Bundespatentgericht, Urteil vom 29.03.2011, Az. 3 Ni 22/10

3. Senat | REWIS RS 2011, 8188

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren - ergänzendes Schutzzertifikat für ein Arzneimittel - "Escitolapram II" - Zweifel, ob es sich um das gleiche Erzeugnis handelt


Leitsatz

 Escitalopram II

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das ergänzende Schutzzertifikat …

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2011 durch den [X.] [X.] als Vorsitzenden sowie die [X.] Dipl.-Chem. Dr. [X.] und [X.], die [X.]in Dipl.-Chem. Zettler und den [X.] Dipl.-Chem. Dr. Lange

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen das am 1. August 2003 beim [X.] ([X.]) angemeldete ergänzende [X.], das mit Beschluss des [X.] vom 16. März 2004 antragsgemäß für "[X.] oder dessen [X.], einschließlich [X.]oxalat" mit einer Laufzeit bis zum 1. Juni 2014 erteilt worden ist. Es nimmt die Zulassungen Nr. 55880.00.00 bis -03.00, 55884.00.00 bis -03.00, 55888.00.00 bis -03.00 des [X.] ([X.]), jeweils vom 8. April 2003, als erste [X.] Genehmigungen für das Inverkehrbringen der Arzneimittel [X.], [X.] und [X.] in Anspruch. Bei der Berechnung der Laufzeit des Schutzzertifikats wurden die Zulassungen in [X.] Nr. 17084 bis 17087, jeweils vom 7. Dezember 2001, als erste arzneimittelrechtliche Genehmigung für das Inverkehrbringen in der [X.] zugrunde gelegt. Das Grundpatent [X.] ist inzwischen durch Zeitablauf erloschen.

2

Bei dem im [X.] als Erzeugnis bzw. Wirkstoff identifizierten [X.]oxalat handelt es sich um das [X.] des Razemats [X.] in Form des Oxalatsalzes. Das [X.] war in Form des [X.] unter der Bezeichnung [X.] bereits im [X.] in [X.] als Arzneimittel zugelassen worden.

3

In einem früheren [X.], an dem die jetzige Klägerin nicht beteiligt war, hatte der [X.] mit Urteil vom 10. September 2009 entschieden, dass es sich bei [X.] und [X.] um verschiedene Wirkstoffe handle und die Rechtsbeständigkeit des [X.]s bestätigt ([X.]. [X.] 130/07).

4

Die Klägerin macht geltend, das [X.] sei entgegen Art. 3 VO ([X.]) 469/2009 ([X.]) erteilt worden. Es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Buchst. d) [X.] vor, da als die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen von [X.] als Arzneimittel in der Bundesrepublik [X.] nicht die Genehmigung aus dem [X.], sondern die frühere Genehmigung aus dem [X.] für ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff [X.] anzusehen sei. [X.] besitze gegenüber [X.] keine eigenständige arzneiliche Wirksamkeit, weshalb es sich bei beiden um dasselbe Erzeugnis i. S. v. Art. 1 Buchst. b) [X.] handle. Die entgegenstehenden Feststellungen des [X.] in seiner Entscheidung "[X.]" seien in sich widersprüchlich und beruhten zudem auf einer falschen Tatsachengrundlage, da seit dem Zeitpunkt dieser Entscheidung vom 10. September 2009 neue Fakten zur arzneilichen Wirkung von [X.] und [X.] bekannt geworden seien.

5

Zur Begründung ihres Vorbringens verweist die Klägerin auf folgende Dokumente:

6

NiK1 – … ([X.])

7

NiK2 – Anmeldung des [X.]s vom 1. August 2003

8

[X.] – EP 0 347 066

9

NiK4 – [X.]

NiK5 – Zulassungen Nr. 55880.00.00 bis -03.00, 55884.00.00 bis -03.00, 55888.00.00 bis -03.00 für [X.], [X.], [X.], jeweils vom 8. April 2003

NiK6 – Fachinformation von [X.], Stand September 2009

NiK7– Auszug [X.] für [X.] 20 mg

NiK8 – Fachinformation von [X.], Stand Juli 2009

NiK9 – Auszug [X.] für [X.] 20 mg und [X.] 10 mg.

NiK10 – Urteil des [X.] vom 10. September 2009 ([X.]. [X.] 130/07)

[X.] – Index der Ergebnisse von pharmazeutischen, vorklinischen und klinischen Prüfungen

[X.] – Beschluss der niederländischen Zulassungsbehörde [X.] vom 25. Februar 2010

[X.]a – Beglaubigte Übersetzung von [X.] ins Deutsche

NiK13 – E-Mail der [X.] [X.] vom 4. November 2009

[X.] – [X.] der [X.] ([X.]/H/C000895)

[X.] – Artikel "[X.]", 10. Mai 2003

NiK16 – [X.] et. al., [X.]. [Gen.[X.].] 88 (1992) 157-160

[X.] – [X.] "Good [X.]ical Pratice" ([X.]/[X.]/135/95)

[X.] – [X.] "Note for Guidance on Statistical Principles for [X.]ical Trials" ([X.]/[X.]/363/96)

[X.] – Studie Nr. 99003 ([X.] et. al., Int. [X.]. [X.] 18 (2003) 211-217)

[X.] – Studie [X.] ([X.] et. al., J. [X.]. [X.] (2002) 331-336)

NiK21 – Auszug aus Studie Nr. 99008 (SCT-MD-02)

NiK22 – Guideline "[X.]" ([X.]) vom April 1994

[X.] – [X.] der [X.] Zulassungsbehörde vom 17. Juli 2007

[X.] – [X.] et. al., [X.]. [X.]. 88 (2001) 282-286

NiK25 – Mørk et. al., [X.] (2003) 167-173

Nik26 – Beschluss des Gemeinsamen [X.] vom 17. Februar 2011 zur [X.] von [X.]

NiK27 – Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen [X.] vom 17. Februar 2011 zur [X.] von [X.]

NiK28 – [X.], [X.]. [X.]. J. 51 (2010) 61-73

NiK29 – Vorschläge für Vorlagefragen an den [X.].

Die Klägerin beantragt,

das ergänzende [X.] für nichtig zu erklären.

hilfsweise regt sie an, dem [X.] nachfolgende Fragen vorzulegen und das Verfahren bis zur Entscheidung des [X.]s auszusetzen:

"1. Ist es für die [X.]. 1 b) der Verordnung ([X.]) Nr. 469/2009 erheblich, ob die Wirkung des Stoffes im Hinblick auf das Anwendungsgebiet des Arzneimittels positiv oder negativ ist?

2. Wann leistet ein Bestandteil eines Stoffgemischs keinen oder allenfalls einen so geringen Beitrag zur Wirkung eines Arzneimittels, dass er als "kaum wirksam und demgemäß als Verunreinigung" i. S. d. Urteils des [X.] "Chloridazon" ([X.]/99, Rn. 9) zu betrachten ist? Ist das R-Enantiomer eines Razemats eine solche kaum wirksame Verunreinigung, wenn in der klinischen Praxis das [X.] regelmäßig halb so hoch dosiert wird wie das Razemat?".

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und ist insbesondere der Auffassung, dass es sich bei [X.] im Vergleich zu [X.] um einen Wirkstoff mit eigener arzneilicher Wirkung handle. Dies werde durch verschiedene Untersuchungen belegt und auch der [X.] sowie der [X.] Oberste Gerichtshof und das Großinstanzgericht [X.] hätten diese Wertung in ihren Entscheidungen bestätigt.

Zur Stützung ihres Vorbringens verweist die Beklagte auf folgende Dokumente:

B1 – Beschluss des [X.] vom 20. August 2010 ([X.].: 19 Cg 89/08x)

B2 – Urteil des Tribunal de Grande Instance de [X.] vom 30. September 2010 ([X.]. Nr.: 10/08089)B3 – Urteil des Court of Appeal vom 2. Juli 2009 ([X.].: [X.]/2008/2889)

B4 – Schriftsätze der Klägerin [X.] vom 8. August 2006, 17. April 2007 und 2. Juni 2009 aus den vorangegangenen Nichtigkeits- bzw. [X.]B5 – Schriftsatz der Beklagten vom 28. Februar 2007 aus dem [X.] 3 Ni 54/06 ([X.]) (verbunden unter 3 Ni 9/05 ([X.]))B6 – Schriftsatz der Beklagten vom 1. Juni 2009 aus dem [X.] [X.] 130/07B7 – [X.], Pocket Pharma "[X.]", Current [X.]icine Group Ltd., [X.] 2005B8 – Moore et. al., Int. [X.]. [X.], 20 (2005) 131-137B9 – Österreichischer Oberster Gerichtshof, [X.] et. al. ./. ratiopharm Arzneimittel Vertriebs-GmbH, Beschluss vom 16. Februar 2011, 17 Ob 5/11aB10 – [X.] et. al., Efficacy and Tolerability of [X.] Versus [X.] in Major Depressive Disorder: A 6-Week, Multicenter, [X.], [X.], [X.], [X.] in [X.], [X.]ical Therapeutics, 29 (2007) 1-14B11 – Statement of Paul M. InmanB12 – Sánchez, [X.], Behavioral profiles of SSRIs in animal modeis of depression, anxiety and aggression - [X.], [X.] 129 (1997) 197-205B13 – Sánchez et. al., [X.], the S-(+)-enantiomer of [X.] is a selective Serotonin reuptake Inhibitor with potent effects in animal modeis predictive of antidepressant and anxiolytic activities, [X.] 167 (2003) 353-362B14 – Europäisches Parlament, Empfehlung vom 22. Februar 1996 für die zweite Lesung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel ([X.]-0578/95 - 94/0285 (COD))B15 – Anlagenkonvolut "Festbeitragsgruppenbildung"B16 – Richtlinien des [X.] für das Prüfungsverfahren bei ergänzenden Schutzzertifikaten vom 7. März 2011

B17 – [X.] et. al., [X.]. 279 (2004) 42147-42156.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 29. März 2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihr nicht die Rechtskraft des [X.] vom 10. September 2009 ([X.]. [X.], [X.], 123) entgegen, da die jetzige Klägerin an dem damaligen Verfahren nicht beteiligt war.

Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet, da das [X.] nicht entgegen Art. 3 i. V. m. Art. 1 [X.] erteilt worden ist.

[X.]

1. Das [X.] … bezeichnet zum Einen [X.] (EP 0 347 066 [X.]) als Grundpatent und zum Anderen "[X.] oder dessen nicht-toxische Säure-Additionssalze, einschließlich [X.]" als das durch die erste Genehmigung für [X.] identifizierte Erzeugnis.

NiK2 Bl. 3 bis 16). [X.] ist damit sowohl der pharmakologisch aktive Bestandteil des Arzneimittels [X.] in den bezeichneten Zulassungen als auch Gegenstand des bezeichneten Grundpatents.

NiK7).

2. Die Voraussetzungen, unter denen ein Schutzzertifikat erteilt werden darf, sind in der [X.] geregelt, die mit Wirkung vom 6. Juli 2009 im Wege der Kodifikation ohne inhaltliche Änderung an die Stelle der bis dahin geltenden Verordnung ([X.]) Nr. 1768/92 getreten ist. Nach Art. 3 Buchst. d) [X.] wird ein Zertifikat nur dann erteilt, wenn die arzneimittelrechtliche Genehmigung, auf die der Antrag auf Erteilung des Zertifikats gestützt wird, die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist. Pro Erzeugnis darf nur ein einziges Zertifikat erteilt werden ([X.], [X.], 694, Rdn. 19 - Polifeprosan.

Gemäß Art. 1 Buchst. b) [X.] bezeichnet der Begriff "Erzeugnis" den Wirkstoff oder die [X.] eines Arzneimittels. Der Begriff "Wirkstoff" selbst wird in der Verordnung allerdings nicht abschließend definiert, weshalb seine Bedeutung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unter Berücksichtigung des allgemeinen Zusammenhangs, in dem er verwendet wird, und entsprechend dem Sinn, den er nach dem gewöhnlichen [X.]rachgebrauch hat, zu bestimmen ist (vgl. [X.], [X.], 694, Rdn. 17 – Polifeprosan). Danach setzt die Wirkstoffeigenschaft voraus, dass ein Stoff eine eigene arzneiliche Wirkung entfaltet. Ein Stoff, der diese Eigenschaft nicht aufweist, sondern beispielsweise dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des Arzneimittels zu erreichen (Hilfsstoff), ist kein Wirkstoff und damit kein Erzeugnis im Sinne der [X.] (vgl. [X.], a. a. [X.], Rdn. 25 f. – Polifeprosan). Erzeugnisse, die sich lediglich durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und einer in ihnen enthaltenen Verunreinigung unterscheiden, sind als ein und dasselbe Erzeugnis anzusehen (vgl. [X.], [X.]. 2001, 754, Rdn. 29 – [X.]). Werden daher an einem Arzneimittel lediglich unbedeutende Änderungen vorgenommen, etwa im Hinblick auf dessen Dosierung oder eine neue pharmazeutische Darreichungsform, rechtfertigt dies nicht die Erteilung eines neues Schutzzertifikats (vgl. nochmals [X.], a. a. [X.], Rdn. 19 - Polifeprosan). Substanzen ohne eigene arzneiliche Wirkung sind demnach entweder als Hilfsstoffe oder als bloße Verunreinigungen zu werten.

Die beantragte Nichtigerklärung des [X.]s hängt somit im vorliegenden Fall davon ab, ob bewiesen werden kann, dass das vom [X.] geschützte Erzeugnis [X.] kein anderes Erzeugnis darstellt als [X.] und deshalb die dem [X.] zugrundeliegende Genehmigung aus dem [X.] nicht als erste Genehmigung i. S. v. Art. 3 Buchst. d) [X.] für das streitgegenständliche Erzeugnis als Arzneimittel angesehen werden kann.

3. Zu der Frage, ob das razemische [X.] und das enantiomere [X.] als zwei verschiedene Wirkstoffe oder [X.]en eines Arzneimittels und damit als zwei verschiedene Erzeugnisse i. S. d. Art. 1 Buchst. b) [X.] zu werten sind, wurden seitens der Verfahrensbeteiligten verschiedene Untersuchungen und Berichte in das Verfahren eingeführt, die dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen bzw. unterschiedliche Aussagen enthalten.

[X.] und [X.]0, die jeweils vergleichende klinische Studien zwischen [X.] und [X.] an Patienten mit schweren Depressionen betreffen, zu dem Ergebnis, dass [X.] einen besseren therapeutischen Effekt aufweist als [X.] (vgl. [X.] S. 131 re. [X.]. Abstract le. Satz i. V. m. S. 137 li. [X.]. Abs. 3; [X.]0 S. 2 li. [X.]. Abs. 2 Conclusions). Demgegenüber wird in anderen Druckschriften ausgeführt, dass [X.] das therapeutisch aktive Enantiomer des (racemischen Gemisches) [X.] sei (vgl. z. B. B7 S. 23 [X.]. Abs.; [X.] Überschrift) und dass Rückstände des [X.] in dem gereinigten R-Enantiomer zu dessen geringfügiger Aktivität als Hemmstoff der Aufnahme von 5-HT beitragen könnten (vgl. [X.] S. 160 Abs. 1).

[X.] S. 211 Abstract i. V. m. S. 215 re. [X.]. Abs. 2 u. 3; [X.] S. 335 re. [X.]. [X.]), an anderer Stelle jedoch von statistisch nicht signifikanten Unterschieden (vgl. [X.] S. 336 li. [X.]. [X.]. Abs.). Dann wird nicht von einer gleichen, sondern von einer "vergleichbaren Wirkung" gesprochen bzw. davon, dass die Wirkung möglicherweise zum großen Teil oder allein vom [X.] kommt, so etwa in der Entscheidung der niederländischen Zulassungsbehörde (vgl. [X.] bzw. 12a S. 7 Abs. 5 Summary). Entsprechendes gilt für die in der mündlichen Verhandlung seitens der Klägerin eingereichte Metaanalyse [X.] von veröffentlichten klinischen Vergleichsstudien (vgl. [X.] z. B. S. 71 re. [X.]. Abs. 2). Hinzu kommt, dass in einigen der verfahrensrelevanten Studien [X.] während der Laufzeit der Studie durchgeführt wurden ([X.], [X.]), während andere Studien mit einer fixen Dosis durchgeführt wurden (vgl. [X.] "fixed-dose trial").

NiK25 [X.]. [X.]. [X.]. Abs.; [X.]3 S. 356 li. [X.]. Abs. 3 für die präklinischen Studien; in den klinischen Studien Einsatz in Form der zugelassenen Arzneimittel [X.] und [X.]). Zudem sind [X.] und [X.] bereits seit langem selbst als [X.] Verbindungen mit einer u. a. [X.] Wirkung und relativ langer Verweilzeit bekannt, so dass möglicherweise bei einer vergleichenden Untersuchung von als [X.] verabreichtem [X.] und als Oxalat verabreichtem [X.] auf den [X.] bzw. das Anion der Enantiomere des [X.]s zurückführende pharmakologische bzw. arzneiliche Wirkungen bzw. Nebenwirkungen zu berücksichtigen sind.

Aus der Gesamtschau der im Verfahren befindlichen Druckschriften und Dokumente lässt sich daher nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit erkennen, dass die in den betreffenden Zulassungen der Arzneimittel [X.] und [X.] als pharmakologisch aktive bzw. als arzneilich wirksame Bestandteile bezeichneten [X.] und [X.] die gleiche therapeutische Wirkung besitzen. Der [X.] kann deshalb nicht zweifelsfrei feststellen, dass es sich bei [X.] und [X.] um das gleiche Erzeugnis im Sinne i. S. d. Art. 1 Buchst. b) [X.] handelt.

4. Soweit die Klägerin sich zur Begründung ihrer Auffassung, es handle sich bei [X.] gegenüber [X.] um keine neue aktive Substanz, auf Entscheidungen ausländischer Zulassungsbehörden stützt, kann dies kein anderes Ergebnis begründen. Dies bereits deshalb nicht, weil die Beurteilungsmaßstäbe, die in derartigen Zulassungsverfahren angewandt werden, nicht mit den für das patentrechtliche [X.] maßgeblichen Prüfungskriterien vergleichbar sind. Andererseits reicht die Bezeichnung bzw. die Identifizierung unterschiedlicher arzneilich wirksamer Bestandteile in den [X.] zu [X.] aus dem [X.] und zu [X.] aus dem [X.] allein auch nicht für den Nachweis aus, dass es sich bei [X.] und [X.] um verschiedene Erzeugnisse i. S. d. [X.] handelt.

NiK27, [X.] und 83).

5. Nach Würdigung aller vorgetragenen Argumente und Anhaltspunkte sind die vorliegenden Fakten somit insgesamt nicht geeignet, eine übereinstimmende arzneiliche Wirkung von [X.] und [X.] so eindeutig zu belegen, dass daran keine vernünftigen Zweifel mehr verbleiben. Bei dieser Sachlage kann die für ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff [X.] erteilte Genehmigung aus dem [X.] nicht als erste Genehmigung i. S. v. Art. 3 Buchst. d) [X.] für das hier streitgegenständliche Erzeugnis als Arzneimittel angesehen werden.

II[X.]

Der vorliegende Rechtsstreit wirft keine ungeklärten Fragen zur Auslegung der [X.] auf, weshalb der [X.] der Anregung der Klägerin nicht gefolgt ist, das Verfahren gemäß Art. 267 AEUV auszusetzen und die von ihr formulierten Fragen im Wege des [X.] dem [X.] vorzulegen. Eine solche Vorlage kommt nur in Betracht, wenn Fragen des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden sind, die weder aus den gesetzlichen Quellen eindeutig zu beantworten noch in der Rechtsprechung des [X.]es hinreichend geklärt sind. Eine solche Rechtsfrage konnte weder die Klägerin aufzeigen noch ist sie sonst ersichtlich. In dem vorliegenden [X.] geht es vielmehr maßgeblich um die Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter die insoweit einschlägigen Rechtssätze. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, ob [X.] eine eigene arzneiliche Wirkung besitzt und somit gegenüber [X.] als ein anderer Wirkstoff anzusehen ist – diese Tatsachenfrage hätte der [X.] aber dem [X.] nicht [X.]gen können. Der damit im Zusammenhang stehende Gesichtspunkt, ob die Genehmigung für ein Arzneimittel, das als Wirkstoff eine chemische Verbindung als Razemat enthält, der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel entgegensteht, das als Wirkstoff ein Enantiomer der razemischen Verbindung enthält und Gegenstand einer späteren arzneimittelrechtlichen Genehmigung sowie eines eigenen Stoffpatents ist, wirft ebenfalls keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Der Regelungszweck von Art. 3 Buchst. d) [X.] besteht in der Zielsetzung, die Gesamtdauer des durch ein ergänzendes Schutzzertifikat für ein Erzeugnis gewährten Schutzes nicht dadurch zu verlängern, dass für ein und dasselbe Erzeugnis mehrere aufeinander folgende Zertifikate erteilt werden können (vgl. [X.], [X.], 123, Rdn. 76 - [X.]). Da aber – wie dargelegt – mangels überzeugender, gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass es sich i. S. v. Art. 1 b) [X.] bei [X.] um ein anderes Erzeugnis als [X.] handelt, stand dieser Gesichtspunkt der Erteilung des [X.]s nicht entgegen. Dass sich auch aus dem Beschluss des [X.] vom 14. Oktober 2008 ([X.], [X.], 41 – [X.]) kein anderes Ergebnis ableiten lässt, hat bereits der [X.] selbst in seiner [X.]-Entscheidung ausdrücklich klargestellt (vgl. [X.], [X.], 123, Rdn. 77 – [X.]).

Auch alle sonstigen für das vorliegende [X.] maßgeblichen Streitfragen lassen keine abstrakte ungeklärte Rechtsfrage erkennen, die eine Auslegung durch den [X.] erforderlich machen würde. Aus diesen Gründen hat der [X.] davon abgesehen, das Verfahren gemäß Art. 267 AEUV auszusetzen und die Sache entsprechend der [X.] Anregung der Klägerin dem [X.] vorzulegen. In dieser Auffassung sieht sich der [X.] durch die Wertung des [X.] in dessen [X.]-Entscheidung bestätigt, der insoweit ebenfalls von [X.]" ausgegangen ist (vgl. [X.], [X.], 123, Rdn. 78 - [X.]).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht auf Grund von § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZP[X.]

Meta

3 Ni 22/10

29.03.2011

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 29.03.2011, Az. 3 Ni 22/10 (REWIS RS 2011, 8188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8188

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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