Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.08.2017, Az. III ZB 37/17

III. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5914

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:310817BIIIZB37.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 37/17
vom

31. August
2017

in dem Prozesskostenhilfeverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 688 ff

Zur Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 2 ZPO) bei Beantragung eines Mahnbescheids, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Anhörung nach §
118 Abs.
1 Satz 1 ZPO bereits Widerspruch gegen ei-nen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat (Fortführung von [X.], [X.] vom 10. August 2017 -
III ZA 42/16 [zur [X.] vorgese-hen]).

[X.], Beschluss vom 31. August 2017 -
III ZB 37/17 -
LG Coburg

[X.]

-

2

-

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2017
durch [X.] [X.], [X.], Dr. Remmert
und Reiter sowie die Richterin [X.]

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der
Antragstellerin
gegen den Beschluss des [X.] -
3. Zivilkammer -
vom 19. Dezember 2016
-
33
T
36/16 -
wird zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf
2.000.000

festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin
reichte am 31. Dezember 2015 beim Amtsgericht ei-nen Antrag auf
Erlass eines Mahnbescheides gegen die Antragsgegnerin
über eine Hauptforderung von 2.000."Schadensersatz aufgrund fehlerhaft erteilter [X.] Genehmigung, Schreiben vom 07.11.2011 an [X.] und nachfol-gende Korrespondenz"
ein. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Pro-zesskostenhilfe
für das Mahnverfahren. Die Antragsgegnerin, der dieser Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellungnahme übersandt worden war, bean-tragte mit Schreiben vom 1. Februar 2016, den Antrag auf Gewährung von Pro-zesskostenhilfe zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine 1
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-

Aussicht auf Erfolg biete. Sie werde gegen einen eventuellen Mahnbescheid unverzüglich Widerspruch einlegen.

Das Amtsgericht hat
den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht des beabsichtigten Mahnverfahrens und wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Be-schwerde der Antragstellerin hat das Landgericht
zurückgewiesen. Mit ihrer
vom Landgericht
zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin
die Aufhebung des Beschlusses des [X.] und die Gewährung von Pro-zesskostenhilfe für das beabsichtigte Mahnverfahren.

II.

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt,
eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Mahnverfahrens bestehe nicht. Eine solche Prüfung der Erfolgsaus-sicht sei nach zutreffender Auffassung auch im Rahmen eines Mahnverfahrens, für das Prozesskostenhilfe beantragt werde, vorzunehmen. Dabei sei
zu be-rücksichtigen, dass Prozesskostenhilfe nur für das Mahnverfahren und nicht
für ein sich anschließendes streitiges Verfahren beantragt werde. Es komme
damit nur auf die Erfolgsaussicht des Mahnverfahrens und nicht eines streitigen
Hauptsacheverfahrens an. Sinn und Zweck des Mahnverfahrens sei der Erwerb eines schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Form eines Voll-streckungsbescheides.
Gerade dieser
Erfolg sei
aber äußerst unwahrscheinlich, da die
Antragsgegnerin
Widerspruch gegen einen zu erlassenden Mahnbe-2
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-

scheid angekündigt
habe. Für ein von vorneherein aussichtsloses Mahnverfah-ren, bei dem
von Anfang an nicht
damit zu rechnen sei, dass ein
Vollstre-ckungsbescheid ergehen werde, könne
ein Antragsteller nicht erwarten, dieses auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können. Ihm
bleibe
unbenommen, Klage beim zuständigen Gericht einzureichen und für das Klageverfahren Pro-zesskostenhilfe zu beantragen.

2.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Dabei kann dahinstehen, ob der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Mahnverfahren bereits deshalb die Erfolgsaussicht fehlt, weil mit einem Wider-spruch der Antragsgegnerin gegen einen etwaigen Mahnbescheid zu rechnen ist. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich jedenfalls als mutwil-lig im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.

a) Der sachliche Geltungsbereich der §§
114 ff ZPO erstreckt sich auf alle
in der Zivilprozessordnung geregelten Verfahren.
Für das Mahnverfahren kann
-
beschränkt auf dieses Verfahren -
Prozesskostenhilfe bewilligt werden (allg. Meinung; vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. August 2017 -
III ZA 42/16 [zur [X.] vorgesehen]; Musielak/[X.]/[X.], ZPO, 14. Aufl.,
§
114 Rn. 8; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 38. Aufl., [X.]. §
688 Rn. 12; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., §
114 Rn.
2; jew. [X.]). Dabei gilt
die Voraussetzung fehlender
Mutwilligkeit auch für den
Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein
Mahnverfahren ([X.], Beschluss vom 10. August 2017 -
III ZA 42/16 [zur [X.] vorge-sehen]; MüKoZPO/Wache aaO).

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5

-

b)
Mutwilligkeit liegt insbesondere vor, wenn eine verständige, nicht hilfs-bedürftige
[X.] bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der [X.] ihre
Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Senat, Beschlüsse vom 10. August 2017 -
III ZA 42/16 [zur [X.] vorgesehen] und
vom 21. November 2013 -
III ZA 28/13, BeckRS 2013, 22403 Rn. 9; [X.], Beschluss vom
6. Juli 2010 -
VI [X.], [X.], 3522 Rn. 6;
jew. [X.]). Aus der gemäß Art. 3
Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleis-teten Rechtsschutzgleichheit folgt, dass die mittellose [X.] nur einer solchen "normalen"
[X.] gleichgestellt werden muss, die ihre [X.] ver-nünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (Regierungs-entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe-
und Beratungs-hilferechts, BT-Drucks. 17/11472, S.
29; [X.], NJW 1991, 413;
NJW 2013, 2013, 2014; Senat, Beschluss vom 10. August 2017 -
III ZA 42/16 [zur [X.] vorgesehen]). Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten
der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die eine
wirtschaftlich leistungsfähige [X.] bei vernünftiger und sachgerechter Ein-schätzung der Sach-
und Rechtslage nicht führen würde (BT-Drucks. 17/11472
aaO; Musielak/[X.]/[X.]
aaO Rn.
30 [X.]).
Das hypothetische Verhalten einer selbstzahlenden [X.], die sich in der Situation des Antragstellers [X.], ist folglich der Maßstab, der bei der Beurteilung der Mutwilligkeit anzulegen ist (BT-Drucks. 17/11472 aaO).

c) Danach ist die Rechtsverfolgung der
Antragstellerin mutwillig. Bei der gegebenen Sach-
und Rechtslage würde eine verständige [X.], die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, davon absehen, einen Mahnbescheid zu [X.], auch wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass nach §§
688
ff ZPO vorliegen sollten. Denn sie kann -
wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat -
das mit dem Mahnverfahren verfolgte Ziel, den Erwerb eines 8
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schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Gestalt eines Vollstre-ckungsbescheides, nicht mehr erreichen, nachdem die (Mahn-)Antragsgegnerin angekündigt hat, sie werde gegen einen eventuellen Mahnbescheid unverzüg-lich Widerspruch einlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt Z.

als Gegnerin des [X.] von dieser erklärten Absicht noch Abstand nehmen könnte, hat die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Mahnverfahren erscheint damit im Hinblick auf die Erlangung eines Vollstreckungstitels in Gestalt eines Vollstreckungsbescheides aussichts-los. Es ist bereits jetzt absehbar, dass die Beschwerdeführerin, will sie gegen die Antragsgegnerin einen Vollstreckungstitel erwirken,
Klage erheben muss.

Die Beschreitung eines prozessualen Weges, hier: des Mahnverfahrens, der erkennbar aussichtslos
ist, ist mutwillig [X.]. § 114 Abs. 2 ZPO
(zur Mutwil-ligkeit einer Klage, wenn eine Vollstreckung aus dem erstrebten Titel dauerhaft aussichtslos ist,
MüKoZPO/Wache aaO Rn. 77; BeckOKZPO/Reichling, §
114 Rn. 42 [Stand: 01.03.2017]; jew. [X.]). Eine verständige, nicht hilfsbedürftige
[X.], die ihre [X.] vernünftig
abwägt, würde bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Verfahrenslage ihre Rechte nicht im Mahn-, sondern im Klageverfahren verfolgen. Die Beschwerdeführerin wird daher bei Versagung von Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren im Vergleich zu einer solchen
"normalen"
[X.] nicht schlechter gestellt.

d) Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage, ob Prozesskosten-hilfe für ein Mahnverfahren bereits mangels Erfolgsaussicht zu verneinen sei, wenn ein Widerspruch des Antragsgegners absehbar sei, ist nicht entschei-dungserheblich, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung im konkreten Fall mut-willig erscheint und Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht in Betracht kommt. 10
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Das Vorliegen von Mutwilligkeit kann auf der Grundlage der gesetzlichen Rege-lung und der vorliegenden Rechtsprechung abschließend beantwortet werden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO; vgl. [X.], Beschluss vom 9. März 2010 -
VI [X.], [X.], 832 Rn. 4).

[X.]
[X.]

Remmert

Reiter

[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.10.2016 -
15-7917439-04-N -

LG Coburg, Entscheidung vom 19.12.2016 -
33 T 36/16 -

12

Meta

III ZB 37/17

31.08.2017

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.08.2017, Az. III ZB 37/17 (REWIS RS 2017, 5914)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5914

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