Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2016, Az. B 9 V 28/16 B

9. Senat | REWIS RS 2016, 4323

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - umfangreiche und unübersichtliche Begründung - Verfahrensfehler - rechtliches Gehör - Überraschungsentscheidung - Heranziehung einer gutachterlichen Äußerung aus einer früheren veröffentlichten Entscheidung des Gerichts - Antrag auf Anhörung des Sachverständigen zur Überzeugung des Gerichts - Amtsaufklärungspflicht - ordnungsgemäßer Beweisantrag - präzise und bestimmte Behauptung der zu beweisenden Tatsache - Bezeichnung des erwarteten Beweisergebnisses - erfolglose Amtsermittlung des Gerichts - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Divergenz - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 18. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt im Wege des [X.] die Anerkennung eines Impfschadens und die Gewährung einer Grundrente.

2

Die am 7.9.1989 geborene Klägerin wurde am [X.] gegen Diphtherie und Tetanus sowie gegen Poliomyelitis geimpft. Im Juli 1990 wurde bei ihr eine Epilepsie mit [X.]NS-Anfällen diagnostiziert sowie eine psychomotorische und mentale Retardierung. Ihren deshalb gestellten Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens lehnte der [X.]eklagte ab. Das dagegen von der Klägerin angestrengte Klageverfahren blieb in allen Instanzen erfolglos, unter anderem weil die Tatsacheninstanzen im Nachhinein erweiterte Angaben ihrer Eltern zu Krankheitssymptomen unmittelbar nach der Impfung als nicht ausreichend beweiskräftig ansahen.

3

Im Jahr 2004 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag, den sie damit begründete, der [X.]eklagte habe das Zeitfenster für das Auftreten von ungewöhnlichen Impfreaktionen zu eng gewählt; statt 14 seien aufgrund der einschlägigen [X.] 1983 30 Tage anzusetzen. Auch diesen Antrag lehnte der [X.]eklagte ab ([X.]escheid vom 18.5.2005). Die dagegen erhobene Klage hat das [X.] auf der Grundlage eines von ihm eingeholten weiteren Gutachtens des bereits im Vorprozess gehörten Sachverständigen Prof. Dr. K. abgewiesen (Urteil vom 19.12.2007 - [X.] 1339/06). Das L[X.] hat ein weiteres Gutachten - versehentlich von Amts wegen - sowie danach ein Gutachten auf Antrag der Klägerin nach § 109 [X.]G eingeholt. Obwohl beide Gutachten einen Impfschaden bejaht haben, hat das L[X.] den Anspruch der Klägerin auf Anerkennung eines Impfschadens auf der Grundlage des erstinstanzlichen Gutachtens erneut verneint (Urteil vom [X.] 2595/14). Auf der Grundlage der teilweise durch neuere medizinische Erkenntnisse aus den [X.] 1996 und 2004 korrigierten [X.] 1983 sei ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen der am [X.] erfolgten Impfung der Klägerin und ihrem Anfallsleiden nach wie vor nicht hinreichend wahrscheinlich. Symptome einer von den [X.] als möglicher Impfschaden benannten Impfpoliomyelitis seien bei der Klägerin nicht festgestellt worden. Ein [X.] wie bei der Klägerin könne nach dem neuesten medizinischen Stand überhaupt nicht durch eine Impfung verursacht werden. Wenn anlässlich einer Impfung erste Symptome aufträten, so sei dies nur gelegenheitsursächlich. Das Anfallsleiden der Klägerin könne auch deshalb nicht auf die Impfung zurückgeführt werden, weil sich durch die dokumentierten ärztlichen [X.]efunde nicht nachweisen lasse, dass die Erkrankung, wie von den [X.] 1996 und 2004 gemäß dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand vorausgesetzt, zwischen dem 3. und 14. Tag nach der Impfung der Klägerin aufgetreten sei. Anderslautende Angaben hätten ihre Eltern erstmals vier Jahre nach der Impfung gemacht. Wie bereits im Vorprozess angenommen, sei der [X.]eweiswert dieser späteren Angaben zur [X.]eweisführung gering. Der Senat folge daher dem Gutachten des vom [X.] erneut gehörten Sachverständigen, nicht dagegen den abweichenden [X.]ewertungen der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. D. Diese beruhten auf falschen Annahmen und gäben zudem nicht die aktuelle medizinische Lehrmeinung wieder.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin [X.]eschwerde zum [X.][X.] eingelegt. Das L[X.] habe die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache verkannt, ihr nicht ausreichendes rechtliches Gehör gewährt und weitere Verfahrensfehler begangen.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die [X.]egründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die geltend gemachten Verfahrensfehler durch einen Gehörsverstoß (1.), durch Verletzung der Amtsermittlungspflicht (2.) noch die behauptete grundsätzliche [X.]edeutung (3.) oder sinngemäß eine Divergenz (4.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

6

1. Die Klägerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs iS von § 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG. Ein solcher Verstoß liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl [X.][X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.] mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und [X.]eweisergebnisse stützt, zu denen sich die [X.]eteiligten nicht haben äußern können (vgl [X.][X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]). Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 8a, 8b mwN). Zur [X.]egründung eines entsprechenden [X.] ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann ([X.][X.] [X.] 1500 § 160a [X.]). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der [X.]eschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen ([X.][X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.]; vgl auch [X.][X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.]). Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht.

7

a) Die [X.]eschwerde meint, der Klägerin hätte eine zweiwöchige Schriftsatzfrist eingeräumt werden müssen, nachdem das L[X.] in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, der Rechtsstreit sei zu ihren Lasten entscheidungsreif, weil der Primärschaden nach wie vor nicht ausreichend nachgewiesen sei. Indes fehlt es an der hinreichend substantiierten Darlegung, welche neuen Tatsachen oder [X.]eweisergebnisse der von der Klägerin mitgeteilten Rechtsansicht des L[X.] zugrunde liegen, zu denen sie sich noch nicht hatte ausreichend äußern können. Wie in der [X.]eschwerdebegründung anklingt, stützt das Urteil des L[X.] seine von der Klägerin als überraschend kritisierte Rechtsansicht auf das Gutachten des bereits vom [X.] gehörten und auch von diesem für überzeugend gehaltenen Sachverständigen Prof. Dr. K. Zudem hatten die Vorinstanzen bereits im Vorprozess entscheidungserhebliche Zweifel an späteren Aussagen der Eltern der Klägerin über den Krankheitsverlauf geäußert, die aus Sicht der Instanzgerichte den dokumentierten früheren anamnestischen Angaben widersprachen. Die [X.]eschwerde legt nicht substantiiert dar, warum der Hinweis des L[X.] gleichwohl auch einen sorgfältigen und gewissenhaften Prozessbeteiligten überraschen musste und deshalb trotz der bereits sehr langen Verfahrenslaufzeit eine weitere Schriftsatzfrist oder noch weitergehende Hinweise des Gerichts erforderte. Damit ist gleichzeitig auch kein Verstoß gegen das Gebot fairen Verfahrens ersichtlich, das ebenfalls Überraschungsentscheidungen verbietet.

8

b) Die Klägerin kritisiert außerdem, das L[X.] habe in der mündlichen Verhandlung eine gutachterliche Stellungnahme aus einem anderen Verfahren eingeführt, zu der sie sich nicht habe äußern können. Indes fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der vom L[X.] in seinem Urteil allein verwertete Aspekt dieser gutachterlichen Äußerung - die fehlende Zuverlässigkeit einer Symptombeschreibung durch medizinische Laien - aus einer im Vorjahr getroffenen Entscheidung des L[X.] stammte. Diese war in der allgemein zugänglichen Datenbank Juris veröffentlicht worden und der Klägerin laut ihrer Äußerung in der mündlichen [X.]erufungsverhandlung ohnehin bekannt. Hiervon abgesehen setzt sich die [X.]eschwerde auch nicht damit auseinander, ob und inwieweit diesem Aspekt der in das Verfahren eingeführten gutachterlichen Stellungnahme angesichts der Mehrfachbegründung des L[X.] zur Glaubhaftigkeit der Angaben der Eltern überhaupt tragende Entscheidungsrelevanz zukommt.

9

c) Ebenso wenig hat die Klägerin substantiiert dargelegt, warum die unterbliebene Anhörung der von ihr benannten Sachverständigen Prof. Dr. D. eine Gehörsverletzung darstellt. Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den [X.]eteiligten gemäß § 116 [X.] [X.]G, § 118 Abs 1 S 1 [X.]G iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten ([X.] vom 3.2.1998 - 1 [X.]vR 909/94 - NJW 1998, 2273 - Juris RdNr 11; vgl auch [X.][X.] vom 12.12.2006 - [X.] R 427/06 [X.] - Juris RdNr 7; [X.] vom 7.10.1997 - [X.] - NJW 1998, 162, 163 - Juris RdNr 10 - alle mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen ([X.][X.] [X.] 3-1750 § 411 [X.]; [X.]VerwG NJW 1996, 2318), z[X.] auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die [X.]efragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf [X.]efragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der [X.]eschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl allgemein zu dieser Voraussetzung: [X.][X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.]; vgl auch [X.][X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.]). Dieser Obliegenheit ist ein [X.]eteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und er schriftlich Fragen im oben dargelegten Sinne angekündigt hat, die objektiv sachdienlich sind; liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 62 [X.] RdNr 5).

Insoweit hat die [X.]eschwerde nicht dargelegt, warum die von ihr zuletzt im Schriftsatz vom 18.2.2016 noch formulierte Frage an die Sachverständige - Erläuterung des in ihrem Gutachten dargelegten Zusammenhangs zwischen Poliomyelitis und Schluckimpfung - überhaupt noch erläuterungsbedürftig war, nachdem die Sachverständige ua zu diesem Punkt ihr Gutachten erstattet und die [X.]eteiligten dazu eine Reihe von Stellungnahmen gewechselt hatten. Tatsächlich zielte der Antrag der Klägerin ersichtlich nicht darauf ab, näher bezeichnete Lücken oder Widersprüche im Gutachten erläutern zu lassen, sondern der Sachverständigen die Möglichkeit zu eröffnen, das Gericht nochmals mündlich von ihrem schriftlichen Gutachten zu überzeugen, weil die Klägerin es für zutreffend hielt. Dazu war das L[X.] indes nicht verpflichtet. Eine Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. K., dessen Gutachten die Klägerin umfassend als lückenhaft und widersprüchlich kritisiert, hat sie nach ihrem Vortrag nicht beantragt.

Soweit die Klägerin im Übrigen umfangreich zu vermeintlichen Widersprüchen des vom L[X.] herangezogenen Gutachtens und zu angeblichen Schwächen der Argumentation des L[X.] vorträgt, wendet sie sich gegen die [X.]eweiswürdigung des [X.]erufungsgerichts. Diese entzieht § 160 Abs 2 [X.] [X.]G indes der [X.]eurteilung durch das Revisionsgericht. [X.] der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die [X.]eweiswürdigung des [X.]erufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden ([X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 160 RdNr 58 mwN).

2. Auch die von der Klägerin behauptete Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]G) durch das L[X.] hat sie nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 1 [X.]G), so müssen bei der [X.]ezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. [X.] die [X.]eschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 [X.]G), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren [X.]eweisantrag bezeichnen, dem das L[X.] nicht gefolgt ist.

Indes hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrag gestellt zu haben. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte [X.]eweis erhoben werden sollte. Merkmal eines substantiierten [X.]eweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des [X.]eweismittels für diese Tatsache (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die [X.]eweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit seines Antrags zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ausreichend zu begründen ([X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 160a [X.] mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte [X.]eweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine [X.]eweisaufnahme nahe zu legen (vgl [X.][X.] Urteil vom 19.10.2011 - [X.] R 33/11 R - NZ[X.]012, 230; [X.][X.] [X.]eschluss vom 19.11.2009 - [X.] R 303/09 [X.] - [X.]eck R[X.]010, 65789 = Juris RdNr 12). Im Übrigen fehlt es jedenfalls an einer nachvollziehbaren Schilderung, dass und warum die Entscheidung des L[X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen [X.]eweisaufnahme beruhen könnte, das L[X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen [X.]eweisaufnahme von seinem materiellen Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem [X.]eschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können ([X.][X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 5 mwN).

Danach fehlt es überwiegend schon an der [X.]ezeichnung [X.], sofern trotz der Unübersichtlichkeit der 124 Seiten umfassenden [X.]eschwerdebegründung davon ausgegangen wird, dass sich die Sachaufklärungsrüge insoweit auf sämtliche zu Protokoll erklärten und im Tatbestand des [X.]erufungsurteils wiedergegebenen Anträge beziehen soll.

Soweit die Klägerin danach beantragt hat,

        

[X.]eweis zu erheben durch Einholung des entsprechenden [X.]eschlusses/Protokolls des ärztlichen Sachverständigenbeirats - Sektion [X.] - beim [X.], aus dem ersichtlich ist, auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse und Grundlagen die Verkürzung des in den [X.] 1983 mit bis zu 30 Tagen angegebenen Zeitintervalls zwischen Manifestation eines hirnorganischen Anfallsleidens und einer Impfung mit Polio-Lebend-Impfstoff auf ein in den [X.] 1996 mit 3 bis 14 Tagen angegebenes Zeitintervall zurückzuführen ist,

fehlt es an der Angabe des hypothetischen [X.]eweisergebnisses. Dies wäre umso wichtiger gewesen, als das L[X.] zu der genannten Frage bereits erfolglos von Amts wegen ermittelt hat. Nahe gelegen hätten deshalb Ausführungen in der [X.]eschwerdebegründung, wieso sich ihm das Erfordernis weiterer Ermittlungen gleichwohl aufdrängen musste. Daran fehlt es.

Soweit die Klägerin darüber hinaus beantragt hat,

        

die [X.] des bei ihr verwendeten Impfstoffes anzufordern und in die Kausalitätsbeurteilung einzubeziehen,

fehlt zum einen schon die eindeutige [X.]ezeichnung eines [X.]eweismittels und zum anderen wiederum diejenige des hypothetischen [X.]eweisergebnisses, weshalb wiederum unklar bleibt, wieso sich dem L[X.] eine Entscheidungserheblichkeit der bloßen [X.]eweisanregung erschließen musste. Dasselbe gilt für den Antrag, Akten des L[X.] [X.]erlin-[X.]randenburg ohne Angaben des Aktenzeichens beizuziehen, abgesehen davon, dass sich die [X.]eschwerdebegründung auch hier nicht damit auseinandersetzt, ob und inwieweit die [X.]eiziehung vom materiellen Rechtsstandpunkt des L[X.] veranlasst war.

Soweit die Klägerin weiter beantragt hat,

        

Prof. Dr. [X.]. zur Abklärung der Ursache des von ihm neu diagnostizierten Krankheitsbildes "Postpoliosyndrom", mit Auswertung der Nervenleitgeschwindigkeit, insbesondere mit der Fragestellung einer möglichen kausalen Verknüpfung zu einer früheren verursachenden Polyinfektion anzuhören,

hat sie wiederum das hypothetische [X.]eweisergebnis nicht angegeben und es damit dem L[X.] maßgeblich erschwert, die Entscheidungserheblichkeit dieses Antrags zu beurteilen. Um in der aktuellen Prozesssituation ein [X.]eweisthema korrekt zu bezeichnen, hätte sie zudem angeben müssen, warum gerade die von ihr genannten Punkte entscheidungserheblich und weiter klärungsbedürftig sein sollten. Denn je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum [X.]eweisthema bereits vorliegen, desto genauer muss der [X.]eweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (Fichte, [X.]b 2000, 653, 656).

Soweit die Klägerin beantragt hat,

        

Prof. Dr. D. mündlich anzuhören,

 fehlt es für die Annahme eines prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrags an der Angabe eines konkreten [X.]eweisthemas und wiederum des voraussichtlichen [X.]eweisergebnisses. Um in der aktuellen Prozesssituation ein [X.]eweisthema korrekt zu bezeichnen, hätte die Klägerin genau angeben müssen, welche Punkte trotz der bereits vorliegenden schriftlichen Gutachten weiter klärungsbedürftig und entscheidungserheblich sein sollten (vgl Fichte, [X.]b 2000, 653, 656).

Soweit die Klägerin beantragt hat,

        

ein weiteres Gutachten zum Nachweis der Tatsache einzuholen, dass der bei ihr verwendete Impfstoff ersetzt wurde, da die bei ihr aufgetretene Impfreaktion bei dem verwandten Impfstoff zu häufig eingetreten ist,

befasst sich die [X.]eschwerdebegründung wieder nicht damit, ob es auf dem [X.]oden der materiellen Rechtsauffassung des L[X.] auf die unter [X.]eweis gestellte [X.]ehauptung ankam. Denn das L[X.] hat jedenfalls im Fall der Klägerin gestützt auf das Gutachten des vom [X.] gehörten Sachverständigen einen Impfschaden verneint. Ein [X.]eweisantrag darf in dieser Weise entsprechend § 244 Abs 3 [X.] StPO abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, vom maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Gerichts aus für die Entscheidung ohne [X.]edeutung ist (vgl [X.] in Zeihe, [X.]G, § 160 [X.]G Rd[X.]6a).

Die Ablehnung der von der Klägerin gestellten Anträge auf Einholung weiterer Gutachten nach § 109 [X.]G können nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus angibt, sie habe in der mündlichen Verhandlung noch [X.]eweiserhebungen "gemäß [X.]eweisanträgen in ihren konkret bezeichneten Schriftsätzen" beantragt, liegt darin keine ausreichend genaue [X.]ezeichnung weiterer [X.]eweisanträge. Hierzu hätte es insbesondere der weiteren Ausführungen bedurft, wo sich die genaue Fundstelle für den [X.]eweisantrag befindet, und dass er in der letzten mündlichen Verhandlung bzw in welchem Schriftsatz, auf welchem [X.]latt etc gestellt worden ist (vgl [X.][X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 6). Der pauschale Verweis der Klägerin auf Anlagen zur Nichtzulassungsbeschwerde reicht insoweit nicht aus. Vor allem aber finden sich diese [X.]eweisanträge nicht im Protokoll der mündlichen Verhandlung wieder, obwohl dieses Protokoll in der mündlichen [X.]erufungsverhandlung vorläufig aufgezeichnet und von der anwaltlich vertretenen Klägerin genehmigt worden ist. Nachdem der [X.] der Klägerin erfolglos geblieben ist (vgl [X.]eschluss des L[X.] vom [X.]), verblieb ihr allein der Nachweis der Fälschung (§ 165 [X.] ZPO; hierzu [X.][X.] [X.]eschluss vom 18.8.2015 - [X.] 9 V 14/15 [X.]). Dass dieser erbracht worden wäre, trägt die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht vor.

3. Schließlich hat die Klägerin auch eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache nicht substantiiert dargelegt.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche [X.]edeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der [X.]eschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter [X.]erücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein [X.]eschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte [X.]reitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.][X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN). An diesen Darlegungen fehlt es hier.

Die Formulierung der Frage,

        

dürfen und können Angaben in [X.] Ziffer 57 (1996) gemäß der herrschenden Rechtsprechung des [X.][X.] zu den [X.] ("vorweggenommene Sachverständigengutachten" etc) zugrunde gelegt werden, wenn nach Amtsermittlung des L[X.] und offenbar zu Unrecht verlorenem erstinstanzlichen Verfahren im Jahr 1998 niemand der Verantwortlichen der Fachgruppe Impfschäden zu den [X.] ([X.], [X.], Prof. Di.) eine dem fehlerhaften Gutachten Prof. Dr. K. die Grundlage entreißen,

ist zum einen schon sprachlich missglückt und daher kaum verständlich. Sie stützt sich zudem maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls, wie den Ausgang des [X.], das Ergebnis eines einzelnen, im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens und in diesem sachlichen Zusammenhang die Anwendung einer bestimmten Fassung der [X.]. Der Verweis auf solche fallspezifischen Umstände ist aber von vornherein nicht geeignet, eine fallübergreifende Klärungsbedürftigkeit und damit eine Voraussetzung einer grundsätzlichen Rechtsfrage darzulegen, die sich auch in anderen Verfahren in derselben Weise stellen könnte, und deshalb vom Revisionsgericht zur [X.]ewahrung der Rechtseinheit oder zur Fortbildung des Rechts beantwortet werden müsste. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die nach Ablauf der [X.]eschwerdebegründungsfrist korrigierte Fassung der aufgeworfenen Frage mitberücksichtigt würde.
Denn unabhängig davon fehlt es für eine [X.]eurteilung der Klärungsfähigkeit der behaupteten grundsätzlichen Rechtsfrage auch an der aus sich heraus verständlichen Schilderung des vom L[X.] verbindlich (§ 163 [X.]G) festgestellten Sachverhalts, die, anders als der Vortrag der [X.]eschwerde, von Ergänzungen, [X.]erichtigungen, Zusatzinformationen, Weglassungen und Ausschmückungen frei zu sein hat (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 160a [X.] mwN).

4. Schließlich hat die Klägerin auch die Voraussetzungen einer Divergenz nicht substantiiert vorgetragen. Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in [X.]etracht, wenn das L[X.] einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des [X.][X.], des [X.] oder des [X.] aufgestellt hat. Die [X.]ezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G setzt die Darlegung voraus, dass das L[X.] die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil infrage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl [X.][X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 73 mwN). Soweit die Klägerin daher rügt, das L[X.] verstoße gegen mehrere Urteile des [X.][X.], indem es nicht den neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand zugrunde lege, legt sie daher keine Divergenz dar, sondern stellt die Richtigkeit der L[X.]-Entscheidung im Einzelfall infrage. Diese ist indes nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl [X.][X.] [X.] 1500 § 160a Nr 7).

5. Die [X.]eschwerde ist darüber hinaus auch unzulässig, soweit sie auf 124 Seiten nebst Anlagen eine Vielzahl weiterer Einzelaspekte anführt, ohne nach tatsächlichen Feststellungen, [X.] und [X.] sowie umfänglichen Zitaten aus anderen Verfahren, Gutachten und Entscheidungen oä klar zu unterscheiden. Eine umfangreiche [X.]egründung einer Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht den formellen Erfordernissen des § 160a Abs 2 S 3 [X.]G, wenn die Ausführungen zu den [X.] unübersichtlich, ungegliedert oder sonst unklar und mit für das [X.]eschwerdegericht unerheblichen Fragen vermengt sind ([X.][X.] [X.]eschluss vom 12.5.1999 - [X.] RA 181/98 [X.]; [X.] Nichtannahmebeschluss vom [X.] - 1 [X.]vR 2309/09 - [X.]K 17, 508).

6. Die [X.]eschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 [X.]G).

7. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 [X.] Halbs 2 [X.]G).

8. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 9 V 28/16 B

07.10.2016

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Karlsruhe, 19. Dezember 2007, Az: S 12 VJ 1339/06, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 62 SGG, § 103 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 411 Abs 3 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, § 244 Abs 3 S 2 StPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2016, Az. B 9 V 28/16 B (REWIS RS 2016, 4323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4323

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 9 VJ 1/10 R (Bundessozialgericht)

Impfschadensrecht - Schutzimpfung - Impfkomplikation - Impfschaden - Ursachenzusammenhang - wesentliche Bedingung - Wahrscheinlichkeit - …


B 9 V 39/17 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Sachaufklärungsrüge - soziales Entschädigungsrecht - Impfschadensrecht - unübliche …


B 9 V 45/16 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Rüge der Nichtbeachtung von höchstrichterlichen Rechtssätzen - Rechtsanwendungsfehler - sozialgerichtliches Verfahren …


B 2 U 50/22 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Unzulässigkeit - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Zulassungsgrund der Divergenz …


B 2 U 50/22 B (Bundessozialgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 2309/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.