Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.04.2019, Az. 27 W (pat) 55/17

27. Senat | REWIS RS 2019, 7742

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 228 188.0

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 30. April 2019 durch die Richterin [X.] als Vorsitzende, [X.] und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

1. Der Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 25, vom 16. August 2017 wird aufgehoben.

2. Die Löschung der Marke 30 2015 228 188 ([X.]) wird wegen der Widersprüche aus den Marken [X.] 025 ([X.]) und [X.] ([X.]) angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer haben jeweils gesondert gegen die am 9. Dezember 2015 angemeldete und für die Waren

2

Klasse 25: Flache Schuhe; Schuhe [Halbschuhe]; Schuhe für [X.]; Schuhe für Freizeitbekleidungsstücke; Schuhe für Freizeitkleidung

3

eingetragene Marke 30 2015 228 188

4

[X.] [X.]

5

Widerspruch eingelegt

6

1. der Beschwerdeführer zu 1) aus der am 24. Dezember 1969 angemeldeten und seit 16. Februar 1970 für die Waren

7

Leder und Ledernachahmungen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Koffer und Reisetaschen, Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke, Peitschen, Pferdegeschirr und Sattlerwaren; Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Holzwaren und Waren aus Kork, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Waren aus Rohr, Weidengeflecht; Bekleidungsstücke, nämlich Camping-, Sport- und Freizeitkleidung

8

für ihn eingetragenen Marke DD 637025

9

[X.]

sowie

2. die Beschwerdeführerin zu 2) aus der am 28. September 1999 angemeldeten und seit 1. Dezember 2000 für die Waren und Dienstleistungen der Klassen

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten, Häute und Felle, Reise- und Handkoffer, Rucksäcke, Schallplattentaschen, Reise- und Freizeittaschen, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Geldbörsen, Gürtel, Peitschen, Pferdegeschirre, [X.], Sattlerwaren, Zaum- und Sattelzeug

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen

Klasse 35: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten

für sie eingetragenen Unionsmarke 001325661

Abbildung

Das [X.], Markenstelle für Klasse 25, hat mit dem von einer Beamtin des höheren Dienstes erlassenen Beschluss vom 16. August 2017 die Widersprüche zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt:

Bei der Widerspruchsmarke zu 1 seien die Waren „Flache Schuhe; Halbschuhe; Schuhe für [X.]; Schuhe für Freizeitbekleidungsstücke; Schuhe für Freizeitkleidung“ der Klasse 25 der angegriffenen Marke unter die Waren „Schuhe“ der Klasse 25 der Widerspruchsmarke zu 1. zu subsumieren und daher identisch.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1 sei normal. Denn dem Wort „[X.]“ komme im [X.] keine gebräuchliche Bedeutung zu und der Umstand, dass „[X.]“ im [X.] der Nominativ Plural des „Keim, Sprößling, Erzeugte“ bedeutenden Wortes „germen“ sei, sei dem inländischen Publikum nicht bekannt und habe für die beanspruchten Waren ohnehin keine beschreibende Bedeutung. Mögliche Anklänge an „[X.]“ für [X.] drängten sich dem Publikum ebenfalls nicht auf. Mangels Vortrags des insoweit darlegungs- und beibringungsbelasteten Widersprechenden sei davon auszugehen, dass diese originäre Kennzeichnungskraft nicht durch Benutzung der Marke gesteigert worden sei, und auch für deren Schwächung durch [X.] fehle es am notwendigen Vortrag de Inhabers der angegriffenen Marke.

Die Wortmarken „[X.] [X.]” und „[X.]“ hielten aber den aufgrund identischer Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1 in der maßgeblichen Wechselwirkung der Faktoren zum Ausschluss der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr erforderlichen überdurchschnittlichen Abstand noch ein. Aufgrund des Mehrbestandteiles „[X.]“ unterschieden sich nämlich beide in ihrer Gesamtheit visuell und klanglich deutlichst. Auch in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck seien sie nur entfernt ähnlich. Die jüngere Marke werde auch nicht allein durch „[X.]“ geprägt. Denn der weitere Wortbestandteil „[X.]“ im jüngeren Zeichen trete nicht als rein beschreibende Angabe hinter „[X.]“ zurück, weil das Wort „[X.]“ im [X.] nicht existiere. Zwar könnten die Endverbraucher auch in „[X.]“ den Wortstamm „sport“ erkennen, was im Kontext mit den beanspruchten Waren eine Assoziation für Sportschuhe oder sportliche oder sportiv aussehende Schuhe wecken könne. Der Markenteil „[X.]“ sei aber doch eine deutlich erkennbare Abwandlung von „sport“, „sportlich“, „sportiv“ oder ähnlichen für Schuhwaren beschreibende Angaben, die weder branchenüblich noch für den Verkehr gebräuchlich seien, sodass „[X.]“ nicht rein beschreibend wirke. Somit trete auch im Gesamteindruck der Bestandteil „[X.]“ jedenfalls nicht vernachlässigbar hinter dem Bestandteil „[X.]“ zurück, mit der Folge fehlender prägender Stellung von „[X.]“. In ihrem daher von beiden Bestandteilen gleichermaßen geprägten Gesamteindruck sei die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke zu 1 klanglich und schriftbildlich nur sehr entfernt ähnlich und halte den überdurchschnittlichen Abstand ein, sodass keine unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe. Auch eine Verwechslungsgefahr aufgrund einer selbständig kennzeichnenden Stellung von „[X.]“ bestehe nicht. Denn ein besonderer Umstand, der nach der Rechtsprechung hierfür erforderlich sei, sei von dem insoweit darlegungs- und beibringungsbelasteten Widersprechenden nicht vorgetragen worden.

Bei der Widerspruchsmarke zu 2 ließen sich ebenfalls die beanspruchten Waren der jüngeren Marke unter die „Schuhwaren“ im [X.] subsumieren. Die Widerspruchsmarke zu 2 sei durchschnittlich kennzeichnungskräftig, weil weder dem grafischen Symbol ein Bedeutungsgehalt noch dem Wortbestandteil „[X.]“ für die beanspruchten Waren ein beschreibender Gehalt zukomme. Die jüngere Marke halte aber auch zu dieser Widerspruchsmarke den erforderlichen Abstand ein. In der Gesamtheit der Summe aller ihrer Elemente seien die Wortmarke „[X.] [X.]“ und die ältere Wort-Bild-Marke visuell und klanglich schon aufgrund der grafischen Ausgestaltung der Widerspruchsmarke zu 2 sowie der abweichenden zweiten Worte beider Marken, einerseits „[X.]“ und andererseits „[X.]“, nur sehr entfernt ähnlich. Ob die Widerspruchsmarke zu 2 allein durch „[X.]“ geprägt werde, könne dahinstehen, da dies, wie beim Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 1 bereits ausgeführt, bei der jüngeren Marke nicht der Fall sei.

Gegen diesen ihren gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten am 22. August 2017 zugestellten Beschluss haben beide Beschwerdeführer mit [X.] vom 20. September 2017, der beim [X.] Patent- und Markenamt am selben Tag eingegangen ist, Beschwerde unter gleichzeitiger Zahlung der [X.] eingelegt.

Die Beschwerdeführer tragen vor: Zutreffend stelle der Beschluss fest, dass die gegenüberstehenden Marken für identische Waren eingetragen seien. Richtig sei auch, dass dem in den Marken übereinstimmenden Begriff „[X.]“ normale Kennzeichnungskraft zukomme. Nicht zugestimmt werden könne jedoch der Aussage, dass der Bestandteil „[X.]" eine von sich aus kennzeichnende Stellung in der jüngeren Marke aufweise. Denn der Bestandteil „[X.]" sei eine klar beschreibende Sachaussage für die beanspruchten Waren (besonders sportliche Schuhe) und vermittele hier den Eindruck eines sportlichen Modells der Marke „[X.]“. Denn der Begriff „[X.]" sei ein gängiger Begriff, der als synonym zu „Sport“ verwendet werde, wie ca. 749.000 Treffer in [X.] zeigten. Der Begriff „[X.]“ trete hier ähnlich wie „classics“ in der einen Widerspruchsmarke hinter „[X.]“ zurück, da der Begriff beim Verbraucher nur den Eindruck einer Bezeichnung eines sportlichen Schuhmodells bzw. einer Schuhlinie vermittele. Dies treffe umso mehr zu, da die Widerspruchsmarke „[X.]“ als Dachmarke verwendet werde und auch das Firmenschlagwort der [X.], in [X.] sei, durch welche die in den [X.] beanspruchten Schuhe und andere Waren vertrieben würden. Insofern bestehe hier sowohl eine schriftbildliche, eine klangliche als auch eine begriffliche Ähnlichkeit. Würde der Beschluss des [X.] Patent- und Markenamtes aufrechterhalten, würde das in Konsequenz bedeuten, dass man sich einfach eine bestehende (gut eingeführte) Marke eines Dritten nehmen könne, einen etwas beschreibenden Zusatz hinten dranhänge und als eigene Marke anmelden könne. Schließlich komme der Marke „[X.]“ auch eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Denn sie kenne im Osten [X.] fast jeder. „[X.]“ sei nicht nur der Name des Kombinats „[X.]“ gewesen, unter dem seit den siebziger Jahren nahezu alle Sporthersteller der [X.] versammelt gewesen seien, sondern sei auch als Dachmarke für Sportartikel von Skiern bis zu Sportschuhen verwendet worden. Bis zur [X.] sei die Marke „[X.]“ quasi das „[X.]“ gewesen. „[X.] [X.]“ sei übrigens tatsächlich ein Schuhmodell der Marke „[X.]“. Die Marke „[X.]“ sei daher im Osten [X.]s eine bekannte Marke. Dies gelte auch für das gesamte [X.], da die Bekanntheit in einem wesentlichen Teil des [X.]s nach überwiegender Meinung ausreiche und die neuen Bundesländer als wesentlicher Teil von [X.] als relevantes Gebiet gewertet werden könnten. In jedem Fall sei die Kennzeichnungsraft der Marke „[X.]“ sowie der Marke „[X.] Classics“ somit durch eine jahrzehntelange umfangreiche Benutzung gesteigert. Darüber hinaus bestehe eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, da der Verbraucher, der mit dem Zeichen „[X.] [X.]“ konfrontiert werde, dieses nur als ein unter der Widerspruchsmarke „[X.]“ vertriebenes Produkt auffasse oder zumindest irrtümlich der Widerspruchsmarke zuordne.

Die von ihnen in der Beschwerdebegründungsschrift beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18. April 2019 fallen gelassen.

In der Sache selbst haben die Beschwerdeführer keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

Der Markeninhaber, dem die Beschwerde vom 20. September 2017 und die Beschwerdebegründung vom 28. September 2017 jeweils ordnungsgemäß zugestellt worden sind, hat sich zur Beschwerde nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

II.

A. Die Beschwerde, über die mangels entsprechenden Antrags eines Beteiligten und mangels Sachdienlichkeit einer mündlichen Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann, ist nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässig. Die Beschwerdeführer haben – was gesetzlich auch nicht vorgeschrieben ist – zwar keinen ausdrücklichen Antrag gestellt, aufgrund ihres Vorbringens und unter Berücksichtigung ihrer Widersprüche vor dem [X.] Patent- und Markenamt ist aber davon auszugehen, dass sie mit ihrer Beschwerde eine Entscheidung wie tenoriert begehren.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Denn da entgegen der Ansicht des [X.] Patent- und Markenamtes im angefochtenen Beschluss eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht verneint werden kann, ist der anderslautende Beschluss des [X.] Patent- und Markenamtes aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im Markenregister anzuordnen.

1. Ob wegen eines Widerspruchs aus einer älteren Marke die angegriffene Marke gelöscht werden kann, bestimmt sich gemäß § 158 Abs. 3 und 5 [X.] nach der die bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung der §§ 42 und 43 [X.].

2. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer proritätsälteren Marke nach § 42 [X.] a. F. i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und [X.] oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.] [X.], 922, 923 [Rz. 16 f.] – [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 19] – [X.]/[X.]; [X.], 241, 243 – [X.]). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] – [X.] plc; [X.], 153, 155 [Rz. 59] – [X.]; [X.], 318, 319 [Rz. 21] – [X.]/Autec).

3. Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden.

a) Die jeweils beanspruchten Waren sind identisch.

Die Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren zu ermitteln, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere ihre Beschaffenheit, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen (vgl. [X.] [X.], 922, 923 [Rz. 23] – [X.]). Von Bedeutung sind auch ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, die Vertriebs- oder [X.] sowie ihre Verwendungs- und Einsatzzweck (vgl. [X.] in: Kur/v. [X.]/[X.], BeckOK [X.], 17. Edition, Stand 01.04.2019, § 14 Rn. 297-300). Abzustellen ist dabei vor allem darauf, ob zwischen den jeweils angebotenen Produkten oder Leistungen so enge Beziehungen bestehen, dass sich den Abnehmern, wenn sie die Waren oder Dienstleistungen mit denselben Zeichen gekennzeichnet wahrnehmen, der Schluss aufdrängt, dass diese Waren oder Dienstleistungen vom selben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.] GRUR Int. 1994, 614 [Rz. 16] – Ideal Standard II; [X.], 922, 924 [Rz. 29] – [X.]).

Für den Fall, dass die Benutzung der älteren Marke zulässig bestritten wird, sind dabei lediglich die Waren oder Dienstleistungen der Beurteilung zugrunde zu legen, für welche eine Benutzung glaubhaft gemacht wurde (§ 43 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Da sich vorliegend [X.] allerdings nicht stellen, ist – wie auch das [X.] festgestellt hat – die [X.] nach der [X.] zu beurteilen (§ 43 Abs. 1 Satz 3 [X.]).

Danach besteht [X.], weil die von der jüngeren Marke beanspruchten Waren unter den in den [X.] jeweils enthaltenen Obernbegriff „Schuhe“ bzw. „Schuhwaren“ fallen.

b) Die Kennzeichnungskraft der beiden [X.] ist jeweils durchschnittlich.

Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.] 1999, 189, 194 [Rz. 49] – [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 22] – [X.]/[X.]); für die Bestimmung des Grades ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihrer ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 14 Rn. 497).

Diese Eignung ist insbesondere zu verneinen, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden oder an eine solche Beschreibung erkennbar angelehnten Sinngehalt aufweist oder zahlreiche identische oder ähnliche Drittmarken zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in Benutzung sind (zum Erfordernis einer Benutzung der zur Kennzeichenschwäche führenden [X.] vgl. [X.], 246, 248 – [X.]; GRUR 2001, 1161, 1162 – [X.]/[X.]; [X.], 626, 628 – [X.]; [X.], 898, 899 – defacto), so dass das angesprochene Publikum wegen des Nebeneinanders dieser Marken sorgfältiger auf etwaige Unterschiede achtet.

Der Grad der Kennzeichnungskraft ist dabei im Widerspruchsverfahren erstmals zu bestimmen ([X.] [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 22] – [X.]/[X.]), wobei zwischen einem sehr hohen (weit überdurchschnittlichen), hohen (überdurchschnittlichen), normalen (durchschnittlichen), geringen (unterdurchschnittlichen) und sehr geringen (weit unterdurchschnittlichen) [X.] unterschieden werden kann ([X.], 833, 838 Rn. 55 – [X.]/[X.]). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. [X.], [X.], 283 Rn. 10 – [X.]/DAS [X.]; [X.], 64 Rn. 12 – Maalox/[X.]). Ein geringerer Grad an Kennzeichnungskraft ist dabei anzunehmen, soweit die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden oder an eine solche Beschreibung erkennbar angelehnten Sinngehalt aufweist ([X.], 833, 836 f. Rn. 34 – Culinaria/[X.]; [X.], 729, 731 Rn. 27 – [X.]; GRUR 2008, 1002, 1004 Rn. 26 – [X.]; GRUR 2008, 909, 910 Rn. 17 – Pantogast).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der [X.] auszugehen. Insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Beschluss verwiesen werden, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt.

c) Angesichts der Identität der jeweils beanspruchten Waren und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der [X.] würde eine Verwechslungsgefahr nur ausscheiden, sofern die jüngere Marke zu den [X.] unähnlich oder nur sehr gering ähnlich wäre. Dies kann indes nicht festgestellt werden.

Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen gegenüber den vorhandenen Unterschieden in der (auch undeutlichen) Erinnerung von maßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 605 – [X.]; [X.], 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, derart überwiegen, dass die betreffenden [X.] die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können.

Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom [X.] zu beurteilen ([X.] [X.], 397, 390 [X.]. 23 – Sabèl/[X.]; [X.], 1043, 1044 [Rz. 28 f.] – [X.]; [X.], 413, 414 [Rn. 19] – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 382, Nr. 14 – [X.]; [X.], 833, Rn. 30 – Culinaria/[X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass das Publikum eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, Bild bzw. Schriftbild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die Angesprochenen klanglich, bildlich und begrifflich wirken (vgl. [X.] [X.], 413, Nr. 19 – [X.]/[X.]; [X.], 1042, Nr. 28 – [X.] LIFE; [X.], [X.], 1009, Nr. 24 – [X.]; [X.], 235, Nr. 15 – [X.]/[X.]). Dabei kann berücksichtigt werden, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. [X.] [X.], 413, 415 [Rn. 28] – [X.]/[X.]). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. [X.] a. a. [X.] [Rn. 21 f.] – [X.]/[X.]), kann aber im Einzelfall ausreichen ([X.] a. a. [X.] [Rn. 21] – [X.]/[X.]; vgl. auch [X.] [X.], 1009, Nr. 24 – [X.]; [X.], 382, Nr. 25 – [X.]; [X.], 235, Nr. 18 – [X.]/[X.]), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. [X.] a. a. [X.] [Rn. 35] – [X.]/[X.]).

Ausgehend hiervon liegt der vorliegend für eine Bejahung der Verwechslungsgefahr bereits ausreichende geringe Grad an Markenähnlichkeit (vgl. hierzu [X.], a. a. [X.] Rn. 55 – Culinaria/[X.]) bereits deshalb vor, weil die jüngere Marke das auch in beiden [X.] vorhandene Markenwort „[X.]“ enthält. Zwar unterscheidet sich die jüngere Marke von der Widerspruchsmarke zu 1 durch den in der letztgenannten nicht enthaltenen Zusatz „[X.]“ und von der Widerspruchsmarke zu 2 zusätzlich dadurch, dass die angegriffene Marke weder eine Grafik noch den Bestandteil „[X.]“ enthält. Allerdings können allein schon infolge des übereinstimmenden, sich in der Widerspruchsmarke 1 und der jüngeren Marke zudem am Markenanfang befindlichen Wortes „[X.]“ die jeweils gegenüberstehenden Marken – wovon auch das [X.] nicht ausgegangen ist – nicht als unähnlich angesehen werden. Anders als das [X.] angenommen hat, kann der Umfang der Übereinstimmung dabei aber nicht als so klein erachtet werden, dass der Grad der hierdurch gegebenen Ähnlichkeit gegenüber beiden [X.] als lediglich „sehr entfernt“ anzusetzen wäre. Dagegen spricht vor allem die prominente Stellung des übereinstimmenden Bestandteils in der angegriffenen Marke. Denn diese beginnt mit diesem Wort, aus dem die Widerspruchsmarke zu 1 alleine besteht und die in der Widerspruchsmarke zu 2 in hervorgehobener Form enthalten ist, so dass es in aller Regel vom Publikum sowohl bei der visuellen als auch bei der klanglichen Wahrnehmung besonders beachtet wird. Ein [X.] der jüngeren Marke von den [X.] kann sich für das Publikum mithin erst durch den in der angegriffenen Marke erst nachfolgend schriftbildlich und klanglich wahrnehmbaren zusätzlichen Bestandteil „[X.]“ und gegenüber der Widerspruchsmarke zu 2 zusätzlich noch in visueller Hinsicht durch die über diesem Wort angeordnete Grafik und den deutlich kleiner darunter gesetzten Zusatz „[X.]“ einstellen. Auch wenn diese Unterschiede die Nähe der jeweils gegenüberstehenden Marken, die sich zunächst aufgrund des mit der Widerspruchsmarke zu 1 identischen und in der Widerspruchsmarke zu 2 hervorstechenden Wortes in der ungenauen Erinnerung des Publikums einstellt, wieder deutlich reduzieren, besteht kein Anlass, den Grad der Ähnlichkeit dieser Zeichen infolge dieser Unterschiede als nur sehr gering anzunehmen. Dagegen spricht allein schon der Umstand, dass das erste Wort der aus zwei Wörtern bestehenden jüngeren Marke mit der Widerspruchsmarke zu 1 sowie mit dem ersichtlich prägenden Bestandteil der Widerspruchsmarke zu 2 vollständig übereinstimmt. Da weitere Umstände, die für eine größere Ferne sprechen könnten, nicht ersichtlich sind, kann die sich bereits durch das übereinstimmende Wort „[X.]“/„GERMINA“ einstellende Nähe der gegenüberstehenden Marken trotz der diese Übereinstimmung reduzierenden Unterschiede nicht niedriger als unterdurchschnittlich angesehen werden. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass das zweite Wort „[X.]“ in der jüngeren Marke vorliegend erkennbar an den Begriff „Sport“ trotz seiner sprachlichen Verfremdung angelehnt ist. Diese Anlehnung bleibt dabei auf dem hier einschlägigen Warensektor, bei dem Sportschuhe einen wichtigen Markt bilden, der teilweise – wie dem Publikum geläufig ist – von hierauf spezialisierten Herstellern bedient wird, auch ohne große Mühe vom Publikum verständlich. Ungeachtet der weiteren Frage, ob die jüngere Marke aus diesem Grund allein von dem ersten Markenwort „[X.]“ geprägt wird, spricht auch dies für einen schon aufgrund ihres Gesamteindrucks nicht allzu entfernt anzusetzenden [X.] beider Marken.

Angesichts des zumindest unterdurchschnittlichen [X.]es zwischen der jüngeren Marke und den [X.] schon aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks ist daher für die vorliegend identisch beanspruchten Waren unter Berücksichtigung der zumindest normalen Kennzeichnungskraft der [X.] bereits eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Auf die Frage, ob den [X.] kraft einer intensiven Benutzung eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zuzubilligen ist, kommt es mithin ebenso wenig an wie auf die Fragen, ob die jüngere Marke allein durch das mit der Widerspruchsmarke zu 1 bzw. mit dem prägenden Bestandteil der Widerspruchsmarke zu 2 übereinstimmende Wort „[X.]“ geprägt wird oder dieses in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat.

3. Da mithin unter Berücksichtigung der Wechselbeziehung der vorstehend festgestellten Grade der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der [X.] im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden kann, war der die Widersprüche zurückweisende Beschluss des [X.] Patent- und Markenamt aufzuheben und aufgrund der Widersprüche die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

B. Gründe für eine Kostenentscheidung nach § 71 [X.] sind ebenso wenig vorgetragen oder ersichtlich wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 [X.].

Meta

27 W (pat) 55/17

30.04.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.04.2019, Az. 27 W (pat) 55/17 (REWIS RS 2019, 7742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7742

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