Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.06.2011, Az. X ZR 68/08

10. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5894

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Gegenstand

Europäisches Patent: Patentfähigkeit der Entdeckung der Möglichkeit der Behandlung eines Krankheitssymptoms des Morbus Alzheimer mit einem vorbekannten Wirkstoff  - Memantin


Leitsatz

Memantin

Die Entdeckung, dass ein bestimmter Wirkstoff einem bei einer bestimmten Krankheit - hier: Morbus Alzheimer - auftretenden pathologischen Zustand - hier: dem exzessiven Einstrom von Calciumionen durch N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptorkanäle - entgegen wirkt, kann keine neue Lehre zum technischen Handeln begründen, wenn es im Stand der Technik bekannt war, an dieser Krankheit leidende Patienten zur Linderung der Krankheitssymptome mit dem Wirkstoff zu behandeln und weder eine neue Art und Weise der Wirkstoffgabe gelehrt noch eine Patientengruppe als erfolgreich behandelbar aufgezeigt wird, die mit dem Wirkstoff bislang nicht behandelt worden ist .

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] vom 11. Dezember 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des aufgrund einer Anmeldung vom 14. April 1989 erteilten, im Verlaufe des Berufungsverfahrens durch Zeitablauf erloschenen [X.] Patents 392 059 ([X.]), das die Verwendung von [X.] der zerebralen Ischämie betrifft. Es umfasst in der erteilten Fassung zwölf Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 und 11 wie folgt lauten:

"1. Verwendung von Adamantanderivaten der allgemeinen Formel

Abbildung

worin R1 und R2 gleich oder verschieden sind und Wasserstoff oder geradkettige oder verzweigte Alkylgruppen mit 1 bis 6 C-Atomen bedeuten oder zusammengenommen mit N eine heterocyclische Gruppe mit 5 oder 6 Ringgliedern darstellen,

R3 und R4 jeweils gleich oder verschieden sind und ausgewählt sind aus Wasserstoff, einem geradkettigen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 6 C-Atomen, einem Cycloalkylrest mit 5 oder 6 C-Atomen, dem [X.],

und worin R5 Wasserstoff oder einen geradkettigen oder verzweigten C1-C6-Alkylrest darstellt,

sowie deren pharmazeutisch verträglichen Salze,

zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen infolge einer zerebralen Ischämie.

11. Verwendung von [X.], wie sie in den Ansprüchen 1 bis 9 offenbart werden, zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Morbus Alzheimer."

2

Die Beklagte ist ferner Inhaberin des am 15. November 2002 beim [X.] angemeldeten und mit Beschluss vom 13. Februar 2006 erteilten ergänzenden [X.] 048 für "Memantin, sowie dessen pharmazeutisch verträgliche Salze, insbesondere [X.]" ([X.]). Als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in [X.] und in der [X.] sind in dem [X.] Zulassungen vom 15. Mai 2002 für das Humanarzneimittel "Ebixa-Memantine" mit dem Wirkstoff [X.] angegeben. Die Laufzeit des Zertifikats begann am 15. April 2009 und endet am 14. April 2014.

3

Noch unter der Geltung des [X.]es ([X.]) 1961 hatte die Beklagte das Arzneimittel "Akatinol-Memantine" mit dem Wirkstoff [X.] in den Verkehr gebracht, für das sie gemäß dem [X.] 1976 eine fiktive Zulassung erhielt. Diese ist aufgrund einer Verzichtserklärung der Beklagten vom 9. Juli 2002 erloschen. Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin erhielt für "Akatinol-Memantine" ferner Zulassungen in anderen [X.] Staaten, unter anderem mit der Indikation "hirnorganisches Psychosyndrom".

4

Die Klägerinnen zu 1 und 2 sowie die Streithelferin haben geltend gemacht, der Gegenstand des [X.] sei nicht patentfähig. Zur Begründung haben sie sich insbesondere auf einen Artikel von [X.] et al., [X.] in [X.], 1986, Ausgabe 10, Seiten 87 bis 93 (Anlage [X.]), auf die [X.] zum [X.], Expertengespräch, [X.] 1987 (Anlage [X.]) und zahlreiche weitere Unterlagen berufen. Die Klägerin zu 2 und ihre Streithelferin haben auch die Nichtigerklärung des [X.]s wegen der mangelnden Patentfähigkeit des [X.] begehrt. Sie haben darüber hinaus, ebenso wie die Klägerinnen zu 3 und 4, geltend gemacht, dass das [X.] zu Unrecht erteilt worden sei, weil die [X.] vom 15. Mai 2002 nicht die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen der zugelassenen Erzeugnisse als Arzneimittel in [X.] gemäß Art. 3 d der Verordnung ([X.]) 1789/92 seien.

5

Die Beklagte hat das Grundpatent beschränkt verteidigt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

6

Das Patentgericht hat die vier gesonderten Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit dem angefochtenen Urteil hat es das Grundpatent und das [X.] für nichtig erklärt.

7

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie hat angekündigt, das Grundpatent in erster Linie mit folgendem Patentanspruch verteidigen zu wollen:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen infolge einer cerebralen Ischämie nach Morbus Alzheimer."

8

Ferner hat sie fünf Hilfsanträge angekündigt, die wie folgt lauten:

Hilfsantrag I:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Morbus Alzheimer."

Hilfsantrag II:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen infolge einer cerebralen Ischämie nach Morbus Alzheimer, wobei das Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet ist."

Hilfsantrag III:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch [X.] nach Morbus Alzheimer."

Hilfsantrag IV:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch [X.] nach Morbus Alzheimer, wobei das Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet ist."

Hilfsantrag V:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medikaments zur neuroprotektiven Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch [X.] nach Morbus Alzheimer, wobei das Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet ist."

9

Mit Rücksicht auf den Ablauf der Schutzdauer des [X.] haben die Klägerinnen zu 1 und 2 und die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit die Nichtigerklärung des [X.] begehrt worden ist. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben ihre Klagen auf den Antrag erweitert, das [X.] wegen mangelnder Patentfähigkeit des Gegenstands des [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen, soweit sie sich gegen das [X.] richten.

Im Auftrag des Senats hat Universitätsprofessor [X.], Direktor der Neurologischen Universitätsklinik der Medizinischen Fakultät M.   der [X.]    , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist nur noch über die Rechtsbeständigkeit des [X.]s zu entscheiden.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt hinsichtlich des [X.]s ohne Erfolg, denn der Gegenstand des erloschenen [X.] ist nicht patentfähig (Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EG] Nr. 469/2009 des [X.] und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende [X.] [nachfolgend [X.]], durch die die insoweit gleichlautende Verordnung ([X.]) Nr. 1768/92 aufgehoben wurde, i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 54 EPÜ).

I. Das Grundpatent betrifft die Verwendung von [X.] der im Tatbestand dargestellten allgemeinen [X.], zu denen das in den verteidigten Patentansprüchen allein genannte 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan ([X.]) gehört, und deren pharmazeutisch verträglicher Säureadditionssalze zur Behandlung [X.] u.a. nach Schlaganfall oder Herzinfarkt und von [X.].

1. Nach der Patentbeschreibung waren vor dem Anmeldetag des [X.] bereits Verbindungen der [X.] als [X.]el zur Behandlung von Morbus [X.] und parkinsonähnlichen Erkrankungen bekannt. Ihre Wirkungsweise werde auf eine dopaminerge Beeinflussung des zentralen Nervensystems zurückgeführt, vermittelt entweder durch vermehrte Freisetzung oder durch Aufnahmehemmung der Transmittersubstanz Dopamin. Dadurch werde das Ungleichgewicht im Dopamin/Acethylcolinsystem aufgehoben ([X.] bis 46). Auf den dopaminergen Einfluss werde auch das akute Verschwinden charakteristischer Veränderungen im Elektroenzephalogramm bei Patienten mit [X.] zurückgeführt. Die erfindungsgemäßen Verbindungen sollen sich demgegenüber zur Behandlung der Schädigung von Neuronen infolge eines exzessiven [X.] über N-Methyl-D-Aspartat([X.], insbesondere nach einer cerebralen Ischämie, eignen ([X.]/32).

Im Gegensatz zu der bei [X.] oder Jakob-Creutzfeld vorliegenden Art von Erkrankungen bestehe bei der cerebralen Ischämie eine pathophysiologische Situation, in der die neuronalen Erregungsmechanismen aus dem Gleichgewicht gerieten. Dabei führe der exzessive Einstrom von Calcium durch die [X.] zur Zerstörung von Nervenzellen bestimmter Hirnareale. Um diese pathologische Situation beheben zu können, müsse dem Calciumeinstrom durch die [X.] entgegengewirkt werden. Bekannte Antagonisten seien nur relativ aufwendig herzustellen.

Das Grundpatent bezeichnet es vor diesem Hintergrund als Aufgabe der Erfindung, chemisch einfach zugängliche Verbindungen mit einer NMDA-Rezeptorkanal-antagonistischen und einer antikonvulsiven Wirkung zur Verwendung bei der Prävention und Behandlung der cerebralen Ischämie bereitzustellen ([X.] 17 bis 19).

2. Die Parteien streiten mit Blick auf die Formulierung der Aufgabe darüber, was das Streitpatent unter "cerebraler Ischämie" versteht und in welchem Verhältnis [X.] dazu steht.

a) Das Patentgericht hat hierzu ausgeführt, unter dem Fachbegriff cerebrale Ischämie sei eine Mangeldurchblutung des Gehirns zu verstehen, durch die u.a. neurotoxische Prozesse initiiert würden, wie die zelluläre Calciumhomöostase oder die Freisetzung excitatorischer Neurotransmitter. Dieses könne wiederum zum Zelltod führen, weshalb eine Folge der cerebralen Ischämie die Entwicklung neurologischer Defizite sei. Dieses Verständnis sei auch der Streitpatentschrift zu entnehmen ([X.]/32; [X.] bis 50). Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Beschreibung ([X.] 4 bis 7 und 17 bis 19) nicht zu entnehmen, dass unter cerebraler Ischämie im Sinne des Streitpatents auch diejenige physiopathologische Situation zu verstehen sei, bei der es zu einem übermäßigen Calciumeinstrom durch [X.] komme. Dieses Phänomen werde nämlich auch aaO als Folge der cerebralen Ischämie beschrieben.

b) Dies ist zutreffend. Mit dem Patentgericht sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem Grundpatent eine von dem üblichen Fachverständnis abweichende Bedeutung des Begriffs der cerebralen Ischämie zugrunde liegt.

Die Patentschrift bemerkt, es sei überraschend gefunden worden, dass bei Verwendung von Verbindungen der [X.] die Schädigung von Hirnzellen nach einer Ischämie verhindert werden könne ([X.] 22/23). Die Adamantanderivate eigneten sich daher, so fährt das Streitpatent fort, "zur Prävention und zur Therapie [X.] nach Schlaganfall, Herzoperationen, Herzstillstand, Subarachnoidalblutungen, transienter cerebralischämischer Attacken, perinataler Asphyxie, Anoxie, Hypoglykämie, Apnoe und [X.]" ([X.] 23 bis 26).

Schon sprachlich bezieht sich die Wendung "[X.] nach" nur auf die nachfolgenden Indikationen Schlaganfall, Herzoperationen, Herzstillstand und Subarachnoidalblutungen, bei denen, wie die Beklagte einräumt, in der Tat cerebrale Ischämien im üblichen Sinne auftreten. Danach wechselt die Aufzählung in den Genitiv und schließt damit an die einleitende Wendung "zur Prävention und zur Therapie" an. Es werden mithin transiente cerebralischämische Attacken, perinatale Asphyxie, Anoxie, Hypoglykämie, Apnoe und [X.] als weitere [X.] neben der cerebralen Ischämie genannt. Es ergibt, wie auch die Beklagte sieht, auch wenig Sinn, von cerebraler Ischämie nach transienter cerebralischämischer Attacke zu sprechen.

Die weiteren Erläuterungen bestätigen dieses Verständnis. Es wird nämlich beschrieben, dass bei Ratten eine cerebrale Ischämie ausgelöst und die Wirkung der Gabe der [X.] ([X.]) vor der Ischämie geprüft wird (S. 8 Z. 44 ff.). Die Ergebnisse zeigen, so das Grundpatent, dass die erfindungsgemäßen Verbindungen eine neuroprotektive Wirkung bei cerebraler Ischämie haben (S. 9 Z. 18/19).

Schließlich ist auch der auf die Behandlung von [X.] gerichtete erteilte Patentanspruch 11 nicht etwa ein Unteranspruch zu Patentanspruch 1, sondern diesem Anspruch nebengeordnet.

Das Grundpatent lehrt mithin die Verwendung von [X.] sowohl bei cerebraler Ischämie als auch bei [X.]. Nach den im Berufungsverfahren verteidigten [X.] und mit Blick auf das [X.] ist nur noch die Verwendung bei [X.] von Interesse.

II. Das Patentgericht hat den so verstandenen Gegenstand des [X.] im Hinblick auf den wissenschaftlichen Artikel von [X.] et al. ([X.]12) als nicht neu angesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Neuheit einer medizinischen Indikation sei nur dann gegeben, wenn die Anwendung eines Wirkstoffes auf dem ins Auge gefassten Einsatzgebiet noch nicht als zumindest erfolgversprechend vorbeschrieben sei und sich die in einer Druckschrift einem Wirkstoff zugeschriebene therapeutische Wirkung auch tatsächlich als nicht erzielbar erweise. Beides treffe nicht zu. Im Dokument [X.]12 werde die Verwendung des Wirkstoffs [X.] zur Behandlung einer konkreten Krankheit, nämlich [X.] ([X.] Demenz vom Alzheimer Typ), beschrieben, wobei der therapeutische Erfolg  jedenfalls zum Teil  diesem Wirkstoff zugerechnet werde. Diese Wirkung sei, wie die im Prüfungsverfahren vorgelegten Vergleichsversuche zeigten, auch erzielbar. Zur Beurteilung der Patentfähigkeit komme es dabei auf die wissenschaftliche Erklärung der [X.], mithin auf die theoretische Begründung der Lehre zum technischen Handeln, nicht an. In der [X.]12 sei eine Studie über die Behandlung von Patienten mit [X.] beschrieben, die an einer schweren Form der [X.] litten. Die begleitenden Untersuchungen hätten gezeigt, dass bei fünf Patienten aus der [X.]gruppe und vier Patienten aus der mit [X.] behandelten Kontrollgruppe Verbesserungen festgestellt werden konnten. Signifikante, statistisch berechenbare Unterschiede zwischen beiden Gruppen hätten nicht festgestellt werden können. Eine Bewertung der Studie dahingehend, dass die Autoren [X.] im Ergebnis nicht als wirksam angesehen hätten, sei dem Dokument an keiner Stelle zu entnehmen. Vielmehr könnten nach Meinung der Verfasser Langzeitstudien wahrscheinlich einen deutlicheren Unterschied zwischen beiden Gruppen aufzeigen. Im Ergebnis sei das Zusammenwirken der medikamentösen und der psychotherapeutischen Behandlung für eine Verbesserung des Krankheitsbildes verantwortlich. Die Verfasser der Studie hätten [X.] als Wirkstoff eingestuft, der jedenfalls einen Beitrag zur Behandlung von an [X.] erkrankten Patienten leisten könne. Das Patientenkollektiv sei für eine auswertbare Studie auch nicht zu klein gewesen; die Studie habe zunächst einen Überblick über die Erfolgsaussichten der ins Auge gefassten Therapie liefern sollen. Dass eine eklatante Verbesserung des Krankheitsbildes nicht nach kurzzeitiger Medikation eingetreten sei, stelle bei einer chronisch fortschreitenden Erkrankung einen zu erwartenden Ablauf dar. Im Übrigen widerspreche es üblicher Praxis, in einer Studie wie der [X.]12 gegebenenfalls erhaltene Erkenntnisse zur Unwirksamkeit einer als Wirkstoff angesehenen Substanz zu veröffentlichen, noch bevor die Fachwelt diese Substanz überhaupt für das betreffende therapeutische Anwendungsgebiet beschrieben habe.

Die gemäß Hilfsantrag II vorgesehene Herrichtung des Medikaments zur oralen Verabreichung könne die Neuheit nicht begründen, da durch die neue Zubereitungsform keine andere therapeutische Wirkung erzielt werde als mit der bekannten Zubereitungsform und mit ihr auch keine neue Wirkungsweise verbunden sei. Die zusätzlich in die Ansprüche nach den [X.] und [X.] aufgenommenen Merkmale erklärten den Wirkungsmechanismus der beanspruchten Verwendung; es handle sich dabei nicht um eine neue technische Lehre. Dies treffe auch für die in Hilfsantrag V zusätzlich aufgenommene Verwendung zur neuroprotektiven Behandlung zu, die  wenn sie das Erfordernis zur Dauerbehandlung zum Ausdruck bringen solle  zu einer dem Patentschutz nicht zugänglichen Therapieanweisung führe.

III. Diese Beurteilung der Patentfähigkeit des [X.] hält der Überprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis stand. Die Nichtigkeit des [X.]s folgt deshalb bereits gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] aus der Nichtigkeit des [X.]. Es kann daher dahinstehen, ob das [X.] entgegen Art. 15 Abs. 1 Buchst. a, Art. 3 i.V.m. Art. 2 [X.] erteilt worden ist.

1. Gegenstand der Prüfung ist die beschränkte Fassung, in der die Beklagte das Grundpatent zuletzt (auch hilfsweise) verteidigt hat. Aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Halbsatz 1 [X.] ergibt sich, dass eine beschränkte Fassung des [X.] Grundlage für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Schutzzertifikats sein kann. Nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Halbsatz 2 [X.] gilt dies auch dann, wenn das Grundpatent abgelaufen ist. Das [X.] kann also mit einer Fassung des abgelaufenen [X.] verteidigt werden, die sich als bestandsfähig erweist und das [X.] abdeckt (vgl. hierzu B[X.]E 50, 6 = [X.]. 2007, 68  Alendronsäure; die Klage wurde im Laufe des Berufungsverfahrens zurückgenommen). Dabei bedarf der Hauptantrag keiner Erörterung, weil er auf der wie ausgeführt unzutreffenden Prämisse beruht, unter cerebraler Ischämie im Sinne des [X.] sei die pathophysiologische Situation zu verstehen, in der die neuronalen Erregungsmechanismen aus dem Gleichgewicht geraten und es durch die [X.] zu einem übermäßigen Calciumeinstrom in die Hirnnervenzellen kommt.

2. In der Fassung des [X.] ist der Gegenstand des [X.] durch den Stand der Technik vorweggenommen (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ). Die Neuheit einer (zweiten) medizinischen Indikation setzt voraus, dass die Verwendung des Arzneimittels in der Art seiner Anwendung oder für sein medizinisches Einsatzgebiet noch nicht als wirksam oder zumindest erfolgversprechend vorbeschrieben oder vorbenutzt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juni 1972  [X.], [X.] 1973, 257  Herbicide; Benkard/Melullis, [X.], 10. Aufl., § 3 Rn. 91c; Busse/Keukenschrijver, [X.], 6. Aufl., § 3 Rn. 202). Dies ist hier nicht der Fall. Die Verwendung eines Arzneimittels mit dem Wirkstoff [X.] zur Behandlung von [X.] war zum Anmeldezeitpunkt im Stand der Technik als wirksam vorbeschrieben.

a) Allerdings ist die Verwendung von [X.] zur Behandlung von [X.] nicht bereits durch den Bericht von [X.] et al. ([X.]12) vorweggenommen.

Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des [X.] der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Der [X.] ist dabei kein anderer, als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird (Senat, Urteil vom 16. Dezember 2008  [X.], [X.]Z 179, 168  Olanzapin; Urteil vom 16. Dezember 2003  [X.], [X.], 407, 411  [X.]). Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre "unmittelbar und eindeutig" entnimmt (Senat, Urteil vom 11. September 2001  [X.], [X.]Z 148, 383, 389  Luftverteiler; Urteil vom 14. Oktober 2003  [X.], [X.], 133, 135  Elektronische Funktionseinheit; Urteil vom 30. Januar 2008  [X.], [X.], 597 Rn. 17  [X.]; vgl. auch [X.] ([X.]), [X.]. 2001, 413 = GRUR Int. 2002, 80; [X.] GRUR Int. 2008, 511  Traction sheave elevator/KONE).

[X.] et al. berichten über eine placebokontrollierte Studie über [X.], die mit 20-30 mg [X.] pro Tag als Infusion behandelt wurden. Bei der statistischen Auswertung konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Verlaufs der Krankheit zwischen den beiden Patientengruppen festgestellt werden. Die Untersuchung liefert keinen errechenbaren Beweis für die Überlegenheit von [X.] gegenüber [X.] bei Patienten, die an [X.] leiden. Die Autoren erwägen, dass ein Teil des therapeutischen Erfolgs in beiden Gruppen auf die optimierte innere Behandlung und die erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den Patienten und die regelmäßige Herausforderung ihrer Gehirnleistung zurückzuführen sein könnte. Nach ihrer Meinung könnten Langzeitstudien diese Verzerrung ausschließen ([X.]12, [X.]). Im Ergebnis erscheine es als höchst unwahrscheinlich, dass eine dopaminerge Behandlung alleine in der Lage sei, die therapeutischen Probleme von [X.] zu bewältigen.

Die Beurteilung der Entgegenhaltung durch das Patentgericht leidet bereits daran, dass das Patentgericht nicht ermittelt hat, was der Fachmann der Publikation über die Wirksamkeit einer Behandlung von [X.] mit [X.] entnehmen konnte, sondern sich wesentlich auf die Annahme gestützt hat, dass die Autoren von einer Wirksamkeit von [X.] ausgegangen seien, obwohl diese gerade nicht nachgewiesen werden konnte. Insoweit ist aber nur von Interesse, dass ein die Ergebnisse der [X.]-Gruppe und der Kontrollgruppe, der ein [X.] gegeben worden ist, praktisch identisch waren und sich jedenfalls nicht signifikant unterschieden haben, wie [X.] et al. zutreffend schreiben. Es trifft mithin nicht zu, dass [X.]12 offenbarte, dass [X.] bei [X.] arzneilich wirksam ist. Dies hat auch der gerichtliche Sachverständige  in Übereinstimmung mit dem dem Patentgericht vorgelegten Parteigutachten Prof. Dr. K.    (Anlage [X.])  so gesehen und das Ergebnis der Studie als negativ bezeichnet.

Im Übrigen kann auch der vom Patentgericht geäußerten Ansicht, die Autoren der Studie stuften [X.] als einen Wirkstoff ein, der auf jeden Fall einen Beitrag zur Behandlung von an [X.] erkrankten Patienten leisten könne, nicht gefolgt werden. Die Autoren der Studie kommen vielmehr zu der Schlussfolgerung, dass angesichts der beschriebenen Untersuchung die Rolle von dopaminergen Substanzen in der Behandlung von [X.] unklar bleibe. Dies ist eine neutrale Aussage dahingehend, dass eine Wirkung der getesteten Substanz nicht ausgeschlossen, aber auch nicht belegt werden konnte. Der weiteren Annahme des Patentgerichts, es entspreche üblicher Praxis, das Ergebnis einer Studie wie sie in [X.]12 beschrieben wird, nur dann zu veröffentlichen, wenn die damit befassten Wissenschaftler eine Wirksamkeit voraussichtlich als gegeben ansehen, kann ebenso wenig beigetreten werden. Eine derartige Praxis hat das Patentgericht nicht belegt und für ihr Bestehen sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Selektiv nur positive Ergebnisse zu veröffentlichen hat Prof. F.      in seinem Privatgutachten vom 14. Februar 2011 (Anlage [X.]) einleuchtend als aus wissenschaftlicher Sicht unethisch bezeichnet. Auch nach Meinung des gerichtlichen Sachverständigen sind negative Studien als Ausdruck guter klinischer Praxis zu publizieren.

b) Zum Anmeldezeitpunkt des [X.] war jedoch dem Fachmann  hier wie vom Patentgericht angenommen und von den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen nicht in Zweifel gezogen ein in der klinischen Forschung tätiger Facharzt für Neurologie und/oder Psychiatrie, der mit einem klinischen Chemiker oder Biochemiker in einem Team zusammenarbeitet  bekannt, dass Patienten mit Symptomen des hirnorganischen [X.] mit [X.] als Wirkstoff des zugelassenen Arzneimittels Akatinol erfolgreich behandelt werden können. Dies hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt. Belege hierfür finden sich auch in mehreren, vor dem Anmeldetag datierten medizinischen Veröffentlichungen, beispielsweise in der Abhandlung von [X.] und [X.] ([X.] 1988, [X.] bis 146, Anlage [X.]), in dem Artikel von [X.] (Therapiewoche 38, S. 3097 bis 3100, 1988, Anlage [X.]10) und auch in dem Verzeichnis von Fertigarzneimitteln der Mitglieder des [X.] 1986" (Anlage [X.]5), in dem das Arzneimittel Akatinol [X.]e mit dem Anwendungsbereich "hirnorganisches Psychosyndrom" eingetragen ist.

aa) Der gerichtliche Sachverständige hat den Begriff "hirnorganisches Psychosyndrom" als Krankheitsphänomen bezeichnet, als "Mix" von unterschiedlichsten Ursachen von [X.], die in einem phänomenologisch ähnlichen klinischen Bild resultierten; dies stimmt mit der Definition in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, Verletzungen und Todesursachen ([X.], Anlage [X.] 27) überein. In der Abhandlung von [X.] und [X.] ([X.]) wird anschaulich beschrieben, das am häufigsten auftretende klinische Bild bei geriatrischen Patienten sei die Trias von Gedächtnis-, Assoziations- und [X.], die [X.] 1916 das organische Psychosyndrom genannt habe und die auch als Beeinträchtigung der Zerebralfunktion, [X.] oder Demenz bezeichnet werde ([X.] linke [X.].). Es wird aufgezeigt, dass eine Vielzahl traumatischer und nicht traumatischer, teils auch noch unbekannter Ursachen in Betracht kommen und dass das "Problem" der dementiellen Degeneration hauptsächlich ein Vigilanzproblem (etwa: Problem der Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft) sei, weshalb die Autoren es als wichtig bezeichnen, neben anderen therapeutischen Maßnahmen insbesondere dieses Symptom günstig zu beeinflussen ([X.] rechte [X.]. oben). Es sei bekannt, dass das [X.]-[X.]el [X.] neben seinen [X.] eine Erhöhung der Vigilanz bewirke. Dies habe zur Suche nach chemisch verwandten Substanzen mit stärkerer psychotroper Wirkung geführt, und als eine solche Substanz sei das Adamantanderivat [X.] gefunden worden, das ein Neuromodulator mit deutlichem dopaminergen Effekt sei. Es sollte deswegen in einer Doppelblindstudie (gegen [X.]) untersucht werden, ob [X.] die für eine Demenz charakteristischen Gedächtnisstörungen beeinflusse. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass bei den [X.]-Patienten signifikante Verbesserungen der Vigilanz und des Kurzzeitgedächtnisses feststellbar seien.

bb) [X.] ([X.]10) berichten über eine randomisierte [X.] (d.h. die zufällig ausgewählten Patienten und der behandelnde Arzt wissen nicht, welcher der Patienten welche Substanz erhält), in der Patienten mit einem mittelschwer ausgeprägten hirnorganischen Psychosyndrom mit [X.] oder [X.] behandelt wurden. Beide Substanzen führten zu einer Verbesserung der Psychopathologie; [X.] erwies sich im Vergleich zu [X.] als "durchaus gleichrangig hinsichtlich der therapeutischen Wirksamkeit und Verträglichkeit".

cc) Die übrigen [X.], die sich mit der Behandlung des hirnorganischen [X.] befassen, ergeben im Ergebnis nichts wesentlich Anderes. Der Fachmann wusste hiernach, dass durch den Wirkstoff [X.] Symptome, die bei dem unspezifischen Krankheitsphänomen "hirnorganisches Psychosyndrom" auftreten, namentlich die verminderte Vigilanz, positiv beeinflusst werden können.

c) Zu den Patienten, die Symptome des Krankheitsphänomens "hirnorganisches Psychosyndrom" zeigten, gehörten zum Anmeldezeitpunkt auch Morbus-[X.]. Sie wurden als Patienten, die die Symptome dieses Syndroms aufwiesen, mit den für dessen Behandlung zur Verfügung stehenden Medikamenten, u.a. Akatinol, behandelt und sind damit von der Patientengruppe, die mit [X.] behandelt wurde, umfasst. Das Grundpatent gibt mithin weder eine technische Lehre, nach der eine Krankheit behandelt werden kann, die mit [X.] bislang nicht behandelt worden ist, noch offenbart es die Eignung von [X.] zur Behandlung einer Patientengruppe, bei der der Wirkstoff zuvor nicht eingesetzt worden ist.

Aufgrund der unerforschten Ätiologie der Krankheit gehörte [X.] zu denjenigen Krankheiten, die unter der Sammelbezeichnung "Hirnorganisches Psychosyndrom" zusammengefasst wurden, weil die Patienten ein jedenfalls teilweise ähnliches Krankheitsbild und Krankheitssymptome aufwiesen. Im Hinblick auf die vom gerichtlichen Sachverständigen hervorgehobenen jedenfalls zum Prioritätszeitpunkt bestehenden Schwierigkeiten bei der Diagnose des [X.] konnten die Fachleute zwar schwerlich über genaue Kenntnisse darüber verfügen, wie hoch der Anteil der [X.] an der Gesamtgruppe der Patienten mit hirnorganischem Psychosyndrom war. [X.] bildeten jedoch jedenfalls keine zu vernachlässigende Randgruppe unter den chronisch Kranken, zu deren Behandlung unter anderem [X.] eingesetzt worden ist. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, sprach aus fachmännischer Sicht auch nichts für die Annahme, die bei Patienten mit hirnorganischem Psychosyndrom beobachtete Wirksamkeit von [X.] könnte bei den unter [X.] leidenden Patienten des jeweils behandelten [X.] nicht eingetreten sein. Dagegen spricht schon die unspezifische, symptombezogene beobachtete Wirkung, aufgrund derer insbesondere die festgestellte Verbesserung der Vigilanz auch bei [X.] mit entsprechender Symptomatik erwartet werden konnte. Von der Annahme einer Wirksamkeit von [X.] auch bei [X.] geht auch die Studie von [X.] et al ([X.]12) aus; sie kann lediglich von den Autoren mit der Untersuchung einer sehr kleinen Patientengruppe nicht belegt werden. Die anderweitig im Stand der Technik als wirksam beschriebene [X.]-Behandlung ist mithin  auch  eine Behandlung von an [X.] leidenden Patienten.

d) In Kenntnis des [X.] kann die Behandlung  wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat  gezielter erfolgen. Grund dafür ist, dass das Patent eine wissenschaftliche Bestätigung der im Stand der Technik üblichen Behandlung von [X.] mit [X.] bietet. Der durch das Grundpatent vermittelte Erkenntnisgewinn liegt darin, dass das Patent den biologischen Wirkmechanismus von [X.], nämlich die Blockade der [X.] und damit die Verhinderung von [X.] durch exzessiven Calciumüberschuss aufzeigt und auf diese Weise  wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt und aus wissenschaftlicher Sicht als Fortschritt gewürdigt hat  eine wissenschaftliche Grundlage für die bereits Jahre zuvor begonnene Verwendung von [X.] bei der Behandlung von Alzheimerpatienten liefert. Das Patent hat damit nicht nur ein besseres Verständnis des biologischen Wirkmechanismus des verabreichten Wirkstoffs ermöglicht. Es begründet wegen dieses Verständnisses aus ärztlicher Sicht auch eine besser verantwortbare Indikation der [X.]gabe, weil das Präparat nicht lediglich mit Blick auf eine beobachtete Verbesserung einer unspezifischen Krankheitssymptomatik gegeben wird, sondern zur Erzielung einer bestimmten neuroprotektiven Wirkung bei [X.].

Damit offenbart das Grundpatent jedoch keine neue Lehre zum technischen Handeln, sondern nur eine Entdeckung biologischer Zusammenhänge, die als solche dem Patentschutz nicht zugänglich ist (Art. 52 Abs. 2 Buchst. a EPÜ). Die Lehre zum technischen Handeln geht weiterhin dahin, (auch) [X.] zur Linderung ihres Leidens mit [X.] zu behandeln. Weder gibt das Grundpatent mit Blick auf den aufgedeckten Wirkungsmechanismus eine andere Dosierungsanweisung, noch konkretisiert es in anderer Hinsicht die Art und Weise, wie der Wirkstoff [X.] verwendet wird. Die  durchaus verdienstvolle  wissenschaftliche Erklärung der [X.] bzw. die theoretische Begründung der Lehre zum technischen Handeln ist aus medizinischer und pharmakologischer Sicht ein Fortschritt, kann aber zur Beurteilung der Patentfähigkeit nicht herangezogen werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Auswahlerfindung nichts anderes. Wenn man unterstellt, die Erfinder hätten aus dem Bereich der Patienten mit dem Krankheitsphänomen "hirnorganisches Psychosyndrom" die Patienten, die unter [X.] leiden, zur Behandlung mit [X.] "ausgewählt", ändert dies nichts daran, dass die erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit dieser Patientengruppe mit [X.] bereits bekannt war.

3. Auch die in die Ansprüche der weiteren Hilfsanträge aufgenommenen Merkmale führen nicht zu einem schutzfähigen Gegenstand.

a) Bei der nach Hilfsantrag II beanspruchten Verwendung soll das zur Behandlung vorgesehene Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet werden. Dies war im Stand der Technik ebenfalls bereits bekannt ([X.]10, S. 3097).

b) Nach den [X.] und [X.] ist die Verwendung von [X.] zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch NDMA-Rezeptorkanäle nach [X.] vorgesehen, wobei mit Hilfsantrag [X.] zusätzlich die orale Verabreichung des Medikaments beansprucht wird. Wie bereits dargelegt handelt es sich bei dem Hinweis, dass die Neuronen durch exzessiven Calciumeinstrom geschädigt werden, um die Erklärung des biologischen Wirkmechanismus, der bei [X.] im Gehirn auftritt und der durch [X.] beeinflusst werden kann, und nicht um die Behandlung einer anderen Erkrankung. Eine neue technische Lehre wird nicht aufgezeigt.

c) Dies gilt auch für den mit Hilfsantrag V verteidigten Anspruch. Dort ist das Merkmal hinzugefügt, dass das hergestellte Medikament zur neuroprotektiven Behandlung der Schädigung von Hirnzellen verwendet wird. Dieses Merkmal besagt, dass durch die Behandlung mit [X.] die Nervenzellen und das Nervengewebe geschützt werden sollen. Es erläutert ergänzend den Wirkmechanismus von [X.] dahingehend, dass durch die Blockierung der [X.] das Absterben von Nervenzellen verhindert wird und damit die Nervenzellen und das Nervengewebe geschützt werden. Das zusätzliche Merkmal ist sonach Teil der wissenschaftlichen Erklärung der bereits bekannten technischen Lehre.

[X.]. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des [X.]s auf § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 2, § 69 ZPO. Die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits hat die Beklagte nach § 91a Abs. 1 ZPO zu tragen, da ohne das erledigende Ereignis auch das Grundpatent für nichtig zu erklären gewesen wäre.

Meier-Beck    

        

    Gröning

        

    Grabinski

        

[X.] am Bundesgerichtshof
Hoffmann kann infolge Urlaubs-
abwesenheit nicht unterschreiben.

        

        

        

        

Meier-Beck

        

    Schuster

        

Meta

X ZR 68/08

09.06.2011

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 11. Dezember 2007, Az: 3 Ni 59/05 (EU), Urteil

Art 52 Abs 2 Buchst a EuPatÜbk, Art 54 Abs 1 EuPatÜbk

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.06.2011, Az. X ZR 68/08 (REWIS RS 2011, 5894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5894

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