Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. X ZR 68/08

X. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5867

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X [X.]
Verkündet am:

9. Juni 2011

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
EPÜ Art. 52 Abs. 2 [X.]. a, Art. 54 Abs. 1
Die Entdeckung, dass ein bestimmter Wirkstoff einem bei einer bestimmten Krank-heit

hier: [X.]
auftretenden pathologischen Zustand
hier: dem [X.] Einstrom von Calciumionen durch Methyl-Aspartat-Rezeptorkanäle

entgegen wirkt, kann keine neue Lehre zum technischen Handeln begründen, wenn es im Stand der Technik bekannt war, an dieser Krankheit leidende Patienten zur Linderung der Krankheitssymptome mit dem Wirkstoff zu behandeln und weder eine neue Art und Weise der Wirkstoffgabe gelehrt noch eine Patientengruppe als erfolg-reich behandelbar aufgezeigt wird, die mit dem Wirkstoff bislang nicht behandelt worden ist.
[X.], Urteil vom 9. Juni 2011 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 9.
Juni 2011
durch [X.] Dr.
Meier-Beck,
die
Richter Gröning, [X.] und Hoffmann
sowie
die Richterin Schuster

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] vom 11. Dezember 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des aufgrund einer Anmeldung vom
14.
April 1989 erteilten, im Verlaufe des Berufungsverfahrens durch Zeit-ablauf erloschenen [X.] Patents
392
059 ([X.]), das die Verwendung von [X.] der ze-rebralen Ischämie
betrifft. Es umfasst in der erteilten Fassung zwölf
Patentan-sprüche, von denen die Ansprüche
1 und 11 wie folgt lauten:
"1.
Verwendung von [X.] der allgemeinen For-mel

worin R1
und R2
gleich oder verschieden sind und Wasserstoff oder geradkettige oder verzweigte Alkylgruppen mit 1 bis 6
C-Atomen bedeuten oder zusammengenommen mit N eine heterocyclische Gruppe mit 5 oder 6
Ringgliedern darstellen,

R3
und R4
jeweils gleich oder verschieden sind und ausge-wählt sind aus Wasserstoff, einem geradkettigen
oder ver-zweigten [X.] mit 1 bis 6
C-Atomen, einem Cycloalkylrest mit 5 oder 6
C-Atomen, dem Phenylrest,

1
-
4
-
und worin R5
Wasserstoff oder einen geradkettigen oder ver-zweigten C1-C6-[X.] darstellt,

sowie deren pharmazeutisch verträglichen Salze,

zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen infolge einer zerebralen Ischämie.

11.
Verwendung von [X.], wie sie in den An-sprüchen
1 bis 9 offenbart werden, zur Herstellung eines Me-dikaments zur Behandlung von [X.]."

Die Beklagte ist ferner Inhaberin des am 15.
November 2002 beim Deut-schen Patent-
und Markenamt angemeldeten und mit Beschluss vom 13.
Februar 2006
erteilten ergänzenden Schutzzertifikats 102
99
048 für "[X.],
sowie dessen pharmazeutisch verträgliche Salze, insbesondere [X.]hydrochlorid"
([X.]). Als erste Genehmigung für das [X.] in [X.] und in der [X.] sind in dem [X.] Zulassungen vom 15.
Mai 2002 für das [X.]"
mit dem Wirkstoff [X.].
Die Laufzeit des Zertifikats begann am 15.
April 2009 und endet am 14.
April 2014.
Noch unter der Geltung des Arzneimittelgesetzes ([X.]) 1961 hatte die Beklagte das Arzneimittel "Akatinol-[X.]e"
mit dem Wirkstoff [X.] in den Verkehr gebracht, für das sie gemäß dem [X.] eine fiktive Zulassung erhielt. Diese
ist aufgrund einer Verzichtserklä-rung der Beklagten vom 9.
Juli 2002 erloschen.
Die Beklagte bzw. ihre Rechts-vorgängerin erhielt für "Akatinol-[X.]e"
ferner Zulassungen in anderen [X.] Staaten, unter anderem mit der Indikation "hirnorganisches Psy-chosyndrom".
2
3
-
5
-
Die Klägerinnen zu
1 und 2 sowie die Streithelferin haben geltend ge-macht, der Gegenstand des [X.] sei nicht patentfähig. Zur Begrün-dung haben
sie sich insbesondere auf einen Artikel von [X.] et al.,
Progress in [X.], 1986, Ausgabe
10, Seiten
87
bis 93 (Anlage [X.]), auf die Veröffentlichung zum 1.
[X.]e Workshop 1987, Expertengespräch, [X.] 1987 (Anlage NIK4)
und zahlreiche weitere Unterlagen
berufen. Die Klä-gerin zu
2
und ihre Streithelferin haben auch die Nichtigerklärung des
Streitzer-tifikats
wegen der mangelnden Patentfähigkeit des [X.] begehrt. Sie haben
darüber hinaus, ebenso wie die Klägerinnen zu
3 und 4, geltend
ge-macht, dass das [X.] zu Unrecht erteilt worden sei, weil die [X.] vom 15.
Mai 2002 nicht die erste Genehmigung für das Inver-kehrbringen der zugelassenen Erzeugnisse als Arzneimittel in [X.] gemäß Art.
3
d der Verordnung ([X.]) 1789/92 seien.
Die Beklagte hat das Grundpatent beschränkt
verteidigt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.
Das Patentgericht hat die vier gesonderten Klageverfahren zur gemein-samen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit dem angefochtenen Urteil hat es das Grundpatent und das [X.] für nichtig erklärt.
Hiergegen wendet
sich die Berufung der Beklagten. Sie hat angekündigt, das Grundpatent in erster Linie mit folgendem Patentanspruch
verteidigen zu wollen:
"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze
zur Herstellung eines Medi-kaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen infolge einer cerebralen Ischämie nach [X.]."
4
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7
-
6
-

Ferner hat sie fünf Hilfsanträge angekündigt, die wie folgt lauten:
Hilfsantrag I:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medi-kaments zur Behandlung von [X.]."

Hilfsantrag
II:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medi-kaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen infolge einer cerebralen Ischämie nach [X.], wobei das Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet ist."

Hilfsantrag
III:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medi-kaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch [X.] nach [X.]."

Hilfsantrag
[X.]:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medi-kaments zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch [X.] nach [X.], wobei das Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet ist."

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-
7
-
Hilfsantrag
V:

"Verwendung von 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan sowie seiner pharmazeutisch verträglichen Salze zur Herstellung eines Medi-kaments zur neuroprotektiven Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven [X.] durch [X.] nach [X.], wobei das Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet ist."

Mit Rücksicht auf den Ablauf der Schutzdauer des [X.] haben die Klägerinnen zu 1 und 2 und die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsa-che
für
erledigt erklärt, soweit die Nichtigerklärung des [X.] begehrt worden ist. Die Klägerinnen
zu 1, 3 und 4
haben
ihre Klagen
auf den Antrag erweitert, das [X.] wegen mangelnder Patentfähigkeit des Gegen-stands des [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen, soweit sie sich gegen das [X.] richten.
Im Auftrag des Senats hat Universitätsprofessor Dr.
M.

G.
H.

,
Direktor der Neurologischen Universitätsklinik der Medizinischen Fakultät
M.

der [X.]

, ein schriftliches Gutachten erstattet, das
er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
9
10
11
-
8
-
Entscheidungsgründe:
Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist nur noch über die Rechtsbeständigkeit des [X.]s zu entscheiden.
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt
hinsichtlich des
Streitzertifi-kats ohne Erfolg, denn
der Gegenstand des
erloschenen [X.]
ist nicht patentfähig (Art.
15 Abs.
1
[X.].
c
der Verordnung [EG]
Nr. 469/2009 des [X.] und des Rates vom 6. Mai 2009 über das [X.]
[nachfolgend [X.]], durch die die insoweit gleichlautende Verordnung ([X.]) [X.]/92 aufgehoben wurde,
[X.]. Art.
138 Abs.
1 [X.].
a, Art. 54 EPÜ).
I.
Das Grundpatent betrifft die Verwendung von
Adamantanderiva-ten
der im Tatbestand dargestellten allgemeinen [X.],
zu denen das in den verteidigten Patentansprüchen allein genannte 1-Amino-3,5-Dimethyl-Adamantan ([X.]) gehört, und deren pharmazeutisch verträglicher
Säu-readditionssalze
zur Behandlung [X.] u.a. nach
Schlaganfall
oder Herzinfarkt und
von [X.].
1.
Nach der Patentbeschreibung waren
vor dem Anmeldetag des [X.] bereits Verbindungen der [X.] als [X.]el zur Behandlung von Morbus [X.] und parkinsonähnlichen Erkrankungen bekannt. Ihre Wir-kungsweise werde
auf eine dopaminerge Beeinflussung des zentralen Nerven-systems zurückgeführt, vermittelt entweder durch vermehrte Freisetzung oder durch Aufnahmehemmung der Transmittersubstanz Dopamin. Dadurch werde
das Ungleichgewicht im Dopamin/Acethylcolinsystem aufgehoben (S.
4 Z.
42 bis 46).
Auf den dopaminergen Einfluss werde auch das akute Verschwinden 12
13
14
15
-
9
-
charakteristischer Veränderungen im Elektroenzephalogramm bei Patienten mit [X.] zurückgeführt. Die erfindungsgemäßen Verbindun-gen sollen sich demgegenüber zur Behandlung der Schädigung von Neuronen infolge eines exzessiven [X.] über N-Methyl-D-Aspartat([X.], insbesondere nach einer cerebralen Ischä-mie, eignen (S.
3 Z.
31/32).
Im Gegensatz zu der bei [X.] oder Jakob-Creutzfeld vorliegenden
Art von Erkrankungen bestehe bei der cerebralen Ischämie eine pathophysiolo-gische Situation, in der die neuronalen Erregungsmechanismen aus dem Gleichgewicht gerieten. Dabei führe der exzessive Einstrom von Calcium durch die
[X.] zur Zerstörung von Nervenzellen bestimmter Hirn-areale.
Um diese pathologische Situation beheben zu können, müsse dem Cal-ciumeinstrom durch die [X.] entgegengewirkt werden. Be-kannte Antagonisten seien nur relativ aufwendig herzustellen.
Das Grundpatent bezeichnet es vor diesem Hintergrund als Aufgabe der Erfindung, chemisch einfach zugängliche Verbindungen mit einer NMDA-Rezeptorkanal-antagonistischen und einer antikonvulsiven Wirkung zur [X.] bei der Prävention und Behandlung der cerebralen Ischämie bereit-zustellen (S.
5 Z.
17 bis 19).
2.
Die Parteien streiten mit Blick auf die Formulierung der Aufgabe darüber, was das Streitpatent unter "cerebraler Ischämie"
versteht und in wel-chem Verhältnis [X.] dazu steht.
a)
Das Patentgericht hat hierzu ausgeführt, unter dem Fachbegriff cerebrale Ischämie sei eine Mangeldurchblutung des Gehirns zu verstehen, durch die u.a. neurotoxische Prozesse initiiert würden, wie die zelluläre Calci-16
17
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umhomöostase oder die Freisetzung excitatorischer Neurotransmitter. Dieses könne wiederum zum Zelltod führen, weshalb eine Folge der cerebralen Ischä-mie die Entwicklung neurologischer Defizite sei. Dieses Verständnis sei auch der Streitpatentschrift zu entnehmen (S.
3 Z.
31/32; S.
8 Z.
46
bis 50). Entge-gen der Auffassung der Beklagten sei der Beschreibung (S.
5 Z.
4 bis 7 und
17 bis 19) nicht zu entnehmen, dass unter cerebraler Ischämie im Sinne des Streitpatents auch diejenige physiopathologische Situation zu verstehen sei, bei der es zu einem übermäßigen Calciumeinstrom durch [X.] komme. Dieses Phänomen werde nämlich auch aaO als Folge der cerebralen Ischämie beschrieben.
b)
Dies ist zutreffend. Mit dem Patentgericht sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem Grundpatent eine
von dem übli-chen Fachverständnis abweichende Bedeutung des Begriffs der cerebralen Ischämie
zugrunde liegt.
Die Patentschrift bemerkt, es sei
überraschend gefunden worden, dass bei Verwendung von Verbindungen der [X.] die Schädigung von Hirnzellen nach einer Ischämie verhindert werden könne (S.
5 Z.
22/23). Die [X.] eigneten sich daher, so fährt das Streitpatent fort, "zur Prävention und zur Therapie [X.] nach Schlaganfall, Herzoperationen, Herzstillstand, Subarachnoidalblutungen, transienter cerebralischämischer At-tacken, perinataler Asphyxie, Anoxie, Hypoglykämie, Apnoe und Morbus Alz-heimer"
(S.
5 Z.
23 bis 26).
Schon sprachlich bezieht sich die Wendung "[X.] nach"
nur auf
die nachfolgenden Indikationen Schlaganfall, Herzoperationen, Herz-stillstand und Subarachnoidalblutungen, bei denen, wie die Beklagte einräumt, in der Tat cerebrale Ischämien im üblichen Sinne auftreten. Danach wechselt 20
21
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-
11
-
die Aufzählung in den Genitiv und schließt damit an die einleitende Wendung
"zur Prävention und zur Therapie"
an. Es werden mithin transiente [X.] Attacken, perinatale Asphyxie, Anoxie, Hypoglykämie, Apnoe und [X.] als weitere [X.] neben der cerebralen Ischä-mie genannt. Es ergibt, wie auch die Beklagte sieht, auch wenig Sinn, von ce-rebraler Ischämie nach transienter cerebralischämischer Attacke zu sprechen.
Die weiteren Erläuterungen bestätigen dieses Verständnis. Es wird [X.] beschrieben, dass bei Ratten eine cerebrale Ischämie ausgelöst und die Wirkung der Gabe der [X.] ([X.]) vor der Ischämie geprüft wird (S.
8 Z.
44
ff.). Die Ergebnisse zeigen, so das Grundpatent, dass die erfin-dungsgemäßen Verbindungen eine neuroprotektive Wirkung bei cerebraler Ischämie
haben (S.
9 Z.
18/19).
Schließlich ist auch der auf die Behandlung von [X.] ge-richtete
erteilte
Patentanspruch 11 nicht etwa ein Unteranspruch zu [X.], sondern diesem Anspruch nebengeordnet.
Das Grundpatent lehrt mithin die Verwendung von [X.] sowohl bei cerebraler Ischämie als auch bei [X.]. Nach den im Berufungsverfahren verteidigten [X.] und mit Blick auf das [X.] ist nur noch die Verwendung bei [X.] von [X.].
II.
Das Patentgericht hat den so verstandenen Gegenstand des Grund-patents im Hinblick auf den wissenschaftlichen Artikel von [X.] et al. ([X.]) als nicht neu angesehen und dies
im Wesentlichen wie folgt begründet:

23
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25
26
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12
-
Neuheit einer medizinischen Indikation sei nur dann gegeben, wenn die Anwendung eines Wirkstoffes auf dem ins Auge gefassten Einsatzgebiet noch nicht als zumindest erfolgversprechend vorbeschrieben sei und sich die in einer Druckschrift einem Wirkstoff zugeschriebene therapeutische Wirkung auch tat-sächlich als nicht erzielbar erweise. Beides treffe nicht zu. Im Dokument [X.] werde die Verwendung des Wirkstoffs [X.] zur Behandlung einer konkre-ten Krankheit, nämlich [X.]
([X.] Demenz vom Alzheimer Typ), [X.], wobei der therapeutische Erfolg

jedenfalls zum Teil

diesem Wirkstoff zugerechnet werde. Diese Wirkung sei, wie die im Prüfungsverfahren vorgeleg-ten Vergleichsversuche zeigten, auch erzielbar. Zur Beurteilung der Patentfä-higkeit komme es dabei auf die wissenschaftliche Erklärung der [X.], mithin auf die theoretische Begründung der Lehre zum technischen Han-deln, nicht an. In der [X.]
sei eine Studie über die Behandlung von Patienten mit [X.] beschrieben, die an einer schweren Form der [X.]
litten. Die begleitenden Untersuchungen hätten gezeigt, dass bei fünf Patienten aus der [X.]gruppe und vier Patienten aus der mit [X.] behandelten Kontroll-gruppe Verbesserungen festgestellt werden konnten. Signifikante, statistisch berechenbare Unterschiede zwischen beiden Gruppen hätten nicht festgestellt werden können. Eine Bewertung der Studie dahingehend, dass die Autoren [X.] im Ergebnis nicht als wirksam angesehen hätten, sei dem Dokument an keiner Stelle zu entnehmen. Vielmehr könnten nach Meinung der
Verfasser Langzeitstudien wahrscheinlich einen deutlicheren Unterschied zwischen bei-den Gruppen aufzeigen.
Im Ergebnis sei das Zusammenwirken der [X.] und der psychotherapeutischen Behandlung für eine Verbesserung des Krankheitsbildes verantwortlich. Die Verfasser der Studie
hätten [X.] als Wirkstoff eingestuft, der jedenfalls
einen Beitrag zur Behandlung von an [X.] erkrankten Patienten leisten könne. Das Patientenkollektiv sei für eine auswertbare Studie auch nicht zu klein gewesen; die Studie habe zunächst [X.]
-
13
-
nen Überblick über die Erfolgsaussichten der ins Auge gefassten Therapie lie-fern sollen. Dass eine eklatante Verbesserung des Krankheitsbildes nicht nach kurzzeitiger Medikation eingetreten sei, stelle bei einer chronisch fortschreiten-den
Erkrankung einen zu erwartenden Ablauf dar. Im Übrigen widerspreche es üblicher Praxis, in einer Studie wie der [X.] gegebenenfalls erhaltene [X.] zur Unwirksamkeit einer als Wirkstoff angesehenen Substanz zu veröffentlichen, noch bevor die Fachwelt diese Substanz überhaupt für das [X.] therapeutische Anwendungsgebiet beschrieben habe.
Die gemäß Hilfsantrag II vorgesehene Herrichtung des Medikaments zur oralen Verabreichung könne die Neuheit nicht begründen, da durch die neue Zubereitungsform keine andere therapeutische Wirkung erzielt werde als mit der bekannten Zubereitungsform und mit ihr auch keine neue Wirkungsweise verbunden sei.
Die zusätzlich in die Ansprüche nach den [X.] und [X.] aufgenommenen Merkmale erklärten den Wirkungsmechanismus der bean-spruchten Verwendung; es handle sich dabei nicht um eine neue technische Lehre.
Dies treffe auch für die in Hilfsantrag V zusätzlich aufgenommene [X.] zur neuroprotektiven Behandlung zu, die

wenn sie das Erfordernis zur Dauerbehandlung zum Ausdruck bringen solle

zu einer dem Patentschutz nicht zugänglichen Therapieanweisung führe.
III.
Diese
Beurteilung der Patentfähigkeit des [X.] hält der Überprüfung
im Berufungsverfahren
im Ergebnis stand.
Die Nichtigkeit des [X.]s folgt deshalb bereits gemäß Art. 15 Abs. 1 [X.]. c [X.] aus der Nichtigkeit des [X.]. Es kann daher dahinstehen, ob das Streitzer-tifikat entgegen Art. 15 Abs. 1 [X.]. a, Art. 3 [X.]. Art. 2 [X.] erteilt wor-den ist.
28
29
-
14
-
1.
Gegenstand der Prüfung ist die beschränkte Fassung, in der die Be-klagte
das
Grundpatent
zuletzt (auch hilfsweise) verteidigt hat. Aus Art.
15 Abs.
1 [X.]. c Halbsatz 1 [X.] ergibt sich, dass eine beschränkte Fassung des [X.]
Grundlage für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Schutzzertifikats sein kann. Nach
Art. 15 Abs. 1 [X.]. c Halbsatz
2
[X.]
gilt dies
auch dann, wenn das Grundpatent abgelaufen ist.
Das [X.] kann also mit einer Fassung des abgelaufenen [X.] verteidigt werden, die sich als bestandsfähig erweist
und das [X.] abdeckt (vgl. hierzu B[X.]E 50, 6 = [X.]. 2007, 68

Alendronsäure; die Klage wurde
im Laufe des Berufungsverfahrens zurückgenommen).
Dabei bedarf der Hauptantrag keiner Erörterung, weil er auf der wie ausgeführt unzutreffenden Prämisse beruht, un-ter cerebraler Ischämie im Sinne des [X.] sei die pathophysiologische Situation zu verstehen, in der die neuronalen Erregungsmechanismen aus dem Gleichgewicht geraten und es durch die [X.] zu einem über-mäßigen
Calciumeinstrom in die Hirnnervenzellen kommt.
2.
In der Fassung des [X.] ist der Gegenstand des [X.] durch den Stand der Technik vorweggenommen (Art.
54 Abs.
1 und 2 EPÜ).
Die Neuheit einer (zweiten) medizinischen Indikation setzt voraus, dass die Verwendung des Arzneimittels in der Art seiner Anwendung oder
für sein
medizinisches
Einsatzgebiet noch nicht als wirksam oder zumindest erfolgver-sprechend vorbeschrieben oder vorbenutzt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Juni 1972

[X.], [X.] 1973, 257

Herbicide; Benkard/Melullis, [X.], 10.
Aufl., §
3 Rn.
91c; Busse/Keukenschrijver, [X.], 6.
Aufl., §
3 Rn. 202).
Dies ist hier nicht der Fall. Die
Verwendung eines
Arz-neimittels mit dem Wirkstoff
[X.] zur Behandlung von [X.] war zum Anmeldezeitpunkt im Stand der Technik als wirksam vorbeschrieben.
30
31
-
15
-
a)
Allerdings ist die Verwendung von [X.] zur Behandlung von [X.] nicht bereits durch den
Bericht von [X.] et al. ([X.]) vorweggenommen.
Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröf-fentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Ge-samtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische
Infor-mation dem Fachmann offenbart wird. Der [X.] ist dabei kein anderer, als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird (Senat, Urteil vom 16.
Dezember 2008

X
ZR
89/07, [X.]Z 179, 168

Olanzapin; Urteil vom 16.
Dezember 2003

X
ZR
206/98, [X.], 407, 411

Fahrzeugleit-system). Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann [X.] wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließ-lich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre "unmittelbar und eindeutig"
entnimmt (Senat, Urteil vom 11.
September 2001

X
ZR
168/98, [X.]Z 148,
383, 389

Luftverteiler; Urteil vom 14.
Oktober 2003

X
ZR
4/00, [X.], 133, 135

Elektronische Funktionseinheit; Urteil vom 30.
Januar 2008

X
ZR
107/04,
GRUR 2008, 597 Rn.
17

Betonstraßenfertiger; vgl. auch [X.] (GrBK),
ABl. 2001, 413 = GRUR Int. 2002, 80; [X.] GRUR Int. 2008, 511

Traction [X.]/KONE).
[X.] et al. berichten über eine placebokontrollierte Studie über [X.], die mit 20-30 mg [X.] pro Tag als Infusion behan-delt wurden. Bei der statistischen Auswertung konnten keine signifikanten [X.] hinsichtlich des Verlaufs der Krankheit zwischen den beiden [X.] festgestellt werden. Die Untersuchung liefert keinen errechenbaren Beweis für die Überlegenheit von [X.] gegenüber [X.] bei Patienten, 32
33
34
-
16
-
die an [X.] leiden. Die Autoren erwägen, dass ein Teil des therapeutischen Erfolgs in beiden Gruppen auf die optimierte innere Behandlung und die erhöh-te Aufmerksamkeit gegenüber den Patienten und die regelmäßige [X.] ihrer Gehirnleistung zurückzuführen sein könnte. Nach ihrer Meinung könnten Langzeitstudien diese Verzerrung ausschließen ([X.], S.
89). Im Er-gebnis erscheine es als höchst unwahrscheinlich, dass eine dopaminerge [X.] alleine in der Lage sei, die therapeutischen Probleme von [X.] zu bewältigen.
Die Beurteilung der Entgegenhaltung durch das Patentgericht leidet be-reits daran, dass das Patentgericht nicht ermittelt hat, was der Fachmann der Publikation über die Wirksamkeit einer Behandlung von [X.] mit [X.] entnehmen konnte, sondern sich wesentlich auf die Annahme gestützt hat, dass die Autoren von einer Wirksamkeit von [X.] ausgegan-gen seien, obwohl diese gerade nicht nachgewiesen werden konnte. Insoweit ist aber nur von Interesse, dass ein die Ergebnisse der [X.]-Gruppe und der Kontrollgruppe, der ein [X.] gegeben worden ist, praktisch identisch waren und sich jedenfalls nicht signifikant unterschieden haben, wie Fleisch-hacker et al. zutreffend schreiben. Es trifft mithin nicht zu, dass [X.] offenbar-te, dass [X.] bei [X.] arzneilich wirksam ist. Dies hat auch der gerichtliche Sachverständige

in Übereinstimmung mit dem dem [X.] vorgelegten Parteigutachten Prof. Dr. K.

(Anlage
B2)

so gese-hen und
das Ergebnis der Studie als negativ bezeichnet.
Im Übrigen kann auch der vom Patentgericht geäußerten
Ansicht, die Autoren der Studie stuften [X.] als einen Wirkstoff ein, der auf jeden Fall einen Beitrag zur Behandlung von an [X.] erkrankten Patienten leisten kön-35
36
-
17
-
ne, nicht gefolgt werden. Die Autoren der Studie kommen vielmehr zu der Schlussfolgerung, dass angesichts der beschriebenen Untersuchung die Rolle von dopaminergen Substanzen in der Behandlung von [X.] unklar bleibe. Dies ist eine neutrale Aussage dahingehend, dass eine Wirkung der
getesteten
Substanz nicht ausgeschlossen, aber auch nicht belegt werden konnte.
Der weiteren Annahme des Patentgerichts, es entspreche üblicher Praxis, das Er-gebnis einer Studie wie sie in [X.] beschrieben wird, nur dann zu veröffentli-chen, wenn die damit befassten Wissenschaftler eine Wirksamkeit voraussicht-lich als gegeben ansehen, kann ebenso wenig
beigetreten werden. Eine derar-tige Praxis hat das Patentgericht nicht belegt und für ihr Bestehen sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Selektiv nur positive Ergebnisse zu veröffentli-chen hat Prof. F.

in seinem Privatgutachten vom 14. Februar 2011 (An-lage
HE-29) einleuchtend als aus wissenschaftlicher Sicht unethisch bezeichnet.
Auch nach Meinung des gerichtlichen Sachverständigen sind
negative
Studien als Ausdruck guter klinischer Praxis zu publizieren.
b)
Zum Anmeldezeitpunkt des [X.]
war jedoch dem [X.]

hier wie vom Patentgericht angenommen und von den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen nicht in Zweifel gezogen ein in der [X.] Forschung tätiger Facharzt für Neurologie und/oder Psychiatrie, der mit einem klinischen Chemiker oder Biochemiker in einem Team zusammenarbei-tet

bekannt, dass Patienten mit Symptomen des
hirnorganischen
Psychosyn-droms
mit [X.] als Wirkstoff des zugelassenen Arzneimittels Akatinol
er-folgreich
behandelt werden können.
Dies hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt.
Belege hierfür finden sich auch in mehreren, vor dem Anmeldetag datierten medizinischen Veröffentlichungen,
beispielsweise in der
Abhandlung von [X.] und [X.] (Pharmacopsychiatry 1988, S.
144 bis 146, [X.]
-
18
-
ge [X.]), in
dem
Artikel von [X.] und Tempel ([X.], S.
3097 bis 3100, 1988, Anlage NIK10)
und auch in dem Verzeichnis von Fertigarzneimit-teln der Mitglieder des [X.] 1986"
(Anlage [X.]), in dem das
Arzneimittel
Akatinol [X.]e mit dem Anwendungsbereich "hirnorganisches Psychosyndrom"
eingetragen ist.
aa)
Der gerichtliche Sachverständige hat den Begriff "hirnorganisches Psychosyndrom"
als Krankheitsphänomen bezeichnet, als "Mix"
von unter-schiedlichsten Ursachen von [X.], die in einem [X.] ähnlichen klinischen Bild resultierten; dies stimmt
mit der Definition in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, Verletzungen und [X.] ([X.], Anlage
NIK 27) überein. In der Abhandlung von [X.] und [X.] ([X.]) wird anschaulich beschrieben, das am häufigsten auftretende [X.] Bild bei geriatrischen Patienten sei die Trias von Gedächtnis-, Assozia-tions-
und Affektstörungen, die [X.] 1916 das organische Psychosyndrom genannt habe und die auch als Beeinträchtigung der Zerebralfunktion, Hirnleis-tungsinsuffizienz oder Demenz bezeichnet werde (S.
144 linke
Sp.). Es wird aufgezeigt, dass eine Vielzahl traumatischer und nicht traumatischer, teils auch noch unbekannter
Ursachen in Betracht kommen und dass das "Problem"
der dementiellen Degeneration hauptsächlich ein Vigilanzproblem (etwa: Problem der Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft) sei, weshalb die Autoren es als wichtig bezeichnen, neben anderen therapeutischen Maßnahmen insbesondere
dieses Symptom günstig zu beeinflussen (S.
144 rechte
Sp.
oben). Es sei [X.], dass das [X.]-[X.]el [X.] neben seinen [X.] eine Erhöhung der Vigilanz bewirke. Dies habe zur Suche nach chemisch verwandten Substanzen mit stärkerer psychotroper Wirkung geführt, und als eine solche Substanz sei das Adamantanderivat [X.] gefunden 38
-
19
-
worden, das ein Neuromodulator mit deutlichem dopaminergen Effekt sei. Es sollte
deswegen in einer Doppelblindstudie (gegen [X.]) untersucht wer-den, ob [X.] die für eine Demenz charakteristischen Gedächtnisstörun-gen beeinflusse. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass bei den [X.] signifikante Verbesserungen der Vigilanz und des [X.] feststellbar seien.
[X.])
[X.] und Tempel
(NIK10) berichten über eine randomisierte [X.] (d.h. die zufällig ausgewählten Patienten und der behandelnde Arzt wissen nicht, welcher der Patienten
welche Substanz erhält), in der Patien-ten mit einem mittelschwer ausgeprägten hirnorganischen Psychosyndrom mit [X.] oder [X.] behandelt wurden. Beide Substanzen führten zu einer Verbesserung der Psychopathologie; [X.] erwies sich im Vergleich zu [X.] als "durchaus gleichrangig hinsichtlich der therapeutischen Wirksamkeit und Verträglichkeit".

cc)
Die übrigen Entgegenhaltungen, die sich mit der Behandlung des hirnorganischen [X.] befassen, ergeben im
Ergebnis nichts we-sentlich Anderes.
Der Fachmann wusste
hiernach, dass
durch den Wirkstoff [X.] Symptome, die bei dem unspezifischen Krankheitsphänomen "[X.]"
auftreten, namentlich die verminderte Vigilanz, positiv beeinflusst werden
können.
c)
Zu den Patienten, die Symptome des
Krankheitsphänomens
"hirnor-ganisches Psychosyndrom"
zeigten, gehörten zum Anmeldezeitpunkt auch Morbus-[X.].
Sie wurden
als Patienten, die die Symptome die-ses Syndroms aufwiesen, mit den
für dessen Behandlung zur Verfügung ste-henden
Medikamenten, u.a. Akatinol, behandelt
und
sind damit von der [X.], die mit [X.] behandelt wurde, umfasst. Das Grundpatent gibt 39
40
41
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20
-
mithin weder eine technische Lehre, nach der eine Krankheit behandelt werden kann, die mit [X.] bislang nicht behandelt worden ist, noch offenbart es die Eignung von [X.] zur Behandlung einer Patientengruppe, bei der der Wirkstoff zuvor nicht eingesetzt worden ist.
Aufgrund der unerforschten Ätiologie der Krankheit gehörte Morbus Alz-heimer zu denjenigen Krankheiten, die unter der Sammelbezeichnung "Hirnor-ganisches Psychosyndrom"
zusammengefasst wurden, weil die Patienten ein jedenfalls teilweise ähnliches Krankheitsbild
und Krankheitssymptome
aufwie-sen. Im Hinblick auf die vom gerichtlichen Sachverständigen hervorgehobenen jedenfalls zum Prioritätszeitpunkt bestehenden Schwierigkeiten bei der [X.] des [X.] konnten die Fachleute zwar schwerlich über genaue Kenntnisse darüber verfügen, wie hoch der Anteil der [X.] an der Gesamtgruppe der Patienten mit hirnorganischem Psychosyndrom war. [X.] bildeten jedoch jedenfalls keine zu vernachlässigende Randgruppe unter den chronisch Kranken, zu deren Behandlung unter ande-rem [X.] eingesetzt worden ist. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, sprach aus fachmännischer Sicht auch nichts für die Annahme, die bei Patienten mit hirnorganischem Psychosyndrom beobachtete Wirksam-keit von [X.] könnte bei den unter [X.] leidenden Patienten des jeweils behandelten [X.] nicht eingetreten sein. Dagegen spricht schon die unspezifische, symptombezogene beobachtete Wirkung, auf-grund derer
insbesondere die festgestellte Verbesserung der Vigilanz auch bei [X.] mit entsprechender Symptomatik erwartet werden konnte.
Von der Annahme einer Wirksamkeit von [X.] auch bei [X.] geht auch die Studie von [X.] et al ([X.]) aus; sie kann lediglich von den Autoren mit der Untersuchung einer sehr kleinen Patienten-gruppe nicht belegt werden.
Die
anderweitig
im Stand der Technik als wirksam 42
-
21
-
beschriebene [X.]-Behandlung ist mithin

auch

eine Behandlung von an
[X.] leidenden Patienten.
d)
In Kenntnis des [X.] kann die Behandlung

wie der ge-richtliche Sachverständige ausgeführt hat

gezielter erfolgen.
Grund dafür ist, dass das Patent eine wissenschaftliche Bestätigung der
im Stand der Technik üblichen Behandlung von
[X.] mit [X.]
bietet.
Der durch das Grundpatent vermittelte Erkenntnisgewinn liegt
darin, dass das Patent
den biologischen Wirkmechanismus
von [X.], nämlich die Blockade der [X.] und damit die Verhinderung von [X.] durch exzessiven Calciumüberschuss aufzeigt
und auf diese Weise

wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt und aus wissenschaftlicher Sicht als Fortschritt gewürdigt hat

eine wissenschaftliche Grundlage für die bereits [X.] zuvor begonnene Verwendung von [X.] bei der Behandlung von [X.] liefert. Das Patent hat damit nicht nur ein besseres Verständ-nis des biologischen Wirkmechanismus des verabreichten Wirkstoffs ermög-licht. Es begründet
wegen dieses Verständnisses aus ärztlicher Sicht auch eine besser verantwortbare Indikation der [X.]gabe, weil das Präparat nicht lediglich mit Blick auf eine beobachtete Verbesserung einer unspezifischen Krankheitssymptomatik gegeben wird, sondern zur Erzielung
einer bestimmten neuroprotektiven Wirkung bei [X.].
Damit offenbart das Grundpatent jedoch keine neue Lehre zum techni-schen Handeln, sondern nur eine Entdeckung biologischer Zusammenhänge, die als solche dem Patentschutz nicht zugänglich ist (Art.
52 Abs.
2 [X.].
a EPÜ). Die Lehre zum technischen Handeln geht weiterhin dahin, (auch) [X.] zur Linderung ihres Leidens mit [X.] zu behandeln. Weder gibt das Grundpatent mit Blick auf den aufgedeckten Wirkungsmecha-43
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-
22
-
nismus eine andere Dosierungsanweisung, noch konkretisiert es in anderer Hinsicht die Art und Weise, wie der Wirkstoff [X.] verwendet wird. Die

durchaus verdienstvolle

wissenschaftliche Erklärung der Wirkungsursachen bzw. die theoretische Begründung der Lehre zum technischen Handeln ist aus medizinischer und pharmakologischer Sicht ein Fortschritt, kann aber
zur Beur-teilung der Patentfähigkeit nicht herangezogen werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten
ergibt sich auch unter dem Ge-sichtspunkt der Auswahlerfindung
nichts anderes.
Wenn man unterstellt, die
Erfinder hätten
aus dem Bereich der Patienten mit dem Krankheitsphänomen "hirnorganisches Psychosyndrom"
die Patienten, die unter [X.] leiden, zur Behandlung mit [X.] "ausgewählt", ändert dies nichts daran, dass die erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit dieser Patientengruppe mit [X.] bereits bekannt war.
3.
Auch die in die Ansprüche der
weiteren Hilfsanträge aufgenomme-nen Merkmale führen nicht zu einem schutzfähigen Gegenstand.
a)
Bei der nach Hilfsantrag II beanspruchten Verwendung soll das zur Behandlung vorgesehene Medikament zur oralen Verabreichung hergerichtet werden. Dies war im Stand der Technik ebenfalls bereits bekannt (NIK10, S.
3097).
b)
Nach den [X.] und [X.] ist die Verwendung von [X.] zur Behandlung der Schädigung von Hirnzellen aufgrund eines exzessiven Ein-stroms von Calcium durch NDMA-Rezeptorkanäle nach [X.] vor-gesehen, wobei mit Hilfsantrag [X.] zusätzlich die orale Verabreichung des Medi-kaments beansprucht
wird. Wie bereits dargelegt handelt es sich bei dem [X.], dass die Neuronen durch exzessiven Calciumeinstrom geschädigt wer-45
46
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-
23
-
den, um die Erklärung des biologischen Wirkmechanismus, der bei [X.] im Gehirn auftritt
und der durch [X.] beeinflusst werden kann,
und nicht um die Behandlung einer anderen Erkrankung. Eine neue technische Lehre wird nicht aufgezeigt.
c)
Dies gilt auch für den mit Hilfsantrag V
verteidigten Anspruch. Dort
ist das
Merkmal
hinzugefügt,
dass das hergestellte Medikament zur neuropro-tektiven Behandlung der Schädigung von Hirnzellen verwendet wird.
Dieses Merkmal besagt, dass durch die
Behandlung mit [X.] die Nervenzellen und das Nervengewebe
geschützt werden sollen. Es erläutert ergänzend
den
Wirkmechanismus
von [X.] dahingehend, dass durch die Blockierung der [X.] das Absterben von Nervenzellen verhindert wird und damit die
Nervenzellen
und das Nervengewebe geschützt werden. Das zusätz-liche Merkmal ist sonach Teil der
wissenschaftlichen
Erklärung der bereits [X.]en technischen Lehre.
49
-
24
-

[X.].
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des [X.]s auf §
121 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.]. §
97 Abs. 1,
§
101 Abs. 2, § 69 ZPO.
Die Kos-ten des erledigten Teils des Rechtsstreits hat die Beklagte nach §
91a Abs. 1 ZPO zu tragen, da ohne das erledigende Ereignis auch das Grundpatent für nichtig zu erklären gewesen wäre.
Meier-Beck
Gröning
Grabinski

Richter am Bundesgerichtshof

Hoffmann kann infolge Urlaubs-

abwesenheit nicht unterschreiben.

Meier-Beck
Schuster
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 11.12.2007 -
3 Ni 59/05 ([X.]) -

50

Meta

X ZR 68/08

09.06.2011

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. X ZR 68/08 (REWIS RS 2011, 5867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5867

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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