Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.06.2019, Az. 27 W (pat) 564/17

27. Senat | REWIS RS 2019, 6271

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 215 846.9

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2019 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Der Beschluss des [X.], Markenstelle für [X.], vom 2. Juni 2017 wird teilweise aufgehoben, soweit die Widersprüche hinsichtlich der Waren der [X.] „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ zurückgewiesen wurden. Im Umfang der Aufhebung wird die Löschung der Marke 30 2015 215 846 für die Waren der [X.] „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ aufgrund der Widersprüche aus den Marken 30 2013 020 153 und [X.] angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin hat gegen die Eintragung der am 9. August 2015 angemeldeten Marke 30 2015 215 846

Abbildung

2

als Wort-Bild-Marke für Waren der Klassen 14, 18 und 25, darunter für

3

[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren

4

beschränkt auf die vorgenannten Waren Widerspruch eingelegt aus ihrer am 1. März 2013 angemeldeten und seit 5. April 2013 für

5

[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen

6

eingetragenen Wort-Bild-Marke 30 2013 020 153

Abbildung

7

sowie aus ihrer seit 24. Februar 2014 als Wortmarke für die Waren

8

Klasse 18: [X.]; Mehrzweck-Athletiktaschen; Freizeittaschen; Mehrzwecktaschen; Allzwecktaschen; am Handgelenk befestigte Geldbörsen; Badetaschen; Beutel; Brieftaschen; Campingtaschen; Einkaufsbeutel aus Stoff; Einkaufstaschen; Geldbörsen; Gürteltaschen; Handtaschen; Hüfttaschen; Kartentaschen; Kleidersäcke; Kosmetiktaschen; Kreditkartentaschen; [X.]; [X.]; Reisetaschen; Rolltaschen; Schlüsseletuis; Schlüsselhalter; Schlüsseltaschen; Schultertaschen; Seebeutel; Seesäcke für die Reise; Souvenirtaschen; Strandtaschen; [X.]; Taschen für Bekleidung; Taschen mit Rollen; Tragetaschen; Turnbeutel; [X.]; Unterarmgeldtaschen

9

[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen.

eingetragenen Unionsmarke (früher: Gemeinschaftsmarke) 012182606

[X.] sportswear.

Das [X.], Markenstelle für [X.], hat mit Beschluss eines Angehörigen des gehobenen Dienstes vom 2. Juni 2017 beide Widersprüche zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, dass selbst unter Zugrundelegung teilweise identischer oder ähnlicher Waren und unter Berücksichtigung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken eine [X.] im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden könne, weil der zur Vermeidung einer [X.] erforderliche Abstand zwischen der angegriffenen Wort-/Bildmarke „element of [X.]“ und der Wortmarke „[X.] sportswear“ bzw. der Wort-/Bildmarke „[X.] sportswear“ eingehalten werde. Für die [X.] bei mehrteiligen Marken und der Identität nur eines Elementes sei Voraussetzung, dass der identische Bestandteil in dem jüngeren Zeichen eine selbständig kennzeichnende Wirkung habe, der in der jüngeren Marke auftretende Teil der älteren Marke also das gesamte jüngere Zeichen prägen müsse; hierfür genüge bloße Gleichwertigkeit neben anderen Bestandteilen nicht, vielmehr müssten die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten. Nach diesen Grundsätzen könne der Bestandteil „[X.]“ für die angegriffene Marke nicht als prägend angesehen werden, weil er mindestens gleichwertig neben das Wort „element“ trete. Sofern es sich bei „[X.]“ um einen weiblichen Vornamen handele, trete dieser Bedeutungsgehalt in der Kombination mit dem weiteren Bestandteil „element of“ zurück. Durch den Zusatz „element of“ erfahre der Ausdruck „[X.]“ eine maßgebliche inhaltliche Konkretisierung auf eine ganz bestimmte und nunmehr ihrerseits eine konkrete Gesamtaussage bildende Begrifflichkeit. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden werde das Publikum, auch wenn es nach der Lebenserfahrung im täglichen Sprachgebrauch zu griffigen Verkürzungen längerer Marken neige, die angegriffene Marke nicht auf das Wort „[X.]“ verkürzen, denn dadurch würde eine erhebliche Sinnveränderung eintreten. Durch die Wortkombination der angegriffenen Marke „element of [X.]“ sei vielmehr ein (neuer) Gesamtbegriff entstanden, bei dem für das Publikum keine Veranlassung bestehe, sich nur an einem einzelnen [X.] zu orientieren. Die maßgeblichen [X.] Teile des Publikums entnähmen dem Begriff „element of [X.]“, dessen einzelnen Worte ihm bekannt seien, vielmehr einen von „[X.]“ in Alleinstellung deutlich abweichenden Sinngehalt. Mangels Ähnlichkeit der Marken scheide eine unmittelbare [X.] aus, auch für eine markenrechtliche [X.] dadurch, dass die sich gegenüberstehenden Marken begrifflich oder gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, seien unter Berücksichtigung der dabei gebotenen Zurückhaltung hinreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 9. Juni 2017 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 10. Juli 2017 Beschwerde unter Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt.

Sie trägt vor: lm vorliegenden Fall seien die in der jüngeren Marke in [X.] geschützten Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ unstrittig identisch zu den in der Widerspruchsmarke in [X.] geschützten Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“. Den Widerspruchsmarken komme wenigstens normale Kennzeichnungskraft zu. In der angefochtenen Entscheidung sei vom [X.] nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass bei Vorliegen von [X.] bzw. hochgradiger [X.] und gleichzeitig wenigstens durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der älteren Marke das Zeichen der jüngeren Marke zu dem jeweiligen Zeichen der Widerspruchsmarken einen besonderen Abstand einhalten müsse, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Das [X.] habe zwar festgestellt, dass in den sich gegenüberstehenden Zeichen jeweils identisch das Element „[X.]“ enthalten sei, im Folgenden aber weder die aktuelle gültige Rechtsprechung beachtet noch diese zutreffend angewendet. Denn der [X.] habe für die Annahme von [X.] bei übereinstimmenden Bestandteilen innerhalb einer [X.] vorgegeben, dass es genüge, wenn das [X.] durch den übereinstimmenden Bestandteil auch geprägt bzw. mitgeprägt werde; hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf die [X.]-Entscheidungen Malteserkreuz ([X.], 859, 863 [X.]. 32) und [X.] ([X.] [X.], 235, 237 [X.]. 23). Ebenso werde in aktuelleren Urteilen vorgegeben, dass der Gesamteindruck der betreffenden [X.] durch den übereinstimmenden Bestandteil zumindest maßgeblich mitbestimmt werden müsse; hierfür nimmt die Beschwerdeführerin Bezug auf die Entscheidungen [X.] ([X.] GRUR 2008, 1002, 1005 [X.]. 35) und Stofffähnchen ([X.] GRUR 2009, 766, 772 [X.]. 72). In der angegriffenen Marke sei das Wort „[X.]“ hervorgehoben und prominent in Großbuchstaben in der Mitte platziert. Es werde zudem eine Schriftgröße verwendet, die ungefähr drei- bis viermal so groß sei wie alle anderen in dem Zeichen verwendeten Schriften. Gleichzeitig würden daneben relativ einfach gestaltete, nichtssagende florale Verzierungen angebracht und die zusätzlich enthaltenen Worte „element of“ lediglich in Kleinbuchstaben und in deutlich kleinerer Schriftgröße geschrieben. Die Konsequenz daraus sei, dass diese weiteren Bestandteile jedenfalls den bildlichen Gesamteindruck des Zeichens gerade nicht mitbestimmten. Dies könnten sie im vorliegenden Fall eben gar nicht, weil sie so viel kleiner und unbedeutender gestaltet worden seien. Durch die Hervorhebung des Wortes „[X.]“ falle dieses dem Betrachter als erstes ins Auge und präge so das [X.]. Hierdurch komme dem [X.] „[X.]“ eine selbstständig kollisionsbegründende Bedeutung zu. In den älteren Marken der Widersprechenden sei „[X.]“ der allein prägende Bestandteil, da einerseits der Bestandteil „sportswear“ für die betreffenden Waren glatt beschreibend sei und andererseits das [X.] die Schutzfähigkeit des Begriffes „[X.]“ in Alleinstellung für die betreffenden Waren in mehreren älteren Wortmarke der Widersprechenden sowie zugunsten von [X.] anerkannt habe. Infolge der Prägung durch „[X.]“ komme es zur Begründung der Gefahr von Verwechslungen, insbesondere im Rahmen des bildlichen Zeichenvergleichs, der gemäß ständiger Rechtsprechung im vorliegenden Warenbereich der [X.] von besonderer Bedeutung sei, da Produkte wie Bekleidung, Kopfbedeckungen und Schuhwaren maßgeblich wegen ihres Aussehens gekauft würden. Unabhängig davon, dass gemäß ständiger Rechtsprechung bereits die Übereinstimmung bei einem der drei Zeichenvergleichsvarianten zur Begründung der Gefahr von Verwechslung genüge, bestehe im vorliegenden Fall auch eine klangliche Zeichenähnlichkeit. Zwar enthalte die jüngere Marke zusätzlich die Begriffe „element of“, beim Lesen dieser Wortelemente spiele jedoch ebenfalls deren Darstellung in der Marke eine Rolle. Deswegen liege es im vorliegenden Fall nahe, dass der Verbraucher beim Lesen und der anschließenden klanglichen Wiedergabe eine Verkürzung nur auf das Wort „[X.]“ vornehme. Sinngemäß umfasse dieser Begriff auch die Gesamtaussage „element of [X.]“, da „element of“ alleine bedeutungslos und inhaltsleer sei bzw. eben nur auf einen Bruchteil/ein Element von „[X.]“ verweise bzw. darauf hinführe. Deshalb sei eine Verkürzung des jüngeren Zeichens bei der klanglichen Wiedergabe auf „[X.]“ durchaus wahrscheinlich, so dass somit auch klangliche Zeichenähnlichkeit bestehe. Zudem rufe die identische Übernahme und gleichzeitige Hervorhebung des Zeichenbestandteiles „[X.]“ in der jüngeren Marke bei dem angesprochenen Publikum den Eindruck hervor, dass die beanspruchten Waren wenn schon nicht aus demselben, dann zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten. Damit liege auch eine mittelbare [X.] vor. Dies gelte gerade für die hier relevante Bekleidungsbranche, da es in dieser üblich sei, mit sogenannten sub-brands (eine Art Markenserie) zu arbeiten, um verschiedene Produktlinien voneinander abzugrenzen. Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass mittlerweile diverse amtliche und gerichtliche Entscheidungen zu vergleichbaren Fällen vorlägen, in denen auf Basis der identischen Widerspruchsmarken Neuanmeldungen im Bereich der [X.] mit dem Bestandteil „[X.]“ gelöscht worden seien; hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf mehrere Entscheidungen des [X.] sowie des [X.] Erster Instanz.

Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2019 ihre Beschwerde und ihren Widerspruch hinsichtlich der Ware „Schuhwaren“ der angegriffenen Marke zurückgenommen und im Übrigen ihren schriftsätzlichen Vortrag wiederholt. Sie beantragt nunmehr,

den Beschluss des [X.], Markenstelle für [X.], vom 2. Juni 2017 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2015 215 846 für die Waren der [X.] „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ aufgrund der Widersprüche aus den Marken 30 2013 020 153 und UM 012 182 606 anzuordnen.

Der Beschwerdegegner, dem die Beschwerde, Beschwerdebegründung und Ladung zur mündlichen Verhandlung jeweils ordnungsgemäß zugestellt worden sind, hat sich bislang weder zur Beschwerde geäußert noch einen Antrag gestellt und auch an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.

II.

A. Die zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] kann eine [X.] nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zwischen den Vergleichsmarken aufgrund der sich nach teilweiser Rücknahme nunmehr nur noch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ richtenden Widersprüche aus den Widerspruchsmarken der Beschwerdeführerin nicht verneint werden.

1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer proritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und [X.] oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 19] - [X.]/[X.]; [X.] GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen [X.] die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - [X.] plc; [X.], 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/[X.]; [X.], 318, 319 [Rz. 21] - [X.]/Autec).

2. Nach diesen Grundsätzen liegt hier im Umfang des auf die Eintragung der jüngeren Marke für „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ beschränkten Widerspruchs eine [X.] vor.

a) Da [X.] nicht aufgeworfen sind, ist für den [X.] die [X.] maßgeblich. Insofern besteht hinsichtlich der für die jüngere Marke eingetragenen Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“, auf die der Widerspruch beschränkt ist, Identität mit den gleichlautenden Waren, für welche die Widerspruchsmarken geschützt sind.

b) Wie auch das [X.] zutreffend ausgeführt hat, kommt den Widerspruchsmarken von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

aa) Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.] 1999, 189, 194 [Rz. 49] - [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 22] - [X.]/[X.]); für die Bestimmung des Grades ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihr ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 14 Rn. 320). Diese Eignung ist zu verneinen, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden oder an eine solche Beschreibung erkennbar angelehnten Sinngehalt aufweist oder zahlreiche identische oder ähnliche Drittmarken zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung der [X.] in Benutzung sind (zum Erfordernis einer Benutzung der zur Kennzeichenschwäche führenden [X.] vgl. [X.] GRUR 1967, 246, 248 - Vitapur; GRUR 2001, 1161, 1162 - [X.]/[X.]; [X.], 626, 628 - IMS; [X.], 898, 899 - defacto), so dass der Verkehr wegen des [X.] dieser Marken sorgfältiger auf etwaige Unterschiede achtet (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 199 m.w.N.).

[X.] ist dabei im Widerspruchsverfahren erstmals zu bestimmen (so ausdrücklich [X.] [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 22] - [X.]/ [X.]). Für die Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft reicht ihre Eintragung als solche nicht aus, weil im Eintragungsverfahren die Kennzeichnungskraft weder geprüft noch bestimmt wird und, soweit die Unterscheidungskraft hierbei zu prüfen ist, hieraus keine Rückschlüsse auf die Kennzeichnungskraft gezogen werden können, da die Prüfung der Unterscheidungskraft nach dem Gesetzeswortlaut (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) auf das Mindestmaß beschränkt ist (vgl. [X.] in: Kur/v. [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 14 Rn. 276).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist den Widerspruchsmarken eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen. Zwar ist der in beiden Widerspruchsmarke jeweils enthaltene Begriff „sportswear“ für die hier in Rede stehenden Waren der [X.] glatt beschreibend, für den weiteren in beiden Marken enthaltenen Bestandteil „[X.]“ trifft dies allerdings nicht zu. Zwar könnte dieser beim hier angesprochenen allgemeinen Publikum in der Bedeutung „Freude“ geläufige [X.] Begriff bei einer analytischen Betrachtung dahin verstanden werden, dass die so gekennzeichneten Waren Freude bringen oder zu dieser beitragen. Hierbei handelt es sich aber um kein mit den betreffenden Waren in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Merkmal, weil hiermit lediglich ein mögliches menschliches Gefühl angesprochen wird, dessen Auftreten allein von der subjektiven Einstellung des Einzelnen abhängt, die wiederum weder unmittelbar noch mittelbar von den Waren selbst hervorgerufen werden kann, sondern die er diesen entgegenbringt. Da Anhaltspunkte für eine nachträgliche Kennzeichnungsschwächung oder -stärkung weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, ist daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken auszugehen.

c) Hinsichtlich der alleine noch verfahrensgegenständlichen identisch beanspruchten Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ würde eine [X.] nur ausscheiden, sofern die jüngere Marke zu den für diese Waren durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarken unähnlich oder nur sehr gering ähnlich wäre. Dies kann indes nicht festgestellt werden.

aa) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn nicht nur unmaßgebliche Teile der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 605 – [X.]; [X.], 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können.

Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom [X.] zu beurteilen (vgl. [X.] GRUR 1998, 397, 390 [X.]. 23 - Sabèl/[X.]; [X.], 1043, 1044 [Rz. 28 f.] - [X.]; [X.], 413, 414 [Rn. 19] - [X.]/[X.]; [X.] GRUR 2000, 233 f. - Rausch/[X.]); hierbei sind ihre Übereinstimmungen oder Abweichungen im Bild, im Klang und in der Bedeutung umfassend zu ermitteln, wobei berücksichtigt werden kann, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. [X.] [X.], 413, 415 [Rn. 28] - [X.]/[X.]). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer [X.] (vgl. [X.] a.a.[X.] [Rn. 21 f.] - [X.]/[X.]), kann aber im Einzelfall ausreichen (vgl. [X.] a.a.[X.] [Rn. 21] - [X.]/[X.]; [X.] GRUR 1959, 182, 185 - Quick; GRUR 1979, 853, 854 [X.]; [X.], 367, 368 - alpi/[X.]; [X.], 110, 112 - dipa/dib; [X.], 550, 551 - ac-pharma; GRUR 1999, 241, 243 - Lions), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. [X.] a.a.[X.] [Rn. 35] - [X.]/[X.]).

bb) Nach diesen Grundsätzen liegt hier zumindest ein unterdurchschnittlicher Grad der Markenähnlichkeit vor. Ob dieser geringe Grad an Markenähnlichkeit noch dadurch weiter erhöht ist, dass die jeweils gegenüberstehenden Marken durch den übereinstimmenden Bestandteil „[X.]“ jeweils geprägt werden oder er zumindest in der jüngeren Marke eine zur assoziativen [X.] führende selbständig kennzeichnende Stellung innehat, kann bei den der vorliegenden Beurteilung alleine zugrunde zu legenden identischen Waren auf sich beruhen. Denn die geringe Ähnlichkeit der Zeichen schon im Gesamteindruck reicht bereits aus, um angesichts der [X.] und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken eine [X.] aufgrund der Wechselwirkung der Komponenten [X.], Kennzeichnungskraft und Markenähnlichkeit zu bejahen.

Zwar unterscheiden sich die jeweils gegenüberstehenden Marken in ihrem visuellen Gesamteindruck zum einen durch die grafische Ausgestaltung, die bei der älteren [X.] Marke ein stark abweichendes Aussehen hat und in der älteren Unionsmarke gänzlich fehlt, sowie durch die voneinander abweichenden Wortbestandteile „elements of“ in der angegriffenen Marke und „sportswear“ in den beiden Widerspruchsmarken. Ähnliches gilt für die klanglichen Wiedergabe der jeweils gegenüberstehenden Marken; auch wenn es hierbei allein auf die jeweiligen Wortbestandteile ankommt, weil die [X.] klanglich nicht unmittelbar wiedergebbar sind ([X.] [X.], 60 – [X.]), weisen die jeweiligen Marken infolge der voneinander abweichenden Wortbestandteile „element of“ in der jüngeren Marke und „sportswear“ in den älteren Marken, die in den jeweils gegenüberstehenden Marken keine Entsprechung haben, klangliche Unterscheide auf. Allerdings liegt trotz dieser Unterschiede infolge des jeweils übereinstimmenden Bestandteils „[X.]“ bereits eine sehr geringe Zeichenähnlichkeit (vgl. zu diesem Grad [X.] GRUR 2013, 833, 838 Rz. 55 – Culinaria/[X.]) vor, weil es sich insoweit nicht nur um eine zufällig übereinstimmende Buchstabenfolge handelt, wie sie auch als Bestandteil von als absolut verschieden wahrgenommenen Wörtern vorliegen könnte, sondern jeweils um ein eigenständiges Wort, das vom Publikum in den jeweils gegenüberstehenden Marken auch als solches (wieder-) erkannt wird, so dass es infolge dieser Übereinstimmung die jeweiligen Gesamtmarken nicht als absolut unähnlich wahrnimmt.

Diese bereits durch die visuelle und akustische Ähnlichkeit begründete sehr geringe Markenähnlichkeit wird in begrifflicher Hinsicht verstärkt. Denn der Sinngehalt der jüngeren Marke, deren Gesamtaussage mit den zum [X.]n Grundwortschatz gehörenden Begriffen für das angesprochene allgemeine Publikum in der Bedeutung „Element der Freude“ ohne Weiteres verständlich ist, weist zu dem als „Freude“ verständlichen Begriff der Widerspruchsmarken eine begriffliche Nähe auf. Der Begriff „Element“ im Sinne von „[Grund]bestandteil, Komponente; typisches Merkmal, Wesenszug“ (vgl. [X.]) – was im Übrigen auch der [X.]n Bedeutung entspricht (vgl. [X.]) - wird nämlich allgemein verstanden, so dass die Aussage in der jüngeren Marke zum Markenwort „[X.]“ in den Widerspruchsmarken ähnlich dem Verhältnis einer Teil- zur Gesamtmenge aufgefasst wird. Unter Berücksichtigung dieser begrifflichen Nähe kommt den gegenüberstehenden Zeichen daher zumindest eine geringe Markenähnlichkeit (vgl. zu diesem Grad [X.] a.a.[X.] – Culinaria/ [X.]) auf.

3. Da somit im Ergebnis eine [X.] zwischen den Vergleichsmarken hinsichtlich der nach Einschränkung der Widersprüche alleine noch verfahrensgegenständlichen identisch beanspruchten Waren nicht verneint werden kann, war in diesem Umfang der anderslautende Beschluss des [X.] aufzuheben und in diesem Umfang die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

B. Da Gründe für eine Kostenentscheidung nach § 71 [X.] sind ebenso wenig erkennbar wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 [X.].

Meta

27 W (pat) 564/17

18.06.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.06.2019, Az. 27 W (pat) 564/17 (REWIS RS 2019, 6271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6271

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

27 W (pat) 15/18 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "RICCO EGOISTA/EGO-IST-IN/EGO-IST/EGO_IST" – zur Zahlung der Gebühren bei Widersprüchen aus mehreren Widerspruchsmarken – …


27 W (pat) 55/17 (Bundespatentgericht)


29 W (pat) 513/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Hice/ICE (IR-Marke)" – unterstellte rechtserhaltende Benutzung - Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine …


27 W (pat) 505/18 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "46°N 46 DEGRÉS NORD (Wort-Bild-Marke)/66°N (IR-Bildmarke)" – zur Kennzeichnungskraft – Waren- und Dienstleistungsidentität …


27 W (pat) 92/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Tiger carbon (Wort-Bild-Marke)/springendes Raubtier mit ausgestreckten Hinterbeinen (Bildmarke)/springendes Raubtier mit ausgestreckten Hinterbeinen (Bildmarke)" …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.