Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 01.06.2022, Az. 1 BvR 2888/20, 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1155/21, 1 BvR 1156/21

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2022, 3258

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen das Fremdpersonalverbot in der Fleischindustrie - eigene Betroffenheit der beschwerdeführenden Unternehmen nicht hinreichend substantiiert dargelegt


Tenor

Die [X.] werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die [X.]n rügen mit ihren [X.] die Verletzung ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) durch das [X.] in der Fleischwirtschaft auf Grund des [X.]. In dem Verfahren 1 BvR 2888/20 wird zudem eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) gerügt.

2

1. Am 30. Dezember 2020 wurde das [X.] vom 22. Dezember 2020 ("Arbeitsschutzkontrollgesetz", im Folgenden: [X.]) veröffentlicht. Neben Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes schließt es insbesondere bestimmte Beschäftigungsformen in der Fleischwirtschaft aus. Hierzu wurden in das [X.] von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (im Folgenden: [X.] Fleisch) neue Regelungen eingefügt. Zentral und Gegenstand der hier zu entscheidenden [X.] sind §§ 6a und 7 [X.] Fleisch. Der neue § 6a enthält ein [X.] für die Fleischwirtschaft und § 7 regelt [X.] des Verstoßes.

3

§ 6a Abs. 2 [X.] Fleisch verbietet es den Unternehmen ab dem 1. Januar 2021, die Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung durch Selbstständige erledigen zu lassen, also mit Hilfe der bisher in weitem Umfang eingesetzten Werkvertragsunternehmen. Diese Arbeiten dürfen nur noch durch eigenes Personal ausgeführt werden. Mit Wirkung ab 1. April 2021 schränkt § 6a Abs. 3 [X.] Fleisch zudem die Leiharbeit in diesen Bereichen der Fleischwirtschaft ein und untersagt sie ab dem 1. April 2024. Zur Kontrolle werden in § 6b [X.] Fleisch neue Befugnisse der [X.] geschaffen.

4

Dies gilt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] Fleisch für Betriebe der Fleischwirtschaft im Sinne von § 6 Abs. 9 des [X.] ([X.]). Dies sind Betriebe und selbstständige [X.], in denen überwiegend geschlachtet oder Fleisch verarbeitet wird oder die ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen überwiegend in Betrieben der Fleischwirtschaft einsetzen. Gemäß § 2 Abs. 2 [X.] Fleisch gelten die Regelungen in §§ 6 bis 6b [X.] Fleisch aber nicht für Handwerksbetriebe mit bis zu 49 Beschäftigten.

5

2. Die [X.]n sind ein Unternehmen der Wurstherstellung sowie Zeitarbeitsunternehmen, die bis zum 1. April 2021 in unterschiedlichem Umfang Beschäftigte in Schlacht-, Zerlege- und Fleischverarbeitungsbetriebe überließen.

6

a) Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2888/20 ist ein Unternehmen der Wurstherstellung mit etwa 650 Beschäftigten. An ihrem Produktionsstandort erfolgt die Warenannahme der Rohstoffe mit Qualitätsprüfung, das Kuttern, das Füllen der Wurst in künstliche Därme, das Räuchern und Trocknen, das Schneiden und automatische Verpacken, sowie der Versand mit der Logistik. Für den Arbeitsschritt Schneiden und Verpacken habe sie bis zum 31. Dezember 2020 insgesamt 300 Arbeitskräfte eines Werkvertragsunternehmens eingesetzt, das diese ausgebildet und in die Arbeitsschritte eingewiesen habe. Diese Zusammenarbeit habe sie ab dem 1. Januar 2021 in Form der Leiharbeit fortgesetzt.

7

b) Die [X.]n in den Verfahren 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1155/21 und 1 BvR 1156/21 sind Zeitarbeitsunternehmen.

8

aa) Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 1152/21 habe ihre etwa 180 Beschäftigten an drei Unternehmen der Geflügelwirtschaft sowie ein Unternehmen der Wurstherstellung verliehen. Dort seien die Beschäftigten in erster Linie zur Parierung, zum Slicing, zur Portionierung und Verpackung, aber auch zur Kommissionierung der Fleischprodukte eingesetzt worden.

9

Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 1153/21 habe durchschnittlich mehr als 86 % ihrer 430 Beschäftigten an 32 Schlacht-, Zerlege- und Fleischverarbeitungsbetriebe überlassen, die Produkte aus Rind- und Schweinefleisch für den Lebensmitteleinzelhandel, den Handel und Großhandel sowie für weiterverarbeitende Betriebe hergestellt hätten. Ihre Beschäftigten seien in gut zwei Drittel der Unternehmen in den Bereichen Schlachtung und Zerlegung eingesetzt worden, im Übrigen insbesondere in den Bereichen Kistenwäsche, Verpackung und Kommissionierung, Versand und Verladung, Palettierung, [X.] sowie als Schlosser oder Elektriker.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 1154/21 habe ihre durchschnittlich etwa 90 Beschäftigten in verschiedene Branchen, dabei zu 65 % an ein Unternehmen der Wurstherstellung überlassen. Dort seien die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in erster Linie zur [X.], zur Verpackung, in geringem Umfang aber auch zur Kommissionierung der Fleischprodukte sowie in der Versandabteilung eingesetzt worden. In diesen Bereichen habe der Wursthersteller etwa 350 bis 400 eigene Arbeitskräfte beschäftigt.

Das Verfahren 1 BvR 1155/21 führt ein Unternehmen, das durchschnittlich etwa 800 seiner Beschäftigten an 230 Kunden überlassen habe, die Fleisch verarbeiteten. Dort seien die Arbeitskräfte insbesondere in den Bereichen Verpackung, Slicing und Kommissionierung eingesetzt worden.

Die Beschwerdeführerin in dem Verfahren 1 BvR 1156/21 habe etwa 3 % ihrer 6.500 Beschäftigten an 14 Kunden in die Bereiche Zerlegung, Fleischverarbeitung, insbesondere aber auch zur Verpackung inklusive Verpackungskontrolle, Kommissionierung und Etikettierung sowie Verladung überlassen.

bb) Die Belegschaften aller beschwerdeführenden Zeitarbeitsunternehmen hätten sich seit dem 1. April 2021 zum Teil stark verringert. Die Beschäftigten seien zu schlechteren Bedingungen von den [X.] übernommen oder an andere Kunden vermittelt worden. Die [X.]n versuchten nun, ihre Arbeitnehmerüberlassung auf andere Branchen zu übertragen oder, soweit sie bereits vor dem 1. April 2021 auch in anderen Branchen tätig gewesen seien, dies auszubauen.

3. Die [X.]n rügen, dass das [X.] sie in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletze; das beschwerdeführende Unternehmen der Wurstherstellung rügt zudem eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung mit anderen Branchen.

a) Die [X.] seien zulässig. Die angegriffenen Regelungen des [X.] Fleisch seien auf sie anwendbar. So verrichte die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2888/20 überwiegend, zu mindestens 50,1 % Fleischverarbeitung, faktisch sogar deutlich mehr. Die [X.]n in den Verfahren 1 BvR 1152/21 bis 1 BvR 1156/21 überließen Beschäftigte in die Fleischwirtschaft, denn die [X.] verarbeiteten überwiegend, also zu mindestens 50,1 %, faktisch aber 100 % Fleisch. Sie müssten vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde auch nicht die Fachgerichte anrufen. Eine vorbeugende Feststellungsklage gegen die aus § 6b [X.] Fleisch folgenden [X.] und Mitwirkungspflichten oder eine Klage gegen einen etwaigen Bußgeldbescheid seien nicht erforderlich und letztere auch nicht zumutbar.

b) Die [X.] seien auch begründet. Die sektorale Begrenzung der Leiharbeit greife als gezielte und spezifische Beschränkung bestimmter Tätigkeiten im Bereich der Fleischwirtschaft unmittelbar in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Zeitarbeitsunternehmen ein. Dasselbe gelte für das Unternehmen der Wurstherstellung, das gezwungen werde, notwendiges Personal nun selbst vorzuhalten. Dies sei nicht gerechtfertigt. Das [X.] verletze das Unternehmen der Wurstherstellung zudem in seinem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, denn im Hinblick auf die Baubranche, Logistikzentren und die Landwirtschaft sei die Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen.

Die [X.] sind nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 [X.]). Ihnen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte der [X.]n angezeigt. Die [X.] haben keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da sie unzulässig sind.

1. Es kann offenbleiben, ob die Anforderungen an die Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]) gewahrt sind.

a) Auch vor der Erhebung von [X.] sind nach dem Grundsatz der Subsidiarität grundsätzlich alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können. Entscheidend ist, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das [X.] seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft (vgl. [X.] 123, 148 <173>); das [X.] soll auch keine Aussagen über den Inhalt einer einfachgesetzlichen Regelung treffen müssen, solange sich hierzu noch keine gefestigte Rechtsprechung der Fachgerichte entwickelt hat (vgl. [X.] 86, 15 <27>; 114, 258 <280>).

Wenn sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz wendet, kann daher auch die Erhebung einer [X.] oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem [X.] vorgelegt wird. Erst recht müssen die Fachgerichte vorher angerufen werden, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit [X.] durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert sind (vgl. [X.] 143, 246 <321 f. Rn. 210>; 145, 20 <54 f. Rn. 85 f.>; 150, 309 <326 f. Rn. 42 ff.>; 158, 170 <199 f. Rn. 70>; [X.], Beschluss des [X.] vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, Rn. 101).

Nur soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das [X.] zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, bedarf es einer vorangehenden fachgerichtlichen Entscheidung nicht (vgl. [X.] 150, 309 <326 f. Rn. 44> m.w.N.). Außerdem ist es zur Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität nicht erforderlich, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine bußgeldbewehrte Rechtsnorm zu verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung auszusetzen, um dann im Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. [X.] 145, 20 <54 Rn. 85> m.w.N.).

b) Die hier [X.]n haben die Fachgerichte bislang nicht angerufen. Sie wenden sich jedoch gegen ein neues Gesetz, dessen Auslegung und Anwendung auf sie bislang nicht geklärt ist. Was als Betrieb der Fleischwirtschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] Fleisch in Verbindung mit § 6 Abs. 9 [X.] anzusehen ist, erscheint derzeit streitig. Dazu sind auch erste fachgerichtliche Entscheidungen über Feststellungsanträge von Betrieben, in denen Fremdpersonal zum Einsatz kam, getroffen worden (vgl. im Eilverfahren [X.], Beschluss vom 20. Mai 2021 - 4 V 33/21 -; [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2021 - 4 V 77/21 -; in der Hauptsache anders [X.], Urteil vom 20. Juli 2021 - 1 K 382/21 -; vgl. [X.], [X.], S. 4 <7>). Ebenso ungeklärt ist, was unter einem "Bereich der Fleischverarbeitung" nach § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch zu verstehen ist (dazu bereits [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. Dezember 2020 - 1 [X.]/20 u.a. -, Rn. 19; auch [X.], Beschlüsse vom 20. Mai 2021 - 4 V 33/21 -, Rn. 52 ff., und vom 20. Dezember 2021 - 4 V 77/21 -, Rn. 30 und 43).

Der Notwendigkeit vorheriger fachgerichtlicher Klärung steht hier auch nicht entgegen, dass von den Finanzgerichten unterschiedliche Auffassungen zur Statthaftigkeit der Feststellungsklage vertreten werden (dafür [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2021 - 4 V 77/21 -, juris, Rn. 16 ff., [X.], Beschluss vom 19. Januar 2022 - 8 V 3108/21 F -, juris, Rn. 61 ff.; dagegen [X.], Urteil vom 20. Juli 2021 - 1 K 382/21 -, juris, Rn. 60 ff.). Denn auch dann müssen alle zur Verfügung stehenden prozessualen Mittel ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 8. Juni 2021 - 1 BvR 2771/18 -, Rn. 69). Hier müsste der gerade erst einsetzende fachgerichtliche Klärungsprozess (vgl. [X.], [X.], S. 1315; zum Klärungsbedarf Zimmer, [X.], S. 4 <7>) daher auch von den [X.]n betrieben werden. Dass die Anwendbarkeit der angegriffenen Vorschriften auf sie unzweifelhaft oder ihnen die vorherige Erschöpfung des Rechtswegs tatsächlich unzumutbar wäre, ist jedenfalls nicht erkennbar.

2. Die [X.] sind unzulässig, denn sie sind nicht in einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 [X.] entsprechenden Weise substantiiert.

a) Eine zulässige Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass die Möglichkeit der eigenen, unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit in eigenen Rechten den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] hinreichend konkret dargelegt wird (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 19. November 2021 - 1 BvR 971/21 u.a. -, Rn. 25; stRspr).

Daran fehlt es hier. Die [X.]n sind nur dann selbst von den angegriffenen Vorschriften betroffen, wenn diese auf sie und die von ihnen benannte Zusammenarbeit mit ihren Kunden auch tatsächlich Anwendung finden. Das ist jedoch nicht nur fachgerichtlich nicht geklärt, sondern nach dem Vorbringen auch nicht klar erkennbar.

Die Anwendbarkeit der angegriffenen Regelung und damit die Selbstbetroffenheit der [X.]n lässt sich schon einfachrechtlich nur auf der Grundlage von konkreten Angaben zu durchgeführten Tätigkeiten, Arbeitszeitanteilen und Betriebsstruktur sowie zu Geschäftszwecken der jeweiligen Betriebe selbst oder als Kunden der Zeitarbeitsunternehmen beurteilen. Der Vortrag der Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2888/20 zur Beschäftigtenzahl und zur Zahl der bei Auftrags- und [X.] eingesetzten Leiharbeitskräfte genügt insoweit nicht. Die Darlegung, dass sie die ganze Breite der Wurstproduktion abbilde, bleibt abstrakt. Auch die Aussage, "überwiegend (also mind. 50,1 %), faktisch sogar deutlich mehr Fleischverarbeitung im Sinne des Gesetzes" zu verrichten, wiederholt letztlich die gesetzliche Regelung, zeigt aber nicht näher auf, wie der Betrieb konkret ausgestaltet ist. Der Beschwerdeführerin ist konkreterer Vortrag auch nicht unmöglich. Das veranschaulichen die zwischenzeitlich ergangenen finanzgerichtlichen Entscheidungen (oben Rn. 22), die auch ein Unternehmen der Wurstherstellung betrafen. Das gilt auch für Zeitarbeitsunternehmen. Diese verfügen zwar nicht ohne weiteres über detaillierte Kenntnisse der Verhältnisse bei ihren Kunden als den [X.] des [X.]. Doch erschließt sich hier weder, ob und gegebenenfalls welche weiteren Kenntnisse im Rahmen der vertraglichen Beziehungen zu den Kunden vorhanden sind, noch, warum relevante Daten nicht in Erfahrung gebracht werden könnten. In den Verfahren 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21 und 1 BvR 1154/21 beschränkt sich der Vortrag auf Schätzwerte zu [X.] eigener Arbeitskräfte der Kunden in Bereichen, in denen auch Leiharbeitskräfte eingesetzt würden. Zur Klärung der Anwendbarkeit der angegriffenen Normen genügt aber auch hier die Angabe nicht, es werde "mindestens 50,1 %, faktisch aber 100 %" Fleisch verarbeitet. Das gilt insbesondere, da auch geschildert wird, dass Arbeitskräfte auch zur Kommissionierung, Etikettierung, Palettierung, Versand und Verladung oder als Schlosser und Elektriker eingesetzt würden, die zumindest nicht ohne weiteres der Fleischverarbeitung zuzurechnen sind (zu den divergierenden fachgerichtlichen Einschätzungen m.w.N. oben Rn. 22).

Die angegriffenen Regelungen für die Fleischwirtschaft sind auf die [X.]n nach § 2 Abs. 2 [X.] Fleisch zudem nur anwendbar, wenn das Fremdpersonal nicht in Handwerksbetrieben mit bis zu 49 Arbeitskräften eingesetzt wird. Inwieweit dies der Fall ist, ist in den Verfahren 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1155/21 und 1 BvR 1156/21 nicht hinreichend klar erkennbar.

b) Zur prozessrechtlich geforderten Substantiierung der Rüge, in eigenen Rechten verletzt zu sein, weil eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliege, gehört es auch, sich nicht nur mit den maßgeblichen Vergleichssachverhalten, sondern auch mit den naheliegenden Argumenten für die Ungleichbehandlung auseinanderzusetzen (vgl. [X.] 131, 66 <82>). Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2888/20 befasst sich in ihrem Vergleich mit der Baubranche, Logistikzentren und der Landwirtschaft aber nicht damit, inwiefern die Arbeitsbedingungen sowie der Anteil und Einsatz von Fremdpersonal auch konkret mit dem Kerngeschäft der Fleischindustrie vergleichbar seien, auf die der Gesetzgeber abgestellt hat (vgl. BTDrucks 19/21978, S. 20 f.).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2888/20, 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1155/21, 1 BvR 1156/21

01.06.2022

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BVerfG, 25. Januar 2021, Az: 1 BvR 2888/20, Ablehnung einstweilige Anordnung

Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 6 Abs 9 AEntG 2009, § 2 Abs 1 SAFleischWiG, § 6a SAFleischWiG, § 7 Abs 1 SAFleischWiG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 01.06.2022, Az. 1 BvR 2888/20, 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1155/21, 1 BvR 1156/21 (REWIS RS 2022, 3258)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3258


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 2888/20

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2888/20, 25.01.2021.


Az. 1 BvR 2888/20, 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1155/21, 1 BvR 1156/21

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2888/20, 1 BvR 1152/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1155/21, 1 BvR 1156/21, 01.06.2022.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 2888/20 (Bundesverfassungsgericht)

Erfolgloser Eilantrag gegen das Fremdpersonalverbot in der Fleischwirtschaft - Unzulässigkeit der Eilanträge mangels Darlegung hinreichend …


1 BvQ 165/20, 1 BvQ 166/20, 1 BvQ 167/20 (Bundesverfassungsgericht)

Erfolglose Eilanträge betreffend das Inkrafttreten von Teilen des Arbeitsschutzkontrollgesetzes (ASKG) - gesonderte Mitteilung der Begründung …


1 BvQ 152/20, 1 BvQ 153/20, 1 BvQ 154/20, 1 BvQ 155/20, 1 BvQ 156/20, 1 BvQ 157/20 (Bundesverfassungsgericht)

Erfolglose Eilanträge betreffend das Inkrafttreten von Teilen des Arbeitsschutzkontrollgesetzes - Nachträgliche Bekanntgabe der Begründung gem …


VII B 40/23 (AdV) (Bundesfinanzhof)

Prüfung bei Unklarheiten über die Qualifikation als Betrieb der Fleischwirtschaft


1 K 382/21 (FG Nürnberg)

Unzulässige Feststellungsklage: Wursthersteller als Betrieb der Fleischwirtschaft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 K 382/21

1 BvR 2888/20

1 BvR 781/21

1 BvR 2771/18

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.