Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.01.2020, Az. 5 BN 1/19

5. Senat | REWIS RS 2020, 11867

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Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller zu 1. bis 3., 6. bis 9. und 12. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 28. März 2019 wird verworfen.

Die Antragsteller zu 1. bis 3., 6. bis 9. und 12. tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

[X.]ie Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. [X.]ie Revision ist nicht wegen eines [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

3

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. [X.]ie Beschwerde sieht einen solchen Mangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO darin, dass das Oberverwaltungsgericht der entscheidenden Frage nicht nachgegangen sei, welcher Vortrag zutreffend sei, soweit es darum gehe, ob der Antragsgegner die Erteilung seines Einvernehmens für die Elternbeiträge der freien Träger von Kindertagesstätten im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] BB davon abhängig mache, dass diese den in der kommunalen Satzung festgesetzten Gebühren für die [X.] entsprächen. [X.]ie diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde genügen nicht den Anforderungen, die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Bezeichnung eines Aufklärungsmangels zu stellen sind.

4

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) die substantiierte [X.]arlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des [X.] aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des [X.]s zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Aufklärungsrüge kein Mittel darstellt, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. [X.]eshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2018 - 5 C 4.17 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 147 Rn. 25 und Beschluss vom 11. Juni 2014 - 5 B 19.14 - [X.] 2014, 170 Rn. 9 jeweils m.w.N.). [X.]em wird die Beschwerde nicht gerecht.

5

Sie benennt zwar die aus ihrer Sicht noch aufzuklärende Tatsache und die hierzu geeignete Aufklärungsmaßnahme, indem sie ausführt, das Oberverwaltungsgericht hätte die im Normenkontrollantrag vom 22. Juni 2017 konkret benannten freien Träger von Kindertagesstätten dazu anhören müssen, dass der Antragsgegner im November 2016 ein Schreiben an die sich noch sperrenden freien Träger gesandt habe, aus dem hervorgehe, dass er, der Antragsgegner, sein Einvernehmen zu den von den freien Trägern erhobenen Elternbeiträgen daran geknüpft habe, dass diese Beiträge den [X.] Gebühren für die [X.] entsprächen. [X.]ie Anhörung hätte ergeben, dass diese Tatsache zutreffend und die sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht pauschal verneinende Aussage der Vertreter des Antragsgegners mithin unzutreffend sei. [X.]as hätte zur Bejahung der Antragsbefugnis der Antragsteller geführt. [X.]ie Beschwerde legt aber nicht hinreichend dar, warum sich dem Oberverwaltungsgericht die von den Antragstellern vermisste Anhörung, die ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 28. März 2019 von ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht förmlich beantragt worden ist, gleichwohl zu diesem Zeitpunkt hätte aufdrängen müssen. [X.]as Oberverwaltungsgericht hatte mit der in der mündlichen Verhandlung auf einen entsprechenden Vorhalt zu Protokoll gegebenen Erklärung der Vertreter des Antragsgegners, die Erteilung des Einvernehmens nach § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] BB werde nicht davon abhängig gemacht, dass die Träger der freien Jugendhilfe die Gebührensätze der Empfehlung übernähmen, das Einvernehmen sei vielmehr bereits freien Trägern erteilt worden, obgleich sie von diesen Sätzen abgewichen seien ([X.] und 11), einen gewichtigen Anhaltspunkt für seine Überzeugung, das den freien Trägern hinsichtlich der Festlegung der Elternbeiträge eine freie Wahl verbleibe ([X.]). [X.]ie Antragsteller beziehungsweise ihr damaliger Bevollmächtigter hat die Erklärung der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung nicht mit dem Hinweis auf das im November 2016 versandte Schreiben des Antragsgegners in Zweifel gezogen. [X.]ass sich dem Oberverwaltungsgericht die Anhörung der freien Träger zu dem im November 2016 versandten Schreiben bei dieser Sachlage aufdrängen musste, zeigt die Beschwerde - was erforderlich gewesen wäre - nicht auf.

6

2. [X.]ie Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

7

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. [X.]as [X.]arlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. [X.]ie Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 2018 - 5 B 20.18 [X.] - juris Rn. 9 m.w.N.). [X.]iesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

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a) [X.]as gilt zunächst für die beiden ersten von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen:

"Liegt eine Verklammerung zwischen der Satzung eines örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe mit Regelungen zur Elternbeitragshöhe (Gebührentabellen) und der Elternbeitragserhebung eines freien Trägers der Jugendhilfe, die bewirkt, dass sich die Beitragserhebung des freien [X.] verbindlich nach den Vorgaben dieser Satzung richtet, bereits durch die gesetzliche Normierung in § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] vor, wonach freie [X.] über die Grundsätze der Höhe und Staffelung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 [X.] ) der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] zu erhebenden Elternbeiträge Einvernehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe herzustellen haben?"

und

"Liegt eine Verklammerung zwischen der Satzung eines örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe mit Regelungen zur Elternbeitragshöhe (Gebührentabellen) und der Elternbeitragserhebung eines freien Trägers der Jugendhilfe bereits durch die Rechtswirkungen einer von dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erlassenen Satzung über die Erhebung von Gebühren (Elternbeiträge) für die Inanspruchnahme von Plätzen in den Kindertagesstätten und in öffentlich vermittelter [X.] im Hinblick auf die Bindung dieses örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie die Pflicht zur allgemeinen Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG mittels der von ihm erlassenen Ortsrechtsvorschrift im eigenen Verwaltungshandeln und im Handeln gegenüber [X.]ritten, insbesondere freien Trägern der Jugendhilfe, und die Erforderlichkeit des Einvernehmens [X.]. § 17 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 [X.] bzw. im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung der Kostenbeiträge gem. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] vor?"

9

[X.]ie Beschwerde genügt insoweit nicht den [X.]arlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil sie nicht darlegt, dass diese Fragen jeweils auf eine ungeklärte Frage des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) gerichtet sind. [X.]ie Beschwerde stellt bei beiden Fragen die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] BB in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung, die - was auch die Beschwerde erkennt - gemäß § 137 Abs. 1 VwGO dem nicht revisiblen Landesrecht angehört. Mit diesem Umstand setzt sich die Beschwerde aber nicht auseinander und zeigt einen bundesrechtlichen Bezug nicht hinreichend auf. Allein die ergänzende Benennung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 [X.] in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung oder der bundesrechtlichen Maßstäbe aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG genügen hierzu nicht. Insoweit hätte vielmehr dargelegt werden müssen, dass die Auslegung der Vorschrift des einfachen Bundesrechts oder des bundesverfassungsrechtlichen Maßstabes selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 - 5 B 4.14 - juris Rn. 9 und vom 20. September 2019 - 5 B 29.19 - juris Rn. 4 jeweils m.w.N.). [X.]as ist hier nicht ansatzweise geschehen.

b) Aus demselben Grund genügt auch die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage,

"Reicht eine vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Verwaltungsprozess abgegebene Erklärung, er knüpfe die Erteilung des Einvernehmens gem. § 17 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 [X.] nicht daran, dass sich die Elternbeitragserhebung der freien [X.] nach den Vorgaben seiner kommunalen Satzung als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit Regelungen zur Elternbeitragshöhe (Gebührentabellen) richtet, für die Verneinung des Vorliegens der geforderten Verklammerung zwischen Satzung und Beitragserhebung unter Beachtung dessen aus, dass freie [X.] gem. § 17 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] über die Grundsätze der Höhe und Staffelung der zu erhebenden Elternbeiträge Einvernehmen mit dem durch seine eigene Satzung aufgrund von Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG gebundenen Träger der öffentlichen Jugendhilfe herzustellen haben?",

nicht den [X.]arlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

[X.]arüber hinaus wird mit dieser Frage und dem weiteren diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerde eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch deshalb nicht ordnungsgemäß dargetan, weil diese Frage in einem Maße auf die besonderen Umstände des Einzelfalls zugeschnitten ist, das einer über den Einzelfall hinausführenden, verallgemeinerungsfähigen Aussage entgegensteht. [X.]enn mit der ihr zugrundeliegenden Prämisse einer "vom örtliche[n] Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Verwaltungsprozess abgegebene[n] Erklärung, er knüpfe die Erteilung des Einvernehmens gem. § 17 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 [X.] nicht daran, dass sich die Elternbeitragserhebung der freien [X.] nach den Vorgaben seiner kommunalen Satzung als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit Regelungen zur Elternbeitragshöhe (Gebührentabellen) richtet", bezieht sich diese Frage im [X.] auf die dem vorliegenden Verfahren tatsächlich zugrunde liegende Fallgestaltung und die sie kennzeichnenden Besonderheiten. [X.]ie Beschwerde beanstandet auch mit dieser Frage und ihren diesbezüglichen weiteren Ausführungen in Wirklichkeit nur, dass das Oberverwaltungsgericht nicht dem Vortrag der Antragsteller gefolgt sei, die Erteilung des Einvernehmens werde tatsächlich daran geknüpft, dass sich die Beitragserhebung der freien [X.] nach den Vorgaben der angegriffenen Satzung richte, sondern der gegenteiligen Erklärung der Vertreter des Antragsgegners geglaubt habe. Mit dieser Kritik an der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung des [X.] kann die grundsätzliche Bedeutung nicht dargetan werden.

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Für die Kosten des Beschwerdeverfahrens haften die Antragsteller gemäß § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO nach [X.]. [X.]ie Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

Meta

5 BN 1/19

16.01.2020

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.01.2020, Az. 5 BN 1/19 (REWIS RS 2020, 11867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11867

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