Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2018, Az. II ZR 272/16

2. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13692

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Gegenstand

Insolvenz einer Kommanditgesellschaft: Anforderungen an die Darlegung einer Forderung gegen den Kommanditisten auf Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlage durch den Insolvenzverwalter; Rechtskraftwirkung der widerspruchslos erfolgten Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle


Leitsatz

1. Zur substantiierten Darlegung einer Forderung gegen den Kommanditisten nach § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB ist es ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle mit festgestellten Forderungen vorlegt, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können.

2. Die mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO folgende Rechtskraftwirkung der widerspruchslos erfolgten Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle nimmt gemäß § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB auch dem Kommanditisten die der Gesellschaft abgesprochenen Einwendungen gegen die Gläubigerforderungen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 30. September 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der "M.               " Shipping GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Der Beklagte hatte einen Kommanditanteil in Höhe von 15.000 € an der Schuldnerin übernommen. Seit Gründung in 2002 erwirtschaftete die Schuldnerin mit Ausnahme des Jahres 2006 fortlaufende Verluste. Das Kapitalkonto des Beklagten war bereits im Beitrittsjahr unter die Hafteinlage herabgemindert worden. In den Jahren 2004 bis 2007 flossen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 5.100 € an den Beklagten. Mit Beschluss vom 1. April 2014 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und darin der Termin zur Gläubigerversammlung am 11. Juni 2014 bestimmt. Der Beklagte wurde über die Insolvenzeröffnung informiert. Mit Beschluss vom 14. April 2014 wurde über das Vermögen der Komplementär-GmbH der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und ebenfalls der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlage persönlich in Anspruch. Der Beklagte hatte von den ursprünglich geforderten 5.100 € bereits vorprozessual 2.500 € an den Kläger gezahlt. Der Kläger legt zur Darlegung der Forderungen der Gläubiger gegen die Schuldnerin die Insolvenztabelle vor.

3

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß auf Zahlung von 2.600 € nebst Zinsen sowie außergerichtlicher Kosten verurteilt.

4

Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Die Revision ist als unbegrenzt zugelassen anzusehen. Das Berufungsgericht hat diese zwar nur zur Frage zugelassen, ob im Falle einer Insolvenz über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft die Feststellungen zur Insolvenztabelle Rechtskraft gegenüber einem Kommanditisten entfalten. Damit hat es die Revision beschränkt auf eine Rechtsfrage zugelassen, was unzulässig ist (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 2017 - [X.], NJW 2017, 2679 Rn. 13).

7

II. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger ein Zahlungsanspruch in Höhe von 2.600 € gemäß § 171 Abs. 2 i.V.m. § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB zustehe. Durch die Leistung der Einlage in Höhe von 15.000 € sei die Einlageverpflichtung des [X.]n erfüllt und seine persönliche Haftung erloschen. Der Kapitalanteil des [X.]n sei jedoch durch Verluste bereits im Jahre 2002 unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert worden. Gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB gelte wegen der an den [X.]n ausgeschütteten 5.100 € die Einlage in dieser Höhe als nicht geleistet. Die persönliche Haftung des [X.]n sei insoweit wieder aufgelebt. Die Klageforderung bestehe nach der Zahlung des [X.]n in Höhe von 2.500 € wegen des noch offenen Betrags in Höhe von 2.600 €.

8

Der Anspruch des [X.] setze voraus, dass er darlege und beweise, dass die Leistung des Kommanditisten zur Befriedigung der [X.]sgläubiger erforderlich sei. Seien Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden, so greife die [X.] des § 201 Abs. 2 Satz 1 [X.] ein. Diese wirke auch gegenüber dem [X.]n als Kommanditisten der Schuldnerin. Zur Darlegung genüge es, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle [X.]. Die [X.] der Insolvenztabelle könne auch gegenüber [X.] bestehen. Dies ergebe sich aus § 161 Abs. 2, § 129 Abs. 1 HGB für die persönlich haftenden [X.]er, was jedoch voraussetze, dass sie am Forderungsfeststellungsverfahren im Insolvenzverfahren beteiligt worden seien und Gelegenheit gehabt hätten, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für ihre persönliche Haftung zu widersprechen. Hinsichtlich der [X.] zu Lasten eines Kommanditisten sei diese Frage streitig. Nach Auffassung des Berufungsgerichts greife die [X.] der Insolvenztabelle zu Lasten eines Kommanditisten dann ein, wenn diese auch zu Lasten eines Komplementärs wirke. Im vorliegenden Fall sei über die Komplementärin der Schuldnerin ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser sei informiert und ordnungsgemäß am Insolvenzverfahren beteiligt worden. Er hätte auch als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Komplementärin den Feststellungen der Gläubigerforderungen in der Insolvenztabelle widersprechen können.

9

Der Einwand des [X.]n, das Aktivvermögen der Schuldnerin reiche möglicherweise zur Befriedigung der Gläubigerforderungen aus, lasse den Anspruch nicht entfallen. Die Darlegungs- und Beweislast liege insoweit beim [X.]n. Der Kläger habe vorgetragen, dass Forderungen in Höhe von 2.167.450,18 € zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien und lediglich in Höhe von 213.938,04 € widersprochen worden sei. Es sei Aufgabe des [X.]n darzulegen, dass weiteres Aktivvermögen vorhanden sei. Der Verjährungseinwand des [X.]n sei unbegründet. Die Einrede der Verjährung der Gläubigerforderungen sei bereits vor der Anmeldung beim Insolvenzverwalter im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu berücksichtigen. Dies hätte durch Widerspruch gemäß § 178 Abs. 1 Satz 1 [X.] verfolgt werden müssen.

III. Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Kläger hat einen Zahlungsanspruch in Höhe von 2.600 € gemäß § 171 Abs. 2 i.V.m. § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB gegen den [X.]n.

1. In den Jahren 2004 bis 2007 wurden insgesamt 5.100 € seitens der Schuldnerin an den [X.]n als Kommanditisten ausgeschüttet, nachdem dieser seine Einlage geleistet hatte. Es wurden damit Gewinnanteile entnommen, wodurch die geleistete Einlage herabgemindert wurde.

2. Es bestehen Forderungen von [X.] mindestens in Höhe der Klageforderung.

a) Der Kläger hat dies hinreichend substantiiert dargelegt.

Zur Darlegung der Forderung ist es ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können ([X.], Beschluss vom 18. Oktober 2011 - [X.], juris Rn. 9 mwN, Urteile vom 22. März 2011 - [X.], juris Rn. 20 und vom 11. Dezember 1989 - [X.], NJW 1990, 1109, 1111).

Der Kläger hat hier die Insolvenztabelle mit nicht widersprochenen und festgestellten Forderungen von [X.] in Höhe von 1.953.512,14 € vorgelegt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen können nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden.

Die erstmals im Revisionsverfahren erhobene Rüge, zur Substantiierung bzw. Individualisierung sei die Angabe einer Reihenfolge der in der Insolvenztabelle enthaltenen Forderungen hinsichtlich ihrer Geltendmachung durch den Kläger erforderlich, bleibt ohne Erfolg. Einer solchen Angabe bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen (anteiligen) Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Oktober 2011 - [X.], juris Rn. 9; Urteil vom 17. September 1964 - [X.], [X.]Z 42, 192, 194).

Die Revision beruft sich erfolglos für ihre abweichende Rechtsauffassung auf die Entscheidung des [X.] vom 9. Oktober 2006 ([X.], [X.], 122). Der Sachverhalt unterscheidet sich in wesentlichen Punkten. Dort war eine Teilklage nach § 93 Abs. 1 [X.] gegen einen [X.]er einer [X.] bürgerlichen Rechts erhoben, um die es hier nicht geht, da der [X.] als Kommanditist nur begrenzt gemäß § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB haftet und dessen Haftsumme insgesamt geltend gemacht wird. Der [X.] in dem damaligen Verfahren haftete nach dem maßgeblichen Erkenntnisstand auch nicht für alle Gläubigerforderungen. Das erforderte eine konkrete Zuordnung der Klagesumme auf die geltend gemachten materiellen Ansprüche. Dagegen sind hier alle vom Kläger eingezogenen Beträge anteilig zur Befriedigung aller Gläubigerforderungen zu verwenden.

b) Ohne Erfolg bestreitet der [X.] das Bestehen der ohne Widerspruch der Schuldnerin festgestellten Forderungen in der Insolvenztabelle.

aa) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das (einfache) Bestreiten des [X.]n gegenüber dem Vortrag des [X.] überhaupt hinreichend ist, wovon das Berufungsgericht zwar ausgegangen ist, woran jedoch Zweifel bestehen. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat sich jede [X.] über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der [X.] hervorgeht. Die erklärungsbelastete [X.] hat - soll ihr Vortrag beachtlich sein - auf die Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich "substantiiert", d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern. Ein substantiiertes Vorbringen kann grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden ([X.], Urteil vom 11. März 2010 - [X.], [X.], 1357 Rn. 16 mwN). Eine nähere Stellungnahme zu den Forderungen, die in der Insolvenztabelle festgestellt wurden, ist dem [X.]n auch möglich. Die erforderlichen Informationen kann er von der Schuldnerin einfordern. Im Insolvenzverfahren richtet sich der Informationsanspruch des Kommanditisten nach § 166 Abs. 1 HGB, der während der laufenden Insolvenz gegen den Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft geltend zu machen ist (vgl. [X.], [X.], 2047; Gummert in Henssler/Strohn, [X.]srecht, 3. Aufl., § 166 HGB Rn. 13; [X.] in [X.]Komm HGB, 3. Aufl., § 166 Rn. 26; [X.] in Baumbach/[X.], HGB, 37. Aufl., § 166 Rn. 2). Zusätzlich kann ihm ein Akteneinsichtsgesuch nach § 4 [X.] i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO zustehen.

bb) Hier ist das Bestreiten der Gläubigerforderungen unbeachtlich, da dem [X.]n diese Einwendung aufgrund der Wirkungen der widerspruchslosen Feststellung der Forderungen in der Insolvenztabelle nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten ist. Die Schuldnerin könnte sich mit dieser Einwendung gegen ihre Inanspruchnahme nicht zur Wehr setzen.

(1) Die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß § 178 Abs. 3 [X.] die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - [X.], NJW 2014, 391 Rn. 16 mwN). Für den Schuldner ergibt sich die [X.] nicht aus § 178 Abs. 3 [X.], weil dieser dort nicht genannt ist. Sie folgt aber mittelbar aus § 201 Abs. 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift können Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, wobei eine nicht bestrittene Forderung einer Forderung gleich steht, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist.

Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein. § 201 Abs. 1 [X.] regelt nur die während des Insolvenzverfahrens nicht mögliche Vollstreckung (§ 89 [X.]) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die [X.] außerhalb der Vollstreckung besteht schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - [X.], NJW 2014, 391 Rn. 19). Die [X.] eines Titels gegenüber der [X.] beschränkt grundsätzlich die Einwendungsmöglichkeiten für den persönlich haftenden [X.]er. Gegen die aus § 128 HGB begründete persönliche Haftung eines [X.]ers einer offenen Handelsgesellschaft kann ein [X.]er gemäß § 129 Abs. 1 HGB von persönlichen Einwendungen abgesehen nur die Einwendungen geltend machen, die auch von der [X.] erhoben werden können. Ist im [X.]sprozess ein rechtskräftiges Urteil gegen die [X.] ergangen, wirkt dies auch gegen die [X.]er, indem es ihnen die Einwendungen nimmt, die der [X.] abgesprochen wurden ([X.], Urteil vom 3. April 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1268 Rn. 15 mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 3. November 2015 - [X.], [X.], 211 Rn. 34). [X.] bleiben kann insoweit, ob der Sache nach eine Rechtskrafterstreckung auf die [X.]er oder ein Einwendungsausschluss vorliegt (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2011 - [X.], NJW 2011, 248 Rn. 9).

Diese Grundsätze gelten gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch für die Haftung des persönlich haftenden [X.]ers der Kommanditgesellschaft und die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der [X.] nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB.

(2) Eine einschränkende Auslegung des § 129 Abs. 1 HGB wie bei der Haftung eines ausgeschiedenen [X.]ers kommt bei der Haftung eines Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, nicht in Betracht.

(a) Ein ausgeschiedener [X.]er braucht sich ein gegen die [X.] ergangenes Urteil jedenfalls dann nicht entgegenhalten zu lassen, wenn er schon vor Klageerhebung ausgeschieden war. Der Grund dafür liegt darin, dass er in diesem Fall die Prozessführung der [X.] nicht mehr beeinflussen kann. Häufig wird er von einem Rechtsstreit gegen die [X.] zunächst sogar nichts erfahren und dem Rechtsstreit auch nicht als Nebenintervenient beitreten können. Er wird sich nicht darauf verlassen können, dass die [X.] schon im eigenen Interesse alle Einwendungen mit der erforderlichen Zielstrebigkeit und Umsicht geltend machen werde. Ihm wird auch nicht entgegengehalten werden können, er habe sich durch entsprechende Vereinbarungen von vornherein gegen eine von ihm missbilligte Prozessführung der [X.] sichern müssen, zumal er vielfach nicht wird voraussehen können, welche Ansprüche nach seinem Ausscheiden gegen die [X.] erhoben werden. Diesem Interesse gegenüber muss dasjenige des [X.]sgläubigers zurücktreten ([X.], Urteil vom 8. November 1965 - [X.], [X.]Z 44, 229, 233 f.).

Von dieser einschränkenden Auslegung ist jedoch dann abzusehen, wenn der ursprünglich persönlich haftende [X.]er einer offenen Handelsgesellschaft bei der Umgestaltung der Handelsgesellschaft in eine [X.] Kommanditist wird und als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Geschäfte der [X.] weiterführt ([X.], Urteil vom 22. September 1980 - [X.], [X.]Z 78, 114, 120 f.).

(b) Diese Erwägungen treffen für den Kommanditisten einer [X.], über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nicht in gleicher Weise zu. Eine einschränkende Auslegung der § 161 Abs. 2, § 129 Abs. 1 HGB zu Gunsten der Kommanditisten ist deshalb nicht wegen der Insolvenz der Kommanditgesellschaft geboten. Zwar wird die [X.] durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] gemäß § 161 Abs. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB aufgelöst. Die Rechtsstellung des Kommanditisten dieser durch Insolvenz aufgelösten [X.] ist aber nicht mit derjenigen eines ausgeschiedenen [X.]ers einer werbenden Kommanditgesellschaft vergleichbar. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auf die Struktur der betroffenen [X.] keinen Einfluss. Das gilt unabhängig von der Rechtsform der [X.]. Ist die Schuldnerin eine Personengesellschaft, richten sich Geschäftsführung und Vertretung - begrenzt durch die Befugnisse des Insolvenzverwalters - weiterhin nach §§ 114 ff., §§ 125 ff. HGB. Die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten [X.]er nehmen die Rechte der Schuldnerin im Insolvenzverfahren wahr ([X.], Beschluss vom 11. Januar 2007 - [X.] 271/04, NJW-RR 2007, 624 Rn. 21). Der Kommanditist hat die Möglichkeit, sich im Insolvenzverfahren hinsichtlich der gegen die [X.] bestehenden Forderungen zu informieren und sich im Hinblick auf die Feststellung zur Insolvenztabelle bzw. wegen der Erhebung eines Widerspruchs an den vertretungsberechtigten [X.]er der aufgelösten [X.] bzw. an den Insolvenzverwalter zu wenden (vgl. [X.]/[X.] in [X.]Komm[X.], 3. Aufl., § 93 Rn. 31).

(3) Die Grundsätze für die Anwendung von § 129 Abs. 1 HGB gegenüber [X.]ern einer offenen Handelsgesellschaft im Hinblick auf widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellte [X.]sgläubigerforderungen sind ebenfalls nicht auf die Kommanditisten übertragbar. Eine einschränkende Auslegung des § 129 Abs. 1 HGB i.V.m. § 162 Abs. 2 HGB im Hinblick auf die Ausgestaltung der Rechtsstellung des Kommanditisten im Insolvenzverfahren ist nicht geboten ([X.], BeckRS 2011, 09728; [X.], Urteil vom 20. August 2007 - 4 O 658/06, juris Rn. 32; [X.], Urteil vom 18. Juli 2007 - 1 O 211/06, juris Rn. 81; [X.] in Jaeger, [X.], 5. Aufl., § 178 Rn. 62; Schuhmacher in [X.]Komm[X.], 3. Aufl., § 178 Rn. 72; [X.] in [X.], [X.], 14. Aufl., § 178 Rn. 33; [X.], 33, 40 allerdings zur Frage, ob die Forderung gegen den Kommanditisten zur Befriedigung der [X.]sgläubiger benötigt werde).

(a) Für die [X.]er einer offenen Handelsgesellschaft galt nach ehemaligem Konkursrecht, dass alle [X.]er Gemeinschuldner waren. Das Recht, eine angemeldete Forderung im Prüfungstermin zu bestreiten, stand jedem von ihnen zu. Die Ausübung dieses Rechts verhinderte die [X.] einer Feststellung einer Forderung zur [X.] gegenüber dem [X.] ([X.], Urteil vom 30. Januar 1961 - [X.], [X.], 427, 429). Gleiches gilt unter der Geltung der Insolvenzordnung im Falle einer Insolvenz einer Erbengemeinschaft hinsichtlich des Widerspruchsrechts der Miterben, da sie im Insolvenzverfahren die Stellung des Schuldners einnehmen ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - [X.], NJW 2014, 391 Rn. 19). Das gilt für die Durchgriffshaftung eines GmbH-[X.]ers entsprechend. Dieser darf nicht schlechter gestellt werden, als ein gemäß § 128 HGB haftender Personengesellschafter, der zur Gewährung rechtlichen Gehörs an dem Forderungsfeststellungsverfahren zu beteiligen ist und Gelegenheit haben muss, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für seine persönliche Haftung zu widersprechen ([X.], Urteil vom 14. November 2005 - [X.], [X.], 1344 Rn. 23). Gleiches gilt für die Beschränkung der [X.] zu Lasten der [X.]er einer [X.] bürgerlichen Rechts ([X.], Urteil vom 9. Oktober 2006 - [X.], [X.], 79 Rn. 11).

(b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass diese Grundsätze für die persönlich haftenden [X.]er nicht auf den Kommanditisten einer [X.] übertragbar sind, hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Rechtsstellung der Kommanditisten ist im Rahmen der werbenden [X.] und auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens grundsätzlich anders ausgestaltet als diejenige der persönlich haftenden [X.]er. Gemäß § 164 Abs. 1 HGB sind die Kommanditisten von der Führung der Geschäfte der [X.] ausgeschlossen; sie können einer Handlung der persönlich haftenden [X.]er nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der [X.] hinausgeht. Sofern nicht besondere gesellschaftsvertragliche Regelungen etwas anderes vorsehen, muss der Kommanditist vom vertretungsberechtigten [X.]er eingegangene Verpflichtungen und auch dessen Prozessführung hinnehmen. Das Gesetz unterscheidet insoweit ausdrücklich zwischen den persönlich haftenden [X.]ern als [X.]er einer Kommanditgesellschaft und dem Kommanditisten (§ 161 Abs. 1 HGB). Auch im Rahmen der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB gibt das Gesetz die Unterscheidung zwischen den Kommanditisten und den persönlich haftenden [X.]ern nicht auf. Entscheidend bleibt, dass der Kommanditist mit der Erbringung seiner Einlage eine Haftung ausschließen kann (§ 171 Abs. 1 HGB) und auch im Falle der unmittelbaren Haftung gegenüber Gläubigern infolge der Entnahme der Hafteinlage nach § 172 HGB nur begrenzt bis zur Höhe des noch offenen Einlagebetrags haftet.

Auch im Insolvenzverfahren ist seine Rechtsstellung anders ausgestaltet, als die der persönlich haftenden [X.]er. Das Widerspruchsrecht steht nach § 178 Abs. 1 Satz 2 [X.] dem Schuldner, d.h. der Kommanditgesellschaft, zu. [X.] ist insoweit das vertretungsberechtigte Organ und damit nicht der Kommanditist. Ist der Schuldner eine durch die Verfahrenseröffnung in Liquidation befindliche juristische Person oder [X.] ohne Rechtspersönlichkeit, so gelten für die Erhebung des Widerspruchs die gleichen Grundsätze wie zu § 15 [X.] ([X.] in [X.], [X.], 14. Aufl., § 184 Rn. 5). Dem Kommanditisten steht kein Antragsrecht nach § 15 [X.] (Hirte in [X.], [X.], 14. Aufl., § 15 Rn. 2; [X.] in [X.], [X.], 8. Aufl., § 15 Rn. 12; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 3. Aufl., § 15 Rn. 25; [X.] in Jaeger, [X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 25; Linker in [X.] Kommentar zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 15 Rn. 5) und kein Widerspruchsrecht zu (vgl. [X.]/[X.] in [X.], [X.], 70. Lieferung, Januar 2017, § 184 Rn. 9; [X.] in Nerlich/[X.], [X.], April 2017, § 184 Rn. 3). Abweichendes wird nur für den hier nicht vorliegenden Fall diskutiert, dass der Kommanditist gemäß § 176 HGB wie ein persönlich haftender [X.]er haftet (Klöhn in [X.]Komm[X.], 3. Aufl., § 15 Rn. 49; aA Linker in [X.] Kommentar zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 15 Rn. 5; [X.] in Jaeger, [X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 26; [X.] in Nerlich/[X.], [X.], April 2017, § 15 Rn. 35).

Nach § 30 Abs. 2 [X.] ist der Eröffnungsbeschluss mit dem darin nach § 29 Abs. 1 [X.] enthaltenen Prüfungstermin dem Schuldner, d.h. bei einer Kommanditgesellschaft dem vertretungsberechtigten [X.]er, jedoch nicht dem Kommanditisten zuzustellen. Dementsprechend steht eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die Möglichkeit zur Teilnahme am Prüftermin und Erhebung eines Widerspruchs im Gegensatz zu den persönlich haftenden [X.]ern einer offenen Handelsgesellschaft bzw. einer Kommanditgesellschaft nicht in Rede. Der Kommanditist ist deshalb gehalten, auf einen Widerspruch des vertretungsberechtigten [X.]ers oder des Insolvenzverwalters hinzuwirken (vgl. [X.]/[X.] in [X.]Komm[X.], 3. Aufl., § 93 Rn. 31).

(3) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH, die zeitlich nur kurz nach derjenigen der Schuldnerin erfolgte, erfordert hier ebenfalls keine einschränkende Auslegung der § 162 Abs. 1, § 129 Abs. 1 HGB zu Gunsten des [X.]n.

Durch die Insolvenzeröffnung wird die Komplementär-GmbH gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst. Zugleich scheidet sie gemäß § 162 Abs. 2, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus der Kommanditgesellschaft - der nach § 161 Abs. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB bereits aufgelösten Schuldnerin - aus. Da hier mehr als ein [X.]er nach dem Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der Schuldnerin verbleibt, besteht die Kommanditgesellschaft im Insolvenzverfahren weiter (vgl. [X.], Urteil vom 8. Mai 2014 - [X.], [X.], 1280 Rn. 19; Urteil vom 15. März 2004 - [X.], [X.], 1047, 1048). Wenn im [X.]svertrag keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden, sind die verbliebenen [X.]er berufen, die [X.] im Insolvenzverfahren zu vertreten (vgl. § 146 Abs. 1 HGB für den Fall der Liquidation außerhalb des Insolvenzverfahrens) oder dafür einen Vertreter zu bestellen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Mai 2014 - [X.], [X.], 1280 Rn. 20 f.; aA Bitter in [X.], GmbHG, 11. Aufl., Vor § 64 Rn. 214 und [X.] in [X.] [X.], 3. Aufl., [X.]. § 158 Rn. 69).

Das Berufungsgericht hat hier angenommen, dass dem Kläger als Insolvenzverwalter der Komplementär-GmbH das Widerspruchsrecht für die Schuldnerin in deren Insolvenzverfahren zustand. Dies könnte im Betracht kommen, wenn § 18 Nr. 1 des [X.]svertrages, wonach im Falle der Auflösung der [X.] oder des Verkaufs des Schiffes durch Beschluss der [X.]erversammlung alleinige Liquidatorin der Schuldnerin die Komplementär-GmbH sein sollte, dahin auszulegen ist, dass dies auch für die Auflösung der Schuldnerin durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nach dem Ausscheiden der Komplementär-GmbH durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen gelten soll (vgl. [X.], [X.], 2168 zur Prozessstandschaft nach § 48 FGO). Solches ist weder von den [X.]en vorgetragen, noch vom Berufungsgericht festgestellt worden.

Das kann hier aber auch im Ergebnis dahinstehen. Eine Verletzung des Rechts des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich und gebietet keine einschränkende Auslegung der § 129 Abs. 1, § 162 Abs. 1 HGB. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH erfolgt. Die Bestimmung des Termins zur Prüfung der angemeldeten Forderungen ist damit nicht nur öffentlich bekannt gemacht, sondern der Komplementär-GmbH als Vertreterin der Schuldnerin gemäß § 30 Abs. 2 [X.] zugestellt worden. Dies müssen die Schuldnerin und deren [X.]er gegen sich gelten lassen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der [X.] über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert war. Die Kommanditisten der Schuldnerin und damit auch der [X.] hätten sich entsprechend ihrer Stellung in der [X.] um die Erhebung eines Widerspruchs im Prüfungstermin bei der Komplementär-GmbH bzw. auf [X.]erebene bemühen können.

3. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt, soweit es um die Einwendung gehe, es sei genügend Aktivvermögen der Schuldnerin vorhanden, um die Gläubigerforderungen auch ohne Inanspruchnahme der Kommanditisten nach § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB zu befriedigen. Das Berufungsgericht hat den [X.]n in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] für darlegungs- und beweisbelastet gehalten, wenn er geltend macht, seine Inanspruchnahme werde zur Gläubigerbefriedigung nicht benötigt (vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 1989 - [X.], NJW 1990, 1109, 1111; Strohn in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 171 Rn. 96; [X.] in Groß[X.], 5. Aufl., § 171 Rn. 226). Die Zurückweisung des Vortrags des [X.]n als unsubstantiiert lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Kläger hat als sekundär Darlegungsbelasteter zu den von ihm bereits vereinnahmten Beträgen Stellung genommen.

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Sunder

      

Bernau     

      

B. Grüneberg     

      

[X.] vom 7. Mai 2018

Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2018 wegen folgender Schreibfehler berichtigt:

In Rn 29, 5. Zeile und Rn 35, 3. Zeile heißt es

§ 161 Abs. 2 statt § 162 Abs. 2,

in Rn 36, 2. Zeile § 161 Abs. 2 statt § 162 Abs. 2 und

in Rn 38, 4. Zeile § 161 Abs. 2 statt § 162 Abs. 1.

[X.]     

 

Wöstmann     

 

Sunder

 

Bernau     

 

B. Grüneberg     

 

Meta

II ZR 272/16

20.02.2018

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Ansbach, 30. September 2016, Az: 1 S 14/16, Urteil

§ 129 Abs 1 HGB, § 161 Abs 2 HGB, § 171 Abs 2 HGB, § 172 Abs 4 HGB, § 201 Abs 2 S 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2018, Az. II ZR 272/16 (REWIS RS 2018, 13692)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 604-605 WM2018,626 REWIS RS 2018, 13692


Verfahrensgang

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Az. II ZR 272/16

Bundesgerichtshof, II ZR 272/16, 20.02.2018.


Az. 1 S 14/16

LG Ansbach, 1 S 14/16, 30.09.2016.

LG Ansbach, 1 S 14/16, 03.06.2016.


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