Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2013, Az. XII ZB 229/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 418

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Gegenstand

Wiedereinsetzung bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze mittels Telefax: Ausgangskontrolle hinsichtlich der im Faxgerät hinterlegten Kurzwahl


Leitsatz

Bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze mittels Telefax muss der Rechtsanwalt durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass der Sendebericht nicht nur auf vollständige und fehlerfreie Übermittlung des Textes, sondern auch auf die richtige Empfängernummer abschließend kontrolliert wird (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 31. März 2010, XII ZB 166/09, FamRZ 2010, 879). Die Überprüfung lediglich anhand einer geräteintern verwendeten Kurzwahl steht dem nicht gleich.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des [X.] vom 25. März 2013 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

[X.]: 2.152 €

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 16. November 2012, der dem Antragsteller am 23. November 2012 zugestellt worden ist, hat das Familiengericht dessen gegen die Antragsgegnerin gerichteten [X.] abgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Nach richterlichem Hinweis, dass die Beschwerde nicht innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist begründet worden sei, hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er glaubhaft gemacht, sein Verfahrensbevollmächtigter habe die Beschwerdebegründung am 23. Januar 2013 fertig gestellt und unterschrieben und den Schriftsatz am selben Tag per Telefax gesendet, wobei er die in das Faxgerät eingespeicherte [X.] des [X.] "[X.]" verwendet habe, welche geräteintern mit der Telefaxnummer des [X.] verknüpft sei. Durch einen Sendebericht, mit dem die Übermittlung der Sendung an den Empfänger "[X.]" bestätigt worden sei, habe der Bevollmächtigte sich von der ordnungsgemäßen Versendung des [X.] überzeugt. Auch andere Sendungen in anderen Rechtsangelegenheiten seien vor und nach der hier streitigen Sendung erfolgreich unter Verwendung der [X.] "[X.]" an das Beschwerdegericht übermittelt worden.

2

Das [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Beschwerde verworfen. Die [X.] sei nicht schuldlos versäumt. Ausweislich des vom Empfangsgerät des [X.] aufgezeichneten [X.] sei zum angegebenen Zeitpunkt keine Sendung des Bevollmächtigten des Antragstellers eingegangen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers habe sich auch nicht anhand des [X.] auf eine ordnungsgemäße Versendung des [X.] verlassen dürfen, weil allein aus einer Sendebestätigung an einen Empfänger mit der [X.] "[X.]" nicht hervorgehe, welche [X.] bei der Versendung verwendet worden sei. Für die korrekte Eingabe der [X.] sei jedoch der Rechtsanwalt, der die Versendung persönlich vornehme, selbst verantwortlich.

II.

3

Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

4

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einem Beteiligten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Verfahrensbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.], 1605 Rn. 6 mwN).

5

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] gehört es zu den Aufgaben des Verfahrensbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Bedient sich der Verfahrensbevollmächtigte für die Übersendung des Schriftsatzes eines Telefaxgeräts, hat er das seinerseits Erforderliche getan, wenn er bei Verwendung eines funktionsfähigen Sendegeräts und korrekter Eingabe der [X.] so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Übertagung bei Fristende zu rechnen ist ([X.] NJW 1996, 2857, 2858; [X.] Beschluss vom 1. Februar 2001 - [X.]/00 - NJW-RR 2001, 916).

6

Für die Ausgangskontrolle genügt es, wenn ein vom Faxgerät des Absenders ausgedrucktes [X.] die ordnungsgemäße Übermittlung an den Adressaten belegt und dieses vor Fristablauf zur Kenntnis genommen wird. Trägt der Sendebericht den Vermerk "OK", kann es einem am Verfahren Beteiligten nicht als schuldhaftes Verhalten angelastet werden, wenn es bei dem elektronischen Übertragungsvorgang dennoch zu Fehlern kommt ([X.] Beschluss vom 17. Januar 2006 - [X.] - NJW 2006, 1518, 1519). Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem "[X.] versehenen [X.]s den Empfänger nicht erreicht, ist jedenfalls so gering, dass sich der Rechtsanwalt auf den "[X.] verlassen darf (Senatsbeschluss vom 28. März 2001 - [X.]/00 - VersR 2002, 1045, 1046).

7

Die Ausgangskontrolle muss sich allerdings auch darauf beziehen, dass bei der Versendung des [X.] die zutreffende [X.] verwendet wurde ([X.] Beschlüsse vom 10. September 2013 - [X.]/12 - [X.], 1303; vom 30. Oktober 2012 - [X.]/12 - juris Rn. 6; vom 7. November 2012 - [X.]/12 - NJW-RR 2013, 305 Rn. 9; vom 12. Juni 2012 - [X.]/11 - NJW-RR 2012, 1267 Rn. 7; vom 27. März 2012 - [X.]/11 - NJW-RR 2012, 744 Rn. 7; vom 12. Mai 2010 - [X.] - NJW 2010, 2811; vom 3. Dezember 1996 - [X.] - NJW 1997, 948; [X.], 379 = NJW 1995, 2742). Diese Gewissheit kann das [X.] nur vermitteln, wenn es nicht nur eine technisch fehlerfreie Versendung als solche belegt, sondern ebenfalls ausweist, an welche konkrete [X.] das Telefax gesendet wurde. Nur der mit dieser Angabe versehene "[X.] kann das Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Versendung an den zutreffenden Empfänger begründen.

8

Dem steht ein "[X.], der sich lediglich auf eine im Faxgerät hinterlegte [X.] bezieht, nicht gleich. Denn ein [X.], das nur die verwendete [X.] ausweist, ermöglicht keine verlässliche Überprüfung, ob die mit der [X.] intendierte [X.] tatsächlich angewählt wurde. Die Verwendung von [X.]nummern birgt gewisse Risiken einerseits von technischen Fehlern bei der geräteinternen Zuordnung der anzuwählenden Nummer, andererseits von Bedienungsfehlern, beispielsweise einer versehentlichen Umprogrammierung der [X.]nummer, gegebenenfalls auch durch andere [X.]. Dass sich eine der möglichen Fehlerquellen verwirklicht haben könnte, lässt sich mit hinreichender Sicherheit nur durch einen Sendebericht ausschließen, der die tatsächlich angewählte Telefaxnummer zu erkennen gibt.

9

3. Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller die Fristversäumung nicht ausreichend entschuldigt. Nach seinem eigenen Vorbringen hat sein Bevollmächtigter nicht überprüft, an welche Nummer das Telefaxgerät die Sendung verschickt hat, sondern sich allein darauf verlassen, dass die eingespeicherte [X.] mit dem Kürzel "[X.]" im Moment der Versendung korrekt mit der [X.] des [X.] verknüpft sei. Das genügt nicht, um Fehlerquellen der aufgezeigten Art hinreichend verlässlich auszuschließen und somit die Wahrscheinlichkeit, dass das Schriftstück den Empfänger nicht erreicht, so gering wie möglich und zumutbar zu halten (vgl. Senatsbeschluss vom 31. März 2010 - [X.] 166/09 - FamRZ 2010, 879 Rn. 9).

Auch der Umstand, dass vorangegangene und nachfolgende Schriftstücke in anderen Rechtsangelegenheiten fehlerfrei unter Verwendung der [X.] "[X.]" übermittelt werden konnten, entbindet nicht von einer gesonderten Kontrolle der korrekt angewählten [X.] in jedem Einzelfall.

Dose                                 Weber-Monecke                        Schilling

            Nedden-Boeger                                   [X.]

Meta

XII ZB 229/13

11.12.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Rostock, 25. März 2013, Az: 10 UF 2/13

§ 117 Abs 5 FamFG, § 233 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.12.2013, Az. XII ZB 229/13 (REWIS RS 2013, 418)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 418

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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