Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2021, Az. XII ZR 152/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 5926

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

SACHVERSTÄNDIGENBEWEIS ZEUGENBEWEIS UNGEEIGNETHEIT EINES BEWEISMITTELS

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Beweisaufnahme: Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels


Leitsatz

Die Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann; weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2018 - XII ZR 99/17, NJW-RR 2019, 380).

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 18. März 2019 insoweit zugelassen, als darin über die Aufrechnungsforderung in Höhe von 93.330 € wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Auf die Revision des Beklagten wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der zugelassenen Revision aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 49.586 €

Gründe

I.

1

Die [X.]en streiten um gegenseitige Ansprüche nach Beendigung einer zehnjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

2

Die Eltern der Klägerin und später ihr Vater als Alleinerbe der Mutter gewährten dem [X.] während der Dauer des Zusammenlebens vier Darlehen. Die [X.]en bewohnten gemeinsam ein Hausgrundstück, welches ursprünglich im Eigentum des [X.] stand. [X.] veräußerte der [X.] dieses zu einem Kaufpreis von 140.000 € an die Klägerin. In der Folgezeit führte der [X.] Um- und Anbauarbeiten an dem Hausgrundstück durch, das er gemeinsam mit der Klägerin mietfrei nutzte.

3

Die Klägerin nimmt den [X.] aus abgetretenem Recht ihres Vaters in Anspruch. Sie macht [X.] in Höhe von insgesamt 31.000 € geltend. Das [X.] hat den [X.] zur Rückzahlung der [X.] verurteilt. Im [X.] hat der [X.] unter anderem die Aufrechnung mit einem Ausgleichsanspruch in Höhe von 93.330 € für behauptete Arbeitsleistungen am Hausgrundstück der Klägerin im Umfang von 3.111 Arbeitsstunden erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.], mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

II.

4

Die statthafte und im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO insoweit zur Zulassung der Revision und zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, als das Berufungsgericht die vom [X.] zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung in Höhe von 93.330 € verneint hat. In diesem Umfang ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

5

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

6

Dem [X.] stehe kein Wertersatzanspruch gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu. Zwar könne ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der [X.] Arbeitsleistungen am Hausgrundstück der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang erbracht habe und dies auch in der Erwartung, dass die [X.]en dauerhaft im Haus zusammenleben werden. Auch habe der [X.] nach einem Hinweisbeschluss nunmehr konkret zu Ort und Zeit der von ihm behaupteten Arbeitsleistungen vorgetragen. Allerdings fehle es weiterhin größtenteils an einem geeigneten Beweisantritt für die zwar nicht generell, aber hinsichtlich des behaupteten Umfangs bestrittenen Leistungen. Soweit der [X.] jeweils für einzelne behauptete Arbeitsleistungen pauschal Zeugen benenne, handle es sich ersichtlich um einen Beweisantritt ins Blaue hinein. Es fehle an jedem nachvollziehbaren Vortrag, warum die Zeugen bestätigen könnten, welche teilweise bereits viele Jahre zurückliegende Leistungen der [X.] genau an welchem Tag zu welcher Uhrzeit durchgeführt habe. Es sei abwegig, dass die Zeugen solche konkreten Angaben bestätigen könnten, ohne dass der [X.] nachvollziehbar dargetan habe, warum die Zeugen das wissen könnten. Die Zeugen könnten möglicherweise bestätigen, dass sie mitbekommen hätten, dass der [X.] oft am Hausgrundstück gearbeitet habe. Dafür, dass sie die konkreten Zeitangaben des [X.] bestätigen könnten, fehle jedoch jeder Ansatzpunkt. Die Vernehmung käme einer Ausforschung gleich. Hinzu komme, dass die Angaben des [X.] zu den angegebenen Arbeitszeiten teilweise unplausibel erschienen. So erscheine es nicht nachvollziehbar, wenn der [X.] behaupte, an einigen Tagen neun Stunden ohne jede Unterbrechung gearbeitet zu haben.

7

Schließlich sei auch die vom [X.] behauptete, durch seine Arbeitsleistungen bedingte Wertsteigerung des Anwesens ersichtlich unplausibel. Der [X.] habe zwar sowohl innerhalb des Hauses als auch am Grundstück Modernisierungsarbeiten durchgeführt, aber keinesfalls eine Totalsanierung des Hauses bewirkt. Dass, wie von ihm behauptet, der Wert des [X.] allein durch seine Arbeitsleistung mehr als verdoppelt worden sei, könne ausgeschlossen werden.

8

Selbst wenn man zugunsten des [X.] davon ausginge, dass er jedenfalls etwa 2.000 Arbeitsstunden geleistet habe, erreichten die Leistungen des [X.] auch unter Berücksichtigung der übrigen Leistungen, die sich die [X.]en gegenseitig gewährt hätten, kein solches Ausmaß, dass die Versagung eines Ausgleichs nach Ende der Lebensgemeinschaft unbillig erscheine.

9

2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, soweit das [X.] eine aufrechenbare Gegenforderung verneint hat. Zu Recht beanstandet der [X.], dass das Berufungsgericht die Feststellungen hierzu unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) getroffen hat.

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der [X.]en haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen [X.]s verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. [X.]sbeschluss vom 12. Dezember 2018 - [X.] - NJW-RR 2019, 380 Rn. 8 mwN). Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn diese Nichtberücksichtigung auf vorweggenommener tatrichterlicher Beweiswürdigung beruht, also der von einer [X.] angebotene Beweis nicht erhoben wird, weil das Gericht dem unter Beweis gestellten Vorbringen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst (vgl. [X.]sbeschluss vom 27. September 2017 - [X.]/16 - NJW-RR 2018, 74 Rn. 7 mwN). So liegt der Fall hier.

b) Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die vom [X.] beantragte Vernehmung der Zeugen zu den behaupteten Arbeitsleistungen nicht hätte ablehnen dürfen. Der [X.] hat zum Beweis der Tatsache, dass er am Hausgrundstück der Klägerin Arbeitsleistungen im Umfang von 3.111 Stunden erbracht hat, mehrere Zeugen benannt. Dieser Beweisantritt ist weder unzulässig noch fehlt dem [X.] die Eignung zum Beweismittel.

aa) Der Antritt eines Zeugenbeweises erfordert grundsätzlich keine Angaben dazu, wie der Zeuge die unter Beweis gestellte Tatsache erfahren haben soll. Ein Beweisantrag ist nur unter sehr engen Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich und daher als unzulässig zu bewerten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine [X.] ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt; bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten ([X.]sbeschluss vom 12. Dezember 2018 - [X.] - NJW-RR 2019, 380 Rn. 10 f. mwN).

Vorliegend hat der [X.] für seine auch nach Auffassung des Berufungsgerichts substantiiert vorgetragene Behauptung, insgesamt 3.111 Arbeitsstunden während des Zusammenlebens der [X.]en durch Ausbau- und Umbauarbeiten am Hausgrundstück der Klägerin vorgenommen zu haben, eine chronologische Auflistung vorgenommen und diese nach Art der Baumaßnahme gegliedert. Zu Beginn der [X.]e hat der [X.] die Baumaßnahme zunächst erläutert, anschließend tages- und stundengenau die konkreten Arbeitsleistungen aufgelistet und abschließend für den [X.] jeweils Zeugen benannt. Zusätzlich hat er Kopien seines Kalenders mit entsprechenden Arbeitseinträgen sowie Lichtbilder vorgelegt. Zu den Zeugen trägt der [X.] zwar nichts Weiteres vor, allerdings lässt sich nach Aktenlage erkennen, dass es sich hierbei um Nachbarn und um die Reinigungskraft der [X.]en handelt. Bei den Baumaßnahmen handelt es sich zum einen um die Erstellung von Natursteinmauern als Abgrenzung des Grundstücks – teilweise auch zum Nachbargrundstück – sowie um die Erstellung von Außenanlagen, Wintergarten, Holzlager, Garage und Carport. Zum anderen handelt es sich um Baumaßnahmen im Hausinneren, wie Verlegung von Böden, Aufbau von (Einbau-)Schränken und Ausbau eines Bades. Der Vortrag des [X.] für seine behaupteten Arbeitsleistungen war demnach substantiiert und die behaupteten Baumaßnahmen waren nicht offensichtlich völlig unerheblich. Unter diesen Umständen gibt es keine Veranlassung, das Vorbringen des [X.] als substanzlos zu bewerten; er musste auch keinen weiteren Vortrag dazu erbringen, warum die Zeugen seine Angaben bestätigen können.

bb) Auch bei der Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] äußerste Zurückhaltung geboten. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann. Weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen ([X.]sbeschluss vom 12. Dezember 2018 - [X.] - NJW-RR 2019, 380 Rn. 14 mwN).

Gemessen daran hätte das Berufungsgericht die Vernehmung der vom [X.] angebotenen Zeugen nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, es sei abwegig, dass die Zeugen die konkreten Angaben des [X.] bestätigen könnten. Dies ist eine unzulässige Vorwegnahme des [X.]. Aufgrund des dargestellten Vorbringens des [X.] kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Vernehmung der Zeugen sachdienliche Erkenntnisse zu der unter Beweis gestellten Behauptung erbringen kann. [X.] es auch unwahrscheinlich sein, dass die Zeugen stundengenaue Angaben zu den Arbeitsleistungen des [X.] machen können, so ist es dennoch nicht ausgeschlossen, dass sie generell sachdienliche Angaben machen können. Es ist nicht abwegig, dass Nachbarn Arbeitstätigkeiten am Hausgrundstück wahrnehmen und Angaben zum Zeitaufwand machen können. Dies nimmt im Ausgangspunkt selbst das Berufungsgericht an, indem es ausführt, dass die Zeugen möglicherweise zwar bestätigen könnten, sie hätten mitbekommen, dass der [X.] oft am Hausgrundstück gearbeitet habe. Dafür, dass sie die konkreten Zeitangaben des [X.] bestätigen können, fehle jedoch jeder Ansatzpunkt. Letzteres ist nach der genannten [X.]srechtsprechung indessen aber gerade nicht erforderlich. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen. Demnach hätte das Berufungsgericht erst nach vorgenommener Beweisaufnahme in Verbindung mit den sonstigen Umständen und Indizien würdigen dürfen, ob und inwieweit es wahrscheinlich ist, dass die Zeugen konkrete Angaben zu den behaupteten Arbeitsleistungen machen können.

c) Weiter beanstandet die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht die vom [X.] beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zur behaupteten Wertsteigerung des [X.] nicht hätte ablehnen dürfen. Der [X.] hat dargelegt, dass das Hausgrundstück im Jahr 2007 entsprechend dem damaligen Verkaufspreis einen Wert von 140.000 € gehabt habe. Weiter hat er vorgetragen, dass die Klägerin im Jahr 2017 außergerichtlich selbst eine Bewertung des [X.] habe vornehmen lassen, die von einem Wert in Höhe von 240.000 € ausging. Der [X.] hat sich insoweit auf die Beiziehung der Akten des [X.] ([X.]) und auf die von der Klägerin dort vorgelegte Immobilienbewertung bezogen. Er hat diesbezüglich weiter vorgebracht, dass in dieser Bewertung weder die Garage noch der Carport angegeben worden sei sowie die Wohnfläche seit Errichtung des [X.] 190 m² und nicht mehr 150 m² betrage. Zudem sei die Gestaltung der Außenanlagen werterhöhend zu berücksichtigen. Unter Beweisantritt zur Einholung eines Sachverständigengutachtens behauptet der [X.] eine durch seine Arbeitsleistungen bedingte Wertsteigerung des Anwesens auf 340.000 €. Der Vortrag des [X.] war demnach ausreichend substantiiert. Unter diesen Umständen gibt es auch insoweit keine Veranlassung, das Vorbringen des [X.] als substanzlos zu bewerten.

Gemessen an den bereits dargestellten Anforderungen an einen hinreichenden Beweisantritt hätte das Berufungsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, die Behauptung des [X.] zur Wertsteigerung des [X.] sei ersichtlich unplausibel. Das Berufungsgericht konnte sich dabei nicht auf die Begründung beschränken, dass der [X.] zwar eine Modernisierung, aber keine Totalsanierung bewirkt habe, die Verdoppelung des Wertes des [X.] daher ausgeschlossen sei. Selbst wenn das Gericht die behauptete Wertsteigerung in der konkreten Höhe für unwahrscheinlich gehalten hat, so ist es nach dem substantiierten Vortrag des [X.] zu den einzelnen Baumaßnahmen und zu der außergerichtlichen Bewertung des Grundstücks jedenfalls möglich, dass das Anwesen eine, wenn auch vielleicht niedrigere, aber dennoch für die Billigkeitsabwägung nicht völlig unerhebliche Wertsteigerung erfahren hat. Das Berufungsgericht hätte demnach unter Darlegung seiner Sachkunde nachvollziehbare eigene Erwägungen zur Höhe der Wertsteigerung treffen müssen (vgl. [X.] Beschluss vom 13. Januar 2015 - [X.]/14 - NJW 2015, 1311 Rn. 5 mwN), gegebenenfalls verbunden mit einer Schätzung, oder aber dem Beweisantritt zur Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgehen müssen. Die bloße Bewertung des Vorbringens des [X.] als unplausibel, ohne hierzu ausreichende eigene Feststellungen zu treffen, nimmt das Beweisergebnis in unzulässiger Weise vorweg.

d) Die gerügten Gehörsverletzungen sind jeweils entscheidungserheblich. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung, ob und inwieweit Arbeitsleistungen unter Anwendung des § 313 BGB als gemeinschaftsbezogene Zuwendungen nach dem Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgeglichen werden müssen, kommt es insbesondere auf die Dauer der Lebensgemeinschaft, das Alter der [X.]en, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, die Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse an ([X.]surteil vom 8. Mai 2013 - [X.]/12 - FamRZ 2013, 1295 Rn. 22 mwN).

aa) Die Nichtzulassungsbeschwerde führt zu Recht aus, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht zu einem für den [X.] günstigeren Ergebnis gekommen wäre, hätte es die Zeugen vernommen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht in diesem Fall die Überzeugung gewonnen hätte, dass der [X.] die behaupteten 3.111 Arbeitsstunden erbracht hat oder dass es einen Mindestumfang hätte feststellen oder schätzen können. Das Berufungsgericht hätte – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – prüfen müssen, ob es jedenfalls einen Mindestumfang der Arbeitsleistungen hätte schätzen können (vgl. [X.]surteil vom 8. Mai 2013 - [X.]/12 - FamRZ 2013, 1295 Rn. 35). An der Entscheidungserheblichkeit ändert entgegen der Auffassung der Klägerin auch die Hilfserwägung des Berufungsgerichts nichts, dass selbst unter Annahme von circa 2.000 Arbeitsstunden, ein Ausgleichsanspruch des [X.] nicht in Betracht komme. Ob eine Ausgleichspflicht auch unter Annahme von etwa 3.000 Arbeitsstunden ausgeschlossen ist, hat es demgegenüber nicht geprüft.

bb) Schließlich kann auch hinsichtlich der behaupteten Wertsteigerung des [X.] nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte es den Vortrag einschließlich der in Bezug genommenen Immobilienbewertung hinlänglich gewürdigt und den [X.] erhoben, eine erhebliche Wertsteigerung des Anwesens festgestellt hätte und damit bei der Billigkeitsabwägung – selbst unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht unterstellten 2.000 Arbeitsstunden – zu einer abweichenden Beurteilung gekommen wäre.

3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird nach § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Dose     

      

Schilling     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZR 152/19

12.05.2021

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Thüringer Oberlandesgericht, 18. März 2019, Az: 3 U 243/18

Art 103 Abs 1 GG, § 284 ZPO, § 373 ZPO, § 544 Abs 9 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2021, Az. XII ZR 152/19 (REWIS RS 2021, 5926)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1050-1051 REWIS RS 2021, 5926

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 153/19 (Bundesgerichtshof)

Gehörsrüge im Rechtsstreit um einen Ausgleichsanspruch nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft: Nichtberücksichtung erheblicher Beweisangebote zur …


XII ZR 99/17 (Bundesgerichtshof)

Beweisaufnahme: Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels


XII ZR 21/20 (Bundesgerichtshof)

Beweiswürdigung im Berufungsverfahren: Gegenüber der Vorinstanz abweichende Beurteilung der Glaubwürdigkeit oder Aussage eines Zeugen


VIII ZR 137/21 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverfahren: Anforderungen an die Berufungsbegründung bei mehreren Streitgegenständen; Entscheidung des Berufungsgerichts über einen nicht mit …


VI ZR 348/20 (Bundesgerichtshof)

Nichtzulassungsbeschwerde im Arzthaftungsprozess: Vorliegen eines Gehörsverstoßes des Berufungsgerichts im Streit um Diagnose- und Befunderhebungsfehler bei …


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.