Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2015, Az. VIII ZR 349/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1002

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:091215UVIIIZR349.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 349/14
Verkündet am:

9. Dezember 2015

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 Ba, [X.], § 308 Nr. 5
Die in [X.] eines Gasversorgungsunternehmens enthaltene Klausel:
"Anpassungen des [X.] ausgenommen Preisanpassungen und ver-tragswesentliche Regelungen, werden dem Kunden mit einer Frist von mindestens 6 Wochen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens schriftlich [X.]. In diesem Fall ist der Kunde berechtigt, den [X.] einer Kündigungsfrist zum Inkrafttreten der Anpassung zu kündigen. Kündigt er den Vertrag nicht, so treten die Anpassungen ab dem in der Mitteilung genannten Zeitpunkt in [X.]. Die [X.] ist [X.], den Kunden in der schriftlichen Mitteilung auf die Bedeutung seines Schweigens hinzuweisen."
benachteiligt den Kunden unangemessen und ist daher unwirksam.
[X.], Urteil vom 9. Dezember 2015 -
VIII ZR 349/14 -
O[X.]

[X.]

-
2
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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterin Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel
des Klägers werden,
unter deren Zurückwei-sung im Übrigen,
das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 26. November 2014
im Kostenpunkt und hin-sichtlich der Entscheidung zu der nachfolgend zitierten Klausel 10.2 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landge-richts Rostock
vom 18. Juli 2014
im Kostenpunkt und hinsichtlich der Entscheidung zur Hauptsache teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu , ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, diese zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, bei mit Verbrauchern ge-schlossenen Verträgen über die Lieferung von
Erdgas, die [X.] oder eine inhaltsgleiche Klausel als [X.] einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmung bei der
Abwicklung derartiger Verträge
zu berufen:
"10.2
Anpassungen des [X.]
ausgenommen Preisanpassun-gen und vertragswesentliche Regelungen, werden dem Kunden mit einer Frist von mindestens 6 Wochen zum Zeitpunkt ihres [X.] schriftlich mitgeteilt. In diesem Fall ist der Kunde [X.], den [X.] einer [X.] zum Inkrafttreten der Anpassung zu kündigen. Kündigt er den Vertrag nicht, so treten die Anpassungen ab dem in der Mitteilung genannten Zeitpunkt in [X.]. Die W.

AG ist [X.], den Kunden in der schriftlichen Mitteilung auf die Bedeu-tung seines Schweigens
hinzuweisen."
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

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Tatbestand:
Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §
4
[X.].
Die Beklagte,
ein regionales Gasversorgungsunternehmen, [X.] in [X.], die keine Mindestlauf-zeiten vorsehen,
gegenüber [X.], unter anderem folgende Bestimmungen:
"3.1 Dem Kunden steht im Fall einer Preisänderung das Recht zu, den [X.] einer Kündigungsfrist außerordentlich auf das Datum des Wirksamwerdens
der Preisänderung zu kündigen.

10.2 Anpassungen des [X.], ausgenommen Preisanpassungen und ver-tragswesentliche Regelungen, werden dem Kunden mit einer Frist von [X.] 6 Wochen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens schriftlich mitgeteilt. In diesem Fall ist der Kunde berechtigt, den [X.] einer Kündigungsfrist zum Inkrafttreten der Anpassung zu kündigen. Kündigt er den Vertrag nicht, so treten die Anpassungen ab dem in der Mitteilung genannten Zeitpunkt in [X.]. Die W.

AG ist verpflichtet, den Kunden in der schriftli-chen Mitteilung auf die Bedeutung seines Schweigens hinzuweisen."
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung vorge-nannter
oder inhaltsgleicher Klauseln mit der Begründung in Anspruch, die zeit-lichen
Einschränkungen der in den Klauseln geregelten Kündigungsrechte
"auf das Datum des Wirksamwerdens der Preisänderung"
beziehungsweise "zum Inkrafttreten der Anpassung"
schlössen eine spätere Kündigung des Kunden aus und widersprächen damit dem gesetzlichen Leitbild des § 41 Abs. 3 Satz 2 [X.].
Die Klage hat
in den Vorinstanzen keinen Erfolg
gehabt. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger
sein Unterlassungs-begehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat teilweise Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
Entscheidung im We-sentlichen
ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 1 [X.] zu, da die in Rede stehenden Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam seien.
Insbesondere wichen die Klauseln
nicht von wesentlichen Grundgedan-ken
des § 41 Abs. 3 Satz 2 [X.] ab.
Zwar werde das in §
41 Abs. 3 Satz 2 [X.] geregelte
Kündigungsrecht des Sonderkunden durch den Wortlaut der Vorschrift zeitlich nicht begrenzt. Sinn und Zweck des
Kündigungsrechts in § 41 Abs. 3 Satz
2 [X.] sei es aber, dass der Kunde sich vom Vertrag
lösen
kön-ne, bevor die ihm mitgeteilte [X.]änderung, vor allem eine Preiserhöhung, wirksam werde. Dies werde durch die Klauseln gewährleistet.
II.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nur hinsichtlich der Klausel 3.1
stand, so dass die Revision insoweit zurückzu-weisen ist.
Hinsichtlich der Klausel 10.2
steht dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aktivlegitimierten Kläger indes entgegen der Auffassung des Berufungs-gerichts der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1
[X.] zu.
Bei beiden von der [X.] gegenüber ihren Kunden (Verbrauchern) verwendeten Klauseln handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen
nach § 305 BGB, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 307
ff. BGB unterliegen.
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A.
Zur Klausel 3.1:
Diese
Klausel,
die das bei Preisänderungen bestehende Kündigungs-recht des Kunden
auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisänderung beschränkt, weicht
entgegen der Auffassung der Revision nicht zum Nachteil des Kunden von wesentlichen Grundgedanken
des §
41 Abs. 3 Satz 2 [X.] ab und ist
deshalb nicht nach § 307 Abs. 1,
2 Nr. 1 BGB unwirksam;
der [X.] nach § 1 [X.] ist insofern unbegründet.
1. § 41 Abs. 3 Satz 2 [X.] lautet: "Ändert der Lieferant die [X.]be-dingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den [X.] einer Kündigungsfrist kündigen."
Der Wortlaut verhält sich mithin zu einer zeitli-chen Befristung der Ausübung des Rechts zur fristlosen Kündigung nicht.
Dem Schweigen der Norm
zu einer zeitlichen Grenze des Kündigungsrechts kann jedoch nicht, wie die Revision meint, entnommen werden, dass das [X.] aus Anlass einer Preisänderung ein (nachfolgend) zeitlich unbefristetes Kündigungsrecht einräumt.
a) [X.] sind Dauerschuldverhältnisse. §
41
Abs.
3 Satz
2 [X.] berechtigt den Letztverbraucher,
den Energieliefervertrag außer-ordentlich aus wichtigem Grund (einseitige Änderung der [X.]bedingungen durch den Lieferanten) ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen.

Es ist allgemein anerkannt, dass die außerordentliche
fristlose Kündi-gung
eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund innerhalb einer an-gemessenen Zeit seit Kenntnis von dem Kündigungsgrund erklärt werden muss. Das hat seinen Grund zum einen darin, dass der eine Teil in [X.] Zeit Klarheit darüber erhalten soll, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird; zum anderen gibt der [X.] mit dem längeren Abwarten zu erkennen, dass für ihn die Fortsetzung des [X.]ver-10
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hältnisses trotz des Vorliegens eines Grundes zur fristlosen Kündigung nicht unzumutbar ist. Diese Erwägungen liegen auch der Vorschrift des §
314 Abs.
3 BGB, die seit dem 1. Januar 2002 gilt, zugrunde (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S.
178). Sie galten indes auch schon für die frühere Rechtslage, bei der es -
mit Ausnahme einzelner Vorschriften (etwa § 626 Abs. 2 BGB) -
an einer gesetzli-chen Festlegung der Frist für die Erklärung der außerordentlichen Kündigung fehlte ([X.], Urteile vom 23. April 2010 -
LwZR 20/09, NJW-RR 2010, 1500 Rn.
13 mwN; vgl. auch Senatsurteile vom 29. Juni 2011 -
VIII ZR 212/08, NJW 2011, 3361 Rn. 19; vom 15. Dezember 1993 -
VIII ZR 157/92, NJW 1994, 722
unter [X.]; vom 27. Januar 1982 -
VIII ZR 295/80, NJW 1982, 2432 unter [X.] b;
vom 15. Februar 1967 -
VIII ZR 222/64, [X.], 515 unter [X.] 2).

b) Die Auffassung der Revision steht in Widerspruch zu dem dargestell-ten Erfordernis, die
Kündigung innerhalb angemessener Frist
zu erklären. Denn sie führte dazu, dass
dem Kunden noch Monate oder Jahre nach einer Preis-änderung, unter Rückgriff auf diese, das Recht eingeräumt wäre, sich von dem [X.].
Für einen solchen Regelungsgehalt des §
41 Abs.
3 Satz
2 [X.] lassen sich weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien
Anhaltspunkte entnehmen.

c) Darüber hinaus entspricht eine derartig weitreichende und einseitig zu Lasten des Energieversorgers gehende Wortlautinterpretation ersichtlich nicht dem Sinn und Zweck des § 41 Abs. 3 Satz 2 [X.]. Die Norm
will
(lediglich)
verhindern, dass der Kunde ohne seinen Willen an einen
Energielieferungsver-trag auch noch nach dem Zeitpunkt gebunden bleibt, zu dem sich die
Preiser-höhung aufgrund (unterstellt wirksamer) einseitiger
Leistungsbestimmung des Versorgers, zu Lasten des Kunden auswirken würde. Dieser Zweck wird [X.] erfüllt, wenn dem Kunden das Recht eingeräumt wird, den Vertrag auf das Datum des Inkrafttretens der Preisänderung zu kündigen.
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2. Entgegen der Auffassung der Revision folgt auch aus einer Berück-sichtigung europarechtlicher Vorgaben kein anderes Normverständnis.
Die Revision beruft sich darauf, dass im Anhang A
Buchst. b der [X.] 2003/55/[X.] sowie in dem Anhang I Abs. 1 Buchst. b der dieser
Richt-linie nachfolgenden [X.] 2009/73/[X.]
jeweils bestimmt
ist, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, "dass es den Kunden freisteht, den [X.], wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren, die ihnen ihr [X.] mitgeteilt hat". Daraus ergibt
sich indes nur, dass auch die genann-ten Richtlinien
darauf abzielen, im Interesse des Verbraucherschutzes mit Hilfe der rechtzeitigen Informationen
über die neuen Bedingungen zu gewährleisten, dass die von einer Preisänderung betroffenen Kunden sich von einem Vertrag, dessen neue Preisgestaltung sie nicht akzeptieren, so rechtzeitig lösen können, dass die Preisänderung ihnen gegenüber nicht
mehr wirksam wird (vgl. auch [X.], Urteil vom 23. Oktober 2014 -
C-359/11 und [X.]/11, [X.], 849 Rn. 47
-
Schulz und [X.]). Es bestehen somit
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gasrichtlinien dem Haushaltskunden aus Anlass einer Preiserhöhung ein zeitlich unbegrenztes -
also auch noch lange nach dem Wirksamwerden der Preiserhöhung ausübbares -
Kündigungsrecht hätten einräumen wollen.

3. Der Regelungsgehalt
des § 41 Abs. 3 Satz 2 [X.] beschränkt
sich mithin
darauf, dem Kunden ein Kündigungsrecht zum Zeitpunkt des Inkrafttre-tens der [X.]änderung einzuräumen. Diesen gesetzlichen Anforderungen wird
die
streitgegenständliche Klausel
3.1 in vollem Umfang gerecht
mit der Folge, dass die Klausel
der rechtlichen Prüfung
nach § 307 Abs. 1,
2 Nr. 1 BGB standhält.

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B. Zur Klausel 10.2:
Diese Klausel hält der Inhaltskontrolle nach
den §§ 307 ff.
BGB in zwei-facher
Hinsicht nicht stand. Zum einen verstößt sie gegen § 308 Nr. 5 BGB, zum anderen genügt sie den Transparenzanforderungen des §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB
nicht.
1. Der Senat kann die angegriffene Klausel, die er uneingeschränkt selbst auslegen kann (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2013 -
VIII [X.]/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9 mwN),
unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt auf ihre Wirksamkeit prüfen. Denn der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 [X.] bildet einen einheitlichen Streitgegenstand, gleichviel auf welche materiell-rechtliche Verbotsgründe er vom Kläger gestützt wird oder gestützt werden kann (vgl. [X.], Urteile vom 13. September 2012 -
I [X.], [X.]Z 194, 314 Rn. 17 ff. mwN -
Biomineralwasser; vom 20. März 2013 -
I [X.], [X.], 1170 Rn. 9 -
Telefonwerbung für [X.]; vgl. auch [X.], Urteile vom 10. März 1993 -
VIII ZR 85/92, [X.], 845 unter [X.] a; vom 25.
Juli 2012 -
[X.] ZR 201/10, [X.]Z 194, 208 Rn. 9; jeweils mwN).
2. Die Klausel 10.2
ist an § 308 Nr. 5 BGB zu messen, weil sie eine [X.] beinhaltet. Denn die dem Kunden von der [X.] mitgeteilte [X.]änderung kommt
durch Schweigen des Kunden zustande, sofern die-ser den Energieliefervertrag nicht vorher kündigt. Den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB genügt die Klausel nicht.

a) Nach § 308 Nr. 5 BGB ist eine Formularbestimmung unwirksam, [X.] eine Erklärung des [X.]partners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass dem [X.]partner
eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist (Buchst. a) und der 19
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Verwender sich verpflichtet, den [X.]partner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen (Buchst. b).
Die Möglichkeit, eine ausdrückliche Erklärung gemäß § 308 Nr. 5 Buchst.
a BGB abzugeben, hat der [X.]partner des Verwenders nur, wenn ihn die Klauselfassung in seiner Entschließung, welchen Inhalt er seiner Erklä-rung geben will, nicht einengt, sondern sie ihm gestattet, seinen wirklichen Wil-len frei zu äußern ([X.] in [X.]/[X.]/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., §
308 Nr. 5
BGB
Rn.
39;
H. Schmidt in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11. Aufl., § 308 Nr.
5 BGB Rn. 11; [X.]/Coester-Waltjen, BGB, [X.]. 2013,
§ 308 Nr. 5 Rn. 15).

b) Diesem Erfordernis wird
die Klausel 10.2
nicht
gerecht.
In Satz 1 der Klausel 10.2 ist bestimmt, dass dem Kunden Anpassungen des [X.] -
ausgenommen Preisanpassungen und vertragswesentliche Re-gelungen -
mit einer Frist von mindestens sechs Wochen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens schriftlich mitgeteilt werden. In den nachfolgenden Sätzen 2 und 3 wird dem Kunden ein Kündigungsrecht zum Inkrafttreten der Anpassung einge-räumt, dessen Nichtausübung innerhalb der eingeräumten Frist zum Eintritt der [X.]anpassung führt, wobei der Kunde von der [X.] nach Satz 4 der Bestimmung in der schriftlichen Ankündigung der [X.]anpassung auf die Bedeutung seines Schweigens hinzuweisen ist.
Diese Regelung gestattet
es dem Kunden
mithin
nur, sich vom Vertrag durch Kündigung zu lösen oder die angekündigte [X.]änderung durch Schweigen zu akzeptieren. Andere [X.] räumt die Beklagte ihren Kunden mit der Klausel nicht ein. Insbesondere wird dem
Kunden
nicht gestattet, der mitgeteilten [X.]änderung (schlicht) zu widersprechen und so den [X.] fortzuführen.
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3. Unabhängig davon genügt die Klausel
auch
den [X.] des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht.

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Be-nachteiligung des [X.]partners im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und
verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingun-gen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner [X.]partner möglichst klar und durchschaubar darzustellen sowie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (st.
Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 25. November 2015 -
VIII [X.], unter II 2 a, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt; vom 9.
April 2014 -
VIII ZR 404/12, [X.]Z 200, 362
Rn. 37; vom 28. Mai 2015 -
VIII ZR 179/13, [X.]Z 201, 271 Rn. 27; jeweils mwN).
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine [X.]klausel diesen [X.] gerecht wird, ist auf die Erwartungen und Erkenntnismög-lichkeiten eines durchschnittlichen [X.]partners des Verwenders abzustel-len. Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie unter Abwägung der Inte-ressen der normalerweise beteiligten [X.] verstanden werden (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 25. November 2015 -
VIII ZR 366/14, aaO; vom 9.
April 2014 -
VIII ZR 404/12, aaO; vom 28. Mai 2015 -
VIII ZR 179/13, aaO; jeweils mwN). [X.] gehen hierbei gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel hat zur Folge, dass bei einer mehrdeuti-gen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 18.
Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, [X.]Z 194, 121 Rn. 16 mwN).

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b) Hiervon ausgehend wird die Klausel 10.2 den Anforderungen an die Transparenz
einer Formularbestimmung
nicht gerecht.

Dem
durchschnittlichen Kunden wird nicht in der gebotenen Weise ver-ständlich, welcher Art die [X.]anpassung ist, mit der die Beklagte möglich-erweise während der Laufzeit des [X.] an ihn
herantreten wird. Der Kunde kann nach Lektüre der Klausel mit hinreichender Klarheit nur erken-nen, dass eine Preisanpassung nicht Gegenstand des Änderungsverlangens
sein kann. Nicht ausreichend
verständlich ist hingegen der Begriff der "ver-tragswesentlichen Regelung".
aa) Zwar führt die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe in [X.] Geschäftsbedingungen nicht für sich genommen zur Intransparenz der [X.]klausel, sofern sich der [X.]partner des Verwenders die erforderli-chen Informationen zur Inhaltsbestimmung des Begriffs unschwer ohne fremde Hilfe selbst verschaffen kann (vgl.
[X.], Urteile vom 25. Oktober 2006 -
VIII ZR 23/06, [X.], 1198 Rn. 41 ff.
[zu "Transportkosten"]; vom 9. Dezember 2009 -
XII [X.], [X.], 671 Rn.
21 ff.
[zu "Verwaltungskosten"]). In-transparent wird die einen auslegungsbedürftigen Begriff verwendende Be-stimmung aber dann, wenn der [X.]partner diese Erkenntnismöglichkeit nicht hat. So verhält es sich hier.
bb) Der Senat hat zu einer Haftungsfreizeichnungsklausel, die als schlagwortartige Beschreibung vertragswesentlicher Pflichten den Begriff der "Kardinalpflicht"
enthielt, ausgeführt, dass sich einem juristischen Laien, der den in der Rechtsprechung verwendeten Begriff der "Kardinalpflicht"
nicht kennt, trotz aufmerksamer und sorgfältiger Lektüre des Vertrages nicht er-schließt, was mit diesem Begriff gemeint ist
(Senatsurteil vom 20. Juli 2005
-
VIII ZR 121/04, [X.]Z 164, 11, 36 f.). Das Gleiche gilt
für den in der Klausel 10.2 enthaltenen Begriff der "vertragswesentlichen Regelung". Auch dieser hat 31
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jedenfalls für den juristischen Laien keine erkennbare Kontur. Insbesondere lässt der Begriff im Dunkeln, ob damit nur solche Regelungen
gemeint sind, deren Änderung die Durchführung des [X.]zwecks gefährden würde (vgl. §
307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder etwa auch Regelungen, die für die praktische [X.]durchführung wichtige (Neben[leistungs]-)Pflichten
beschreiben, wie etwa
vom Verwender versprochene Leistungen im Rahmen der [X.]ab-wicklung (Abrechnungsmodalitäten, Mitteilungen
etc.).
cc) Dem
sich daraus ergebenden Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht nicht etwa entgegen,
dass der [X.] eine Konkretisierung des Begriffs der
vertragswesentlichen Regelung nicht möglich
(gewesen) wäre. Es ist zwar anerkannt, dass das Transparenzgebot den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht überfordern darf und die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, nur im Rahmen des nach den Umständen Möglichen besteht (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 -
III ZR 157/10, [X.], 1678
Rn. 27 mwN). Indes wäre es der [X.] vorliegend unschwer
möglich gewesen, die Klausel 10.2
konkreter zu fassen, indem sie den Begriff der "vertragswesentlichen Rege-lung", gegebenenfalls durch
Nennung einiger Beispiele, wenigstens abstrakt erläutert hätte (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2005 -
VIII ZR 121/04, aaO), um den Kunden so die Möglichkeit zu eröffnen, eine Begriffsvorstellung zu [X.].
III.
Nach allem kann das Urteil des Berufungsgerichts,
soweit es die klage-abweisende Entscheidung des [X.] in Bezug auf die Klausel 10.2
durch Zurückweisung der Berufung der Klägerin bestätigt hat, keinen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren tat-35
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sächlichen Feststellungen mehr zu treffen sind, entscheidet
der Senat in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Klägerin ist das landge-richtliche Urteil hinsichtlich der Klausel 10.2
abzuändern und insoweit nach dem Klageantrag zu entscheiden. Im Übrigen sind die Rechtsmittel der Klägerin [X.].
Dr. [X.]
Rin[X.] Dr. Hessel ist
Dr. Achilles

wegen Erkrankung an der

Unterschrift gehindert.

Dr. [X.], 08.12.2015

Dr. Schneider

Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.07.2014 -
3 [X.] (3) -

O[X.], Entscheidung vom 26.11.2014 -
2 U 15/14 -

Meta

VIII ZR 349/14

09.12.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2015, Az. VIII ZR 349/14 (REWIS RS 2015, 1002)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1002

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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