Bundespatentgericht, Urteil vom 05.07.2023, Az. 6 Ni 23/21 (EP)

6. Senat | REWIS RS 2023, 7927

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Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent EP 1 494 579
([X.] 37 835)

hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2023 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.], Dipl.-Phys. [X.], die Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer und [X.] Söchtig

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 1 494 579 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] in vollem Umfang für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

II[X.] [X.] ist im [X.] gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des u. a. auch mit Wirkung für die [X.] in der [X.] erteilten [X.] Patents 1 494 579 (im Folgenden: [X.]) mit der Bezeichnung „Characterization of moving objects in a stationary backround / Charakterisierung beweglicher Objekte in einem stationären Hintergrund“. Das am 2. April 2003 angemeldete [X.] nimmt die Priorität der [X.] - [X.] Patentanmeldung 369658 P (provisional application) vom 2. April 2002 in Anspruch. Das [X.], dessen Erteilung am 27. Juli 2011 veröffentlicht worden ist, wird beim [X.] unter dem Aktenzeichen 603 37 835.8 geführt.

2

Das [X.] wird von der Klägerin vollumfänglich angegriffen und umfasst in seiner erteilten Fassung insgesamt sechs Patentansprüche mit dem unabhängigen Vorrichtungsanspruch 1 und den auf diesen unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen [X.]n 2 bis 6.

3

Die Klägerin macht den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit in Form mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit geltend (Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 54, 56 EPÜ).

4

1. Der unabhängige Patentanspruch 1 lautet in seiner erteilten Fassung mit hinzugefügter Merkmalsgliederung des Senats wie folgt:

5

 Verfahrenssprache  [X.] Übersetzung

6

M1.1 A system for analyzing a retina of a subject, comprising: Ein System zum Analysieren einer [X.] eines Individuums, das Folgendes umfasst:

7

M1.2 (i) a light source (14) for illuminating said retina; (i) eine Lichtquelle (14) zum Beleuchten der [X.],

8

M1.3 ([X.]) an [X.] (18) for acquiring at predetermined intervals of time, at least two images of said retina; ([X.]) ein Bildaufnahmegerät (18) zur Aufnahme von mindestens zwei Bildern der [X.] in vordefinierten Zeitabständen,

9

M1.4 ([X.]i) a discriminator (104a) for comparing at least among each other, at least two of said images, and producing differential images of regions of changed intensity level;  ([X.]i) einen Diskriminator (104a) zum Vergleichen von mindestens zwei der Bilder zumindest miteinander und zur Erzeugung von [X.]n von Bereichen mit verändertem Intensitätspegel,

dadurch

 characterised in that the system further comprises: gekennzeichnet, dass das System weiter Folgendes umfasst:

[X.] (iv) a superpositioner (104b) for generating at least one map of vascular path positions from said regions of changed intensity level, [X.]; and (iv) ein Überlagerungsgerät (104b) zur Erstellung mindestens einer Karte von Gefäßpfad-Positionen von den Bereichen mit verändertem Intensitätspegel durch Überlagerung der Bereiche mit verändertem Intensitätpegel der jeweiligen [X.] miteinander; und

M1.6 (v) a path map comparator (104c) for determining changes in vascular paths within the retina by comparing the at least one map of vascular path positions to a previously generated map of vascular path positions. (v) einen [X.] (104c) zur Ermittlung von Änderungen in Gefäßpfaden in der [X.] durch Vergleich der mindestens einen Karte von Gefäßpfad-Positionen mit einer zuvor erstellten Karte von Gefäßpfad-Positionen.

Die abhängigen, gesondert verteidigten Patentansprüche 2 bis 6 haben in ihrer erteilten Fassung in der [X.] Verfahrenssprache sowie in [X.] Übersetzung folgen Wortlaut:

Patentanspruch 2:

2.  A system according to claim 1 and also comprising an output display device (24) for showing said at least one vascular path map to determine the characteristics of vascular paths present in [X.].

2. Ein System gemäß Anspruch 1, das auch eine [X.] (24) zur Anzeige der mindestens einen [X.] umfasst, zur Bestimmung der Eigenschaften von [X.], die in der [X.] des Individuums vorhanden sind.

Patentanspruch 3:

3.  A system according to any of claims 1 to 2 wherein said light source (14) is a computer controlled flash lamp.

3.  Ein System gemäß einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 2, worin die Lichtquelle (14) eine computergesteuerte Blitzlampe ist.

Patentanspruch 4:

4.  A system according to any of claims 1 to 3 wherein said discriminator is operative to compare said images by alignment of vascular paths thereon.

4. Ein System gemäß einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 3, worin der Diskriminator arbeitet, um die Bilder durch Ausrichtung von [X.] darauf zu vergleichen.

Patentanspruch 5:

5.  A system according to any of claims 1 to 3 and also comprising a signal processor (130) for postprocessing said at least one map of vascular path positions.

5. Ein System gemäß einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 3, das auch einen Signalprozessor (130) zur Nachbearbeitung der mindestens einen Karte von [X.] umfasst.

Patentanspruch 6:

6.  A system according to claim 1, further comprising a wavelength selector (106b, 106a) for defining a wavelength range of the images of the retina acquired by the [X.] (18).

6. Ein System gemäß Anspruch 1, das weiter einen Wellenlängen-Selektor (106, 106a) zur Bestimmung eines [X.] der Bilder der [X.], die vom [X.] (18) aufgenommen wurden, umfasst.

Ihren Vortrag zum [X.] der fehlenden Patentfähigkeit stützt die Klägerin im Wesentlichen auf nachfolgende Druckschriften:

[X.] [X.] und [X.]: "Real-time visualization of retinal microcirculation by laser flowgraphy", Optical Engineering 34(3), März 1995, Seiten 753-757

[X.] [X.] 5 615 683

[X.] [X.] 91/04705 A1

[X.]a Englische Übersetzung der [X.]

[X.] [X.] 5163437 A

[X.]  [X.] 99/63882 A1

[X.] [X.]: "[X.] laser speckle flowgraphy", Med. & Biol. Eng. & [X.]., 1994, Band 32, Seiten 302-304

K11 [X.] 96/17545 A1

K13 [X.], [X.], N. Zöllner (Hrsg.): „Einführung in die Ultraschalldiagnostik“, 2. Auflage, 1994, Seiten 30-34

K14 P. F. Sharp and A. Manivannan: „The scanning laser ophthalmoscope“, Phys. Med. Biol. 42 (1997), Seiten 951-966

[X.] [X.]: "Dynamic scene analysis for vessel structure determination" Southeastcon ’89 PROCEEDINGS. [X.] AND INFORMATION TECHNOLOGIES IN THE [X.] ([X.]. [X.]-4), [X.], [X.], [X.]A, 9 April 1989 (1989-04-09), S.1072-1073.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei nicht neu gegenüber dem [X.] der Druckschriften [X.] und [X.] sowie der Druckschriften [X.] und [X.], die eine einheitliche Offenbarungsquelle bildeten. Er beruhe darüber hinaus nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend vom [X.] der Druckschriften [X.] und [X.] oder einer der Entgegenhaltungen [X.] oder [X.] jeweils in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen sowie ausgehend von einer der Druckschriften [X.] oder [X.] jeweils in Kombination mit der Druckschrift K11. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei ebenfalls nahegelegt durch den [X.] der Druckschrift [X.] in Kombination mit der Druckschrift [X.] oder dem Fachwissen. Auch die [X.] enthielten nichts Patentfähiges.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 1 494 579 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das [X.] in der jeweils [X.] Sprachfassung der [X.] bis 78, 1 bis 73 sowie 79 vom 5. April 2023 – in dieser Reihenfolge – richtet,

weiter hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die jeweils gesondert verfolgten Patentansprüche 2 bis 6 der erteilten Fassung des [X.]s - in dieser Reihenfolge - richtet.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist im Merkmal 1.6 wie folgt ergänzt (Ergänzungen sind in dieser und in den Fassungen der weiteren Hilfsanträge durch Unterstreichungen hervorgehoben):

M1.6 by an algorithmic method based on image processing techniques.

M1.6 auf der Grundlage von [X.].

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.6 structural changes in vascular paths within the retina by comparing the at least one map of vascular path positions to a previously generated map of vascular path positions by an algorithmic method based on image processing techniques.

M1.6 strukturellen Änderungen (…).

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt ergänzt:

M1.6 due to neovascularization and/or due to apparent disappearance of blood vessels due to blockage of the flow therethrough within the retina by comparing the at least one map of vascular path positions to a previously generated map of vascular path positions by an algorithmic method based on image processing techniques.

M1.6 aufgrund von [X.] und/oder aufgrund von scheinbarem Verschwinden von Blutgefäßen aufgrund einer Blockade des Blutflusses durch diese hindurch in der [X.] durch Vergleich der mindestens einen Karte von Gefäßpfad-Positionen mit einer zuvor erstellten Karte von Gefäßpfad-Positionen durch ein algorithmisches Verfahren auf der Grundlage von [X.].

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner Fassung gemäß Hilfsantrag 2 wie folgt ergänzt:

M1.6 from the same subject at the same region by an algorithmic method based on image processing techniques.

M1.6 der gleichen Testperson im selben Bereich durch ein algorithmisches Verfahren auf der Grundlage von [X.].

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] entspricht einer Kombination seiner Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 3 und 4.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.3 at a fixed wavelength;

M1.3 bei einer festgelegten Wellenlänge;

Die Fassungen des Patentanspruchs 1 der Hilfsanträge 7 bis 11 kombinieren – in dieser Reihenfolge – die Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 5 jeweils mit derjenigen des [X.].

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]2 ist gegenüber seiner erteilten Fassung und wie folgt ergänzt:

M1.3 , wherein the [X.] comprises a beam splitting device;

M1.3 wobei das Bildaufnahmegerät einen Strahlteiler aufweist;

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]3 ist gegenüber derjenigen des [X.]2 wie folgt ergänzt:

M1.3

wherein the [X.] comprises a beam splitting device, such that the input illumination coming from the light source can be directed towards the illuminated organ tissue along the same optical path as the image information obtained by reflection from the illuminated tissue of interest;

M1.3 wobei das Bildaufnahmegerät einen Strahlteiler aufweist, so dass die von der Lichtquelle kommende Eingangsbeleuchtung auf das beleuchtete [X.] entlang des gleichen optischen Weges wie die durch Reflexion von dem beleuchteten Gewebe von Interesse erhaltene Bildinformation gerichtet werden kann;

Die Fassungen des Patentanspruchs 1 der Hilfsanträge 14 bis 24 kombinieren – in dieser Reihenfolge – die Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 11 jeweils mit der Fassung des [X.]2.

Die Fassungen der Hilfsanträge 25 bis 35 entsprechen - in dieser Reihenfolge – einer Kombination der Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 11 mit der Fassung des Hilfsantrags 13.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]6 ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.6 wherein the system also comprises an output display device (24) for showing said at least one vascular path map to determine the characteristics of vascular paths present in [X.],

M1.6 wherein the output display device is configured for interactively viewing [X.] positions.

M1.6 wobei das System auch eine [X.] (24) zur Anzeige der mindestens einen Gefäßpfad-Karte umfasst, zur Bestimmung der Eigenschaften von Gefäßpfaden, die in der [X.] des Individuums vorhanden sind,

M1.6 wobei die [X.] für ein interaktives Anzeigen der Karten von Gefäßpfad-Positionen ist.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]7 ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.6 wherein the system also comprises an output display device (24) for showing said at least one vascular path map to determine the characteristics of vascular paths present in [X.],

wherein the output display device is configured for annotating [X.] positions.

M1.6 wobei das System auch eine [X.] (24) zur Anzeige der mindestens einen Gefäßpfad-Karte umfasst, zur Bestimmung der Eigenschaften von Gefäßpfaden, die in der [X.] des Individuums vorhanden sind,

wobei die [X.] für ein Annotieren der Karten von Gefäßpfad-Positionen ist.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]8 entspricht einer Kombination seiner Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 36 und 37.

Der Patentanspruch 1 in den Fassungen der Hilfsanträge 39 bis 73 entspricht – in dieser Reihenfolge – einer Kombination seiner Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 35 mit der Fassung des [X.]8.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.4 wherein said discriminator is operative to compare said images by alignment;

M1.4 wobei der Diskriminator arbeitet, um die Bilder durch Ausrichtung zu vergleichen;

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt ergänzt:

M1.4 based on distinct landmarks;

M1.4 durch Ausrichtung auf der Basis von ausgeprägten Landmarken zu vergleichen.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

[X.] wherein the superpositioner is configured to align the differential images for superimposing;

[X.] wobei das Überlagerungsgerät dazu ausgebildet ist, die [X.] für die Überlagerung auszurichten;

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt ergänzt:

[X.] based on distinct landmarks for superimposing;

[X.] anhand von ausgeprägten Landmarken auszurichten;

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] entspricht einer Kombination seiner Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 75 und 77.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.2 by flashing pulses of light of less than 1 sec.;

M1.2 (i) eine Lichtquelle (14) zum Beleuchten der [X.] mit blinkenden Lichtpulsen von weniger als 1 Sek.;

Die Patentansprüche 2 bis 6 in den Fassungen der [X.] bis 35 und 74 bis 79 entsprechen ihrer erteilten Fassung.

In den Fassungen der [X.] 36 bis 73 ist der Patentanspruch 2 mit jeweils angepassten Rückbezügen und angepasster Nummerierung gestrichen. Im Übrigen entsprechen alle weiteren Patentansprüche dieser Fassungen ihrer erteilten Fassung.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das [X.] in der erteilten Fassung, zumindest aber in einer ihrer hilfsweise verteidigten Fassungen für rechtsbeständig.

Die Klägerin erachtet die Fassungen der [X.] teilweise für unzulässig und die jeweils mit ihnen beanspruchten Gegenstände für nicht patentfähig.

Der Senat hat den Parteien am 1. März 2023 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 [X.] zukommen lassen. In der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2023 hat er den Parteien einen weiteren rechtlichen Hinweis erteilt.

Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2023 und auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Das Streitpatent erweist sich weder in seiner erteilten Fassung, noch in einer der Fassungen der Hilfsanträge als rechtsbeständig. Dem steht jeweils der geltend gemachte [X.] der fehlenden Patentfähigkeit entgegen (Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 54, 56 EPÜ).

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere verfügt die Klägerin auch nach Erlöschen des [X.] über das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Nach Ablauf des Patentschutzes ist eine Nichtigkeitsklage insoweit zulässig, als der Kläger ein eigenes Rechtsschutzinteresse darlegt. Ein solches kann sich unter anderem daraus ergeben, dass er wegen der Verletzung des [X.] gerichtlich in Anspruch genommen wird (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 13. Juli 2020 – [X.], GRUR 2020, 1074 – Signalübertragungssystem; [X.]usse/Keukenschrijver, [X.], 9. Auflage, § 81, Rdnr. 73 f.).

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn die Klägerin wird vor dem [X.] von einer Lizenznehmerin der [X.]eklagten aus dem Streitpatent auf Rechnungslegung, Schadensersatzfeststellung sowie Rücknahme und Vernichtung der dort verfahrensgegenständlichen Produkte in Anspruch genommen. Nach einem [X.]eschluss des [X.]s vom 2. Mai 2023 ist das Verfahren bis zu einer Entscheidung über den [X.]estand des [X.] vorläufig ausgesetzt.

II.

1. Das Streitpatent betrifft ein System zum Analysieren der [X.] im Auge. Nach der [X.]eschreibung in der [X.]chrift befasst es sich mit der Detektion von Chromophoren, die an sich bewegenden Objekten in einem im Allgemeinen stationären Spektralhintergrund angebracht sind, durch Trennen der bekannten unterschiedlichen Spektren der sich bewegenden Objekte von den gesamten [X.], insbesondere für die nicht-invasive Messung der Sauerstoffsättigung in [X.]lutgefäßen durch spektrale Zerlegung des getrennten Spektrums der sich bewegenden roten [X.]lutkörperchen und für die Charakterisierung der [X.]lutflusswege (vgl. [X.]chrift, Abs. [0001]).

Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 wird das System zum Analysieren der retinalen [X.]lutgefäße verwendet. Der [X.]lutfluss in den retinalen [X.]lutgefäßen wird bestimmt, indem räumliche Änderungen der [X.]reflexion zu unterschiedlichen Zeiten erfasst und mittels aus unterschiedlichen [X.]ildern erzeugten [X.]ern dann Karten von [X.] erstellt werden (vgl. [X.]chrift, Abs. [0026], Anspruch 1).

Hintergrund der Erfindung sei, dass Diagnosen beim Auge oft aufgrund von strukturellen Veränderungen gestellt werden, die in der [X.] als Folge oder zusammen mit Problemen mit der retinalen Sauerstoffversorgung auftreten (vgl. [X.]chrift, Abs. [0004]). Die Methoden zur Messung der [X.]lutsauerstoffsättigung sollten schnell, quantitativ, objektiv und so nicht-invasiv wie möglich sein (vgl. [X.]chrift, Abs. [0005]).

Im Stand der Technik gebe es eine Reihe von Verfahren zur Messung der [X.]lutsauerstoffsättigung: Die [X.]lutgasanalyse als ein Verfahren zum Messen der Sauerstoffsättigung im [X.]lut mit hoher Genauigkeit sei invasiv und könne daher in vielen Fällen nicht verwendet werden. Außerdem benötige die Messung Zeit und könne nicht kontinuierlich durchgeführt werden (vgl. [X.]chrift, Abs. [0006]).

Die Pulsoximetrie hingegen sei nicht-invasiv und ermögliche eine kontinuierliche Messung. Sie könne jedoch nicht auf [X.]lutgefäße oder mit [X.]lutgefäßen gespülte [X.]ereiche angewendet werden, wo aufgrund der viskosen Eigenschaften des [X.]lutes und der elastischen Eigenschaften des [X.]lutgefäßsystems das [X.] unter die [X.] abgeklungen sei. Daher könne die Pulsoximetrie nicht für Informationen über die [X.], insbesondere nicht für Kapillaren, Venolen oder Venen mit kleinem Durchmesser verwendet werden (vgl. [X.]chrift, Abs. [0007]).

Viele Methoden zur [X.]eurteilung der [X.] einer [X.]lutprobe beruhten auf der Spektralanalyse, wobei die unterschiedlichen Absorptionsspektren von [X.] (HbO2) und Desoxyhämoglobin ([X.]) ausgenutzt würden. Jedes Spektrum sei unterschiedlich, und daher könnten theoretisch Spektralmessungen einer Probe in einer Küvette bei nur wenigen Wellenlängen unter bestimmten Annahmen Informationen über die Menge der einzelnen Chromophoren geben (vgl. [X.]chrift, Abs. [0008]).

Die Hauptschwierigkeit bei [X.] liege im Vorhandensein anderer Pigmente als Oxy- und Desoxy-Hämoglobin. Im interessierenden Spektralbereich lasse sich der Anteil der Gesamtspektren, der auf solche Pigmente zurückzuführen sei, nicht ohne weiteres in vivo bestimmen. Darüber hinaus werde bei Spektralmessungen, die auf reflektiertem Licht beruhten, die Lichtintensität nicht nur durch Chromophore, sondern auch durch andere reflektierende Einheiten beeinflusst. Daher sei eine spektrale Zerlegung des absoluten Reflexionsspektrums oft sehr problematisch, dies insbesondere an einer Stelle wie der [X.], wo viele Pigmente beteiligt seien. Darüber hinaus könnten Reflexionen von der [X.] aus vielen Quellen stammen und der spektrale Inhalt des reflektierten Lichts werde daher durch Chromophore oder Pigmente im gesamten umgebenden Gewebe und nicht nur lokal beeinflusst (vgl. [X.]chrift, Abs. [0009]).

Keine dieser Techniken ermögliche eine in vivo-Visualisierung der Sauerstoffsättigung in unterschiedlichen Gefäßen, insbesondere nicht auf der Ebene des Kapillarnetzwerks und nicht auf vergleichende Weise über die verschiedenen Gefäßkompartimente hinweg (vgl. [X.]chrift, Abs. [0010]).

2.  Vor diesem Hintergrund bestehe ein [X.]edarf für ein neues Verfahren, mit dem die [X.]lutsauerstoffsättigung quantitativ gemessen werden könne und die das Vorhandensein anderer absorbierender Chromophore oder reflektierender Objekte im Gewebe überwinde. Weiter solle das Verfahren keine Einzelpunktmessungen, sondern hochauflösende [X.]ilder der Werte der Sauerstoffsättigung und anderer verwandter Parameter im gesamten abgebildeten Gewebe bieten und vorzugsweise von allen Gefäßtypen einschließlich Kapillaren, Venolen und Venen erhalten werden (vgl. [X.]chrift, Abs. [0012]).

Hieraus ergibt sich die Aufgabe des Fachmanns, ein einfaches, nichtinvasives und sensitives System zur Erkennung des Gefäßsystems der [X.] mittels Chromophoren bereitzustellen (vgl. [X.]chrift, Absätze [0001], [0012] und [0020]), welches das Vorhandensein anderer absorbierender Chromophore oder reflektierender Objekte im Gewebe überwindet. Es sollen [X.]ilder des Verlaufs der [X.]lutgefäße erstellt werden, um Veränderungen der Gefäßpfade feststellen zu können (siehe [X.]chrift, Abs. [0012], Anspruch 1).

3. Diese Aufgabe soll durch eine Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 gelöst werden. Die Erfindung verwendet das Prinzip, sich bewegende Objekte zu identifizieren, die sich in einer komplexen stationären Umgebung befinden und ein optisches Spektrum aufweisen, das von dem der stationären Umgebung unterschieden werden kann, wobei die stationäre Umgebung auch im Allgemeinen spektral unveränderlich ist (vgl. [X.]chrift, Abs. [0022]). Dieses Prinzip ist aus der Entgegenhaltung [X.] bekannt (vgl. [X.]chrift, Abs. [0079]: „[X.]/63882.“).

[X.]ei den erzeugten [X.]ern werden so [X.]ereiche mit stationären Chromophoren herausgerechnet; nur noch [X.]ereiche mit beweglichen Chromophoren bleiben erhalten (vgl. [X.]chrift, Absatz [0079]). Dabei können auch mehr als zwei [X.]ilder zum Erzeugen von [X.]ern verglichen werden, beispielsweise sechs bis acht [X.]ilder, wodurch die Genauigkeit erhöht wird. Artefakte in der [X.]ildgebung sowie weitere Störfaktoren wie eine ungleichmäßige [X.]eleuchtung werden so ausgeglichen (vgl. [X.]chrift, Absätze [0081] und [0082]).

In den [X.]uren 2A bis 2C ist dieses Prinzip dargestellt; an den jeweiligen Positionen des sich bewegenden Erythrozyts weisen die beiden [X.]ilder unterschiedliche Intensitätspegel auf, während dieser in allen anderen [X.]ereichen gleich bleibt. Durch Subtraktion der [X.]ilder (wie z. [X.]. der [X.]uren 2A und [X.]) erhält man ein [X.]ild gemäß der [X.]ur 2C (dargestellt ist nur der Erfassungsbereich). Dort sind die umgebenden Strukturen aufgrund der Subtraktion und der gleichen Intensitätspegel im [X.] nicht sichtbar. Nur die Information bezüglich der Positionen des sich bewegenden Erythrozyts mit den unterschiedlichen Intensitätspegeln bleibt erhalten (siehe [X.]chrift, Abs. [0079]).

Abbildung

[X.] des streitpatentgemäßen Gegenstands bilden das Überlagerungsgerät (104b) und der [X.] (104c) gemäß den Merkmalen [X.] und [X.]. Mit dem Überlagerungsgerät (104b) wird eine Karte von Gefäßpfad-Positionen durch Überlagerung der [X.]ereiche mit verändertem Intensitätspegel der jeweiligen [X.]er miteinander erstellt; mit Hilfe des [X.]s (104c) können Änderungen in Gefäßpfaden in der [X.] durch Vergleich dieser Gefäßpfad-Positions-Karten ermittelt werden.

4.  Als Fachmann zur Lösung der Aufgabe ist daher ein Physiker mit Hochschulausbildung anzusehen, der über mehrjährige praktische Erfahrung in der Entwicklung von Verfahren zur [X.]ildgebung der Retina verfügt. Für die medizinischen, insbesondere die Retina betreffenden Aspekte wird dieser Fachmann einen entsprechend kundigen Arzt (Ophthalmologen) hinzuziehen.

5.  Dieser Fachmann legt den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 folgendes Verständnis zugrunde:

Der Patentanspruch 1 beansprucht ein System zum Analysieren einer [X.]/Retina eines Individuums [Merkmal M1.1].

In der [X.]ur 6D der [X.]chrift ist ein schematisches Diagramm eines erfindungsgemäßen Systems zur [X.]estimmung der Sauerstoffsättigung gezeigt, um daraus das Vorhandensein oder Ausmaß einer Neovaskularisation oder Kapillarblockierung in dem untersuchten Gewebe zu bestimmen. Die [X.]estimmung der Sauerstoffsättigung ist zwar in der [X.]eschreibung als bevorzugte Ausführungsform dargestellt, das System nach Anspruch 1 ist darauf jedoch nicht eingeschränkt. Es wird lediglich eine Analyse der [X.] beansprucht; in den nachfolgenden Merkmalen werden die [X.] ermittelt. Im Streitpatent wird dazu darauf hingewiesen, die [X.]ewegungsbestimmung des [X.]lutflusses in den interessierenden Regionen zu ermöglichen, um daraus den Verlauf der [X.]lutgefäße zu bestimmen (vgl. [X.]chrift, Abs. [0104]: „[X.], [X.], that the described algorithms in [X.]. 7 and 8 illustrate only one method by which the relevant data is extracted and processed, and that other methods known in the art can equally well be utilized, [X.] determination of the blood flow in the regions of interest.“). Mit dem System muss somit zumindest der Verlauf der [X.]lutgefäße bestimmt werden können. Zugleich muss die Feststellung von Änderungen in den [X.] möglich sein [Merkmal M1.1 mit [X.]].

Abbildung

Das System enthält folgende Komponenten, die auch in der [X.]ur 6D gezeigt sind:

i) eine Lichtquelle (14)

ii) ein [X.]ildaufnahmegerät (18)

iii) einen Diskriminator (104a)

iv) ein Überlagerungsgerät (104b)

v) einen [X.] (104c)

Die Lichtquelle (14) dient zum [X.]eleuchten der [X.] [Merkmal [X.]]. In den Ausführungsbeispielen wird hierfür eine [X.]litzlampe ([X.]) verwendet, es kann jedoch jede andere geeignete [X.] benutzt werden (vgl. [X.]chrift, Abs. [0075]: „[X.] arrangement 12 preferably contains a beam splitting device, a mirror with a central transmission aperture, or other optical arrangement, such that the input illumination, in the presently described embodiment, coming from a [X.], [X.] any other suitable illuminating source may also preferably be used, [X.] illuminated organ tissue 16, [X.] illuminated tissue of interest 16.“).

Nach dem Merkmal M1.3 ist ein [X.]ildaufnahmegerät (18) zur Aufnahme von mindestens zwei [X.]ildern der [X.] in vordefinierten Zeitabständen vorhanden. Als ein [X.]eispiel benennt das Streitpatent eine CCD-Kamera (18). Welche Arten von [X.]ildern, beispielsweise [X.] oder Einzelbilder oder bestimmte Arten von Aufnahmen, aufgenommen werden, wird in den Ansprüchen nicht näher spezifiziert. So sind Aufnahmen der Intensität des reflektierten bzw. rückgestreuten Lichts der Lichtquelle vorstellbar, es kann sich jedoch auch um Interferenzmuster des von der Retina reflektierten Lichts handeln, wie sie bei der [X.] (optischen Kohärenztomographie) oder einer [X.] aufgenommen werden.

Die Merkmale [X.] bis [X.] befassen sich mit den Geräten zur Verarbeitung der [X.]ilder. So wird nach dem Merkmal [X.] mit dem Diskriminator (104a) ein [X.]ild mit einem oder mehreren [X.]ildern verglichen und ein [X.] von [X.]ereichen mit verändertem Intensitätspegel erzeugt. Der [X.] kann beispielsweise durch Subtrahieren oder Dividieren von genau einem [X.]ild A mit einem einzelnen [X.]ild [X.] erfolgen. Alternativ kann er einen Vergleich eines [X.]ildes A mit einem aus mehreren Einzelbildern erzeugten, mittleren [X.]ild [X.] umfassen (vgl. [X.]chrift, Abs. [0082]: „[X.].  3C, in which [X.]. [X.] is a differential image, obtained by subtracting images A1 and [X.]1, in [X.] in [X.]. 2A to 2C. [X.], [X.], up to λn where the differential image marked Cn is obtained.“). Es können auch mehr als zwei [X.]ilder verglichen werden, um beispielsweise die Zuverlässigkeit der bei jeder Wellenlänge erhaltenen Daten zu erhöhen (vgl. [X.]chrift, Abs. [0081]: „Al[X.] for illustrative purposes, only two images are depicted, a series of several images, [X.] - 8 or more, are preferably acquired at each wavelength, in [X.] wavelength.“).

In den auf Seite 22 oben abgebildeten [X.]uren 2A bis 2C ist ein Ausführungsbeispiel mit einer Subtraktion von [X.]ildern dargestellt; an den jeweiligen Positionen des sich bewegenden Erythrozyts weisen die beiden [X.]ilder unterschiedliche Intensitätspegel auf, während dieser in allen anderen [X.]ereichen gleichbleibt.

Die [X.]er werden im Überlagerungsgerät (104b) überlagert. Daraus wird eine Karte von [X.] von den [X.]ereichen mit verändertem Intensitätspegel erstellt [Merkmal [X.]]. Als Methoden zur Überlagerung sollen Methoden aus dem Stand der Technik verwendet werden (vgl. [X.]chrift, Abs. [0102]: „In [X.], [X.] separate differential images accumulated in [X.] are superposed to generate a single image of the area of interest, by one of the methods known in the art such as measurement of the standard deviation of the measured [X.] values [X.], [X.], [X.], as mentioned hereinabove.“). Im Ausführungsbeispiel nach den [X.]uren 6A bis 6C ist die Karte ([X.]ur 6C) mit den Gefäßpfad-Positionen von den [X.]ereichen mit verändertem Intensitätspegel am [X.]eispiel eines Gewebebereichs dargestellt, für den angenommen wird, dass dort eine Neovaskularisierung oder Kapillarblockierung stattfindet (vgl. [X.]chrift, Abs. [0095]: „[X.]. 6C which shows the result of the superposition of the spots visible in the differential images of [X.]. 6[X.]1 to 6[X.]4.“).

Abbildung

Mit dem [X.] ([X.] map comparator 104c) gemäß Merkmal [X.] werden Änderungen in Gefäßpfaden in der [X.] durch Vergleich der mindestens einen Karte von Gefäßpfad-Positionen mit einer zuvor erstellten Karte von Gefäßpfad-Positionen ermittelt. Nach der Erstellung mindestens zweier Karten mittels der [X.]er im Überlagerungsgerät (104b) werden somit zwei Karten im [X.] ([X.] map comparator 104c) verglichen. [X.]eispielsweise kann dies durch Auslesen der Karten aus dem Speicher und Anzeigen beider Karten auf dem [X.]ildschirm/Drucker geschehen (vgl. [X.]chrift, Abs. [0099]: „ (...) and a [X.]-map comparator 104c, which may call on previously generated [X.] maps stored in the memory of the computing and control system 104 or elsewhere, and which processes the data for output to a display monitor 24 and/or a printer 26. Alternatively and preferably, the generated [X.] map or maps may be directly output from the [X.] map comparator 104c, to the display device 24, so that the operator or attending physician can inspect the [X.] map itself to ascertain any unusual changes in the morphology of the [X.]s, or in their presence or lack of presence.“).

Gemäß der [X.]eschreibung des [X.] kann der [X.] ([X.] map comparator) Karten von [X.], die von derselben Region zu verschiedenen Zeitpunkten erstellt wurden, entweder zu einem visuellen Vergleich (beispielsweise durch einen Arzt) aus einem Speicher auf beispielsweise einen [X.]ildschirm laden, oder alternativ diesen Vergleich mittels Signalverarbeitung durchführen und das Ergebnis beispielsweise auf einem [X.]ildschirm darstellen (vgl. [X.]chrift, Abs. [0099], [0103]).

Abbildung

[X.]ur 8 des [X.], unterer Abschnitt

In der Erläuterung zu der oben ausschnittsweise abgebildeten [X.]ur 8 ist ebenfalls davon die Rede, dass die bedienende Person entweder ein mittels Algorithmen / mathematischer Methoden generiertes Vergleichsergebnis interpretieren oder die zu verschiedenen Zeitpunkten erzeugten Karten selbst visuell miteinander vergleichen kann (vgl. [X.]chrift, Abs. [0103]: „In [X.], the generated [X.] map is stored in the system memory, [X.] monitor 24, [X.], and other maps taken of the same region of interest of the same subject may preferably be called from memory, [X.] in [X.] 132, [X.]. [X.] printer 26“). Da die im Patentanspruch verwendeten [X.]egriffe im Zweifel so zu verstehen sind, dass sämtliche [X.]eispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juni 2015 - [X.]/13, Leitsatz b, GRUR 2015, 972 – [X.]), ist davon auszugehen, dass auch der in der [X.]chrift alternativ vorgesehene visuelle Vergleich am [X.]ildschirm, beispielsweise durch einen Arzt, vom Anspruchswortlaut des Merkmals [X.] der erteilten Fassung umfasst ist.

III.

In der erteilten Fassung vermag die [X.]eklagte das Streitpatent nicht erfolgreich zu verteidigen. Dem steht der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit in der Form fehlender erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜG [X.]. 138 Abs. 1 [X.]uchst. a), Art. 52 bis 57 EPÜ) entgegen.

1. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 beruht gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift [X.] in Verbindung mit dem durch eine der Druckschriften [X.] und [X.] repräsentierten Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift [X.] wird im Streitpatent im Zusammenhang mit der Erläuterung der [X.]uren 2A bis 2C (vgl. Absatz [0079], Spalte 20, Zeilen 29 ff., 39 ff.: „[X.] obtained thus shows up the changes in reflection due to the movement of the erythrocytes. ...[X.]/63882.“) als bekannter Stand der Technik für die Erzeugung von [X.]ern gemäß dem Merkmal [X.] erwähnt. Außerdem wird sie für die Verwendung eines [X.]andpassfilters (vgl. [X.]chrift, Absatz [0076], Spalte 19, Zeile 35ff.) und im Zusammenhang mit der streitpatentgemäßen Lichtquelle als [X.]eispiel für eine Komponentenanordnung zur Kalibrierung des [X.]eleuchtungsblitzes (vgl. Absatz [0075], Spalte 19, Zeilen 15 ff.: component arrangement for calibrating the illuminating flash) benannt.

Abbildung

Die Druckschrift [X.] beschreibt eine Vorrichtung zur [X.]ildgebung der [X.]ewegung einzelner Erythrozyten in den [X.]lutgefäßen der Retina (vgl. [X.], S. 1, Abschnitt „[X.]“: „[X.] erythrocytes in [X.]. [X.] in imaging and analyzing the movement of erythrocytes in a retina or the head of the optic nerve, [X.].“) [= Merkmal M1.1].

Das System enthält eine Lichtquelle ([X.]) zum [X.]eleuchten der [X.] und ein [X.]ildaufnahmegerät ([X.]) (vgl. [X.], [X.]ur 1, S. 5, Abschnitt „[X.]“: „(...) [X.] ([X.]) [X.], such as a CCD camera in combination with a vessel imaging optical arrangement 6, such as a fundus camera or an [X.], [X.] in which measurements are to be performed, in [X.], vessels in retina 8. (...)The computer 10 controls the image acquisition and illumination timing by means of a [X.] and also has storage capability.“) [= Merkmal [X.]].

Mit der Kamera ([X.] / CCD camera) werden mehrere [X.]ilder der [X.] in vordefinierten Zeitabständen (inter-image interval between 5 and 200 msec) aufgenommen (vgl. [X.], S. 5 unten: „[X.] imaged region [X.], [X.]. [X.] trial, [X.], [X.] msec of one another. [X.] interval is within the range between 5 and 200 msec, [X.] msec. “) [= Merkmal M1.3].

Die einzelnen [X.]ilder werden miteinander und zur Erzeugung von [X.]ern von [X.]ereichen mit verändertem Intensitätspegel mittels Differenzbildung verglichen (vgl. [X.], S. 8: „[X.]y subtracting [X.] from A, or dividing A by [X.], [X.] (multiplying it by a factor of, for example, 100), [X.]. [X.], represented by speckles, but also changes in [X.] due to the movement of the blood cell.“, [X.], dritter Absatz: „[X.] pair of sub-regions tested, a number representing their similarity is obtained at 62, [X.] in the difference between the sub-regions. [X.] ([X.]) [X.]. Small values represent greater similarity. [X.], the relative displacement in [X.] ([X.], depending on operator settings) is recorded in rank order at 70.“).

In der [X.]ur 2 sind als [X.]er anzusehende [X.]ilder von [X.]ereichen mit verändertem Intensitätspegel gezeigt. Die Erzeugung der „consensus results“, d. h. der [X.]ewegungsvektoren, entspricht dem Merkmal [X.]. (vgl. [X.], S. 11, letzter Absatz: „[X.] is designed to find the consensus direction and distance of flow (the movement vector) in [X.] pixel.“).

Abbildung

Gemäß der Lehre der Druckschrift [X.] werden weiter mehrere unterschiedliche [X.]ilder mit veränderten Intensitätspegel („consensus results“) analysiert („[X.]“). Daraus wird eine Karte der [X.]lutflussbewegung („map of blood flow direction“) erstellt. So werden eine Vielzahl von [X.]ewegungsvektoren (motion vectors) für mehrere [X.]ildpaare berechnet und in eine Karte eingetragen. Da sich diese [X.]ewegungsvektoren nur an den Orten von [X.]lutgefäßen befinden, stellt eine solche Karte von [X.]ewegungsvektoren zugleich eine Gefäßkarte der [X.]lutgefäße in der Retina dar (vgl. [X.], S. 12, dritter Absatz: „A map of blood flow direction is [X.] obtained by analyzing many such image pairs. [X.]y dividing the magnitude of these vectors by the inter-image interval, [X.], [X.] image.“).

Diese [X.]erechnung und Analyse entspricht einer Überlagerung gemäß dem Merkmal [X.], wobei abweichende [X.]lutgeschwindigkeitsmesswerte ausgefiltert werden. Dass der Schwerpunkt der Druckschrift [X.] auf einer [X.]erechnung der [X.]ewegungsvektoren liegt, steht dieser Analyse nicht entgegen. Denn auch die Überlagerung der [X.]ewegungsvektoren mit unterschiedlichen Intensitätspegel fällt unter den Wortlaut des Anspruchsmerkmals [X.].

Einen [X.] zur Ermittlung von Änderungen in [X.] in der [X.] durch Vergleich der mindestens einen Karte von [X.] mit einer zuvor erstellten Karte von [X.] im Sinne des Merkmals [X.] offenbart die Druckschrift [X.] nicht unmittelbar und eindeutig.

Die in der Druckschrift [X.] beschriebenen Karten, automatisch generierte [X.]ilder der quantitativen Durchflussmenge (automatically generated quantitative flow rate image), vermag der Fachmann aufgrund seines fachmännischen Wissens und Handelns jedoch im Folgenden weiter auszuwerten. So entnimmt er der Druckschrift [X.] den Hinweis, dass die optisch ermittelte [X.]lutflussrate (optically measured blood flow rate) in Abhängigkeit vom Durchmesser von [X.]lutgefäßen ([X.]) einen Vergleich zwischen verschiedenen Patienten erlaubt (vgl. [X.], S. 12, dritter Absatz: „[X.], a graph may be generated, [X.] vs. [X.], yielding a metric which permits [X.].“). Der Fachmann erkennt, dass auf diese Weise mithilfe der erwähnten [X.]ewegungsvektoren [X.]lutgefäße und deren Veränderungen in Gefäßpfaden in der [X.] erfasst werden können. [X.]ei einem Vergleich von [X.]ildern unterschiedlicher Patienten ist für den Fachmann selbstverständlich, dass auch unterschiedliche [X.]ilder des gleichen Patienten dargestellt werden können.

Eine Verlaufskontrolle, bei der ein Vergleich von zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorliegenden Diagnose-Messwerten für denselben Patienten durchgeführt wird, gehört dabei zum fachmännischen sowie zum üblichen ärztlichen Handeln. Ein [X.]eispiel für dieses fachmännische Handeln dokumentiert die Druckschrift [X.], die den Vergleich von zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen [X.]ildern der Retina zeigt (vgl. [X.], [X.], zweiter Absatz: „Work station protocols may also be implemented to automatically map the vasculature, or to compare two images taken at historically different times and identify or annotate the changes which have occurred, highlighting for the operator features such as vessel erosion, tissue which has changed color, or other differences.“).

Auch das Fachbuch [X.] belegt exemplarisch ein entsprechendes Fachwissen (vgl. [X.], [X.], rechte Spalte). Insgesamt ist die Verlaufskontrolle mittels grafischer Darstellung von Diagnostik-Messwerten als generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in [X.]etracht zu ziehendes Mittel in der Medizin anzusehen und gehört zum allgemeinen Fachwissen des Mediziners. Eine Veranlassung zu ihrer Heranziehung ergibt sich bereits dadurch, dass sie sich für die medizinische Diagnostik und Therapiekontrolle als zweckmäßig darstellt.

Für den hier vorliegenden Fall der Erstellung von Gefäßkarten der Retina sind besondere Umstände, die eine Anwendung als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder untunlich erscheinen lassen (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2014 – [X.], [X.], 647 - Farbversorgungssystem; [X.], [X.]eschluss vom 25. Februar 2014 – X Z[X.] 5/13, [X.], 461 – [X.]), weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Das Merkmal [X.], ein [X.] zur Ermittlung von Änderungen in Gefäßpfaden in der [X.], ergibt sich damit bereits bei der Anwendung dieses [X.] auf das aus der Druckschrift [X.] bekannte System.

Das System gemäß dem Patentanspruch 1 entnimmt der Fachmann damit in naheliegender Weise dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift [X.] unter [X.]erücksichtigung seines Fachwissens, ohne dass er hierzu erfinderisch tätig werden muss.

2. Da [X.]eklagte, wie sie in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt hat, das Streitpatent – soweit nicht explizit anderweitig beantragt - sowohl in der erteilten Fassung, als auch in den Fassungen der Hilfsanträge jeweils als geschlossenen Anspruchssatz verteidigt (vgl. hierzu näher [X.], Urteil vom 13. September 2016 – [X.], [X.], 57 – Datengenerator), ist ihrem [X.]egehren entsprechend mit der Prüfung der hilfsweise verteidigten Fassungen des [X.] in der antragsgemäß zur Überprüfung gestellten Reihenfolge fortzufahren. Dabei ist zum jeweils nächsten Hilfsantrag überzugehen, sofern sich der Patentanspruch 1 der zuvor geprüften Fassung oder der nach dem Willen der Patentinhaberin anschließend in aufsteigender Ziffernfolge in seiner erteilten Fassung gesondert zu prüfende, vorhergehende abhängige Patentanspruch nicht als patentfähig erweist.

IV.

In den Fassungen der Hilfsanträge erweist sich das Streitpatent ebenfalls nicht als rechtsbeständig. Dem steht der geltend gemachte [X.] der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜG [X.]. 138 Abs. 1 [X.]uchst. a), Art. 52 56 EPÜ) entgegen, denn die Gegenstände der mit ihnen jeweils zur Überprüfung gestellten Ansprüche beruhen – ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der jeweiligen Antragsfassung - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist im Vergleich zu seiner erteilten Fassung um das Merkmal [X.]

[X.] wherein said discriminator is operative to compare said images by alignment;

Wie oben zur erteilten Fassung ausgeführt, gelangt die vom Stand der Technik gemäß der Druckschrift [X.] ausgehende und fachmännische Überlegungen anstellende Fachperson zu einem System mit den Merkmalen M1.1 bis [X.] und [X.] bis [X.].

Aufgrund seines Fachwissens wird der Fachmann das System zudem so ausgestalten, dass es bei einem [X.] dem zusätzlichen Merkmal [X.] [X.] (vgl. [X.], [X.], zweiter Absatz: „[X.] in [X.] organ such as the retina, there are two preparatory [X.]s, shown in [X.]. 5: first, global alignment of images at 42 based on the pattern of the vasculature, to correct for any eye movement; (…)“, S. 12, letzter Absatz: „[X.], [X.].“) [= Merkmal [X.]

Der Fachmann gelangt damit in Kenntnis des Stands der Technik gemäß der Druckschrift [X.] zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.], ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen.

2.  Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt ergänzt:

[X.] based on distinct landmarks;

Die zur Fassung des [X.] erörterte Ausrichtung oder Registrierung zu vergleichender [X.]ilder nimmt der Fachmann aufgrund seines Fachwissens auch anhand von Landmarken vor. Dieses Vorgehen, welches der Fachmann ohne weiteres erfinderisches Zutun auf ein von ihm dazu herzurichtendes System übertragen wird, ist für ein solches System in der Entgegenhaltung [X.] dargestellt (vgl. [X.], a. a. O.: „global alignment of images at 42 based on the pattern of the vasculature“) [= Merkmal [X.]

Damit ergibt sich auch das System des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] für den Fachmann ebenfalls in naheliegender Weise aus dem ihm bekannten Stand der Technik.

3.  Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber seiner erteilten Fassung um folgendes Merkmal [X.]

[X.] wherein the superpositioner is configured to align the differential images for superimposing;

Wie zu den [X.] und 75 ausgeführt, offenbart die Druckschrift [X.] eine Lehre, nach welcher die [X.]ilder durch das System vor der Differenzbildung zueinander ausgerichtet werden. Stellt der Fachmann nun beim Kompilieren der Konsensus-[X.]ilder im Rahmen der üblichen Qualitätskontrolle fest, dass aufgrund der Retinabewegung [X.]ewegungsartefakte auftreten, so wird er im Rahmen fachmännischen Handelns die bekannte Ausrichtung der [X.]ilder auch auf die Konsensus-[X.]ilder anwenden [= Merkmal [X.]

4. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] um folgendes Merkmal [X.]

[X.] based on distinct landmarks for superimposing;

Wie zur Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 75 ausgeführt, ist dem Fachmann die Ausrichtung anhand von Landmarken durch das beanspruchte System geläufig [= Merkmal [X.] [X.]

5. Die Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 78 kombiniert die oben diskutierten Merkmale der Fassungen der Hilfsanträge 75 und 77.

Wie ausgeführt, ergibt sich die Notwendigkeit einer Ausrichtung der jeweiligen [X.]ilder aufgrund der Retinabewegung. Der Fachmann wird diese Registrierung bei [X.]edarf auch hintereinander einsetzen, um die Qualität des Endergebnisses zu verbessern. Ein besonderer Vorteil aufgrund eines synergetischen Effekts dieser Maßnahmen ist im Streitpatent nicht offenbart, wurde seitens der [X.]eklagten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 78 ergibt sich damit für den Fachmann in naheliegender Weise, ohne dass er dabei erfinderisch tätig werden muss.

6.  Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 ist in der Fassung des Hilfsantrags 1 ist gegenüber seiner erteilten Fassung im Merkmal 1.6 wie folgt ergänzt:

[X.] by an algorithmic method based on image processing techniques.

Den Vergleich nicht von einem Mediziner bzw. dem [X.]edienungspersonal vornehmen zu lassen, sondern mittels mathematischer Algorithmen zu ermitteln, ergibt sich in fachmännischer Weise, um die Fehleranfälligkeit von visuellen Kontrollen zu verringern, die Reproduzierbarkeit zu erhöhen und die Erkennung der Pfade für das [X.]edienpersonal zu vereinfachen.

Für derartige Vergleiche kann die Entgegenhaltung [X.] als [X.]eleg für dieses Fachwissen herangezogen werden (vgl. [X.], [X.], zweiter Absatz: „Work station protocols may also be implemented to automatically map the vasculature, or to compare two images taken at historically different times and identify or annotate the changes which have occurred, highlighting for the operator features such as vessel erosion, tissue which has changed color, or other differences.“) [= Merkmal [X.]

Damit begründet auch die Fassung des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 keine erfinderische Tätigkeit.

7. Gleiches gilt für die Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2. Diese ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt durch das Wort „structural“ ergänzt:

[X.] structural changes in vascular [X.]s within the retina by comparing the at least one map of vascular [X.] positions to a previously generated map of vascular [X.] positions by an algorithmic method based on image processing techniques.

Ein spezielles technisches Merkmal, das für die Erkennung von „strukturellen“ Änderungen erforderlich ist, wird im Merkmal [X.] [X.] vermag der Fachmann ohne Weiteres auf eine veränderte Struktur der [X.]lutgefäße zu schließen. Dies wird der Fachmann bei [X.]edarf - wie bereits zu Hilfsantrag 1 erläutert – ebenfalls automatisiert vornehmen. Somit enthält das Merkmal [X.]

8. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt ergänzt:

[X.] due to neovascularization and/or due to apparent disappearance of [X.] due to blockage of the flow therethrough within the retina by comparing the at least one map of vascular [X.] positions to a previously generated map of vascular [X.] positions by an algorithmic method based on image processing techniques.

Die Erkennung von – hier speziell definierten - strukturellen Änderungen [Merkmal [X.] [X.] [X.] ausgehende Fachmann schließt im Übrigen bei einer Verringerung der [X.]lutflussgeschwindigkeiten bzw. Ausbleiben des [X.]lutflusses auf eine Verstopfung bzw. ein Verschwinden des [X.]lutgefäßes. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] ergibt sich damit für den Fachmann in naheliegender Weise, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen.

9. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber derjenigen des [X.] wie folgt ergänzt:

[X.] from the same subject at the same region by an algorithmic method based on image processing techniques.

Aus diesem geänderten Merkmal ergibt sich keine abweichende [X.]eurteilung einer erfinderischen Tätigkeit, da durch die Erkennung „bei einer Testperson im selben [X.]ereich“ [Merkmal [X.] [X.] offenbarten Lehre ist die Erkennung von strukturellen Änderungen bei einem Patienten im gleichen [X.]ereich möglich. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] ergibt sich damit für den Fachmann in naheliegender Weise.

10. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] entspricht einer Kombination seiner Fassungen der Hilfsanträge 3 und 4. Ein besonderer Vorteil aufgrund eines synergetischen Effekts der dadurch insgesamt beanspruchten Merkmale ist im Streitpatent nicht offenbart, wurde von der [X.]eklagten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Damit beruht auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

11. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] wurde im Vergleich zu seiner erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.3 a fixed wavelength;

Der Fachmann wird im Rahmen fachmännischen Handelns für die [X.]eleuchtung eine fixe Wellenlänge verwenden, die einen möglichst guten Kontrast der Erythrozyten gegenüber dem [X.] ermöglicht. Die Verwendung einer feste Wellenlänge ist dem Fachmann auch aus der Lehre der Druckschrift [X.] bekannt [=Merkmal M1.3 [X.], [X.], zweiter Absatz: „[X.] (400 to 450 nm) and/or green light (530 to 580 nm) to improve the contrast between the erythrocytes, [X.] absorb in this range, and the relatively reflective retina against which they are imaged.“). Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 6 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

12.  Gleiches gilt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der jeweiligen Fassung der Hilfsanträge 7 bis 11. Diese Fassungen kombinieren die Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 5 in dieser Reihenfolge mit der Fassung des [X.]. Ein besonderer Vorteil aufgrund eines synergetischen Effekts dieser für sich genommen nicht erfinderischen Gegenstände ist im Streitpatent nicht offenbart, wurde seitens der [X.]eklagten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

13.  Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]2 ist gegenüber der erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

M1.3 wherein the imager comprises a beam splitting device;

Einen Strahlteiler für Retina-Aufnahmen zu verwenden, gehört ebenfalls zum Fachwissen des zuständigen Fachmanns. Die Ergänzung dieses Merkmals führt nicht zur Patentfähigkeit des in dieser Fassung beanspruchten Gegenstandes. Lediglich exemplarisch wird hierzu auf die Entgegenhaltung [X.] verwiesen (vgl. [X.], [X.], zweiter Absatz: „In direct ophthalmoscopy the illuminated and reflected beams can be separated by various methods ([X.] 1980), such as a semi-reflecting mirror, [X.].“). Auch die Lehre der Druckschrift [X.] offenbart, wie dem in der dortigen [X.]ur 1 abgebildeten Lichtweg in der [X.]ildoptik („vessel imaging optics“) zu entnehmen ist, die Verwendung eines [X.] [=Merkmal M1.3

14.  Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]3 ist gegenüber derjenigen des [X.]2 wie folgt ergänzt:

M1.3 such that the input illumination coming from the light source [X.] illuminated organ tissue along the same optical [X.] as the image information obtained by reflection from the illuminated tissue of interest;

Dem Fachmann ist geläufig, dass zur [X.]ildgebung der Retina [X.]eleuchtungsstrahl und [X.]eobachtungsstrahl zusammenfallen und somit die [X.] auf der zum Auge weisenden Seite des [X.] gleich sind [=Merkmal M1.3 [X.] aufgrund der verwendeten [X.] bzw. eines [X.] zudem implizit entnehmen. Auch das System mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.]3 ergibt sich somit für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre der Entgegenhaltung [X.] in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen.

15.  Gleiches gilt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der jeweiligen Fassung der Hilfsanträge 14 bis 24 und 25 bis 35. Die Fassungen der Hilfsanträge 14 bis 24 kombinieren die Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 11 in dieser Reihenfolge mit der Fassung des [X.]2; Die Fassungen der Hilfsanträge 25 bis 35 kombinieren die Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 11 in dieser Reihenfolge mit der Fassung des [X.]3. Ein besonderer Vorteil aufgrund eines synergetischen Effekts dieser für sich genommen nicht erfinderischen Gegenstände ist im Streitpatent nicht offenbart, wurde seitens der [X.]eklagten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch der Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge 14 bis 35 beruht also nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

16. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]6 ist dieser gegenüber seiner erteilten Fassung um folgende Merkmale [X.] [X.]

[X.] wherein the system also comprises an output display device (24) for showing said at least one vascular [X.] map to determine the characteristics of vascular [X.]s present in [X.],

[X.] wherein the output display device is configured for interactively viewing the maps of vascular [X.] positions.

Eine Anzeigevorrichtung zur Darstellung der berechneten Karten zu verwenden, ist für den Fachmann allerdings selbstverständlich, auch die Entgegenhaltung [X.] zeigt einen Monitor als hierzu geeignete Anzeigevorrichtung (vgl. [X.], [X.]ur 1: „display monitor“) [=Merkmal [X.] [X.]

17. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]7 ist dieser gegenüber seiner erteilten Fassung um folgendes Merkmal [X.]

[X.] wherein the system also comprises an output display device (24) for showing said at least one vascular [X.] map to determine the characteristics of vascular [X.]s present in [X.], wherein the output display device is configured for annotating the maps of vascular [X.] positions.

Das Hinzufügen von Anmerkungen oder Zusatzinformationen zu einem [X.]ild [=Merkmal [X.] [X.] verwiesen, die ebenfalls ein Annotieren von verarbeiteten Retinabildern offenbart (vgl. [X.], [X.], Zeilen 11 ff.: „Work station protocols may also be implemented to automatically map the vasculature, or to compare two images taken at historically different times and identify or annotate the changes which have occurred, highlighting for the operator features such as vessel erosion, tissue which has changed color, or other differences.“). Von der Lehre der Entgegenhaltung [X.] ausgehend, ist die Nutzung dieser Funktionalität als objektiv zweckmäßig und naheliegend anzusehen. Es sind keine besonderen Umstände feststellbar, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen. Solches wurde auch nicht von der [X.]eklagten vorgetragen. In der Fassung des [X.]7 erweist sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 daher nicht als patentfähig.

18.  Gleiches gilt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der jeweiligen Fassung der Hilfsanträge 38 bis 73. Die Fassung des Hilfsantrags 38 kombiniert die Fassungen der Hilfsanträge 36 und 37; die Fassungen der Hilfsanträge 39 bis 73 kombinieren die Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 35 in dieser Reihenfolge mit der Fassung des [X.]8. Ein besonderer Vorteil aufgrund eines synergetischen Effekts dieser für sich genommen nicht erfinderischen Gegenstände ist im Streitpatent nicht offenbart, wurde seitens der [X.]eklagten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

19.  Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist gegenüber der erteilten Fassung wie folgt ergänzt:

[X.] by flashing pulses of light of less than 1 sec.;

Eine Lichtquelle (14) zum [X.]eleuchten der [X.] “mit blinkenden [X.] von weniger als 1 Sek.” versteht der Fachmann im Sinne von Intervallen (von [X.]), die weniger als eine Sekunde betragen. Absatz [0026] des [X.] führt dazu aus, dass Impulse von vorzugsweise blauem und/oder grünem Licht in rascher Folge in genau bekannten Intervallen, vorzugsweise von weniger als 1 Sekunde und vorzugsweise im [X.]ereich von 5-200 ms, in das Auge geblitzt werden, so dass ein "Film" der [X.]ewegungen der roten [X.]lutkörperchen oder ihrer Aggregate in der [X.] erstellt werden kann („In order to do this, pulses of preferably blue and/or green light are flashed in [X.] succession [X.], preferably of less than 1 sec., and more preferably within the range of 5-200 ms, so as to permit construction of a "movie" of the movements of the R[X.]C’s, or of their aggregates, in the retina.“).

Ein entsprechendes Intervall von weniger als 1 Sekunde entnimmt der Fachmann auch der Entgegenhaltung [X.] (vgl. [X.], S. 5 unten bis S. 6 oben: „[X.] interval is within the range between 5 and 200 msec, [X.] msec. [X.] in extracting slow vs fast motion from both large-diameter and very small-diameter capillaries, [X.]. [X.] brief flashes of light of a few milliseconds or less in order to obtain crisp Images.“) [=Merkmal [X.] [X.]

20. Auch die in dieser Reihenfolge weiter hilfsweise gesondert verfolgten Patentansprüche 2 bis 6 der erteilten Fassung des [X.] haben keinen [X.]estand, da sie über keinen eigenen erfinderischen Gehalt verfügen. Zu diesen Ansprüchen hat die [X.]eklagte keine erfinderischen [X.]esonderheiten geltend gemacht (vgl. hierzu näher [X.], Urteil vom 29. September 2011 – X ZR 109/08, [X.], 149, LS – Sensoranordnung). Solche sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.

a) Nach dem erteilten Patentanspruch 2 verfügt das System mit den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 zusätzlich über eine [X.] (24) zur Anzeige der mindestens einen Gefäßpfad-Karte umfasst, zur [X.]estimmung der Eigenschaften von Gefäßpfaden, die in der [X.] des Individuums vorhanden sind. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 36 [X.]ezug genommen. Ein System mit den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1, welches zusätzlich mit einer Anzeigevorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 2 ausgestattet ist, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 2 nicht als patentfähig erweist.

b) Gleiches gilt für ein System gemäß einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 2, bei dem die Lichtquelle (14) eine computergesteuerte [X.]litzlampe ist. Eine computergesteuerte [X.]litzlampe ([X.]) gemäß dem erteilten Patentanspruch 3 ist in der Entgegenhaltung [X.] offenbart (vgl. [X.], [X.]ur 1, S. 5: „The computer 10 controls the image acquisition and illumination timing by means of a [X.] and also has storage capability.“). Ein so ausgestattetes System im Sinne des Patentanspruchs 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 3 ist daher nicht patentfähig.

c) Auch ein System gemäß einem beliebigen der erteilten Patentansprüche 1 bis 3, worin der Diskriminator arbeitet, um die [X.]ilder durch Ausrichtung von [X.] darauf zu vergleichen, ist nicht patentfähig. Zur [X.]egründung wird auf die Ausführungen zur Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 74 verwiesen. Das zusätzliche Vorsehen eines dem Fachmann grundsätzlich bekannten Diskriminators gemäß dem erteilten Patentanspruch 4, um die [X.]ilder durch Ausrichtung von Gefäßpfaden darauf zu vergleichen, begründet keine erfinderische Tätigkeit.

d) Ein System gemäß einem beliebigen der erteilten Patentansprüche 1 bis 3, das zusätzlich einen Signalprozessor zur Nachbearbeitung der mindestens einen Karte von [X.] umfasst, stellt ebenfalls keinen patentfähigen Anspruchsgegenstand dar. Einen Signalprozessor gemäß dem erteilten Patentanspruch 5 vorzusehen, gehört zum fachmännischen Handeln. Für den Fachmann ist eine Nachbearbeitung von [X.]ildern insbesondere zur Vermeidung von Artefakten und mithilfe von Filtern selbstverständlich. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 5 ist daher ebenfalls nicht patentfähig.

e) Dies gilt schließlich auch für den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 6. Wie oben zum Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ausgeführt, ist dem Fachmann aus der Entgegenhaltung [X.] bekannt, einen wellenlängen-abhängigen [X.]andpass-Filter zu verwenden. Ein System gemäß dem erteilten Patentanspruch 1, das einen Wellenlängen-Selektor zur [X.]estimmung eines Wellenlängenbereichs der [X.]ilder der [X.], die vom [X.]ildaufnahmegerät aufgenommen wurden, umfasst, beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Auf die Ausführungen zum Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] wird [X.]ezug genommen.

21. Nach alledem hat das Streitpatent somit weder in der erteilten Fassung, noch in einer der durch die [X.]eklagte hilfsweise verteidigten Fassungen [X.]estand. Es war daher insgesamt für nichtig zu erklären.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Meta

6 Ni 23/21 (EP)

05.07.2023

Bundespatentgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 05.07.2023, Az. 6 Ni 23/21 (EP) (REWIS RS 2023, 7927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7927

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