Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2010, Az. KZR 47/07

Kartellsenat | REWIS RS 2010, 5390

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 29. Juni 2010 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] hat im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 1. Juni 2010 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] und [X.] Raum, Dr. Bergmann, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. [X.]ellsenats des [X.] vom 27. Juni 2007 in der [X.] des [X.] vom 20. Februar 2008 aufge-hoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin, die [X.] ([X.]), ist der in [X.] führende Betreiber von öffentlich zugänglichen Telefondiensten. Die beklagte [X.] befasst sich mit der Beschaffung und Aufbereitung von Teil-nehmerdaten, auf deren Grundlage sie und ihre Muttergesellschaft telegate [X.] betreiben. Überwiegend bezieht [X.] die [X.] - 3 - ten von [X.]. Grundlage dafür ist ein Vertrag vom 11./31. Oktober 2000. [X.] hat [X.] ein Entgelt zu entrichten, dessen Höhe sich einerseits nach der Zahl der Zugriffe auf die [X.], andererseits nach den Kosten einer von [X.] betriebenen Datenbank "[X.]" (Datenredaktion) und der Pflege der darin gespeicherten Daten sowie nach den Kosten für deren Über-mittlung richtet. [X.] speichert die Daten ihrer Kunden einschließlich vertrags- und ab-rechnungstechnischer Informationen in einer Datenbank "[X.]" (Anmelde-dienst). Von dort werden diejenigen Daten, die in [X.] oder Teil-nehmerverzeichnisse aufgenommen werden sollen, in die Datenbank [X.] übertragen und entsprechend aufbereitet. In diese Datenbank werden auch Teilnehmerdaten übernommen, die [X.] von Wettbewerbern zum Zwecke der Bereitstellung eines Telefonauskunftsdienstes und von [X.] überlassen werden (sog. Carrierdaten). 2 Unter Berufung auf eine Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 25. November 2004 ([X.]/03, [X.]. 2004, [X.] = EuZW 2005, 17 - [X.]) vertritt [X.] die Auffassung, nur ein Ent-gelt in Höhe der Kosten der Datenübermittlung zu schulden; mit den Kosten der Datenbank [X.] und denen der Aufbereitung der Teilnehmerdaten durch [X.] dürfe sie dagegen nicht belastet werden. Sie kürzte deshalb die Rech-nungen der [X.] aus der [X.] vom 29. Juni 2001 bis zum 18. Januar 2002 um bis zu 30%. 3 Mit der Klage verlangt [X.] Zahlung der einbehaltenen [X.] in Höhe von 2.946.490,33 •. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung von [X.] zurückgewiesen. Mit der vom 4 - 4 - erkennenden [X.] zugelassenen Revision verfolgt [X.] ihren Klageantrag weiter. Entscheidungsgründe: 5 Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: [X.] habe keinen Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Vergütung. Die [X.] der Parteien sei wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 1, 4 Nr. 1 GWB und § 12 TKG vom 25. Juli 1996 (im Folgenden: [X.]) gemäß § 134 BGB nichtig. [X.] habe als marktbeherrschendes Unternehmen die Wettbe-werbsmöglichkeiten von [X.] in erheblicher Weise ohne sachlich gerecht-fertigten Grund beeinträchtigt. Denn sie habe die von ihr vorgehaltenen Teil-nehmerdaten nur zu Preisen überlassen, die über den nach § 12 TKG zuläs-sigen Entgelten gelegen hätten. Dabei komme es nicht darauf an, ob der [X.] der Teilnehmerdaten als Lizenznehmer [X.] für die Öffentlichkeit anbiete (§ 12 Abs. 1 TKG 1996) oder als Dritter anzusehen sei (§ 12 Abs. 2 TKG 1996). In jedem Fall sei [X.] nur berechtigt, ein Entgelt in Höhe der Kosten einer effizienten Bereitstellung der Daten zu ver-langen. Unter "angemessenem Entgelt" in Absatz 2 der Vorschrift, der sich auf [X.] beziehe, sei nämlich dasselbe zu verstehen wie unter "Kosten der effizienten Bereitstellung" in Absatz 1. Darunter fielen nur die Kos-ten des tatsächlichen Zurverfügungstellens, nicht dagegen die - von der Preis-vereinbarung der Parteien ebenfalls erfassten - Kosten des Aufbaus und der 7 - 5 - Unterhaltung der Datenbank [X.]. Das ergebe sich aus einer an der [X.] 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs ([X.]) beim Sprachtele-fondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld ([X.] II-RL) orientierten Auslegung des § 12 TKG 1996. [X.] könne nicht geltungserhaltend redu-ziert werden, weil dadurch die Klägerin zu Unrecht belohnt würde. Im Übrigen seien die gegebenenfalls wirksam vereinbarten Entgeltteile nicht Gegenstand der Klage. 8I[X.] Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. 9 1. Das Berufungsgericht hat § 12 TKG 1996 fehlerhaft ausgelegt und ist so zu einem unrichtigen Ergebnis gelangt. 10 Gemäß § 12 TKG 1996 hat ein Lizenznehmer, der [X.] für die Öffentlichkeit anbietet, anderen Unternehmen zum Zwecke der Aufnahme eines [X.]s oder der Herausgabe eines Verzeichnisses Teilnehmerdaten in kundengerechter Form zugänglich zu ma-chen. Ist der Empfänger der Teilnehmerdaten ebenfalls ein Lizenznehmer, der Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, kann der die Daten überlassende Lizenznehmer nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996 dafür ein Entgelt erheben, das sich an den "Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert". Werden die Daten einem [X.] § 12 Abs. 2 TKG 1996 [X.] - 6 - gänglich gemacht, kann von diesem ein "angemessenes Entgelt" verlangt wer-den. 12 Wie der [X.] in seinen Urteilen "Teilnehmerdaten I" und "[X.]" (jeweils vom [X.] - [X.], [X.], 349 [X.]. 14 ff. und [X.] [X.]. 16 ff., juris) näher ausgeführt hat, ist § 12 TKG 1996 ab dem Ende der Umsetzungsfrist der [X.] II-Richtlinie am 30. Juni 1998 dahingehend auszulegen, dass sowohl von einem Anbieter von [X.] als auch von einem [X.] Absat-zes 2 für die Überlassung von sogenannten Basisdaten (Name, Anschrift, Ruf-nummer) der eigenen Kunden des Herausgabepflichtigen kein Entgelt verlangt werden darf, das die (Grenz-)Kosten der Datenübermittlung (Kostenkategorie 3 nach der Definition der Urteile vom [X.], aaO [X.]. 16 bzw. 19) übersteigt oder nach dem Umfang der Nutzung berechnet wird, während für die soge-nannten Zusatzdaten (wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses oder Mitbenut-zer) und die sogenannten Fremddaten (Carrierdaten) diese Beschränkung nicht gilt. Insoweit können im Rahmen der Kosten der effizienten Bereitstellung auch die Kosten gemäß Kostenkategorie 1 (Kosten für die Datenbank unter Berück-sichtigung von Kapitalkosten, Betriebskosten und Datenbankentwicklungskos-ten) und Kostenkategorie 2 (Prozesskosten für die Pflege des Bestands der Standardeinträge) [X.] umgelegt werden; von [X.] § 12 Abs. 2 TKG 1996 kann ein darüber hinausgehendes angemessenes Ent-gelt verlangt werden. Der [X.] hat dabei in Übereinstimmung mit der Recht-sprechung des [X.] (Urt. v. 16.7.2006 - 6 C 2/07, NVwZ-RR 2008, 832 [X.]. 19 ff.) das nationale Recht anhand der hier maßgebli-chen [X.] II-Richtlinie und der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 25. November 2004 (aaO [X.]. 37 ff. - [X.] Tele-com) gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt. - 7 - 2. Der Verstoß gegen § 12 TKG 1996 hat zur Folge, dass die Preisver-einbarung der Parteien gemäß § 134 BGB in dem Umfang nichtig ist, in dem sie gegen das [X.] verstößt ([X.], Urt. v. [X.] - [X.], aaO [X.]. 10 ff., 49 - Teilnehmerdaten I). Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts erfasst die Nichtigkeitsfolge nicht die gesamte [X.]. 13 14 II[X.] Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen [X.] des zulässigen Entgelts getroffen werden können. [X.] Raum Bergmann
Strohn Kirchhoff Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.08.2005 - 91 O 62/03 - [X.], Entscheidung vom 27.06.2007 - [X.] ([X.]) 17/05 -

Meta

KZR 47/07

29.06.2010

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2010, Az. KZR 47/07 (REWIS RS 2010, 5390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5390

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.