Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.04.2012, Az. B 13 R 355/11 B

13. Senat | REWIS RS 2012, 7288

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - rechtliches Gehör - Fragerecht - Zurückverweisung


Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 12. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Im Streit steht ein Anspruch des [X.] auf Rente wegen Erwerbsminderung, auch bei [X.]erufsunfähigkeit.

2

Der im Jahre 1958 geborene Kläger bezieht Leistungen der Grundsicherung ([X.]). Sein im Juni 2006 gestellter Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung blieb aufgrund der Ergebnisse einer Mehrfachbegutachtung (durch den Orthopäden Dr. S, den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. [X.]. und den Internisten [X.]) erfolglos ([X.]escheid vom 2.11.2006, Widerspruchsbescheid vom 6.7.2007).

3

Im Klageverfahren hat das [X.] den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufgeklärt (ua durch die Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 20.3.2008 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. N. vom 25.7.2008). Ferner hat es auf Antrag des [X.] (§ 109 [X.]G) das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie [X.] vom [X.] eingeholt. Nach dessen [X.]efragung zu seinem Gutachten in der mündlichen Verhandlung hat das [X.] die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.12.2009).

4

Im [X.]erufungsverfahren hat das L[X.] ua die Gutachten des Orthopäden Dr. C. vom [X.] und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie [X.]. vom 17.3.2011 eingeholt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 26.4.2011 Einwendungen gegen das Gutachten des [X.]. erhoben. Zugleich hat er die Einholung eines weiteren Gutachtens auf psychosomatischem Fachgebiet beantragt bzw hilfsweise, dem Sachverständigen [X.] die abweichende Einschätzung des Sachverständigen [X.]. vorzuhalten und ihn entweder erneut zur mündlichen Verhandlung zu laden oder ihm das Gutachten des [X.]. zur schriftlichen Stellungnahme zu übersenden. Mit Schreiben vom 15.6.2011 hat das L[X.] angekündigt, weder weitere Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen noch nach § 109 [X.]G durchzuführen.

5

Auf die Terminsmitteilung (vom 4.7.2011) zur mündlichen Verhandlung (am 12.8.2011) hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.7.2011 dem L[X.] mitgeteilt, dass er an den im vorangegangenen Schriftsatz (vom 26.4.2011) gestellten [X.]eweisanträgen festhalte; das Gutachten des [X.]. sei aufgrund der mitgeteilten Einwendungen mangelhaft; dem Sachverständigen fehle die notwendige Sachkunde auf psychosomatischem Gebiet. Das L[X.] habe keine eigene Sachkunde, um die sich einander widersprechenden Gutachten der Sachverständigen [X.] und [X.]. aufzuklären. Die erläuterungsbedürftigen Punkte ergäben sich hinreichend konkret aus dem Schriftsatz vom 26.4.2011.

6

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] beantragt:

        

"das Urteil des [X.] vom 08. Dezember 2009 und den [X.]escheid der [X.]eklagten vom 02. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Juli 2007 aufzuheben und die [X.]eklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei [X.]erufsunfähigkeit ab 01. Juli 2006 zu gewähren,

        

hilfsweise, ein weiteres Sachverständigengutachten durch einen 'geeigneten und kompetenten Sachverständigen für das psychosomatische Fachgebiet' einzuholen,

        

hilfsweise, den Sachverständigen [X.]. zur ergänzenden Erläuterung seines Gutachtens in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise schriftlich aufzufordern,

        

hilfsweise, den Sachverständigen [X.] zur ergänzenden Erläuterung seines Gutachtens zur mündlichen Verhandlung zu laden und ihm die abweichenden Auffassungen und [X.]eurteilungen durch den Sachverständigen [X.]. vorzuhalten,

        

hilfsweise eine ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen [X.] zu dem Gutachten des [X.]. einzuholen,

        

höchsthilfsweise den Sachverständigen [X.] gemäß § 109 [X.]G ergänzend zu befragen."

7

Das L[X.] hat daraufhin die [X.]erufung zurückgewiesen (Urteil vom 12.8.2011). Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei seit [X.] weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 [X.][X.] VI). Einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei [X.]erufsunfähigkeit (§ 240 [X.][X.] VI) stehe der fehlende [X.]erufsschutz des [X.] entgegen. Er könne noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts im zeitlichen Umfang von mindestens 6 Stunden arbeitstäglich verrichten. Der Senat schließe sich im Ergebnis den Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. C., des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie [X.]. und dem Verwaltungsgutachten des Arztes [X.] an. Der anderslautenden Einschätzung im Gutachten des Sachverständigen [X.], wonach der Kläger nur noch unter 6 Stunden arbeitstäglich leistungsfähig sei, könne der Senat nicht folgen. Das Gutachten leide daran, dass der Sachverständige weder eigene [X.]efundmitteilungen noch Feststellungen mitgeteilt, sondern lediglich die Einschätzungen des [X.] wiedergegeben habe. Die Einholung eines weiteren Gutachtens auf psychosomatischem Gebiet sei nicht erforderlich gewesen. [X.]. habe ausreichende Fachkompetenz auch auf diesem Gebiet. Selbst wenn die Ergebnisse der Sachverständigen [X.]. und des Facharztes [X.] voneinander abwichen, obliege die [X.]eweiswürdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse allein dem Gericht. Mängel in den vorhandenen Gutachten, die nach der Rechtsprechung des [X.][X.] (Hinweis auf [X.][X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 9) zu weiterer [X.]eweiserhebung verpflichteten, lägen nicht vor.

8

Der Senat halte weder eine schriftliche noch eine mündliche [X.]efragung des Sachverständigen [X.]. für erforderlich. Die im Schriftsatz vom 26.4.2011 formulierten Einwendungen gegen sein Gutachten seien keine hinreichende Grundlage für eine ergänzende [X.]efragung des Sachverständigen, sei es im Termin oder schriftlich. Es fehle an der konkreten Umschreibung eines Fragenkomplexes, der dem Sachverständigen vorgelegt werden solle. Die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen gegen dieses Gutachten stellten keine sachdienlichen Fragen dar. Ein Anspruch des [X.] auf erneute [X.]efragung des Sachverständigen [X.] gemäß § 109 [X.]G sei verbraucht.

9

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]G) und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG). Das L[X.] habe die in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] zu Protokoll gegebenen [X.]eweisanträge übergangen. Unter [X.]erücksichtigung der Senatsrechtsprechung liege eine Verletzung des Fragerechts vor (Hinweis auf Senatsbeschluss vom 12.12.2006 - [X.] R 427/06 [X.]).

II. Auf die [X.]eschwerde des [X.] war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L[X.] zurückzuverweisen.

Der Kläger hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G) und auch in der Sache zutreffend die Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G) gerügt (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

1. Die Rüge ist begründet, weil das L[X.] zu Unrecht den Sachverständigen [X.]. nicht zu den vom Kläger aufgeworfenen Fragen gehört hat. Darin liegt ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.][X.], dass unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, jedem [X.]eteiligten gemäß § 116 [X.] [X.]G, § 118 Abs 1 S 1 [X.]G iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zusteht, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 116 [X.] 1, 2; ua Senatsbeschlüsse vom 12.12.2006 - [X.] R 427/06 [X.] - Rd[X.] 7; vom [X.] - [X.] R 170/10 [X.] -; [X.]VerfG vom 3.2.1998 - 1 [X.]vR 909/94 - NJW 1998, 2273 - Juris Rd[X.] 11). Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige ein Gutachten auf Antrag des [X.]eteiligten gemäß § 109 [X.]G erstellt hat (vgl [X.][X.] [X.] 3-1750 § 411 [X.] 1 S 5 ff; Senatsbeschlüsse vom 20.7.2005 - [X.] [X.]/05 [X.] - Rd[X.] 12; vom [X.] - [X.] R 185/09 [X.] - Rd[X.] 15 mwN; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 118 Rd[X.] 12d).

Sachdienlichkeit iS von § 116 [X.] [X.]G ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rahmen des [X.]eweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Weitergehende Anforderungen sind hingegen nicht zu stellen. Unabhängig davon, ob das Gericht ein Gutachten für erläuterungsbedürftig hält, soll das Fragerecht dem Antragsteller erlauben, im Rahmen des [X.]eweisthemas aus seiner Sicht unverständliche, unvollständige oder widersprüchliche Ausführungen eines Sachverständigen zu hinterfragen, um auf das Verfahren Einfluss nehmen und die Grundlagen der gerichtlichen Entscheidung verstehen zu können. Nur dieses Verständnis trägt der [X.]edeutung des Fragerechts im Rahmen des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs hinreichend Rechnung (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 116 [X.] 1 Rd[X.] 10; [X.]VerfG vom 3.2.1998 - 1 [X.]vR 909/94 - NJW 1998, 2273, Juris Rd[X.] 11). Abgelehnt werden kann ein solcher Antrag prozessordnungsgemäß nur dann, wenn er rechtsmissbräuchlich gestellt ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründet wird, wenn die an den Sachverständigen zu richtenden Fragen nicht hinreichend genau benannt oder nur beweisunerhebliche Fragen angekündigt werden (vgl [X.]VerfG vom 29.8.1995 - 2 [X.]vR 175/95 - NJW-RR 1996, 183, Juris Rd[X.] 29 mwN). Insofern steht beim Fragerecht nach § 116 [X.] [X.]G ein anderes Ziel im Vordergrund als bei der Rückfrage an den Sachverständigen nach § 118 Abs 1 S 1 [X.]G, § 411 Abs 3 ZPO; diese dient in erster Linie der Sachaufklärung und nicht der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 116 [X.] 1 Rd[X.] 11 mwN).

Dabei müssen im Rahmen des Fragerechts nach § 116 [X.] [X.]G bzw § 411 Abs 4 ZPO keine Fragen formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (vgl [X.][X.] [X.] 3-1750 § 411 [X.] 1), z[X.] auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Solche Einwendungen sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (§ 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die [X.]efragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf [X.]efragung eines Sachverständigen letztendlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der [X.]eschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl allgemein zu dieser Voraussetzung: [X.][X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 22; vgl auch [X.][X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.] 1 S 6). Dieser Obliegenheit ist ein [X.]eteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören, und er schriftlich sachdienliche Fragen im oben dargelegten Sinne angekündigt hat; liegen die Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 62 [X.] 4 Rd[X.] 5). Dies gilt selbst dann, wenn das Gutachten nach Auffassung des Gerichts ausreichend und überzeugend ist und keiner Erläuterung bedarf (vgl [X.]VerfG vom 3.2.1998 - 1 [X.]vR 909/94 - NJW 1998, 2273 - Juris Rd[X.] 11).

b) Der angekündigte Antrag, den Sachverständigen [X.]. zur ergänzenden Erläuterung seines Gutachtens in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise schriftlich aufzufordern, war - entgegen der Auffassung des L[X.] - sachdienlich.

Den Anforderungen an die [X.]emühungen des [X.]eteiligten um rechtliches Gehör war hier genügt. Der Kläger hat in den Schriftsätzen vom 26.4. und 11.7.2011 die nach seiner Ansicht gegen das Gutachten des [X.]. bestehenden [X.]edenken vorgebracht und den Antrag auf Anhörung des Sachverständigen bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten. Auch wenn in den genannten Schriftsätzen keine Fragen ausdrücklich formuliert waren, ergab sich hieraus doch hinreichend deutlich, um welche erläuterungsbedürftigen Punkte es dem Kläger ging:

1. ob [X.]. seinem Gutachten auch eine persönlichkeitsbezogene, konflikt- und verhaltensorientierte Diagnostik zugrunde gelegt habe, die nach Ansicht des Klägers bei psychosomatischen Erkrankungen neben der störungsbezogenen Diagnostik unumgänglich sei (unter Hinweis auf [X.]/[X.]/Rüger, Sozialmedizinische [X.]egutachtung in Psychosomatik und Psychotherapie, Autorisierte Leitlinien, Quellentexte und Kommentar, 2001, [X.] bis 39);

2. aus welchem Grund [X.]. seinem Gutachten nur drei psychologische Testverfahren zugrunde gelegt habe (im Vergleich zum Gutachten [X.], dem zehn psychologische Testverfahren zugrunde liegen);

3. ob [X.]. die [X.]egutachtung am Folgetag nicht hätte fortsetzen müssen, wenn dem Kläger die [X.]eantwortung weiterer fünfzehn Fragebögen mit Rücksicht auf seine eingeschränkte [X.]elastbarkeit am [X.] nicht mehr möglich gewesen sei.

Diese Fragen waren auch sachdienlich und nicht rechtsmissbräuchlich. Sie hielten sich im Rahmen des [X.]eweisthemas, waren nicht abwegig und auch nicht bereits anhand des Gutachtens eindeutig beantwortet.

Im vorliegenden Rechtsstreit sind die Gesundheitsstörungen des [X.] und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen entscheidungserheblich. Aus diesem Grund kann die Sachdienlichkeit der an [X.]. gerichteten, nach Ansicht des [X.] erläuterungsbedürftigen Punkte nicht verneint werden, insbesondere wenn es darum geht, dass [X.]. dem Kläger die Grundlagen und Konzeption, ebenso wie die Untersuchungs- und Testmethoden seines Gutachtens erläutert. Dies dient aus Sicht des [X.] der Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens und nicht zuletzt der Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen aus dem Gutachten des Arztes [X.] Schließlich haben beide Gutachter aus der mehrstündigen [X.]egutachtungssituation heraus und unter Auswertung der von ihnen durchgeführten psychologischen Testverfahren das Konzentrationsvermögen und die [X.]elastbarkeit des [X.] untersucht und auf dieser Grundlage das Leistungsvermögen des [X.] auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jeweils unterschiedlich beurteilt.

Während der Arzt [X.] aus einer mangelnden Konzentrationsfähigkeit und einer leichten Verlangsamung, die sich nach einer über fünfstündigen [X.]egutachtungssituation deutlich gezeigt habe, auf ein geringeres als sechsstündiges Leistungsvermögen arbeitstäglich geschlossen hat, hat [X.]. dieses Ergebnis nicht geteilt. Er konnte weder eine verminderte Ausdauerleistungsfähigkeit noch eine Antriebsstörung und auch keine Störung der Entscheidungsfindung und Willensbildung feststellen mit der Folge, dass er ein vollschichtiges Leistungsvermögen des [X.] konstatierte ([X.]l 112, 113 L[X.]-Akte).

c) Durch die unterlassene [X.]efragung hat das L[X.] das Recht des [X.] auf Anhörung des Sachverständigen [X.]. verletzt. Das L[X.] hätte auf seinen Antrag entweder den Sachverständigen schriftlich anhören oder zur mündlichen Verhandlung laden müssen. Hieran fehlt es. Stattdessen hat sich das L[X.] lediglich mit den Einwendungen des [X.] gegen die Gutachten auseinandergesetzt und sie - aus seiner Sicht - im Ergebnis für unerheblich gehalten. Dies reicht aber als Ablehnungsgrund nicht aus. Vielmehr hat der Kläger Anspruch auf [X.]eantwortung der sachdienlichen Fragen durch den Sachverständigen. Schließlich hat das L[X.] sein Urteil maßgeblich auf dieses Gutachten gestützt, weil bei dem Kläger Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet - neben denen im orthopädischen [X.]ereich - im Vordergrund standen.

Auf dem aufgezeigten Verfahrensmangel kann die Entscheidung des L[X.] beruhen. Es ist nicht auszuschließen, dass das L[X.] das Gutachten des Sachverständigen [X.]. im Fall der Anhörung zu den vom Kläger gestellten sachdienlichen Fragen anders gewürdigt oder weitere Sachaufklärung für notwendig gehalten hätte.

2. Da die [X.]eschwerde bereits aus den oben dargelegten Gründen erfolgreich ist, bedarf es keiner Entscheidung des Senats zu übrigen Verfahrensrügen.

3. Das [X.][X.] kann in dem [X.]eschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a Abs 5 [X.]G die angefochtene Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverweisen. Zur Vermeidung von weiteren Verfahrensverzögerungen macht der Senat von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch.

4. Das L[X.] wird auch über die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 13 R 355/11 B

17.04.2012

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Karlsruhe, 8. Dezember 2009, Az: S 9 R 3595/07, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.04.2012, Az. B 13 R 355/11 B (REWIS RS 2012, 7288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7288

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