Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.04.2020, Az. 29 W (pat) 4/20

29. Senat | REWIS RS 2020, 35

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Gegenstand

(Markenbeschwerdeverfahren – "Bell & Mondo


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 011 829

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 3. April 2020 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richterinnen [X.] und Seyfarth

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des [X.] vom 6. März 2017 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Unionsmarke 004 424 198 in Bezug auf die Waren der Klasse 25 „Hemden“ und die Dienstleistungen der Klasse 35 „Versandhandelsdienstleistungen mit [X.]“ zurückgewiesen worden ist.

Die Eintragung der Marke 30 2014 011 829 ist auf den Widerspruch aus der Unionsmarke 004 424 198 in diesem Umfang zu löschen.

2. Der Antrag des Inhabers der angegriffenen Marke, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 13. Januar 2014 angemeldete Wort-/[X.]ildmarke

Abbildung

2

ist am 21. Februar 2014 für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden:

3

Klasse 24: Stoffetiketten;

4

[X.]: Hemden;

5

Klasse 35: [X.] mit [X.].

6

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 28. März 2014.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die [X.]eschwerdeführerin aus ihrer am 25. August 2006 eingetragenen [X.]swortmarke

8

[X.]

9

zunächst vollumfänglich Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die nachfolgend genannten Waren:

Klasse 03: Pflegemittel für Schuhe und Lederbekleidung, soweit in Klasse 3 enthalten;

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Handtaschen, Reise- und Handkoffer, Regenschirme;

[X.]: Schuhe und Stiefel; [X.]ekleidungsstücke und Strumpfwaren, Kopfbedeckungen.

Im [X.]eschwerdeverfahren hat die [X.]eschwerdeführerin mit [X.] vom 2. September 2019 ihren Widerspruch beschränkt auf die Waren der [X.] und die Dienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke. Soweit sich der Widerspruch zunächst auch gegen die Waren der Klasse 24 der angegriffenen Marke gerichtet hat, wurde dieser ausdrücklich zurückgenommen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke und [X.]eschwerdegegner hat mit [X.] vom 15. Dezember 2014 bestritten, dass die [X.]eschwerdeführerin die Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke für die Waren „[X.]ekleidungsstücke" benutzt habe.

Mit [X.]eschluss vom 6. März 2017 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] den Widerspruch aus der [X.]smarke 004 424 198 zurückgewiesen.

Zur [X.]egründung führt die Markenstelle aus, dass es an einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr fehle. Zwar habe die Widersprechende die rechtserhaltende [X.]enutzung der Waren „[X.]ekleidungsstücke und Strumpfwaren, Kopfbedeckungen“ glaubhaft gemacht. Auch seien die Waren der angegriffenen Marke der [X.] „Hemden“ mit den Waren der Widerspruchsmarke der [X.] „Schuhe und Stiefel; [X.]ekleidungsstücke und Strumpfwaren, Kopfbedeckungen“ hochgradig ähnlich und die Dienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke aus dem [X.]ereich der [X.] mit den einschlägigen Waren der Widerspruchsmarke zumindest mittelgradig ähnlich. Die angegriffene Marke halte aber den selbst aufgrund identischer bzw. hochgradig ähnlicher Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen überdurchschnittlichen Abstand ein. In visueller Hinsicht erwecke die angegriffene Wort-/[X.]ildmarke aufgrund ihrer zweizeiligen Gestaltung und der markanten graphischen Ausgestaltung mittels des einen Großteil beider Worte umspannenden [X.]ogens einen flächigen und prägnanten Eindruck, während die Widerspruchsmarke eine schlichte einzeilige Wortmarke sei. Zudem würden sich beide Marken in ihren Wortelementen sehr deutlich unterscheiden. Auch im klanglichen Eindruck seien die Marken nur entfernt ähnlich. Die angegriffene Marke werde insoweit durch den Wortbestandteil „[X.]“ geprägt. Die unbefangene Artikulation dieser Wortkombination wäre daher „[X.] und [X.]“ bzw. – im Hinblick auf die auch mögliche [X.] Anmutung des Wortes „[X.]“ – auch „[X.] and [X.]“. Die [X.] würden sich daher in der Anzahl der Worte (drei gegenüber einem) und der Silben (vier gegenüber einer) und in der [X.] („e-u-o-o“ gegenüber „e-o-o“) sowie in ihrer Anmutung unterscheiden. Letztere sei bei „[X.]“ mit der [X.]edeutung „schöne Welt“ italienisch, während die angegriffene Marke „[X.]“ aufgrund der Kombination zweier Worte mit einem kaufmännischen „und“- Zeichen eher als Zusammenfügung zweier [X.] erscheine, die wie eine Kombination zweier Namen (entsprechend „[X.]“) oder wie eine Themenangabe (wie z.[X.]. „[X.]“) wirke, nicht aber wie ein einheitliches Wort. Es bestehe auch keine überwiegende Übung auf dem [X.]ekleidungssektor, die zahlreichen Marken, die aus zwei mittels kaufmännischen „und“-Zeichens verbundenen Namen bestehen, unter Weglassung des „und“-Zeichens einheitlich zu artikulieren. Vielmehr würden derartige Marken wie beispielsweise „[X.]“, „[X.]“, „more & more“, „[X.] & [X.]“, „[X.]“, „[X.]“ immer mit diesem kaufmännischen „und“-Zeichen artikuliert.

Schließlich sei im Modebereich für die [X.]ewertung einer verwechslungsrelevanten Markenähnlichkeit primär auf die visuelle Zeichenähnlichkeit abzustellen, da diese hier im Vordergrund stehe. Demgegenüber habe die [X.]edeutung der klanglichen Wahrnehmung, die beispielsweise bei Käufen bzw. Produktsuchen auf mündliche Empfehlung bzw. telefonische Nachfragen im Vordergrund stehe, deutlich nachgelassen. Es wäre nicht sachgerecht, aufgrund einer möglicherweise höheren klanglichen Ähnlichkeit in einem Markt mit in quantitativer Hinsicht überwiegend visueller Wahrnehmung aufgrund einer lediglich klanglichen Markenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr anzunehmen, die nur selten zum Tragen käme.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer [X.]eschwerde.

Zur [X.]egründung trägt die [X.]eschwerdeführerin vor, die Markenstelle habe sich nicht ausreichend mit den von der jüngeren Marke in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen auseinandergesetzt. Die im [X.]eschluss enthaltenen Ausführungen zur Zeichenähnlichkeit und zu den [X.]esonderheiten in der Modebranche beträfen lediglich Modeartikel, also Waren, nicht jedoch die ebenfalls relevanten Dienstleistungen. Da sich der [X.]eschluss somit nicht mit allen wesentlichen Aspekten des Widerspruchs befasst habe, weise er erhebliche Mängel auf, aus denen eine Versagung des rechtlichen Gehörs resultiere.

Zudem sei der [X.]eschluss auch im Ergebnis falsch. Den vor dem Hintergrund teilweise identischer, im Übrigen nicht unerheblich ähnlicher Waren und Dienstleistungen und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen erheblichen [X.] halte die jüngere Marke nicht ein. Es sei bereits eine visuelle Verwechslungsgefahr zu bejahen. Der Verkehr werde auch bei der visuellen Wahrnehmung die jüngere Marke „in den Wortbestandteilen erkennen“. Dabei werde jedenfalls ein beachtlicher Teil des Verkehrs das kleine, unscheinbar angeordnete „&"-Zeichen übersehen und in der Marke lediglich die Worte „[X.] [X.]" erkennen. Diese seien in visueller Hinsicht ähnlich zu dem mit der [X.] geschützten Markenwort „[X.]". Selbst für den Fall, dass der Verkehr das „&"-Zeichen in der visuellen Darstellung erkenne, sei dieses derart zurückhaltend dargestellt und trete derart hinter die Wortbestandteile zurück, dass weiterhin auch in visueller Hinsicht eine klare Nähe zwischen den [X.] bestehe. Daneben sei eine klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen. Der Aspekt der klanglichen Ähnlichkeit könne auch in der Modebranche nicht vernachlässigt werden. So [X.] beispielsweise die Rundfunkwerbung im Radio, bei der naturgemäß die Wiedergabe von Marken nur gesprochen erfolge, weiterhin auch in dieser [X.]ranche eine Rolle. Auch bei der gesprochenen Wiedergabe werde ein entscheidungsrelevanter Teil des Verkehrs das „&"-Zeichen, das in der jüngeren Marke vergleichsweise klein und unauffällig platziert sei, nicht erkennen und daher nicht mitsprechen. Dann aber sei von einer identischen klanglichen Wiedergabe der Wortfolge „[X.]-[X.]" der jüngeren Marke und der Widerspruchsmarke „[X.]" auszugehen. Schließlich bestehe eine deutliche konzeptionelle Ähnlichkeit der Zeichen, die von einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs beide im Sinne von „schöne Welt“ verstanden würden.

Die Widersprechende und [X.]eschwerdeführerin beantragt zuletzt sinngemäß,

den [X.]eschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 6. März 2017 aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der [X.]smarke 004 424 198 für die Waren der [X.] „Hemden“ und die Dienstleistungen der Klasse 35 „[X.] mit [X.]“ zurückgewiesen worden ist, und die Eintragung der Marke 30 2014 011 829 auf den Widerspruch aus der [X.]smarke 004 424 198 in diesem Umfang zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke und [X.]eschwerdegegner beantragt zuletzt sinngemäß,

die [X.]eschwerde zurückzuweisen und der [X.]eschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Im [X.]eschwerdeverfahren hat er sich nicht zur Sache geäußert, sondern lediglich auf die Ausführungen der Markenstelle im angegriffenen [X.]eschluss [X.]ezug genommen. Im Verfahren vor dem [X.] hat er die Ansicht vertreten, dass eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Anders als die Widerspruchsmarke bestehe die angegriffene Marke aus zwei Worten „[X.]" und „[X.]", die durch das Zeichen „&" verbunden seien. Auch die graphische Gestaltung über zwei Zeilen und mit jeweils einem Großbuchstaben zu [X.]eginn des Wortes verdeutliche die Trennung der beiden Worte. Die beiden Worte „[X.]" und „[X.]" seien an die beiden Gründer des [X.], nämlich Herrn [X.]… und Herrn R, angelehnt. Da die angegriffene Marke „[X.] und [X.]“ gesprochen werde, liege gerade keine klangliche Identität zur Widerspruchsmarke vor. Die angegriffene Marke werde auch nicht durch ihren Textteil geprägt, sondern erlange Unterscheidungskraft durch ihre graphische Gestaltung. Im Übrigen seien die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen nicht ähnlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen [X.]eschluss, den am 28. August 2019 an die [X.]eteiligten versandten Hinweis des zu diesem Zeitpunkt zuständigen 27. Senats, die Schriftsätze der [X.]eteiligten und den übrigen Akteninhalt [X.]ezug genommen.

II.

I. Die zulässige, insbesondere nach § 66 Abs. 1 [X.] statthafte und gem. § 66 Abs. 2 [X.] fristgerecht eingelegte [X.]eschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht im zuletzt noch beschwerdegegenständlichen Umfang Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 [X.], so dass der [X.]eschluss

des [X.] aufzuheben und gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren der Klassen 25 und Dienstleistungen der Klasse 35 anzuordnen waren.

Im Laufe des [X.]eschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des [X.]es mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] n. F.) weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] a. F., im Folgenden nur [X.]) anzuwenden. In [X.]ezug auf die erhobene [X.] sind gemäß § 158 Abs. 5 [X.] n. F. die Vorschriften des § 43 Abs. 1 und § 26 [X.] ebenfalls in ihrer bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter [X.]erücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z.[X.]. [X.] [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]/[X.]; [X.] 2019, 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; [X.], 283 Rn. 7 – [X.]/[X.] D[X.]TSCHE [X.]; [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure). Von maßgeblicher [X.]edeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. [X.] [X.], 343 Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.] 2019, 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2019, 173 Rn. 17 –combit/Commit; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 914 Rn. 13 – [X.]/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 283 Rn. 7, [X.]/[X.] D[X.]TSCHE [X.]; s. auch [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 41 ff m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.], 125 b Nr. 1 [X.] anzunehmen.

1. Der [X.]eschwerdegegner hat die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.

a) Die Erhebung der Einrede beschränkt sich ausdrücklich auf die Ware „[X.]ekleidungsstücke“ (vgl. [X.] vom 15.12.2014, [X.]). Die rechtserhaltende [X.]enutzung der älteren Marke ist somit hinsichtlich der Waren der Klassen 3 und 18 sowie hinsichtlich der weiteren Waren der [X.] „Schuhe und Stiefel; Kopfbedeckungen“ unbestritten. Die in [X.] zugunsten der Widerspruchsmarke geschützten „Strumpfwaren“ fallen unter den Oberbegriff „[X.]ekleidungsstücke“ und werden somit von der [X.] ebenfalls erfasst. Demgegenüber fallen die weiteren Waren „Schuhe und Stiefel; Kopfbedeckungen“ nicht unter diesen Oberbegriff, wie sich insbesondere aus den [X.] der [X.] ergibt. Dem Waren- und Dienstleistungsvergleich können dementsprechend auf Seiten der Widerspruchsmarke unabhängig von einer Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden [X.]enutzung die Waren der Klassen 3 und 18 sowie die Waren „Schuhe und Stiefel; Kopfbedeckungen“ der [X.] zugrunde gelegt werden.

b) Die rechtserhaltende [X.]enutzung der Widerspruchsmarke wurde hinsichtlich diverser unter den Oberbegriff „[X.]ekleidungsstücke“ fallender Waren glaubhaft gemacht gem. §§ 125 b Nr. 4 [X.], 43 Abs. 1 [X.], Art. 18 [X.].

aa) Neben der ausdrücklichen [X.]eschränkung der Einrede der mangelnden [X.]enutzung auf „[X.]ekleidungsstücke“ ist eine solche auch hinsichtlich des Zeitraums von fünf Jahren vor Veröffentlichung der angegriffenen Marke gem. § 43 Abs. 1 S. 1 [X.] erklärt worden (vgl. [X.] vom 15.12.2014, [X.]). Die Veröffentlichung der jüngeren Marke erfolgte am 28. März 2014. Zu diesem Zeitpunkt war die Widerspruchsmarke, die am 25. August 2006 eingetragen wurde, bereits seit mehr als fünf Jahren eingetragen. Gem. § 43 Abs. 1 S. 1 [X.] oblag es der [X.]eschwerdeführerin daher, die rechtserhaltende [X.]enutzung für den Zeitraum vom 28. März 2009 bis zum 28. März 2014 glaubhaft zu machen.

bb) [X.]ei der Widerspruchsmarke handelt es sich um eine [X.]smarke. Gem. § 125 b Nr. 4 [X.] ist für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine ältere [X.]smarke gestützt wird, § 43 Abs. 1 [X.] mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle der [X.]enutzung der Marke mit älterem Zeitrang gemäß § 26 [X.] die [X.]enutzung der [X.]smarke mit älterem Zeitrang nach Art. 18 der [X.] [VO ([X.]) 2017/1001] tritt. Nach dieser Vorschrift muss eine rechtserhaltende [X.]enutzung „in der [X.]“ glaubhaft gemacht werden, wobei eine Gesamtschau sämtlicher relevanter Tatsachen und Umstände erforderlich ist, bei der die Grenzen der Mitgliedstaaten außer [X.]etracht zu bleiben haben (vgl. [X.] [X.], 182 Rn. 55 – [X.] Merken/[X.] [ONEL/[X.]]).

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die [X.]enutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der [X.]enutzung sowie die Art der Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. [X.] [X.], 182 Rn. 29 – [X.] Merken/[X.] [ONEL/[X.]]; [X.], 582 Rn. 70 – [X.] Corp./[X.] [[X.]]; [X.] 2008, 719 Rn. 27 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Hiervon ist auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist“ (vgl. [X.] a. a. [X.] – [ONEL[X.]]; [X.], 343 Rn. 74 – [X.]/[X.]). Es ist Sache der Widersprechenden, diese Umstände konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen. Die gemäß § 43 Abs. 1 [X.] erforderliche Glaubhaftmachung der [X.]enutzung im Sinne von § 294 ZPO muss dabei – anders als der Vollbeweis – nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts führen. Vielmehr genügt es, wenn sich aus den vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der rechtserhaltenden [X.]enutzung ergibt, welche die Möglichkeit des Gegenteils nicht ausschließen muss (vgl. Ströbele in: Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 54). Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle (präsenten) [X.]eweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung in [X.]etracht. Dabei können auch Unterlagen wie beispielsweise Prospekte, Rechnungen (Rechnungskopien), Preislisten, Veröffentlichungen etc. als Glaubhaftmachungsmittel geeignet sein und insbesondere der Erläuterung, Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen (Ströbele in: Ströbele/ [X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 76).

cc) Nach diesen Grundsätzen hat die [X.]eschwerdeführerin ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die [X.] Vertriebsgesellschaft als Lizenznehmerin der [X.]eschwerdeführerin die [X.]ezeichnung „[X.]“ im maßgeblichen [X.]enutzungszeitraum März 2009 bis März 2014 in [X.], insbesondere in [X.], für diverse [X.]ekleidungsstücke, insbesondere für Ponchos, Tücher und Schals, rechtserhaltend benutzt hat.

(1) Aus den eidesstattlichen Versicherungen der Geschäftsführer der [X.] und [X.] jeweils vom 12. Mai 2015 sowie der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der [X.] Vertriebsgesellschaft mbH [X.] ebenfalls vom 12. Mai 2015 ergibt sich, dass die [X.]eschwerdeführerin der [X.] Vertriebsgesellschaft mbH für den maßgeblichen [X.]enutzungszeitraum eine Lizenz zur Nutzung der Widerspruchsmarke eingeräumt hatte. Die [X.]enutzung der Widerspruchsmarke durch die Vertriebsgesellschaft mit Zustimmung der [X.]eschwerdeführerin als Inhaberin dieser Marke gilt gem. Art. 18 Abs. 2 [X.] als [X.]enutzung durch die Widersprechende selbst.

(2) Die [X.]eschwerdeführerin hat die Verwendung der Widerspruchsmarke durch die [X.] Vertriebsgesellschaft mbH u. a. für Ponchos, Tücher und Schals glaubhaft gemacht. Dies folgt ebenfalls aus der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der [X.] Vertriebsgesellschaft mbH [X.] vom 12. Mai 2015. In dieser ist unter [X.]ezugnahme auf in die eidesstattliche Versicherung eingebundenes [X.]ildmaterial konkret dargelegt, dass diese Waren mit der [X.]ezeichnung „[X.]“ gekennzeichnet waren, die auf angehängten und/oder eingenähten Etiketten oder auf [X.]uttons angebracht war. Die [X.]eschwerdeführerin hat somit die Form der [X.]enutzung glaubhaft gemacht. Es handelt sich um eine [X.]e [X.]enutzung der Widerspruchsmarke für die vorgenannten Waren.

(3) Die glaubhaft gemachten Verwendungen stellen eine ernsthafte [X.]enutzung der Widerspruchsmarke im relevanten [X.]enutzungszeitraum sowie im maßgeblichen [X.]enutzungsgebiet dar. Die eidesstattliche Versicherung von [X.] enthält Umsatzzahlen für die Waren Ponchos, Tücher und Schals für die Jahre 2009 bis 2014. So wird beispielsweise für die Jahre 2010 bis 2013 der Verkauf von … mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Tüchern (Tücher und Schaltücher), von … mit der älteren Marke [X.] bezeichneten Schals (Strickschals, [X.] und [X.]) sowie von [X.] gekennzeichneten Ponchos in der Europäischen [X.] glaubhaft gemacht. Hierbei handelt es sich zwar um relativ geringe Stückzahlen, zumal es um den Nachweis der rechtserhaltenden [X.]enutzung im [X.]sgebiet geht. Das Kriterium der Ernsthaftigkeit der [X.]enutzung dient jedoch in erster Linie der Abgrenzung von einer Scheinbenutzung, die lediglich das Ziel hat, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 26 Rn. 13, Rn. 102). Ob eine ernsthafte [X.]enutzung in der [X.] vorliegt, ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände des Einzelfalls zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird (vgl. [X.] [X.], 182 Rn. 29 – [X.] Merken/[X.] [ONEL/[X.]]). Vorliegend ist neben der reinen Stückzahl der vorgenannten Waren zu berücksichtigen, dass diese relativ kontinuierlich über den vorgenannten Zeitraum 2010 bis 2013 vertrieben wurden. Darüber hinaus ist relevant, dass die Widerspruchsmarke unstreitig für Schuhe und Kopfbedeckungen rechtserhaltend in der [X.] benutzt wurde. Dies kommt auch in der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der [X.] Vertriebsgesellschaft mbH zum Ausdruck. Die Tatsache, dass die Widerspruchsmarke überwiegend für Schuhe und Kopfbedeckungen genutzt wurde, spricht dafür, dass auch der Vertrieb von [X.]ekleidungsstücken wie Schals und Tüchern in eher geringer Stückzahl wirtschaftlich sinnvoll ist.

Die Ernsthaftigkeit der [X.]enutzung in der [X.] kann zudem vorliegend angenommen werden, obwohl in den eidesstattlichen Versicherungen genauere Angaben zum [X.]enutzungsgebiet fehlen bzw. die Angaben nicht klar verständlich sind, wenn dort angegeben wird, die genannten Stückzahlen seien „in [X.] aus [X.]“ verkauft worden. Grundsätzlich sind Angaben zum [X.]enutzungsgebiet notwendig, um unter [X.]erücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls beurteilen zu können, ob eine ernsthafte [X.]enutzung in der [X.] angenommen werden kann. Allerdings ergibt sich aus den weiteren Ausführungen in der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der [X.] Vertriebsgesellschaft mbH und den dieser eidesstattlichen Versicherung beigefügten Unterlagen, dass Schals, Tücher und Ponchos unter der [X.]ezeichnung „[X.]“ in [X.] [X.]roschüren beworben wurden, die im relevanten [X.]enutzungszeitraum in einer Auflagenstärke von … bis … Stück erschienen sind und in nicht unerheblichem Umfang an Kunden und auch an die Presse verteilt und auf Messen verwendet wurden. Ebenso ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung, dass derartige mit der Marke „[X.]“ gekennzeichnete Produkte im relevanten [X.]enutzungszeitraum in diversen [X.] und jedenfalls deutschlandweit erhältlichen Frauen- und Modemagazinen beworben wurden (z.[X.]. „[X.]", „[X.]“, „Für Sie“, „[X.]“, „[X.]“), zudem belegen exemplarisch vorgelegte Rechnungen auch Verkäufe in [X.]. Hieraus ergibt sich eine [X.]enutzung der Widerspruchsmarke für die relevanten Waren jedenfalls in [X.]. Selbst wenn sich die in der eidesstattlichen Versicherung genannten Umsatzzahlen auf das Gebiet der [X.]undesrepublik [X.] beschränken sollten, so steht dies der Annahme einer rechtserhaltenden [X.]enutzung in der [X.] nicht entgegen, da eine [X.]enutzung nicht notwendigerweise in einem größeren räumlichen Gebiet als dem Gebiet eines Mitgliedstaats erfolgen muss, um als ernsthaft qualifiziert zu werden (vgl. [X.] [X.], 182 Rn. 54 – [X.] Merken [ONEL/[X.]]).

Im Hinblick auf die genannten Umsatzzahlen, die Kontinuität der [X.]enutzung und die Einbettung der [X.]enutzungshandlungen in die weitere Nutzung der Widerspruchsmarke für die Waren Schuhe und Kopfbedeckungen ist insgesamt von einer ernsthaften [X.]enutzung der Widerspruchsmarke im [X.]sgebiet für die unter den Oberbegriff „[X.]ekleidung“ fallenden Waren Schals, Tücher und Ponchos auszugehen.

2. Unter [X.]erücksichtigung der Waren „Schals, Tücher, Ponchos“, für die die rechtserhaltende [X.]enutzung nachgewiesen wurde, sowie der Waren der [X.] „Schuhe und Stiefel; Kopfbedeckungen“, für die die [X.]enutzung nicht bestritten wurde, können sich die [X.] im Zusammenhang mit durchschnittlich bis überdurchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.

Eine Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese bei [X.]erücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer [X.]eschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen [X.]edeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge [X.]erührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. [X.] [X.], 582 Rn. 85 – [X.] Corp./[X.] [[X.]]; [X.] 2018, 79 Rn. 11 – [X.]/[X.]; [X.], 378 Rn. 38 – [X.]; [X.], 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst [X.] einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. [X.] 2018, 79 Rn. 11 – [X.]/[X.]; [X.], 378 Rn. 38 – [X.]; [X.], 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst Wissenschaft).

Nach diesen Grundsätzen können sich die [X.] im Zusammenhang mit durchschnittlich bis überdurchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.

Die Waren der [X.] „Hemden“, für die die jüngere Marke Schutz genießt, sind hochgradig ähnlich zu den Waren „Kopfbedeckungen, Schals, Tücher, Ponchos“ der älteren Marke. In der Modebranche werden regelmäßig von denselben Herstellern die verschiedensten [X.]ekleidungsstücke wie Oberbekleidung, Kopfbedeckungen und Schals hergestellt, oftmals auch farblich etc. aufeinander abgestimmt.

Zwischen den Dienstleistungen der Klasse 35 „[X.] mit [X.]“ der angegriffenen Marke und den auf Seiten der älteren Marke zu berücksichtigenden Waren der [X.] ist eine durchschnittliche Ähnlichkeit anzunehmen.

Für die [X.]ejahung einer Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren reicht es aus, dass sich die Dienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen ([X.] 2014, 378 Rn. 39 – [X.]). Die Tatsache, dass Handelsmarken, also Warenmarken in der Hand von Handelsunternehmen, seit Jahren „auf dem Vormarsch“ sind, führt zu einer Gewöhnung des Verkehrs an ein Nebeneinander von Hersteller-, Handels- und Handelsdienstleistungsmarken und zu der Annahme, dass das Handelsunternehmen häufig nicht nur die Verantwortung für die Einzelhandelsdienstleistungen, sondern auch eine Produktverantwortung übernimmt; vor diesem Hintergrund kann zwischen den Waren und den Einzelhandelsdienstleistungen, die identische Waren zum Gegenstand haben, je nach [X.] und Zuschnitt eine (geringe bis mittlere) Ähnlichkeit angenommen werden ([X.]üscher /Dittmer /Schiwy: Gewerblicher Rechtsschutz, 3. Auflage 2014, § 14 [X.], Rn. 234). Dies gilt jedenfalls dann, wenn große Handelshäuser in dem betreffenden Warensektor neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten ([X.] 2014, 378 Rn. 39 – [X.]; zur Kritik an diesem Kriterium vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a.a.[X.] § 9 Rn. 130: besondere branchenbezogene Anhaltspunkte für die Annahme eines Ähnlichkeitsverhältnisses notwendig). Für den vorliegend relevanten Warensektor der [X.]ekleidung, in dem große Handelshäuser häufig neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten, ist eine Ähnlichkeit zwischen den Waren und den auf diese bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen daher zu bejahen (vgl. [X.] 2014, 378 Rn. 39 – [X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a.a.[X.] § 9 Rn. 130).

Da die auf Seiten der Widerspruchsmarke dem Vergleich zugrunde zu legenden Waren wie „Tücher“ unter den [X.]egriff der „[X.]“ gefasst werden können, beziehen sich die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 „[X.] mit [X.]“ somit auf diese Waren, für die die ältere Marke Schutz genießt. Vor dem Hintergrund der dargelegten Vertriebsmodalitäten in der [X.]ekleidungsbranche ist vorliegend von einer durchschnittlichen Ähnlichkeit zwischen diesen Waren und Dienstleistungen auszugehen.

3. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen [X.]enutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.], 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] 2015, 1127 Rn. 10 – [X.] / [X.]solar; [X.], 1040 Rn. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. [X.] 2016, 283 Rn. 10 – [X.]/[X.] D[X.]TSCHE [X.]; [X.], 64 Rn. 12 – [X.]/Melox-GRY).

Auch wenn die angesprochenen Verkehrskreise in der Widerspruchsmarke „[X.]“ die [X.] Wortfolge „[X.]“ erkennen und der älteren Marke daher die Aussage „schöne Welt“ entnehmen sollten, so ist dieser [X.]edeutungsgehalt für die hier relevanten Waren der [X.] nicht unmittelbar beschreibend. Ein möglicher beschreibender Anklang dahingehend, dass diese Waren schön seien bzw. zu einer „schönen Welt“ beitragen sollten, ist derart unspezifisch, dass er nicht zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft führt. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch [X.]enutzung wurde von der [X.]eschwerdeführerin nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

4. Im Rahmen der bei der [X.]eurteilung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Gesamtabwägung hält die jüngere Marke ausgehend von durchschnittlich bis überdurchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen, durchschnittlicher bis etwas erhöhter Aufmerksamkeit der Verkehrskreise und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke den gebotenen Abstand nicht ein.

Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen kann, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind ([X.] 2017, 914 Rn. 27 – [X.]/[X.]; [X.], 1114 Rn. 23 – [X.]; [X.], 1004 Rn. 22 – [X.]/ISP; [X.], 382 Rn. 25 – [X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 268 f. m. w. N.). Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden [X.]etrachtungsweise zu unterziehen ([X.] 2019, 1058 Rn. 34 – [X.]; [X.], 833 Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 248 m. w. N.).Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere [X.]estandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können, den das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorruft (vgl. [X.] GRUR 2007, 700 Rn. 41 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; GRUR 2005, 1042 Rn. 29 – [X.]; [X.] 2014, 382 Rn. 14 – [X.]; [X.], 64 Rn. 14 – [X.]/Melox-GRY).

Vorliegend ist eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Angesprochene Verkehrskreise der relevanten Vergleichswaren und -dienstleistungen sind die allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere der Handel sowie der durchschnittlich informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, dessen Aufmerksamkeit beim Erwerb der relevanten Waren der [X.] durchschnittlich bzw. bei höherwertigen und teureren Produkten etwas erhöht ist.

Der Gesamteindruck der angegriffenen Wort-/[X.]ildmarke wird in phonetischer Hinsicht durch seinen Wortbestandteil geprägt. [X.]ei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/[X.]ildmarke ist von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.] 2014, 378 Rn. 39 – [X.]). Für den klanglichen [X.] ist maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie die Marke in ihrer registrierten Form vor sich haben. Dabei kann die klangliche Wiedergabe auch durch die graphische Gestaltung der Marke beeinflusst werden. Ausnahmsweise kann – entgegen dem Erfahrungssatz „Wort vor [X.]ild“ – dem [X.]ild auch bei der mündlichen [X.]enennung der Marke der Vorrang einzuräumen sein, wenn die graphische Ausgestaltung durch ihren Umfang und ihre kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, dass das Wort kaum mehr beachtet wird (vgl. [X.]PatG, 29 W (pat) 517/15 – elAMARA/[X.]). Von einer derartigen Ausnahme kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da sich die graphische Ausgestaltung in der Verwendung einer besonderen Schriftart in zwei verschiedenen Graustufen, einer zweizeiligen Anordnung und einem vom Anfangsbuchstaben „M“ bis zum [X.]uchstaben „d“ gespannten [X.]ogen erschöpft. Die graphischen Elemente beschränken sich damit auf die reine Ausgestaltung und Verzierung der Wortfolge „[X.]“ und stellen kein eigenständiges bildliches Element dar, das einer sinnvollen sprachlichen [X.]enennung zugänglich ist. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die angegriffene Marke dementsprechend mit ihrem Wortbestandteil benennen.

Dieser Wortbestandteil lautet „[X.]“, wobei das kaufmännische „&“- Zeichen aufgrund seiner im Vergleich zu den beiden Wortbestandteilen kleineren und graphisch schwächeren Gestaltung mittels einer nur dünnen Linie in den Hintergrund tritt. Daher ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise dieses „&“-Zeichen übersehen und bei der klanglichen Wiedergabe vernachlässigen. Hierfür spricht auch, dass die Wiedergabe der Worte „[X.] [X.]“ klanglich identisch mit dem Namen „[X.]“ ist, der den angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen beispielsweise im Hinblick auf den auch im Inland bekannten [X.] Schau[X.]r Jean-Paul [X.] geläufig ist. Die Anordnung der [X.]estandteile „[X.]“ und „[X.]“ über zwei Zeilen ist nicht ungewöhnlich, sondern [X.] (vgl. beispielsweise die in einem absoluten Verfahren ergangene Entscheidung [X.] 2014, 376 Rn. 18 – [X.]), und steht der Annahme, dass die angegriffene Marke unmittelbar im Sinne eines Namens „[X.]mondo“ erfasst und in einem Wort ausgesprochen wird, nicht entgegen. Auch die Argumentation der Markenstelle dahingehend, dass im [X.]ekleidungssektor derartige aus zwei mittels kaufmännischen „und“-Zeichens verbundenen Namen bestehenden Marken wie beispielsweise „[X.]“, „[X.]“, „more & more“, „[X.] & [X.]“, „[X.]“, „[X.]“ regelmäßig mit dem kaufmännischen „und“-Zeichen und nicht nur mittels der verbundenen Worte artikuliert würden, führt nicht zu einer anderen [X.]ewertung der klanglichen Wiedergabe der jüngeren Marke. Anders als die aufgeführten [X.]ei[X.], insbesondere die aus zwei Einzelbuchstaben bestehenden Marken wie „[X.]“ und „[X.]“, lassen sich die [X.]estandteile „[X.]“ und „[X.]“ der jüngeren Marke zwanglos als einheitliche [X.]ezeichnung „[X.]mondo“ aussprechen.

Selbst wenn neben der Aussprache der jüngeren Marke als „[X.] [X.]“ bzw. „[X.]mondo“ auch die Wiedergabe als „[X.] und [X.]“ als naheliegend anzusehen wäre, so wäre die klangliche Wiedergabe der jüngeren Marke ohne das kaufmännische „&“-Zeichen als eine der naheliegenden Aussprachemöglichkeiten in jedem Fall beim [X.] in phonetischer Hinsicht zu berücksichtigen. [X.]ei der Ähnlichkeitsprüfung von Marken in klanglicher Hinsicht sind sämtliche dem Sprachgefühl entsprechenden und wahrscheinlichen Möglichkeiten der Aussprache und [X.]etonung zu beachten (vgl. [X.]PatG, [X.]eschluss vom 09.10.2017, 29 W (pat) 517/15 – elAMARA/Esmara; [X.]eschluss vom 04.12.2015, 24 W (pat) 47/14 – [X.]/NUXE; [X.]eschluss vom 21.10.2015, 29 W (pat) 31/13 – [X.]/[X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 294 f.).

Im Rahmen des klanglichen [X.]s ist somit der älteren Marke „[X.]“ der als „[X.] [X.]“ bzw. „[X.]mondo“ ausgesprochene Wortbestandteil der jüngeren Marke gegenüberzustellen. Die [X.] sind daher in klanglicher Hinsicht hochgradig ähnlich – sofern man von einer Aussprache der jüngeren Marke in zwei Worten ausgeht – bis identisch, falls die jüngere Marke als „[X.]mondo“ ausgesprochen wird; denn die Verdoppelung des [X.]uchstabens „l“ fällt phonetisch nicht ins Gewicht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass auch die Widerspruchsmarke „[X.]“ mit einem kurzen „e“ gesprochen wird.

Der Annahme einer klanglichen Verwechslungsgefahr stehen insbesondere nicht begriffliche Unterschiede der [X.] entgegen, die ausnahmsweise vorhandene klangliche Ähnlichkeiten neutralisieren können (vgl.[X.] [X.], 413 Rn. 35 – Muelhens GmbH & Co. KG/[X.] [[X.]/SIR]; [X.] 2019, 173 Rn. 23 – combit/Commit m. w. N.; [X.], 914 Rn. 27 – [X.]/[X.]). Ebenso wenig scheidet eine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Argumentation der Markenstelle aus, dass im Modebereich für die [X.]ewertung einer verwechslungsrelevanten Markenähnlichkeit primär auf die visuelle Zeichenähnlichkeit abzustellen sei, da in diesem [X.]ereich die visuelle Wahrnehmung im Vordergrund stehe.

Zwar soll nach der Rechtsprechung des [X.] allein die klangliche Ähnlichkeit für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht ausreichen, wenn die Vergleichsmarken vom angesprochenen Verkehr nicht nur phonetisch, sondern vor allem auch visuell wahrgenommen und überwiegend auf Sicht gekauft werden (vgl. Nachweise bei [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a.a.[X.], § 9 Rn. 273). Demgegenüber wird aber zum einen von der [X.] Rechtsprechung praktisch einhellig die Auffassung vertreten, dass die Feststellung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr in einer der drei Wahrnehmungsrichtungen (klanglich, (schrift-)bildlich, begrifflich) ausreicht (vgl. [X.] 2017, 914 Rn. 27 – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 37 – [X.]; [X.], 1114 Rn. 23 – [X.]; [X.], 1009 Rn. 24 – [X.]MW-Emblem; [X.], 382 Rn. 25 – [X.]; [X.], 241, 243 – Lions; Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 268 m. w. N.).

Zum anderen gilt auch bei dem in der [X.]ekleidungsbranche häufig getätigten „Kauf auf Sicht“, dass mündliche Nachfragen im [X.]ekleidungsgeschäft oder Empfehlungen von [X.]ekannten relevant sein können, wie auch sonst einem „Kauf auf Sicht“ telefonische [X.]estellungen sowie Gespräche unter Verbrauchern vorausgehen können ([X.] 2008, 719 Rn. 36,55 – idw Informationsdienst der Wissenschaft; GRUR 2005, 326, 327 – [X.]/[X.]; [X.], 241, 244 – Lions; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 274). Zudem ist auch im Zeitalter des [X.] akustische Werbung beispielsweise im Radio weiterhin relevant. Auch bei [X.] im [X.] ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise regelmäßig eine Google-Suche unter Eingabe des Markennamens bzw. des [X.] einer Marke tätigen und keine [X.]ildersuche. [X.]ereits aus diesen Gründen kommt eine Neutralisierung der klanglichen Verwechslungsgefahr durch die graphische Ausgestaltung der angegriffenen Marke im vorliegend relevanten Waren- und Dienstleistungszusammenhang nicht in [X.]etracht.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die graphische Gestaltung der jüngeren Marke auf eine bloße Ausgestaltung des [X.] beschränkt und die angegriffene Marke kein auffälliges eigenständiges [X.]ildelement enthält. Vor diesem Hintergrund ist aufgrund der sehr hohen phonetischen Ähnlichkeit der [X.] und unter [X.]erücksichtigung durchschnittlich bis überdurchschnittlich ähnlicher Waren und Dienstleistungen sowie durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr unter klanglichen Gesichtspunkten zu bejahen.

II. Hinsichtlich der Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da [X.]illigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen [X.]eteiligten weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind. Der Antrag des unterlegenen [X.]eschwerdegegners, der [X.]eschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, war daher zurückzuweisen.

III. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da er eine solche nicht für geboten hielt (§ 69 Nr. 3 [X.]) und lediglich die [X.]eschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hilfsweise für den Fall beantragt hatte, dass ihrem im [X.]eschwerdeverfahren zuletzt gestellten Antrag nicht im schriftlichen Verfahren stattgegeben werden könne.

Meta

29 W (pat) 4/20

03.04.2020

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 125b Nr 1 MarkenG, § 125b Nr 4 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG, § 158 Abs 5 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, Art 18 EUV 2017/1001

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.04.2020, Az. 29 W (pat) 4/20 (REWIS RS 2020, 35)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 35

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