Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2017, Az. III ZA 42/16

III. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 6715

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:100817BIIIZA42.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 42/16
vom

10. August 2017

in dem Prozesskostenhilfeverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 688 ff

a)
Für das Mahnverfahren (§§ 688 ff ZPO) kann -
beschränkt auf dieses [X.] -
Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

b)
Zur Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 2 ZPO) bei Beantragung eines Mahnbescheids über einen [X.] von 400.000.000

§
118 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Anspruch bestritten und bereits Widerspruch gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat.

[X.], Beschluss
vom 10. August 2017 -
III ZA 42/16 -
LG Coburg

[X.]

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am 10. August 2017 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterinnen Dr. [X.] und Dr. Arend

beschlossen:

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskosten-hilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] -
3. Zivilkammer -
vom 24. November 2016 -
33 [X.] -
wird abgelehnt

Gründe:

I.

Der Antragsteller
begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens. Er hat beim Amtsgericht C.

-
Zentrales Mahngericht -
den Erlass eines Mahnbescheids über einen gegner das "[X.]

" und als Anspruchsgrund "Schadensersatz aus [X.]/aus Zinsen zum [X.]" angegeben hat. Zugleich hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten des Mahnverfahrens nachgesucht. Das [X.], dem dieser Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellung-nahme übersandt worden war, teilte mit, Forderungen des Antragstellers gegen den [X.] B.

bestünden nicht, und bei Erlass eines Mahnbescheids würde umgehend Widerspruch eingelegt werden. Daraufhin hat das Amtsge-richt (Rechtspfleger) den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der 1
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-

Begründung zurückgewiesen, das Mahnverfahren biete nicht die nötige [X.] auf Erfolg. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.]s hat das [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im [X.] ausgeführt, dass die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch bei Beantragung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren zu prüfen sei. Für ein -
wie hier -
von vornherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem von Anfang an mit einem Widerspruch des Antragsgegners zu rechnen und ein Vollstreckungsbescheid deswegen nicht zu erreichen sei, könne der Antragsteller nicht erwarten, das Verfahren auf Kosten der Staatskasse durch-führen zu können.

Das [X.] hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO zugelassen, da in der Instanzrechtsprechung und der Literatur zur Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten im Mahnverfahren
sowie zum Umfang dieser Prüfung unterschiedliche Auffassun-gen vertreten würden.

II.

Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil das beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das [X.] hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Pro-zesskostenhilfe für das Mahnverfahren versagenden Beschluss des [X.] im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

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Dabei kann dahinstehen, ob der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Mahnverfahren -
wie das [X.] meint -
bereits deshalb die Erfolgsaus-sicht fehlt, weil mit einem Widerspruch des Antragsgegners gegen einen etwai-gen Mahnbescheid zu rechnen ist. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich als mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.

1.
Der sachliche Geltungsbereich der §§ 114 ff ZPO erstreckt sich auf alle in der Zivilprozessordnung geregelten Verfahren. Für das Mahnverfahren kann
-
beschränkt auf dieses Verfahren -
Prozesskostenhilfe bewilligt werden (allg. Meinung; vgl. nur [X.]/Voit/[X.], ZPO, 14. Aufl., § 114 Rn. 8; [X.]/
[X.]/[X.], ZPO, 38. Aufl., [X.]. § 688 Rn. 12; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., § 114 Rn. 2; [X.]. [X.]). Dabei gilt die Voraussetzung fehlender [X.] auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren (MüKoZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn. 22).

2.
Mutwilligkeit liegt insbesondere vor, wenn eine verständige, nicht [X.] bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der [X.] ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Senat, Beschluss vom 21. November 2013 -
III ZA 28/13, BeckRS 2013, 22403 Rn. 9; [X.], [X.] vom 6. Juli 2010 -
VI
ZB 31/08, [X.], 3522 Rn. 6). Aus der ge-mäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleiste-ten [X.] folgt, dass die mittellose [X.] nur einer solchen "normalen" [X.] gleichgestellt werden muss, die ihre [X.] ver-nünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt ([X.], NJW 1991, 413; NJW 2013, 2013, 2014). Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die eine wirtschaftlich leistungsfähige [X.] bei vernünftiger und sachgerechter 4
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Einschätzung der Sach-
und Rechtslage nicht führen würde ([X.]/Voit/
[X.] aaO § 114 Rn. 30 [X.]).

3.
Nach diesen Maßstäben ist die Rechtsverfolgung des Antragstellers mutwillig. Bei der gegebenen Sach-
und Rechtslage würde eine verständige [X.], die selbst für die Gerichtskosten aufzukommen hat, davon absehen, ei-den [X.] B.

zu beantragen, auch wenn die Voraussetzungen für des-sen Erlass nach §§ 688 ff ZPO vorliegen sollten.

Dass dem Antragsteller, der keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, durch Strafverfolgungsmaßnahmen ein Schaden in der geltend gemachten Größenordnung entstanden sein könnte, ist gänzlich fernliegend. Die Staatsan-waltschaft A.

hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass der [X.] in dem Strafverfahren 501 Js 140433/09 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, die vollständig voll-streckt wurde. Die in dem weiteren Strafverfahren 501 Js 117364/09 gegen den Antragsteller vollzogene Untersuchungshaft von 75 Tagen wurde nach [X.] gemäß § 154 Abs. 2 StPO
im Rahmen der Strafvollstreckung auf die vorgenannte Freiheitsstrafe angerechnet. Eine Entschädigungspflicht der Staatskasse wurde in keinem der Strafverfahren festgestellt. [X.] hat die Staatsanwaltschaft A.

Schadensersatzansprüche des An-tragstellers mit Bescheid vom 25. April 2016 abgelehnt. Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller berechtigt sein könnte, einen Schaden in der -
nicht näher erläuterten -
ungewöhnlichen Größenordnung von e-stritten und bereits Widerspruch gegen einen etwaigen Mahnbescheid ange-kündigt hat. Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, dass der Antragsteller die Allgemeinheit für Gerichtskosten in Anspruch nehmen möchte, die eine die Pro-7
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zessaussichten vernünftig abwägende und auch das Kostenrisiko berücksichti-gende verständige [X.] niemals tragen würde.

4.
Der Versagung von Prozesskostenhilfe für das [X.] steht nicht entgegen, dass das [X.] die Rechtsbeschwerde [X.] hat. Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage, ob Prozesskos-tenhilfe für ein Mahnverfahren bereits mangels Erfolgsaussicht zu verneinen sei, wenn ein Widerspruch des Antragsgegners absehbar sei, ist nicht ent-scheidungserheblich, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung im konkreten Fall mutwillig erscheint und Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht in Betracht kommt. Das Vorliegen von Mutwilligkeit kann auf der Grundlage der gesetzli-
chen Regelung und der vorliegenden Rechtsprechung abschließend [X.] werden.

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.09.2016 -
16-0460118-08-N -

LG Coburg, Entscheidung vom 24.11.2016 -
33 [X.] -

9

Meta

III ZA 42/16

10.08.2017

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZA

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2017, Az. III ZA 42/16 (REWIS RS 2017, 6715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6715

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZA 42/16

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33 T 34/16

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