerwirkung aufweisen, aufgrund derer auch ein kennzeichnungsschwacher [X.] nicht in den Hintergrund tritt ([X.] [X.], 1239 Rn. 35 – [X.]/Volks.Inspektion; [X.], 909 Rn. 29 – [X.]). Denn das Publikum fasst die Marke mit allen Bestandteilen als einheitliches Zeichen auf ([X.] a.a.[X.] – [X.]/Volks.Inspektion). Diese Klammerwirkung kann sich dabei insbesondere aus der sprachlichen Zusammensetzung des [X.]s aus den einzelnen Bestandteilen ergeben, die dazu führt, dass sich diese zwingend nur aufeinander beziehen können, so dass für die Annahme, einzelne Bestandteile könnten sich etwa aufgrund eines die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalts (auch) auf diese beziehen, kein Raum mehr ist.

Ausgehend hiervon scheidet eine Prägung der jüngeren Marke durch den Bestandteil „[X.][X.]A“ aus. Wie auch die Beschwerdeführerin selbst einräumt, wirkt die jüngere Marke infolge des Eingangswortes „[X.]“, welches das Publikum als Kurzform des [X.]n Namens „[X.]“, welches die [X.] Entsprechung des [X.] Namens „[X.]“ ist (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]), wie eine aus Vor- und Zunamen zusammengefügte Personenangabe. Daran ändert sich auch nichts Wesentliches, wenn der Bestandteil „[X.][X.]A“ als [X.]s Wort für „Egoist“ erkannt wird. Denn in diesem Fall ergibt sich ein aus einem Vornamen und einer persönlichen Eigenschaft zusammengesetztes Zeichen im Sinne von „[X.] (der) Egoist“. In diesem Fall ist die mit der Gesamtangabe bezeichnete Person gerade erst durch die (Vor-) Namensangabe individualisierend bestimmbar, so dass in diesem Fall der Vorname „[X.]“ wenn nicht sogar schon allein, dann jedenfalls mit prägend ist. Aber auch bei der Wahrnehmung der jüngeren Marke als aus Vor- und Zunamen zusammengesetzten Namen bedarf es für diese Individualisierung einer bestimmten Person stets beider Namensbestandteile. Soweit die Beschwerdeführerin hierzu ausgeführt hat, für den inländischen Verbraucher komme dem Nachnamen im Gegensatz zum Vornamen grundsätzlich größere Bedeutung zu, trifft dies nicht zu. Um eine mit einem Namen bezeichnete Person individualisierend zu bestimmen, bedarf es stets (zumindest) der Angabe nicht nur des Nach-, sondern gerade auch des Vornamens. Das gilt nicht nur für häufige Nachnamen wie „Müller“, [X.](t)“ oder [X.]“, bei denen kaum angenommen wird, der Nachnamen beziehe sich nur auf eine einzige Person. Vielmehr bedarf es auch bei selteneren Nachnamen für eine Individualisierung stets (zumindest) der Angabe beider Namensbestandteile, um die Namensangabe einer bestimmten Person zuordnen zu können. Dies ist im Übrigen auch in der ständigen Rechtsprechung zur Ähnlichkeit von Namen allgemein anerkannt (vgl. [X.] [X.], 513, 514 – [X.]/[X.]; [X.], 1031 – [X.]/[X.]). Die Rechtsprechung hat hierzu nur zwei Ausnahmen vorgesehen: Nämlich zum einen im Falle, dass eine Übung auf dem betroffenen Waren- bzw. Dienstleistungsgebiet besteht, aus Vor- und Nachnamen gebildete Marken regelmäßig auf den Nachnamen zu verkürzen ([X.] a.a.[X.] – [X.]), und zum anderen der Fall der erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Nachnamensmarke infolge Benutzung ([X.] a.a.[X.] – [X.]/[X.]). Für das Vorliegen eines dieser beiden Ausnahmefälle ist vorliegend aber weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, das Publikum identifiziere in der angegriffenen Marke besonders leicht die [X.], gibt hierfür schon deshalb nichts her, weil eine solche Identifikation nur möglich wäre, wenn die [X.] bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke in einem kennzeichnungssteigernden Umfang benutzt worden wären; hierzu fehlt es jedoch nicht nur an jeglichen Angaben, vielmehr ist eine solche Sachlage angesichts des nur geringfügig früheren Zeitrangs der [X.] auch realistischer Weise kaum zu erwarten.

Daher hat es im Ergebnis dabei zu verbleiben, dass der Grad der Zeichenähnlichkeit im Rahmen der unmittelbaren Zeichenähnlichkeit allenfalls als sehr unterdurchschnittlich angesehen werden kann. Bei einem solchen Grad ist eine Verwechslungsgefahr aber selbst im (vorliegend zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu unterstellenden) Bereich identisch beanspruchter Waren und normaler Kennzeichnungskraft der [X.] auszuschließen.

Für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind ebenfalls Anhaltspunkte nicht erkennbar und von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht. Der Anwendung der [X.] LIFE-Rechtsprechung ([X.] [X.], 1042) steht vorliegend entgegen, dass der abweichende Bestandteil „[X.]“ weder der Unternehmensname noch das Unternehmensschlagwort noch eine bekannte Marke des Beschwerdegegners ist (vgl. zu diesem Erfordernis [X.] [X.], 833 Rn. 51 – [X.]/[X.]). Ob die Beschwerdeführerin wegen ihrer drei einander ähnlichen [X.] über eine Zeichenserie verfügt, kann ebenfalls dahinstehen. Denn zum einen haben die [X.] keine gemeinsame Zeichenbildung. Zum anderen kann, wie oben bereits ausgeführt, eine mittelbare Verwechslungsgefahr nur bejaht werden, wenn die einzelnen Marken der Zeichenserie auch benutzt sind (vgl. [X.] [X.], 343 Rn. 63 ff. - [X.]; [X.] [X.], 1257 Rn. 27 ff. - [X.] [[X.]]). Hierzu ist aber nichts vorgetragen. Auch andere besondere Umstände, bei deren Vorliegen eine mittelbare Verwechslungsgefahr in Betracht kommen könnte, sind weder vorgetragen noch für den [X.] ersichtlich.

3. Da somit selbst bei unterstellter [X.] und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.] im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr auszuschließen ist, so dass das [X.] die Widersprüche zu Recht zurückgewiesen hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

C. Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind ebenso wenig vorhanden wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 [X.]. Letztere wäre an sich bei der Frage der Anzahl der zu zahlenden Beschwerdegebühren zwar veranlasst, da diese Frage vorliegend aber nicht entscheidungserheblich ist und hierdurch die Beschwerdeführerin nicht beschwert ist, bedarf es hierzu keiner Zulassung der Rechtsbeschwerde. Auch sonstige Gründe hierfür sind nicht ersichtlich.

Meta

27 W (pat) 15/18

24.10.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 78 Abs 2 MarkenG, § 103 GG, § 6 Abs 2 PatKostG, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 27 W (pat) 15/18 (REWIS RS 2019, 2237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2237

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