Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.01.2020, Az. B 14 KG 1/20 B

14. Senat | REWIS RS 2020, 2455

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - hinreichende Bezeichnung - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - mündliche Verhandlung - Antrag auf Vertagung oder auf Schriftsatzfrist - fehlende Protokollierung - mindestens Vortrag zu einem Antrag auf Protokollberichtigung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 26. September 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 [X.]).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.] ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Die Klägerin beruft sich allein auf einen Verfahrensmangel, bezeichnet diesen Zulassungsgrund aber nicht hinreichend (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs sowie ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren. Schriftliche Hinweisverfügungen des [X.] mit der Aufforderung, weitere Angaben zu machen und Unterlagen vorzulegen, seien nicht zur Handakte ihres Prozessbevollmächtigten gelangt. Sie habe - anwaltlich vertreten - in der mündlichen Verhandlung beantragt, Angaben und Unterlagen nachreichen zu dürfen. Dies habe das [X.] abgelehnt. Hierin liege sowohl eine Gehörsverletzung als auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren. Hierzu seien dienstliche Äußerungen der seinerzeit beteiligten [X.] einzuholen.

4

Die Klägerin hat eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend aufgezeigt. Gemäß § 62 Halbsatz 1 [X.], der einfachrechtlich das durch Art 103 Abs 1 GG garantierte prozessuale Grundrecht wiederholt, ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren; dies gilt insbesondere für eine die Instanz abschließende Entscheidung. Demgemäß darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 [X.]).

5

Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge ist, dass die Klägerin darlegt, ihrerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr; vgl nur [X.] vom 19.3.1991 - 2 RU 33/90 - [X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.] S 6; [X.] vom [X.] - B 13 [X.] B - [X.] 3-1500 § 160 [X.]2 S 35; [X.] vom 13.3.2018 - B 11 [X.] 79/17 B - Rd[X.] 9 mwN), was - in der Situation der mündlichen Verhandlung - einen Antrag auf Vertagung (§ 202 [X.] iVm § 227 Abs 1 ZPO) oder auf Schriftsatzfrist (§ 202 [X.] iVm § 283 ZPO) umfasst (vgl zB [X.] vom 19.3.1991 - 2 RU 33/90 - [X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.] S 6; [X.] vom 26.6.1991 - 5 BJ 141/90 - Rd[X.] 4; [X.] vom [X.] - B 9 V 59/12 B - Rd[X.]3).

6

Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, einen entsprechenden [X.] gestellt zu haben. Entgegen ihrer Ansicht genügt es für die Zulässigkeit der Beschwerde nicht zu beantragen, dienstliche Äußerungen der seinerzeit beteiligten [X.] einzuholen. Aufgrund der besonderen Beweiskraft des Sitzungsprotokolls nach § 122 [X.] iVm § 165 ZPO oder, soweit es nicht um die für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten geht, nach § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 415 ZPO, muss der Beschwerdeführer grundsätzlich vortragen, dass sich die Stellung eines entsprechenden [X.]s aus dem Sitzungsprotokoll ergibt. Denn bei der Stellung eines solchen Antrags handelt es sich um einen zu protokollierenden wesentlichen Vorgang der Verhandlung iS des § 160 Abs 2 ZPO ([X.] vom [X.] 54.13 - juris Rd[X.] 3), weil er vom Rechtsmittelgericht benötigt wird, um den [X.] zu überprüfen (vgl zu § 160 Abs 2 ZPO allgemein [X.] vom [X.] - juris Rd[X.]3; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 122 Rd[X.] 4e; vgl zur [X.] auch [X.] vom 15.2.1988 - 9/9a [X.] - [X.] 1500 § 160 [X.] 64 S 68; [X.] in [X.], ZPO, 22. Aufl 2005, Band 3, § 160 Rd[X.] 6). Seine Ablehnung wäre als Verkündung einer gerichtlichen Entscheidung im Protokoll festzustellen 160 Abs 3 [X.] 6 und 7 ZPO).

7

Ausweislich der Beschwerdebegründung hat der dargelegte Sachverhalt keinen Eingang in das Sitzungsprotokoll gefunden. Damit beweist das Protokoll, dass ein solcher [X.] nicht gestellt war ([X.] vom [X.] 54.13 - juris Rd[X.] 3 zu einem Antrag auf Schriftsatzfrist; BFH vom [X.] - [X.]/01 - juris Rd[X.] 4 zu einem Vertagungsantrag; [X.] vom 23.7.2015 - B 5 R 196/15 B - Rd[X.]4 f und [X.] vom [X.] - 4 B 204.87 - [X.] 310 § 86 Abs 2 VwGO [X.] 32 zu Beweisanträgen). Für eine zulässige Nichtzulassungsbeschwerde muss der Beschwerdeführer deshalb zumindest vortragen, er habe hinsichtlich der fehlenden Protokollierung die Berichtigung des Protokolls (§ 122 [X.] iVm § 164 ZPO) beantragt ([X.] vom 28.7.1993 - 2 BU 10/93 - Rd[X.] 5; [X.] vom 11.10.1994 - 2 BU 159/94 - Rd[X.] 5; [X.] vom 14.5.1998 - B 2 U 280/97 B - Rd[X.] 6; [X.] vom 6.5.1999 - B 8 KN 7/98 [X.] - Rd[X.] 4, jeweils im Hinblick auf Beweisanträge; vgl allgemein zur Protokollberichtigung im Fall der Unvollständigkeit [X.] in [X.], ZPO, 22. Aufl 2005, Band 3, § 164 Rd[X.]). Das ist hier nicht erfolgt, weshalb die Gehörsverletzung nicht hinreichend dargelegt ist. Die Klägerin hat nach ihrem Vortrag auch in der mündlichen Verhandlung nicht beantragt, den Vorgang in das Protokoll aufzunehmen (§ 160 Abs 4 ZPO). Vielmehr habe ihr Prozessbevollmächtigter ausweislich der Beschwerdebegründung "ziemlich wutentbrannt" den Sitzungssaal verlassen.

8

Unzulässig ist ebenfalls die auf den gleichen Umstand gestützte Rüge der vermeintlichen Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren.

9

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.] ohne Zuziehung der ehrenamtlichen [X.].

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 [X.].

Meta

B 14 KG 1/20 B

14.01.2020

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KG

vorgehend SG Neubrandenburg, 8. August 2011, Az: S 16 KG 18/09

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 Halbs 1 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 122 SGG, § 202 S 1 SGG, § 160 Abs 2 ZPO, § 164 ZPO, § 165 S 1 ZPO, § 227 Abs 1 S 1 ZPO, § 283 ZPO, § 415 Abs 1 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.01.2020, Az. B 14 KG 1/20 B (REWIS RS 2020, 2455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2455

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