Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.01.2013, Az. III R 84/11

3. Senat | REWIS RS 2013, 8580

STEUERRECHT RECHTSANWÄLTE BUNDESFINANZHOF (BFH) EINKOMMENSTEUER

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Gegenstand

Abgrenzung zwischen den berufsüblichen und den außerordentlichen Einkünften eines Rechtsanwalts


Leitsatz

Die Vereinnahmung eines berufsüblichen Honorars für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats führt bei einem Rechtsanwalt nicht zu außerordentlichen Einkünften i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2006) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er übt diese Tätigkeit in einer Einzelpraxis aus.

2

Im März 2003 wurde der Kläger von einem Geschwisterpaar in einer Erbschaftsangelegenheit mandatiert. Die Mandanten waren die gesetzlichen Erben, und zwar die Nichte und der Neffe der Erblasserin, die ein Vermögen von ca. 10 Mio. € hinterlassen hatte. Da sich aufgrund eines notariellen Erbvertrages eine weitere Person namens E. berühmte, Erbe zu sein, kam es zu einem Rechtsstreit. Der Kläger vertrat die Nichte der Erblasserin in einer Erbfeststellungsklage vor dem [X.] ([X.]) und beide Mandanten im [X.] vor dem Nachlassgericht sowie als Geschädigte in einem Strafverfahren gegen E., den Notar [X.] sowie einen weiteren Hintermann [X.] Das [X.] kam im Strafverfahren aufgrund eines Sachverständigengutachtens zu dem Schluss, dass die vorgelegten Urkunden, insbesondere der Erbvertrag, sämtlich gefälscht waren. [X.] wurde die Herausgabe der von ihm verschobenen Vermögenswerte auferlegt, was im [X.] 2006 auch geschah. E. und [X.] wurden strafrechtlich verurteilt. Das [X.] gab der Erbfeststellungsklage mit Versäumnisurteil im [X.] des Jahres 2006 statt, nachdem es zuvor mit Beschluss vom 23. Dezember 2003 Prozesskostenhilfe (PKH) gewährt hatte. Der Kläger verzichtete allerdings darauf, Vorschüsse gegenüber der Staatskasse geltend zu machen. Die Vorschüsse hätten sich wegen der im PKH-Recht vorgesehenen Begrenzung des Gegenstandswerts auf maximal 1.018 € belaufen. [X.] gegenüber seinen Mandanten machte der Kläger schon deswegen nicht geltend, weil diese nicht zahlungsfähig waren.

3

[X.] überwies schließlich an die Mandanten des [X.] auf dessen [X.] den Betrag von 100.173,09 €. Nachdem die beiden Mandate betreffend die Erbrechtsklage und die Vertretung als Geschädigte im Strafverfahren Ende 2006 beendet waren, trafen der Kläger und die beiden Mandanten Ende Dezember 2006 zwei Honorarvereinbarungen, die die Zahlung von 40.000 € für die Erbrechtsklage und von 14.500 € für die Vertretung im Strafverfahren vorsahen. Die Beträge wurden mit der von [X.] auf das [X.] überwiesenen Summe verrechnet.

4

Der Jahresgewinn des [X.] aus seiner anwaltlichen Tätigkeit belief sich im [X.] auf 18.768,51 €, im Jahr 2004 auf ./. 768,60 €, im Jahr 2005 auf 20.392,33 €, im [X.] auf 61.931,06 €, im Jahr 2007 auf 67.517,67 € und im [X.] auf 45.984,03 €.

5

Ohne die Honorare aus der Erbrechtsangelegenheit hätte sich der Jahresgewinn des [X.] in 2006 aus seiner anwaltlichen Tätigkeit somit auf 7.431,06 € (61.931,06 € ./. 54.500 €) belaufen.

6

Dem Begehren der Kläger, die aufgrund der Honorarvereinbarungen vom Dezember 2006 erzielten Einnahmen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, entsprachen weder der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) noch das Finanzgericht ([X.]).

7

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die unzutreffende Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG durch das [X.]. Dessen Auffassung, freiberuflich tätige Rechtsanwälte könnten wegen ihres typischerweise schwankenden Einkommens keine außerordentlichen Einkünfte im Sinne der genannten Vorschrift haben, verstoße bereits gegen den Gesetzeswortlaut. Denn der Kläger habe zweifellos für die Vertretung seiner Mandanten eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit erhalten. Außerdem verletze die vom [X.] vertretene Auslegung den Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten. Die Tarifermäßigung werde ihm allein wegen seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Freiberufler versagt. Das Argument des typischerweise schwankenden Einkommens stelle keinen sachlichen Grund dar, sondern diskriminiere willkürlich seine Berufsgruppe gegenüber Steuerpflichtigen mit gleichmäßigem Jahreseinkommen. Die "naturgegebene" Benachteiligung der unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen durch den progressiven Tarif werde durch die Versagung der Tarifbegünstigung noch verstärkt. Die Behauptung vom typischerweise schwankenden Einkommen sei überdies empirisch nicht belegt; bei Ärzten mit einem bestimmten Patientenstamm dürfte das Einkommen keinen nennenswerten Schwankungen unterliegen. Letztlich würden nur Staatsbedienstete in den Genuss der Steuerermäßigung kommen können. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Fallgruppen der ausnahmsweisen Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf Freiberufler habe keine Grundlage im Gesetzwortlaut und konterkariere den Zweck des § 34 EStG. Entsprechende Einschränkungen gebe es bei abhängig beschäftigten Steuerpflichtigen nicht. Mit dem Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05 ([X.], 247, [X.], 180) habe der [X.] ([X.]) einen zögerlichen Kurswechsel eingeleitet und im Ergebnis die [X.] aufgegeben. Nach diesem Urteil sei für die Tarifermäßigung lediglich Voraussetzung, dass die geballte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine Progressionswirkung typischerweise erwarten lasse. Dass die Vergütung erst nach einem vorangegangenen Rechtsstreit gezahlt worden sei, stelle nur ein konkretes Beispiel für das "typischerweise [X.]" einer abzumildernden Progressionswirkung dar. Selbst bei Beibehaltung der [X.] müsse im Streitfall in Fortentwicklung des genannten [X.]-Urteils eine neue Fallgruppe gebildet werden. Ein Freiberufler habe jedenfalls dann außerordentliche Einkünfte, wenn er ohne ihm zuzurechnende Gründe die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in den jeweiligen [X.] nicht erhalte und ihm die Vergütung erst später in einem Veranlagungszeitraum nach Wegfall der Hinderungsgründe zusammengeballt zufließen würde. Im Streitfall habe er keine Möglichkeit gehabt, die Zusammenballung zu verhindern. Auf die von § 9 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) beziehungsweise vom vormals geltenden § 17 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung ([X.]) eingeräumte Möglichkeit, Vorschüsse zu verlangen, könne er nicht verwiesen werden, weil seine Mandanten finanziell nicht in der Lage gewesen seien, [X.] zu leisten und das Beharren auf einer Zahlung eine Mandatskündigung hätte provozieren können. Eine Einnahmenglättung durch [X.], wie im [X.]-Urteil vom 10. Februar 1972 IV R 8/68 ([X.]E 105, 255, [X.] 1972, 529) angesprochen, sei im Streitfall demnach nicht möglich gewesen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angegriffenen Urteils den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 3. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2008 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer auf 5.618 € und der [X.] auf 207,35 € herabgesetzt wird.

9

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht den ermäßigten Steuersatz nicht auf die streitgegenständlichen Einnahmen angewandt. Berufsübliche Honorareinnahmen eines Rechtsanwalts führen zu laufenden Gewinnen, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind.

1. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach besonderen Regeln zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht.

Für die Anwendung der bei außerordentlichen Einkünften vorgesehenen Tarifermäßigung reicht es nach ständiger Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich nicht aus, dass ein freiberuflich tätiger Steuerpflichtiger für eine mehrjährige Tätigkeit ein berufsübliches Honorar erhält. Zum Zwecke der Abgrenzung der dem gewöhnlichen Tarif unterliegenden laufenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit von den ermäßigt besteuerten außerordentlichen Einkünften sind auch solche Einkünfte, die Ertrag einer mehrjährigen Tätigkeit darstellen, nur dann den außerordentlichen Einkünften zuzuordnen, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird ([X.]-Urteil in [X.]E 216, 247, [X.], 180, m.w.N.). Auch wenn eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste aufgrund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird, kommt § 34 EStG zur Anwendung ([X.]-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 44/03, [X.]E 208, 110, [X.], 276). Daneben hat der [X.] des [X.] außerordentliche Einkünfte auch für den Fall bejaht, dass dem Steuerpflichtigen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung [X.] zufließt ([X.]-Urteil in [X.]E 216, 247, [X.], 180).

2. Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den Vergütungen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Erbrechtsangelegenheit erhalten hat, nicht um außerordentliche Einkünfte. Der Kläger war, was von ihm selbst nicht angezweifelt wird, weder in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung, noch hat er eine abgrenzbare Sondertätigkeit entfaltet. Er hat sich auch nicht während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet. Vielmehr hat er einen für den Beruf des Rechtsanwalts typischen Auftrag ausgeführt und nach [X.] abgerechnet (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Februar 1993 I R 119/91, [X.]/NV 1993, 593). Die erhaltene Vergütung hat er nicht als Nachzahlung aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung erhalten, so dass, ungeachtet der Frage, ob der Senat der Rechtsauffassung des [X.]s in dessen Urteil in [X.]E 216, 247, [X.], 180 beitreten könnte, auch unter diesem Gesichtspunkt die Anwendung des § 34 EStG ausgeschlossen ist.

3. Der [X.] hat in den vergangenen Jahrzehnten seine auf Entscheidungen des [X.] --RFH-- (z.B. [X.] vom 19. Juni 1923 [X.], [X.] 12, 228 betreffend Rechtsanwalt; vom 16. Dezember 1931 VI A 1277/31, [X.], 169 betreffend Ingenieur; vom 19. Februar 1936 VI A 71/36, [X.], 651 betreffend Testamentsvollstreckertätigkeit eines Rechtsanwalts; vom 21. September 1944 IV 139/43, [X.] 1944, 748 betreffend Rechtsanwalt) zurückgehende Rechtsprechung zur Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG --bzw. der [X.] im Bereich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit wiederholt im Hinblick auf verschiedentlich erhobene Einwendungen überprüft und stets daran festgehalten, dass die Anwendung der Tarifermäßigung auf besondere Tätigkeiten beschränkt ist, die von der üblichen Tätigkeit eines Freiberuflers abgrenzbar sein müssen (z.B. [X.]-Urteile vom 10. Mai 1961 IV 275/59 U, [X.]E 73, 730, [X.]I 1961, 532; vom 22. Mai 1975 IV R 33/72, [X.]E 116, 136, [X.] 1975, 765; in [X.]/NV 1993, 593). Auch der erkennende Senat sieht keine Veranlassung zu einer Änderung oder Fortentwicklung dieser Rechtsprechung. Die Einwendungen der Revision sind nicht stichhaltig.

a) Grundlage der ständigen Rechtsprechung ist der Befund, dass mehrjährige Tätigkeiten und die hierfür erhaltenen Vergütungen bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen nicht unüblich sind, häufig sogar die Regel sein dürften. Zu denken ist etwa an einen forensisch tätigen Rechtsanwalt, der angesichts der Dauer der vorgerichtlichen Auseinandersetzung und der in [X.] üblichen gerichtlichen Verfahrenslaufzeiten nicht selten mehrjährig i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG --dafür genügt bereits ein 13 Monate dauerndes Mandat-- in Anspruch genommen wird. Dass, von den streitigen Einnahmen abgesehen, noch weitere Honorareinnahmen aus einer mehrjährigen Tätigkeit des [X.] herrühren, erscheint auch im Streitfall nicht fernliegend. Die Bearbeitung der an Architekten oder Ingenieure erteilten Aufträge wird ebenfalls vielfach mehr als ein Jahr benötigen. Ohne Einschränkung des Gesetzeswortlauts wären damit erhebliche Teile der von Freiberuflern erzielten Einkünfte keine laufenden Gewinne, sondern bei Bezahlung zum Zeitpunkt der Auftragsbeendigung (vgl. z.B. § 15 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure und §§ 8, 10 RVG) außerordentliche Einkünfte. Dies würde nicht nur zu ganz erheblichen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Veranlagungsarbeiten führen (zu diesem Praktikabilitätsargument bereits [X.] in [X.], 169; [X.]-Urteil in [X.]E 116, 136, [X.] 1975, 765). Was sachlich deutlich schwerer wiegt, ist der Umstand, dass die berufsüblichen Einkünfte von Freiberuflern in beträchtlichem Umfang nicht dem Regelsteuersatz unterliegen würden, was diese Personengruppe gegenüber anderen Steuerpflichtigen privilegieren würde, die, wie z.B. Arbeitnehmer, ihre berufsüblichen Einkünfte "normal" versteuern müssen. Daher geht das [X.] zur angeblichen Diskriminierung einer ganzen Berufsgruppe schon im Ansatzpunkt fehl.

In Folge der Häufigkeit und Regelmäßigkeit, mit der mehrjährige Aufträge von Freiberuflern typischerweise angenommen, abgewickelt und abgerechnet werden, gehen Vergütungen --auch ohne [X.] für mehrjährige Tätigkeiten kontinuierlich in die Gewinnermittlung der jeweiligen Veranlagungszeiträume ein und sorgen schon hierdurch, jedenfalls bei halbwegs stabiler Auftragslage, für die von § 34 EStG bezweckte Tarifglättung (so zutreffend bereits [X.], Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, II. Band, S. 956). Bei instabiler Auftragslage oder überhaupt bei wechselhaftem unternehmerischen Erfolg in einzelnen Jahren sind die daraus resultierenden [X.] von den betroffenen Steuerpflichtigen hinzunehmen. Denn § 34 EStG dient nicht dazu, die nachteiligen Folgen temporal schwankender Einkünfte generell auszugleichen (vgl. [X.] in [X.], 651). Dass im Streitfall die mit dem Erbrechtsmandat verbundenen Honorareinnahmen im Vergleich zu den übrigen Einnahmen des [X.] betragsmäßig weit herausragten und zur "schwankenden" Einnahmesituation geführt haben, ist im Wesentlichen Folge des in der Akquisition und Bearbeitung eines [X.] zu erblickenden unternehmerischen Erfolgs. Die sich aus dem Vergleich zu anderen Mandaten ergebende relative "Größe" eines [X.] kann für sich genommen nicht zur Annahme "außerordentlicher" Einkünfte und zur Anwendung der Tarifermäßigung führen.

b) Für die hiernach gebotene Abgrenzung zwischen berufsüblichen Honoraren und außerordentlichen Einkünften hat die Rechtsprechung die oben erwähnten Fallgruppen gebildet. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, eine neue Fallgruppe zu entwickeln bzw. eine bestehende zu erweitern.

aa) Die Tatsache, dass der Kläger im Streitfall von seinen Mandanten keine [X.] erlangen konnte, ändert an der Berufsüblichkeit des Honorars nichts. Honorareinnahmen sind nicht deshalb "außerordentlich" oder atypisch, weil der Auftraggeber finanziell nicht oder kaum in der Lage ist, [X.] zu leisten. Wenn es rechtlich auf den Umstand ankäme, ob eine Vorschusszahlung realisierbar ist oder nicht, wäre die [X.] laufender von außerordentlichen Einkünften zudem in der Praxis kaum zu leisten. Denn bei einer Vielzahl von Mandaten müssten die wahren Gründe für die Nichtleistung eines Vorschusses (Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, Rücksichtnahme auf eine langjährige Kundenbeziehung, Gefahr der Mandatskündigung bei als unangemessen empfundenem Vorschussverlangen, Bewilligung von PKH, Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers u.ä.) ermittelt werden, um die von Amts wegen vorzunehmende Entscheidung über den anzuwendenden Tarif treffen zu können. Schließlich lässt die Möglichkeit der Bewilligung von PKH und der hieraus resultierende, gegen die Staatskasse gerichtete [X.] des Anwalts gemäß §§ 45, 47 RVG (entspricht §§ 121, 127 [X.]) eine Zusammenballung von Einkünften mit entsprechender Progressionswirkung nicht typischerweise erwarten. Der Einwand der Kläger, dass die Vergütung nach [X.] im Streitfall im Vergleich zum Gegenstandswert wegen einer gesetzlichen Gebührendeckelung recht niedrig gewesen wäre (vgl. § 49 RVG, § 123 [X.]), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die Höhe der im Einzelfall gezahlten Vergütung ist für die Anwendung des § 34 EStG nicht rechtserheblich. Auch bei einem "kleinen" mehrjährigen Mandat müsste, wollte man der Revision folgen, die Tarifermäßigung grundsätzlich gewährt werden. Bei einem solchen Mandat hätten [X.] auf der Grundlage der §§ 47 RVG, 127 [X.] aber durchaus Gewicht, da bei niedrigen Gegenstandswerten der beigeordnete Rechtsanwalt dieselben Gebühren erhält wie ein Wahlanwalt (Müller-Rabe in [X.], Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 20. Aufl. 2012, § 49 Rz 4).

bb) Die vom Kläger auf der Basis des [X.]-Urteils in [X.]E 216, 247, [X.], 180 begehrte Fortentwicklung der dort angesprochenen Fallgruppe kommt nicht in Betracht. Der Entscheidung des [X.]s lag nicht der Normalfall der üblichen Honorierung einer typischen freiberuflichen Leistung zugrunde, sondern ein außerordentliches, nicht dem normalen Ablauf entsprechendes Ereignis. Erst dieses ungewöhnliche, also gerade nicht berufstypische Geschehen führte zu einem [X.]en Einnahmenzufluss, der eine entsprechende Progressionswirkung erwarten ließ. Dieses atypische Ereignis war ein mit der [X.] geführter Prozess über die --erst durch ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) geklärte-- Punktbewertung psychotherapeutischer Leistungen (vgl. [X.] vom 25. August 1999 B 6 KA 14/98 R, [X.], 235), die nach dem Obsiegen des Steuerpflichtigen zu einer einmaligen Nachzahlung für die Vielzahl der in mehreren zurückliegenden Jahren erbrachten ärztlichen Leistungen führte. Damit ist der vorliegende Fall einer gewöhnlichen Honorierung eines Rechtsanwalts nicht vergleichbar. An der Vergleichbarkeit würde es entgegen der Auffassung des [X.] auch dann fehlen, wenn ein Rechtsanwalt sein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit nicht durch freiwillige Zahlung des Mandanten, sondern erst aufgrund einer Honorarklage erhielte.

Meta

III R 84/11

30.01.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 28. September 2009, Az: 5 K 201/08, Urteil

§ 34 Abs 2 Nr 4 EStG 2002, EStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.01.2013, Az. III R 84/11 (REWIS RS 2013, 8580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8580

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