Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.01.2019, Az. I ZB 114/17

1. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 10782

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Gegenstand

Markenrechtliches Löschungsverfahren: Unterbrechung des Verfahrens wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Löschungsantragstellers - Kaffeekapsel I


Leitsatz

Kaffeekapsel I

Die Eröffnung eines inländischen oder anerkennungsfähigen ausländischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen desjenigen, der beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung einer Marke wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt, führt zur Unterbrechung des Verfahrens, wenn der Löschungsantragsteller und der Markeninhaber Wettbewerber sind. In diesem Fall besteht auch ohne anhängiges Verletzungsverfahren ein Bezug des Löschungsverfahrens zum Vermögen des Löschungsantragstellers.

Tenor

Es wird festgestellt, dass das Rechtsbeschwerdeverfahren wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin unterbrochen ist.

Gründe

1

I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 15. Juli 2001 die dreidimensionale [X.] Nr. 763 699

Abbildung

für die Waren der Klasse 30

Coffee, coffee extracts and coffee-based preparations; coffee substitutes and artificial coffee extracts; tea, tea extracts and tea-based preparations; cocoa and cocoa-based preparations, chocolate, chocolate goods, [X.], sweet goods; sugar; natural sweeteners; [X.], [X.], [X.], pastry articles; biscuits, cakes, desserts, puddings; [X.], [X.], binders and binding agents for making [X.] ([X.]); honey and honey substitutes; cereals for breakfast, [X.], [X.], [X.], flour or cereal-based foodstuffs, also as cooked dishes; [X.]; [X.] (other than essential oils), [X.], mayonnaise

eingetragen. Seit dem 30. Januar 2003 ist der Schutz auf [X.] erstreckt.

2

Die in [X.] geschäftsansässige Antragstellerin hat am 7. Oktober 2011 beim [X.] die Schutzentziehung für [X.] in Bezug auf die Waren "Kaffee, Kaffeeextrakte und kaffeebasierte Zubereitungen, Kaffeeersatz und künstliche Kaffeeextrakte" mit der Begründung beantragt, das Zeichen sei nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schutzunfähig.

3

Das [X.] hat der [X.] den Schutz für [X.] entzogen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben ([X.], Beschluss vom 17. November 2017 - 25 W [pat] 112/14, [X.], 522).

4

Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Markeninhaberin die Zurückweisung des Schutzentziehungsantrags. Die Antragstellerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

5

Über das Vermögen der Antragstellerin ist am 12. November 2018 das Konkursverfahren eröffnet worden. Die Markeninhaberin ist der Ansicht, das Verfahren sei unterbrochen. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin sind dem entgegengetreten.

6

II. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1, § 343 Abs. 1 [X.] unterbrochen.

7

1. Der Senat hat durch Beschluss über die Unterbrechungswirkung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin zu entscheiden.

8

a) Ist die Unterbrechungswirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer [X.] zwischen den Prozessparteien streitig, ist hierüber durch Zwischenurteil gemäß § 303 ZPO zu entscheiden ([X.], Urteil vom 1. Oktober 2009 - [X.], [X.], 343 Rn. 16 = [X.], 527 - [X.]; Urteil vom 13. Oktober 2009 - [X.], [X.], 861 Rn. 5 - Schnellverschlusskappe). Das kann mit Zustimmung der [X.]en im schriftlichen Verfahren geschehen (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Da im markenrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren das Rechtsbeschwerdegericht nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entscheidet, selbst wenn die Entscheidung aufgrund freigestellter mündlicher Verhandlung ergeht (§ 89 Abs. 1 Satz 1 [X.]), ist die Zwischenentscheidung über die Unterbrechungswirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung von § 303 ZPO durch Beschluss zu treffen (zum energiewirtschaftlichen Verwaltungsverfahren: [X.], Beschluss vom 18. November 2014 - [X.] 59/13, [X.], 851 Rn. 4; zum patentrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren: [X.], Beschluss vom 26. Januar 1967 - [X.], [X.]Z 47, 132, 134 f. [juris Rn. 11] - [X.]; zum Zwischenstreit über die Wirksamkeit der Aufnahme im [X.]: [X.], Beschluss vom 31. Oktober 2012 - [X.], [X.]Z 195, 233 Rn. 5; Beschluss vom 10. Mai 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 889 Rn. 8).

9

b) Hier ist eine solche Entscheidung erforderlich, weil die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin die Unterbrechungswirkung des [X.] Konkursverfahrens mit der Begründung in Abrede gestellt haben, dieses Verfahren betreffe nicht die Insolvenzmasse. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, auch wenn der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung über die Rechtsbeschwerde bestimmt hatte. Vorliegend ist nicht über die Sache selbst, sondern lediglich über einen einzelnen prozessualen Streitpunkt zu entscheiden. Hierfür erachtet der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich, nachdem sich die Verfahrensbeteiligten zur Frage der Unterbrechung des Verfahrens schriftlich geäußert haben.

2. Die mit Urteil des [X.] Sprengelgerichts des [X.] vom 12. November 2018 angeordnete Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin hat zur Unterbrechung des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens geführt.

a) Die Frage der Unterbrechungswirkung dieses Konkursverfahrens ist nach § 352 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 343 [X.] zu beurteilen.

aa) Die Vorschrift des § 352 [X.] stellt klar, dass die prozessunterbrechende Wirkung von § 240 ZPO auf einen inländischen Rechtsstreit auch bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Ausland eintritt (Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Neuregelung des [X.]. 15/16, [X.]). Nach § 352 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird durch die Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit unterbrochen, der zur [X.] der Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anhängig ist und die Insolvenzmasse betrifft. Die Unterbrechung dauert nach § 352 Abs. 1 Satz 2 [X.] an, bis der Rechtsstreit von einer Person aufgenommen wird, die nach dem Recht des Staats der Verfahrenseröffnung zur Fortführung des Rechtsstreits berechtigt ist, oder bis das Insolvenzverfahren beendet ist.

bb) Die Unterbrechungswirkung nach § 352 Abs. 1 Satz 1 [X.] tritt nur ein, wenn das ausländische Insolvenzverfahren anerkennungsfähig ist. Während sich die Anerkennung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch ein zuständiges Gericht in einem Mitgliedstaat der [X.] nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) 2015/848 über Insolvenzverfahren richtet, erfolgt die Anerkennung der hier in Rede stehenden Verfahrenseröffnung in [X.] nach § 343 [X.] (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 343 Rn. 6; BeckOK.[X.]/[X.], 12. Edition, Stand 26. April 2018, § 343 Rn. 3). Die Frage, ob das [X.] Konkursverfahren zur Unterbrechung des hier in Rede stehenden Markenlöschungsverfahrens führt, bestimmt sich dagegen nicht nach der Übereinkunft zwischen zahlreichen [X.] Kantonen und dem [X.] über gleichmäßige Behandlung der gegenseitigen Staatsangehörigen in [X.] vom 11. Mai/27. Juni 1834. Diese Übereinkunft gilt zwar für das Gebiet des heutigen [X.] und der beteiligten Kantone bis heute ([X.], Urteil vom 20. Dezember 2011 - [X.], [X.], 572 Rn. 31, mwN; [X.], [X.], 2429, 2430; [X.]/Mäsch, [X.], Art. 44 [X.] Rn. 9). Die Übereinkunft legt das Prinzip der Gleichbehandlung der Gläubiger, unabhängig von ihrer Nationalität, fest. Außerdem enthält sie die Regelung, dass nach Konkurseröffnung im einen Staat im anderen Staat gelegenes bewegliches Vermögen - zu dem alles Vermögen des Schuldners einschließlich Forderungen und anderer Rechte gehört - "weder durch Arrest noch durch sonstige Verfügung" zum Nachteil der Masse geschmälert werden darf (Aufsichtsbehörde des [X.] über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen, [X.], 200, 203). Im Streitfall steht eine Schmälerung des Vermögens der [X.]in durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme jedoch nicht in Rede.

b) Bei dem Konkursverfahren über das Vermögen der in [X.] ansässigen Antragstellerin durch ein [X.] Gericht handelt es sich um ein in [X.] nach § 343 Abs. 1 [X.] anerkennungsfähiges Insolvenzverfahren.

aa) Nach § 343 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt. Die Anerkennung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Unterbrechung des Rechtsstreits (§ 352 Abs. 1 Satz 1 [X.]) setzen allerdings voraus, dass ein Insolvenzverfahren vorliegt. Als ein solches Verfahren werden Auslandsverfahren nicht schrankenlos anerkannt, sondern nur, wenn damit in etwa die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit den in der [X.] vorgesehenen Verfahren (vgl. Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks. 15/16, [X.]; [X.], [X.], 861 Rn. 8 - Schnellverschlusskappe; [X.], [X.], 572 Rn. 33). Nach § 1 Satz 1 [X.] dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Außerdem soll dem redlichen Schuldner Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 2 [X.]). Den in § 1 [X.] formulierten Zielen des Insolvenzverfahrens dienen auch Verfahren, die in erster Linie auf alsbaldige Liquidation des [X.] angelegt sind (vgl. [X.], [X.], 572 Rn. 33).

bb) Das Konkursverfahren nach Art. 197 ff. des [X.] Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) verfolgt vergleichbare Ziele wie die in der [X.] vorgesehenen Verfahren. Nach Art. 197 Abs. 1 SchKG bildet sämtliches pfändbare Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Konkurseröffnung gehört, gleichviel wo es sich befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger dient. Mit Anordnung der Liquidation des Vermögens ist eine mit der [X.] vergleichbare Verwertung des Vermögens der Insolvenzschuldnerin zur Befriedigung der Gläubiger verbunden (vgl. [X.].[X.]/[X.], 3. Aufl., Länderbericht [X.] Rn. 24 ff.). Daher ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, dass das [X.] Konkursverfahren einem [X.] Konkurs- oder Insolvenzverfahren entspricht (vgl. zu §§ 237, 238 KO: [X.], Urteil vom 27. Mai 1993 - [X.], [X.]Z 122, 373, 375 [juris Rn. 18]; zum [X.] Nachlassverfahren: [X.], [X.], 572 Rn. 34 bis 36; [X.], Urteil vom 24. Juni 2014 - [X.], [X.], 1997 Rn. 53).

cc) Die in § 343 Abs. 1 Satz 2 [X.] genannten Hindernisse für eine Anerkennung liegen nicht vor. Insbesondere sind die [X.] Gerichte nach [X.] Recht für Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] zuständig (vgl. § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn unter Zugrundelegung [X.] Zuständigkeitsnormen ein Gericht des Staats, in dem die Entscheidung ergangen ist, international zuständig wäre ([X.], [X.], 572 Rn. 39). Danach ergibt sich die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin aus der die örtliche und internationale Zuständigkeit regelnden Vorschrift des § 3 [X.], denn die Antragstellerin hat ihren Sitz in [X.].

dd) Sachliche Anerkennungshindernisse sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die für die Anerkennung eines ausländischen Insolvenzverfahrens erforderliche Voraussetzung, dass das ausländische Insolvenzverfahren eine extraterritoriale Geltung beansprucht, beim Konkurs nach [X.]m Recht gegeben (vgl. [X.], [X.], 572 Rn. 37; [X.], 1997 Rn. 55).

ee) Soweit der [X.] entschieden hat, dass eine Verfahrensunterbrechung ausscheidet, wenn das ausländische Insolvenzverfahren nach dem Recht des [X.] weder einen Übergang der [X.] vorsieht noch eine Unterbrechungswirkung beansprucht noch sich in sonstiger Weise auf den Fortgang anhängiger Prozesse auswirkt ([X.], [X.], 572 Rn. 43 bis 45 zur Bewilligung der Nachlassstundung nach [X.] Recht), steht dies im Streitfall der Annahme einer Unterbrechungswirkung nicht entgegen. Nach Art. 204 Abs. 1 SchKG sind Rechtshandlungen, die der Schuldner nach der Konkurseröffnung in Bezug auf [X.] vornimmt, die zur Konkursmasse gehören, den [X.] gegenüber ungültig. Damit verliert der [X.] seine Verfügungsbefugnis, wie sich auch aus der amtlichen Überschrift dieser gesetzlichen Regelung "Verfügungsunfähigkeit des Schuldners" ergibt. Nach Art. 207 Abs. 1 Satz 1 SchKG werden Zivilprozesse, in denen der Schuldner [X.] ist und die den Bestand der Konkursmasse berühren, mit Ausnahme dringlicher Fälle eingestellt. Nach Art. 207 Abs. 2 SchKG können Verwaltungsverfahren unter den gleichen Voraussetzungen eingestellt werden. Ein in [X.] eröffnetes Konkursverfahren beansprucht damit eine Unterbrechungswirkung für anhängige Verfahren.

c) Das über das Vermögen der Antragstellerin eröffnete [X.] Konkursverfahren betrifft die Insolvenzmasse und führt zur Unterbrechung des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens.

aa) Durch die Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens wird ein zur [X.] der Eröffnung anhängiger Rechtsstreit nach § 352 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur unterbrochen, wenn er die Insolvenzmasse betrifft. Die Insolvenzmasse ist nach § 35 Abs. 1 [X.] das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nicht zur Insolvenzmasse gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 Abs. 1 [X.]). Für den Eintritt der Unterbrechungswirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens genügt ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse ([X.], [X.], 343 Rn. 17 - [X.]; [X.], Beschluss vom 10. Dezember 2014 - [X.], NJW-RR 2015, 433 Rn. 15). Keine Unterbrechung tritt dagegen ein in nicht vermögensrechtlichen oder in vermögensmäßig neutralen Streitigkeiten (vgl. [X.], [X.], 343 Rn. 19 - [X.]; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 15. Aufl., § 240 Rn. 5; [X.]/[X.], ZPO, 7. Aufl., § 240 Rn. 7; [X.].ZPO/[X.], 5. Aufl., § 240 Rn. 19 ff., jeweils mwN). Auch bei einer nur wirtschaftlichen Beziehung zur Masse tritt keine Unterbrechung ein ([X.], Beschluss vom 22. Juni 2004 - [X.], [X.], 345, 346 [juris Rn. 7]; [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., § 240 Rn. 8a).

bb) Das [X.] enthält keine Regelungen dazu, welche Auswirkungen die Eröffnung eines in- oder ausländischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines der am Rechtsbeschwerdeverfahren Beteiligten hat. Nach § 88 Abs. 1 [X.] werden lediglich die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Ausschließung und Ablehnung der [X.], über Prozessbevollmächtigte und Beistände, über Zustellungen von Amts wegen, über Ladungen, Termine und Fristen und über Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für entsprechend anwendbar erklärt. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Neben den genannten Vorschriften kommt auch die entsprechende Anwendung weiterer Verfahrensvorschriften in Betracht, zu denen insbesondere die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren gehören, soweit sie durch die vorrangige Verweisung in § 88 [X.] oder die Besonderheiten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht ausgeschlossen sind. Zu den im Rechtsbeschwerdeverfahren danach entsprechend anwendbaren Vorschriften gehört § 82 Abs. 1 [X.], der eine allgemeine Verweisung auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung enthält, soweit das [X.] keine besonderen Bestimmungen über das Verfahren vor dem [X.] enthält und auch die Besonderheiten dieses Verfahrens die Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften nicht ausschließen ([X.], Beschluss vom 24. Juni 1999 - I ZA 1/98, [X.], 998 [juris Rn. 7] = WRP 1999, 939 - Verfahrenskostenhilfe; Beschluss vom 27. Januar 2000 - [X.], [X.], 892, 893 [juris Rn. 15] = [X.], 1299 - [X.]; Beschluss vom 14. August 2008 - I ZA 2/08, [X.], 88 Rn. 10 = [X.], 1551 - ATOZ I).

cc) Die Frage, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Verfahrensbeteiligten an einem markenrechtlichen Löschungsverfahren nach § 54 [X.] zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 240 ZPO (§ 352 Abs. 1 Satz 1 [X.]) führen kann, ist streitig.

(1) Das [X.] lehnt eine Anwendung des § 240 ZPO im Widerspruchs- und Einspruchsverfahren ab (vgl. Mitteilung Nr. 20/08 des Präsidenten des [X.]s vom 14. November 2008, [X.] 2008, 413; zustimmend für das patentrechtliche Verfahren vor dem [X.]: [X.]/Schwarz in [X.], [X.], 11. Aufl., § 59 Rn. 155; ablehnend [X.], ZPO, 2. Aufl., § 240 Rn. 11; [X.]/[X.], 15. Edition, Stand 1. Oktober 2018, [X.] § 66 Rn. 139.2; [X.]/[X.], [X.], 588, 590).

(2) In der Rechtsprechung des [X.]s wird die Anwendung des § 240 ZPO im markenrechtlichen Löschungsverfahren weitgehend bejaht (vgl. [X.], Beschluss vom 31. März 2004 - 28 W (pat) 116/02, juris Rn. 6; Beschluss vom 21. März 2005 - 30 W (pat) 141/03, juris Rn. 10; Beschluss vom 10. März 2009 - 27 W (pat) 78/09, juris Rn. 16; Beschluss vom 24. Januar 2011 - 27 W (pat) 77/09, juris Rn. 41; Beschluss vom 3. Mai 2018 - 30 W (pat) 28/15, juris Rn. 21 bis 26, mwN; aA [X.], Beschluss vom 21. Mai 2007 - 27 W (pat) 37/06, [X.], 364, 365 [juris Rn. 21]; Beschluss vom 3. August 2011 - 28 W (pat) 59/10, [X.], 291, 292 [juris Rn. 49]; vgl. hierzu auch die Nachweise bei [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 42 Rn. 71; zur Wirkung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers eines [X.] [X.], Beschluss vom 13. Juni 2001 - 5 W (pat) 447/99, juris Rn. 9).

(3) In der Literatur wird überwiegend für eine Anwendbarkeit des § 240 ZPO plädiert (vgl. [X.]/[X.], [X.], 588, 590), jedenfalls soweit es zweiseitige Verfahren betrifft (vgl. [X.] aaO § 240 Rn. 9 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering aaO § 82 Rn. 75; ablehnend [X.]/Schwarz in [X.] aaO § 59 Rn. 155). Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass im zweiseitigen Verfahren die Verfahrensunterbrechung nur für den Fall eingreifen könne, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Markeninhabers eröffnet worden ist, nicht aber über das des [X.] (vgl. [X.] in [X.], Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., [X.]. [X.] Rn. 644; zustimmend [X.]/[X.], 15. Edition [Stand 1. Oktober 2018], [X.] § 54 Rn. 62 und [X.]/[X.] aaO [X.] § 66 Rn. 140). Diese Ansicht stellt darauf ab, dass die Wahrung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter auf Seiten des [X.] nicht berührt werde, da das Löschungsverfahren nicht von einer Betroffenheit in eigenen Rechten abhängig sei. Eine Unterbrechung komme allerdings dann in Betracht, wenn ein [X.] zwischen Markeninhaber und Antragsteller anhängig sei und die wirtschaftliche Position des Antragstellers sich durch die Löschung unmittelbar verbessern würde (vgl. [X.] in [X.] aaO [X.]. [X.] Rn. 644).

dd) Es muss nicht allgemein entschieden werden, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des [X.] in jedem Fall gemäß § 240 ZPO (§ 343 Abs. 1, § 352 Abs. 1 Satz 1 [X.]) zu einer Unterbrechung des registerrechtlichen [X.] führt. Jedenfalls im Streitfall ist von einer Unterbrechung auszugehen.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] wird das patentrechtliche, auf Unterlassung gerichtete Verletzungsverfahren unterbrochen, wenn über das Vermögen des [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet wird, weil die Frage, ob der Verletzer die vom Verletzten beanstandete Handlung vornehmen darf, für den Gewerbebetrieb des [X.] ein Vermögensinteresse darstellt ([X.], Urteil vom 21. Oktober 1965 - [X.], [X.] 1966, 218, 219 [juris Rn. 36] - Dia-Rähmchen III). Dasselbe gilt für das markenrechtliche Verletzungsverfahren, wobei zum Vermögen des insolventen [X.] neben dem gegen ihn gerichteten Unterlassungsanspruch auch der sich daraus ergebende Schadensersatzanspruch einschließlich des zu seiner Durchsetzung dienenden unselbständigen Auskunftsanspruchs zählt ([X.], [X.], 343 Rn. 17 - [X.]; [X.], Urteil vom 3. November 2016 - [X.], [X.] 2017, 520 Rn. 12 = [X.], 555 - MICRO COTTON). Von der Unterbrechungswirkung des [X.] ist auch eine vom Verletzer erhobene Löschungswiderklage erfasst ([X.], [X.] 2017, 520 Rn. 19 f. - MICRO COTTON). Der [X.] hat außerdem entschieden, dass der patentrechtliche Nichtigkeitsstreit zur Konkurs- oder Insolvenzmasse des [X.] gehört. Eine Beziehung der Nichtigkeitsklage zum Vermögen des [X.] ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn dieser Gewerbetreibender ist und die Nichtigkeitsklage mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb erhoben worden ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers eines patentrechtlichen [X.] unterbricht in diesem Fall das [X.] ([X.], Beschluss vom 17. Januar 1995 - [X.], [X.] 1995, 394 [juris Rn. 4] - Aufreißdeckel; weiter differenzierend [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 85 Rn. 46; vgl. auch [X.], Urteil vom 2. Februar 2016 - [X.], juris Rn. 5 bis 7).

(2) Danach ist es gerechtfertigt, den registerrechtlichen Markenlöschungsstreit als zur Insolvenzmasse gehörig anzusehen, wenn der [X.] sich in einer ähnlichen Lage wie der Verletzer im Markenverletzungsverfahren befindet und sich dabei einer Löschungswiderklage als Verteidigungsmittel bedienen könnte. Dem steht nicht entgegen, dass ein markenrechtlicher Löschungsantrag keine individuelle Betroffenheit voraussetzt, sondern nach § 54 Abs. 1 Satz 2 [X.] von jedermann gestellt werden kann. Sofern der [X.] und der Markeninhaber Wettbewerber sind, besteht ein Bezug des [X.] nicht nur zu dem Vermögen des Markeninhabers, sondern - auch ohne anhängiges Verletzungsverfahren - zu dem des Antragstellers. Ein Erfolg im markenrechtlichen Löschungsverfahren führt regelmäßig zu einer Verbesserung seiner Wettbewerbsposition. Der [X.] kann auf diese Weise eine Inanspruchnahme wegen einer Verletzung der Marke verhindern und für seinen Gewerbebetrieb eine größere Handlungsfreiheit am Markt erreichen.

(3) Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall von einer Unterbrechung auszugehen. Die [X.]en sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Kaffeeprodukten. Das Löschungsverfahren war damit geeignet, der Stärkung der Wettbewerbsposition der Antragstellerin zu dienen. Hinzu kommt vorliegend, dass die Antragstellerin ihren Löschungsantrag vor dem [X.] damit begründet hat, dass sie im Geltungsbereich der angegriffenen streitgegenständlichen [X.] bereits von der Markeninhaberin in [X.] in Anspruch genommen worden sei. Daneben hat sie vorgetragen, sie befürchte, die Markeninhaberin könnte versuchen, ihr auch im Inland aus der streitgegenständlichen Marke den Vertrieb von Konkurrenzprodukten zu untersagen. Hinzu kommt, dass der Löschungsantrag im Streitfall in zwei Instanzen erfolgreich war und die Antragstellerin damit eine vermögenswerte Position erstritten hat. Dies spricht ebenfalls für die Annahme, dass das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren die Insolvenzmasse betrifft.

Koch     

      

Schaffert     

      

[X.]

      

Löffler     

      

Schwonke     

      

Meta

I ZB 114/17

31.01.2019

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BPatG München, 17. November 2017, Az: 25 W (pat) 112/14, Beschluss

§ 343 Abs 1 InsO, § 352 Abs 1 InsO, § 240 S 1 ZPO, § 54 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.01.2019, Az. I ZB 114/17 (REWIS RS 2019, 10782)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 558-560 WM2019,681 REWIS RS 2019, 10782


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 114/17

Bundesgerichtshof, I ZB 114/17, 27.07.2023.

Bundesgerichtshof, I ZB 114/17, 31.01.2019.


Az. 25 W (pat) 112/14

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 112/14, 17.11.2017.


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Deklaratorische Feststellung einer Verfahrensunterbrechung


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