Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2010, Az. KZR 3/08

Kartellsenat | REWIS RS 2010, 5337

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 29. Juni 2010 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 29. Juni 2010 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] und [X.] Raum, Dr. Bergmann, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. [X.]ellsenats des [X.] vom 16. Januar 2008 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand: Die beklagte [X.] ([X.]) ist der in [X.] füh-rende Betreiber von öffentlich zugänglichen Telefondiensten. Die klagende [X.] betreibt einen Auskunftsdienst. Die dafür erforderlichen Teilnehmerdaten bezieht sie von [X.]. Grundlage dafür ist ein Vertrag vom 23. Oktober 2003. Danach hat [X.] ein Entgelt zu entrichten, dessen Höhe sich einerseits nach 1 - 3 - der Zahl der Zugriffe auf ihren Auskunftsdienst, andererseits nach den Kosten einer von [X.] betriebenen Datenbank "[X.]" (Datenredaktion) und der Pflege der darin gespeicherten Daten sowie der Kosten für deren Übermittlung richtet. 2 [X.] speichert die Daten ihrer Kunden einschließlich vertrags- und ab-rechnungstechnischer Informationen in einer Datenbank "[X.]" (Anmelde-dienst). Von dort werden diejenigen Daten, die in [X.] oder Teil-nehmerverzeichnisse aufgenommen werden sollen, in die Datenbank [X.] übertragen und entsprechend aufbereitet. In diese Datenbank werden auch Teilnehmerdaten übernommen, die [X.] von Wettbewerbern zum Zwecke der Bereitstellung eines Telefonauskunftsdienstes und von [X.] überlassen werden (sog. Carrierdaten). Für die erhaltenen Daten zahlte [X.] im Jahr 2003 181.824,57 • zuzüg-lich der Kosten der Datenübermittlung. Nachdem sich [X.] gegenüber dem [X.] bereit erklärt hatte, bei der Preisberechnung geringere Kosten anzusetzen, zahlte sie 19.061,06 • an [X.] zurück. Unter Berufung auf eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. November 2004 ([X.]/03, [X.]. 2004, [X.] = EuZW 2005, 17 - [X.] Te-lecom) vertritt [X.] die Auffassung, nur ein Entgelt in Höhe der Kosten der Da-tenübermittlung geschuldet zu haben; mit den Kosten der Datenbank [X.] und denen der Aufbereitung der Teilnehmerdaten durch [X.] dürfe sie nicht belastet werden. 3 Mit der Klage verlangt [X.] die Rückzahlung des restlichen Entgelts, Er-satz entgangenen Nutzungsausfalls und Zahlung von Zinsen. Das Berufungs-gericht hat der Klage bis auf einen Teil des [X.] stattgegeben und sie 4 - 4 - im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt [X.] ihren Antrag auf volle Klageabweisung weiter. Entscheidungsgründe: 5 Die Revision hat Erfolg und führt, soweit zum Nachteil der Beklagten ent-schieden worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. [X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet (WuW/E DE-R 2299): 6 [X.] sei gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zur Rückzahlung des Entgelts verpflichtet. Denn § 12 [X.] vom 25. Juli 1996 (im Folgenden: [X.]) sei ein Verbotsgesetz i.S. des § 134 BGB und [X.] habe höhere als die danach zulässigen Entgelte verlangt. Dabei komme es nicht darauf an, ob [X.] als Lizenznehmer Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbiete (§ 12 Abs. 1 [X.] 1996) oder als Dritter anzusehen sei (§ 12 Abs. 2 [X.] 1996). Jedenfalls in Bezug auf die Daten, die zum Betrieb eines Aus-kunftsdienstes zwingend erforderlich seien (sogenannte Basisdaten), sei [X.] nur berechtigt, ein Entgelt in Höhe der Kosten einer effizienten Bereitstellung der Daten zu verlangen. Darunter fielen nur die Kosten des tatsächlichen [X.], nicht dagegen die - von der Preisvereinbarung der Parteien ebenfalls erfassten - Kosten des Aufbaus und der Unterhaltung der Datenbank [X.]. Das ergebe sich aus einer an der Richtlinie 2002/22/EG des [X.] und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten 7 - 5 - (Universaldienstrichtlinie) orientierten Auslegung des § 12 [X.] 1996. Soweit die Preisvereinbarung der Parteien dagegen verstoße, sei sie gemäß § 134 BGB nichtig. 8 I[X.] Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt revisions-rechtlicher Überprüfung nicht stand. 9 Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob nur die sogenannten [X.] nach § 12 [X.] 1996 herauszugeben seien und deshalb nur für diese Daten der Preis an den Kosten des Zurverfügungstellens ausgerichtet werden müsse. Das kann nicht offen bleiben. Denn die Preisvereinbarung der Parteien ist - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle seines Urteils zutreffend ausge-führt hat - nur in dem Maße nichtig, in dem sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Gemäß § 12 [X.] 1996 hat ein Lizenznehmer, der [X.] für die Öffentlichkeit anbietet, anderen Unternehmen zum Zwecke der Aufnahme eines [X.]s oder der Herausgabe eines Verzeichnisses Teilnehmerdaten in kundengerechter Form zugänglich zu ma-chen. Ist der Empfänger der Teilnehmerdaten ebenfalls ein Lizenznehmer, der Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, kann der die Daten überlassende Lizenznehmer nach § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996 dafür ein Entgelt erheben, das sich an den "Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert". Werden die Daten einem [X.] § 12 Abs. 2 [X.] 1996 zu-gänglich gemacht, kann von diesem ein "angemessenes Entgelt" verlangt wer-den. 10 - 6 - Wie der [X.] in seinen Urteilen "Teilnehmerdaten I" und "[X.]" (jeweils vom 13. Oktober 2009 - [X.], [X.], 349 [X.]. 14 ff. und [X.] [X.]. 16 ff., juris) näher ausgeführt hat, ist § 12 [X.] 1996 ab dem Ende der Umsetzungsfrist der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parla-ments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs ([X.]) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im [X.] in einem wettbewerbsorientierten Umfeld ([X.] II-RL) am 30. Juni 1998 dahingehend auszulegen, dass sowohl von einem Anbieter von [X.] 1 als auch von einem [X.] Absatzes 2 für die Überlassung von sogenannten [X.] (Name, Anschrift, Rufnummer) der eigenen Kunden des [X.] kein Entgelt verlangt werden darf, das die (Grenz-)Kosten der Da-tenübermittlung (Kostenkategorie 3 nach der Definition der Urteile vom [X.], aaO [X.]. 16 bzw. 19) übersteigt oder nach dem Umfang der [X.] berechnet wird, während für die sogenannten Zusatzdaten (wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses oder Mitbenutzer) und die sogenannten Fremd-daten (Carrierdaten) diese Beschränkung nicht gilt. Insoweit können im Rah-men der Kosten der effizienten Bereitstellung auch die Kosten gemäß Kosten-kategorie 1 (Kosten für die Datenbank unter Berücksichtigung von Kapitalkos-ten, Betriebskosten und Datenbankentwicklungskosten) und Kostenkategorie 2 (Prozesskosten für die Pflege des Bestands der Standardeinträge) nutzungsab-hängig umgelegt werden; von [X.] § 12 Abs. 2 [X.] 1996 kann ein darüber hinausgehendes angemessenes Entgelt verlangt werden. Der [X.] hat dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichts (Urt. v. 16. Juli 2006 - 6 C 2/07, NVwZ-RR 2008, 832 [X.]. 19 ff.) das nationale Recht anhand der [X.] II-Richtlinie, der im Jahr 2002 an deren Stelle getretenen Universaldienstrichtlinie und der Entscheidung des [X.] vom 25. November 2004 (aaO [X.]. 37 ff. - [X.] Telecom) gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt. 11- 7 - Ohne Erfolg macht die Revision geltend, durch diese Auslegung des § 12 [X.] werde [X.] in ihren Grundrechten aus Art. 3, 12 und 14 [X.] ver-letzt, weil nach § 45m Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 [X.] in der ab dem 24. Februar 2007 geltenden Fassung (zuvor § 21 Telekommunikations-Kundenschutzver-ordnung - TKV) die Teilnehmerdaten - bis auf Ausnahmen nach § 45m Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 [X.] - kostenlos in ein Teilnehmerverzeichnis einzutragen oder in einen Auskunftsdienst zu übernehmen seien und die damit verbundenen Kosten nicht über die allgemeinen Entgelte umgelegt werden könnten. Die Pflicht, Teilnehmerdaten kostenlos zu veröffentlichen, lässt die Möglichkeit un-berührt, die dadurch entstehenden Kosten als Teil der umlagefähigen Kosten und Aufwendungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 [X.] bei der Berechnung genehmigungsfähiger Entgelte zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 16. Juli 2006, aaO [X.]. 20; [X.], Urteile v. 13. Oktober 2009, aaO [X.]. 27 bzw. 30 - Teilnehmerdaten [X.]). Das Gebot des § 45m [X.], die Teilnehmerda-ten kostenlos zu veröffentlichen, ist erfüllt, wenn für die Veröffentlichung der Daten kein gesondertes Entgelt verlangt wird. 12 Weiter hat der [X.] in seinen vorgenannten Urteilen angenommen, dass ein Verstoß gegen die Preisbestimmung des § 12 [X.] 1996 - nur - inso-weit zur Nichtigkeit der Entgeltabrede nach § 134 BGB führt, als der vereinbarte Preis den zulässigen überschreitet (aaO [X.]. 49 bzw. 62). 13 - 8 - II[X.] Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird - gegebenen-falls anhand ergänzenden Vortrags der Parteien - die Höhe des wirksam ver-einbarten Preises anhand der für Basisdaten einerseits und Zusatz- sowie Fremddaten andererseits geltenden Preisgrenzen zu bestimmen haben. 14 [X.] Raum Bergmann

Strohn Kirchhoff Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.], Entscheidung vom 16.01.2008 - [X.] ([X.]) 9/06 -

Meta

KZR 3/08

29.06.2010

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2010, Az. KZR 3/08 (REWIS RS 2010, 5337)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5337

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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