Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.07.2010, Az. 8 B 9/10

8. Senat | REWIS RS 2010, 5024

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Gegenstand

Zurechnungszusammenhang zwischen Enteignung und sowjetischem Willen; Besatzungsmacht als oberste Hoheitsgewalt


Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Das Verwaltungsgericht hat weder gegen den Überzeugungsgrundsatz und das [X.] noch gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen und damit keinen Verfahrensfehler begangen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3

Die [X.]eschwerde meint, das Urteil enthalte keine Feststellungen dazu, wann auf sämtliche streitgegenständliche Vermögenswerte zugegriffen worden ist. Feststellungen dazu seien erforderlich, weil das Inkrafttreten der [X.]odenreform allein keine Enteignung herbeigeführt habe. Eine Enteignung liege nach der Rechtsprechung des [X.] erst vor, wenn das Eigentum faktisch und endgültig entzogen worden sei. Stattdessen habe das Verwaltungsgericht "ins [X.]laue hinein" behauptet, das [X.] in Nr. 5 des [X.] sei schon nicht einschlägig, weil die streitgegenständlichen Vermögenswerte vor Inkrafttreten dieses [X.]efehls entzogen worden seien.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) in Verbindung mit dem Untersuchungsgrundsatz (§ 86 VwGO) nicht verletzt. Die [X.]eschwerde hat den behaupteten Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz nicht im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, weil sie weder ausführt, welche konkreten Sachverhaltsermittlungen sich dem Verwaltungsgericht in [X.]ezug auf welche entscheidungserheblichen Tatsachen in Anbetracht der eigenen Einlassungen der Antragsteller und des [X.] hätten aufdrängen müssen, welche [X.]eweise es hätte erheben müssen und zu welchem für die Kläger günstigeren [X.]eweisergebnis es möglicherweise gekommen wäre. Dem Verwaltungsgericht musste sich aufgrund des vorliegenden Sachverhalts auch keine [X.]eweisaufnahme von sich aufdrängen. Hierzu fehlten jegliche schlüssige Anhaltspunkte. Das Verwaltungsgericht hat sich hieran orientiert.

5

Nach den Feststellungen des [X.] ist das Unternehmen der Aussage des [X.]evollmächtigten der Antragsteller zufolge im Zuge der [X.]odenreform enteignet worden, wobei das [X.] mit der [X.]rauerei in einer OHG zusammengeschlossen gewesen sei. Diese Feststellung deckt sich mit dem Akteninhalt; denn im Schriftsatz vom 11. Mai 2001 (vgl. [X.]) hat der [X.]evollmächtigte der damaligen Antragsteller angegeben, dass Ende Oktober 1945 die Grenzquellbrauerei [X.] und das 97 ha große [X.] ohne gerichtlichen [X.]eschluss und ohne Ankündigung in einer Nacht- und Nebelaktion enteignet worden ist. Wörtlich heißt es im Folgenden: "Der Zugriff erfolgte im Einzelnen so, dass in den späten Abendstunden der damalige [X.]ürgermeister von [X.], [X.]., der früher in der [X.]rauerei als [X.]uchhalter beschäftigt gewesen war und aus in seiner Person liegenden Gründen entlassen wurde, in [X.]egleitung eines uniformierten Polizisten und eines weiteren Zivilisten erschien, die die oben bereits namentlich bezeichneten [X.]etriebseigentümer und deren anwesende Familienangehörige unter [X.]edrohung mit der Waffe auf einen bereitstehenden Lastkraftwagen zerrten, auf dem sich bereits andere festgenommene Personen befanden. Die Festgenommenen wurden zunächst für zwei Tage in das ca. 40 km entfernte [X.] und danach in ein Lager bei M. verbracht, das unter [X.] Verwaltung und [X.]ewachung stand. Nach kurzzeitigem Aufenthalt wurden die Familienangehörigen mit einem Sammeltransport mit einem Güterzug unter menschenunwürdigen Umständen nach [X.] auf der [X.] verbracht. Frau [X.] erlitt dort wegen der physischen und psychischen Strapazen einen schweren Herzanfall. Die [X.]etriebseigentümer und ihre Familien wurden förmlich des [X.] verwiesen. [X.] wurde ausschließlich durch [X.] besetzt. Zum Zeitpunkt des Zugriffs war sowohl die Grenzquellbrauerei als [X.] unbeschädigt und von [X.] unangetastet." Diese Angaben decken sich mit dem weiteren Akteninhalt, der Aufschluss darüber gibt, dass das gesamte [X.] und das [X.] unter [X.]erufung auf Art. 2 Nr. 3 der Verordnung über die landwirtschaftliche [X.]odenreform vom 10. September 1945 (abgedruckt in: [X.]/[X.], Enteignung und offene Vermögensfragen in der ehemaligen [X.]n Demokratischen Republik, [X.], 2. Aufl., [X.] Nr. 2.8.1) entschädigungslos enteignet worden ist ([X.]ehördenakte [X.]I [X.]l. 192, 287, 291).

6

Das Verwaltungsgericht hat damit auch ohne Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, der u.a. verpflichtet, bei [X.]ildung der Überzeugung von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt auszugehen (stRspr; vgl. Urteile vom 18. Juli 1986 - [X.]VerwG 4 [X.] 40 bis 45.82 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 181 und vom 18. Mai 1990 - [X.]VerwG 7 [X.] 3.90 - [X.]VerwGE 85, 155 <158>; [X.]eschluss vom 18. Juli 2001 - [X.]VerwG 8 [X.] 103.01 - [X.] 2001, 411), unter Zugrundelegung des faktischen Enteignungsbegriffes erkennbar die Entscheidung getroffen, dass es auf ein [X.] gemäß Nr. 5 des [X.]efehls [X.] der [X.] vom 17. April 1948 nicht ankommt, weil die Enteignung im Rahmen der [X.]odenreform erfolgt ist und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Nr. 5 des [X.]efehls [X.] am 18. April 1948 nach allen vorliegenden Erkenntnissen auch längst abgeschlossen war. Hierbei handelt es sich um keine [X.]ehauptung "ins [X.]laue hinein", sondern um eine rechtliche Wertung, die es anhand der Angaben des [X.]evollmächtigten der Antragsteller und den beigezogenen Akten getroffen hat.

7

Das Verwaltungsgericht hat auch nicht gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, weil es den Vortrag des [X.]evollmächtigten der Kläger im Schriftsatz vom 18. Februar 2008 zu den Privathäusern nicht zur Kenntnis genommen haben soll. Die [X.]eschwerde schließt daraus, dass das Verwaltungsgericht ohne zur Thematik "sonstiges Vermögen" oder generell zum Enteignungszeitpunkt nach dem faktischen Enteignungsbegriff etwas auszuführen oder Sachverhalte dazu festzustellen, die Enteignung aller Vermögenswerte vor dem 18. April 1948 angenommen habe.

8

Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (Urteil vom 29. November 1985 - [X.]VerwG 9 [X.] 49.85 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 177). Grundsätzlich ist auch davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen sowohl zur Kenntnis genommen als auch in seine Erwägungen mit einbezogen hat, so dass nur bei Vorliegen deutlich gegenteiliger Anhaltspunkte ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs angenommen werden kann ([X.]eschluss vom 9. Juni 1981 - [X.]VerwG 7 [X.] 121.81 - [X.] 312 [X.] Nr. 19). Derartige Anhaltspunkte bestehen im vorliegenden Fall nicht. Im Hinblick auf den eigenen Vortrag der Antragsteller und den vorliegenden Akteninhalt sowie den Hinweis des [X.]eklagten im Schriftsatz vom 24. April 2008 unter [X.]ezugnahme auf die Klagebegründung vom 18. Februar 2008, dass Privatgrundstücke nicht verfahrensgegenständlich sind, hatte das Verwaltungsgericht keine Veranlassung, sich damit im Urteil zu befassen. Dessen ungeachtet hatte der [X.]evollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. November 2009 hat er dem Vortrag der [X.]eklagten, dass die Privatgrundstücke nicht verfahrensgegenständlich sind, nicht widersprochen.

9

2. Die [X.]n ergeben eine die Revision eröffnende Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht.

Die [X.] setzt die Darlegung voraus, dass dem angefochtenen Urteil ein entscheidungstragender abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz der von der [X.]eschwerde angegebenen höchstrichterlichen Entscheidung abweicht (stRspr; vgl. u.a. [X.]eschluss vom 1. September 1997 - [X.]VerwG 8 [X.] 144.97 - [X.] 406.11 § 128 [X.]auG[X.] Nr. 50). Eine Divergenz zu den Entscheidungen des [X.] vom 13. Dezember 2006 - [X.]VerwG 8 [X.] 25.05 - ([X.] 428 § 1 Abs. 8 [X.] Nr. 34) und vom 25. Juni 2008 - [X.]VerwG 8 [X.] 14.07 - ([X.] 2008, 259) liegt nicht vor. Weder ist dem angefochtenen Urteil des [X.] entgegen der Auffassung der Kläger der von ihnen angeführte abstrakte Rechtssatz,

"Für die Anwendbarkeit der Ziffer 5 des [X.]-[X.]efehls 64, welcher nach jüngerer Rechtsprechung des 8. Senats ein '[X.] [X.]' darstellt, kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob der streitgegenständliche Vermögenswert dem Anwendungsbereich der [X.]-[X.]efehle 124 oder 64 unterfällt. Ein Verstoß gegen Ziffer 5 des [X.]-[X.]efehls 64, wonach jedenfalls sowohl sonstige Vermögenswerte, als auch Gewerbe- und Industrievermögenswerte vor einer Enteignung und vor dem 18. April 1948 zu [X.] waren, ist unbeachtlich, wenn die damaligen [X.] in der Praxis zu erkennen gegeben haben, dass sie diesem gesetzlichen Enteignungsverfahren nicht folgen, sondern vielmehr (tatsächlich) die [X.]odenreformverordnung als Enteignungsgrundlage zur Anwendung gebracht haben. In diesem Fall verstößt eine Enteignung ohne Sequestrierung oder mit erst nach Inkrafttreten des [X.] erfolgter Sequestrierung nicht gegen Ziffer 5 des [X.].",

zu entnehmen noch hat das [X.]undesverwaltungsgericht in den zitierten Entscheidungen den Rechtssatz aufgestellt,

"Unterfällt die Enteignung eines Vermögenswertes dem Geltungsbereich der [X.]-[X.]efehle Nr. 124 und 64, wie das etwa für sonstige Vermögenswerte, aber für Industrie- und Gewerbevermögen der Fall ist, ist die Enteignung eines solchen Vermögenswertes dann dem [X.] Willen nicht zuzurechnen, wenn sie unter Verstoß gegen Ziffer 5 des [X.]-[X.]efehls 64 ohne eine vorherige Sequestrierung vor dem 18. April 1948 erfolgte. Der Grund, warum keine Sequestrierung vorgenommen wurde, ist dabei unmaßgeblich, weil es den [X.] [X.]ehörden nicht zustand, das eindeutig formulierte Verbot in Ziffer 5 des [X.]-[X.]efehls auszulegen und sich in welcher Art auch immer, darüber hinwegzusetzen.".

Das Verwaltungsgericht hat der als Rechtssatz bezeichneten Aussage in dem Urteil vom 13. Dezember 2006, mit dem in Nr. 5 des [X.]efehls [X.] der [X.] ausgesprochenen Verbot der weiteren Sequestrierung von Eigentum auf der Grundlage des [X.]efehls Nr. 124 der [X.] habe die [X.] [X.]esatzungsmacht ausdrücklich entschieden, dass weitere Enteignungen von Vermögenswerten, die bis zum Inkrafttreten des [X.]efehls [X.] der [X.] noch nicht aufgrund des [X.]efehls Nr. 124 der [X.] beschlagnahmt worden waren, nicht mehr ihrem Willen entsprachen und verboten waren, nicht widersprochen.

Die Kläger meinen, nach der zitierten Rechtsprechung des [X.] verstoße jede Enteignung eines Vermögenswertes gegen das [X.] in Nr. 5 des [X.], wenn er diesem [X.]efehl unterfalle und bei dem eine Sequestrierung gänzlich oder aber vor dem 18. April 1948 unterblieben ist. Die [X.]eschwerde übersieht, dass weder das [X.]undesverwaltungsgericht noch das Verwaltungsgericht aufgrund des festgestellten Sachverhalts Veranlassung hatten, darüber zu entscheiden, ob das in Nr. 5 des [X.] ausgesprochene [X.] als sog. ultimatives [X.] auch dann von den [X.] zu beachten gewesen wäre, wenn die enteigneten Vermögenswerte zwar den [X.]efehlen Nr. 124 und 64 unterfielen, aber unter Anwendung der [X.]odenreformverordnung enteignet worden sind.

In dem der Entscheidung vom 13. Dezember 2006 zugrundeliegenden Fall waren die streitgegenständlichen Grundstücke laut Enteignungsurkunde vom 30. November 1948 der Landesregierung [X.]randenburg - Minister des Inneren - auf der Grundlage der [X.]efehle Nr. 124 und [X.] von der obersten [X.] Militäradministration in Deutschland enteignet worden. Nur im Hinblick auf diesen Sachverhalt hatte das [X.]undesverwaltungsgericht zu beurteilen, ob Nr. 5 des [X.]efehls [X.] ein [X.] zu entnehmen ist. Für das Verwaltungsgericht spielte das in Nr. 5 des [X.]efehls [X.] enthaltene [X.] keine Rolle, weil nach dem festgestellten Sachverhalt das Unternehmen ([X.]rauerei und [X.]) bereits zuvor im Zuge der [X.]odenreform enteignet worden und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Nr. 5 des [X.]efehls [X.] am 18. April 1948 die Enteignung auch längst abgeschlossen war. Das Verwaltungsgericht hätte in diesem Zusammenhang nicht zwischen den einzelnen Vermögenswerten differenzieren und prüfen müssen, ob die Voraussetzungen der [X.]odenreformverordnung vom 10. September 1945 überhaupt vorgelegen haben. Eine derartige Prüfung verbietet sich nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]eschluss vom 29. September 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 148.93 - [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 8). Darauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen.

Auch gegenüber dem Urteil vom 25. Juni 2008 enthält das angefochtene Urteil keinen abweichenden Rechtssatz. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht aus der Rechtsprechung des [X.] die rechtliche Schlussfolgerung gezogen, dass Nr. 5 des [X.]efehls [X.] nicht anwendbar ist, weil der zu entscheidende Sachverhalt keine Situation betrifft, in der es an einer erforderlichen Sequestration gemangelt hätte. Ob die Kläger diese Auffassung teilen, ist keine Frage der Divergenz.

Das Verwaltungsgericht hat auch keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass das bloße Inkrafttreten der [X.]odenreformverordnung allein eine Enteignung sämtlicher genannter Vermögenswerte herbeigeführt hat. Unabhängig davon ist eine Divergenz zur Entscheidung des [X.] vom 13. Februar 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 50.95 - ([X.]VerwGE 104, 84 = [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 104) nicht ausreichend dargelegt, weil die [X.]eschwerde keinen Rechtssatzwiderspruch benennt, sondern die fehlerhafte rechtliche [X.]ewertung durch das Verwaltungsgericht rügt.

3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung zuzulassen, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Die Fragen,

"[X.]eseitigt ein Verstoß gegen die Vorgaben der Ziffer 5 des [X.]-[X.]efehls 64 im Sinne der Rechtsprechung des 8. Senats mit Urteilen vom 13.12.2006 - [X.]VerwG 8 [X.] 25.05 - sowie vom 25.06.2008 - [X.]VerwG 8 [X.] 14.07 - den Zurechnungszusammenhang zwischen [X.] Enteignung und [X.]m Willen mit der Folge, dass dann keine besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 8a [X.] vorliegt, wenn die Rechtsvorgaben der [X.]-[X.]efehle 64 und 124 materiell auf die Enteignung des zurückverlangten Vermögenswertes (vorliegend eines Industrie- bzw. Gewerbeunternehmens sowie sonstiger Vermögenswerte) anwendbar waren, oder ist zusätzliche Voraussetzung für das Entfallen des Zurechnungszusammenhangs zwischen [X.]m Willen und Enteignung, dass die damaligen [X.] die fraglichen [X.]efehle auch konkret im Einzelfall zur Anwendung gebracht haben?

Hindert mithin allein der Umstand, dass die damaligen [X.] statt der einschlägigen [X.]-[X.]efehle für Industrie-, Gewerbe- und sonstige Vermögenswertenteignungen tatsächlich die [X.]odenreformenteignungsvorschriften bei der Enteignung herangezogen haben, die [X.]etrachtung eine solche Enteignungsmaßnahme habe mangels rechtzeitiger Sequestrierung vor dem 18. April 1948 gegen Ziffer 5 des [X.]-[X.]efehls 64 verstoßen?",

können bereits anhand der Rechtsprechung des [X.] dahingehend beantwortet werden, dass das [X.] in Nr. 5 des [X.] den Zurechnungszusammenhang zwischen Enteignung und [X.]m Willen nur dann entfallen lässt, wenn die Enteignung auf der Grundlage der [X.]efehle Nr. 124 und 64 tatsächlich durchgeführt worden ist. Der Umstand, dass die damaligen [X.] die Enteignung der [X.]rauerei und des [X.]s sowie sonstiger Vermögenswerte auf die Verordnung über die landwirtschaftliche [X.]odenreform vom 10. September 1945 gestützt haben, hindert die Annahme, dass diese Enteignungsmaßnahme mangels rechtzeitiger Sequestrierung vor dem 18. April 1948 gegen Nr. 5 des [X.] verstoßen hat.

Nach der Rechtsprechung des [X.] steht eine mit der Enteignung im Zuge der [X.]odenreform konkurrierende [X.]eschlagnahme desselben Vermögenswertes aufgrund des [X.]-[X.]efehls Nr. 124 sowie die spätere Aufhebung der [X.]eschlagnahme einer Anwendung des § 1 Abs. 8 [X.]uchst. a [X.] nicht entgegen. Dies gilt nicht nur dann, wenn die Enteignung der [X.]eschlagnahme nachfolgte, sondern auch dann, wenn der betreffende Vermögenswert gleichzeitig mit der Enteignung oder erst danach aufgrund des [X.]-[X.]efehls Nr. 124 beschlagnahmt wurde. Denn auch in einem derartigen Fall lässt sich den Maßnahmen, die auf die Durchführung des [X.]-[X.]efehls Nr. 124 gerichtet waren, regelmäßig kein Wille der [X.]esatzungsmacht entnehmen, die auf anderer Rechtsgrundlage durchgeführte Enteignung zu unterbinden oder rückgängig zu machen ([X.]eschluss vom 6. Juni 2000 - [X.]VerwG 7 [X.] 13.00 - Rü [X.]ARoV 2000 Nr. 12, 35). Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass sich aus Nr. 5 des [X.] kein generelles [X.] der [X.]esatzungsmacht für eine Enteignung entnehmen lässt, die auf der Grundlage der [X.]odenreformverordnung durchgeführt worden ist.

Nach den tatsächlichen bindenden Feststellungen des [X.] bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte für einen der [X.]odenreformenteignung entgegengesetzten Willen der [X.]esatzungsmacht, der zur Unanwendbarkeit des § 1 Abs. 8 [X.]uchst. a [X.] führen würde, insbesondere ergibt sich dieser Wille nicht aus dem [X.] in Nr. 5 des [X.]. Das [X.] bezieht sich nur auf Enteignungsmaßnahmen von Vermögenswerten, die bis zum Inkrafttreten des [X.]efehls [X.] der [X.] noch nicht auf der Grundlage des [X.]efehls Nr. 124 der [X.] beschlagnahmt waren. Danach wurde unter anderem das Vermögen als "unter Sequester befindlich erklärt, das den Amtspersonen der [X.], ihren führenden Mitgliedern und hervortretenden Anhängern gehört". Hinsichtlich dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht keinen Sachverhalt festgestellt.

Des Weiteren ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt, dass vom Restitutionsausschluss des § 1 Abs. 8 [X.]uchst. a [X.] auch solche auf [X.] oder besatzungshoheitlicher Grundlage beruhende Enteignungen erfasst sind, die unter rechtsstaatlichen Verhältnissen als nichtig anzusehen gewesen wären ([X.]eschluss vom 14. Januar 1998 - [X.]VerwG 7 [X.] 339.97 - [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 134). Die besatzungshoheitliche Grundlage einer Enteignung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die einschlägigen Rechtsgrundlagen exzessiv ausgelegt oder nach rechtsstaatlichen Maßstäben willkürlich angewendet worden sind; denn der [X.]esatzungsmacht kam als nicht[X.] Staatsgewalt die oberste Hoheitsgewalt zu ([X.]VerfGE 94, 12 <31 und 33> unter [X.]ezugnahme auf [X.]VerfGE 84, 90 <113 f.>). Dieser Rechtsprechung hat sich das [X.]undesverwaltungsgericht angeschlossen (Urteil vom 17. April 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 15.96 - [X.]VerwGE 104, 279 = [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 26).

Der Umstand, dass der landwirtschaftliche [X.]etrieb der Alteigentümer eine Größe von weniger als 100 ha hatte und das [X.] richtigerweise als Nebenbetrieb der [X.]rauerei anzusehen gewesen wäre, betrifft eine Frage der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Enteignung. Der [X.]egriff der Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage weist jedoch keinen [X.]ezug zur Rechtmäßigkeit der Enteignung auf (Urteil vom 28. Juli 1994 - [X.]VerwG 7 [X.] 14.94 - [X.]VerwGE 96, 253 <256 f.>; [X.]eschluss vom 19. November 1996 - [X.]VerwG 7 [X.] 346.96 - RGV [X.] II 278). Nichts anderes gilt hinsichtlich des "sonstigen Vermögens". Unabhängig davon, dass Art. 2 Nr. 3 der Verordnung über die landwirtschaftliche [X.]odenreform der Landesverwaltung [X.] vom 10. September 1945 bestimmte, dass "der gesamte feudal-junkerliche [X.]oden- und Großgrundbesitz mit über 100 ha mit allen [X.]auten, lebendem und totem Inventar, allen Nebenbetrieben und sämtlichem landwirtschaftlichem Vermögen entschädigungslos enteignet" wurde, bestimmt sich der Umfang des [X.] gemäß § 1 Abs. 8 [X.]uchst. a [X.] nicht nach der Auslegung der Vorschriften der [X.]odenreform, sondern nach dessen Anwendung in der seinerzeitigen [X.] ([X.]eschluss vom 2. April 1996 - [X.]VerwG 7 [X.] 398.95 - [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 71).

Von einer weiteren [X.]egründung der [X.]eschwerde sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Meta

8 B 9/10

08.07.2010

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Dresden, 24. November 2009, Az: 7 K 1516/07, Urteil

§ 1 Abs 8 Buchst a VermG, SMADBef 124/45, SMADBef 64/48

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.07.2010, Az. 8 B 9/10 (REWIS RS 2010, 5024)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5024

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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