Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.06.2020, Az. 29 W (pat) 521/20

29. Senat | REWIS RS 2020, 219

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PAULTEX (Wort-Bild-Marke)/PAUL" – Einrede mangelnder Benutzung – Warenidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 003 402

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2020 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richterinnen [X.] und Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 23. April 2018 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch für die Waren der [X.] "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren; jeweils nur für die Bereiche Sport und Arbeit" zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der vorgenannten Waren wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 43 909 die Löschung der Marke 30 2014 003 402 angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke (schwarz/weiß)

Abbildung

2

ist am 20. Mai 2014 angemeldet und am 24. Juni 2014 unter der Nummer 30 2014 003 402 als Marke in das beim [X.] Patent und Markenamt ([X.]) geführte Register eingetragen worden für die Waren und Dienstleistungen der

3

Klasse 16: Büroartikel (ausgenommen Möbel);

4

[X.]: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren; jeweils nur für die Bereiche Sport und Arbeit;

5

[X.]: Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels sowie Versandhandelsdienstleistungen, auch über das [X.] in den Bereichen Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren (jeweils nur für die Bereiche Sport und Arbeit), Büroartikel; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-Commerce; Auskünfte in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte.

6

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 25. Juli 2014 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin aus ihrer am 3. September 1998 eingetragenen Wortmarke 398 43 909

7

[X.]

8

Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist für folgende Waren geschützt:

9

[X.]: Bekleidungsstücke einschließlich Bekleidungsstücke aus Leder, Lederimitationen oder aus Pelz; Sportbekleidung; Strumpfwaren, Leibwäsche, Nachtwäsche; Sportschuhe, Schuhwaren, Gürtel für Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Handschuhe, Schals.

Die oben kursiv gekennzeichneten Einschränkungen sind im Verzeichnis der angegriffenen Marke(…jeweils nur für die Bereiche Sport und Arbeit) nach [X.] als Teilverzicht gemäß § 48 [X.] durch Erklärung des Markeninhabers vom 16. Januar 2016 aufgenommen worden. Der Markeninhaber hat ferner in seinem Schriftsatz vom 16. Januar 2016 die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben; diese bezog sich – zunächst – ausdrücklich auf folgende [X.]:

"Bekleidungsstücke aus Pelz, Sportbekleidung, Strumpfwaren, Leibwäsche, Nachtwäsche, Sportschuhe, Gürtel für Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Handschuhe und Schals"

In weiteren Schriftsätzen hat der Markeninhaber sodann erklärt, dass insbesondere die nach § 43 Abs. 1 S. 2 [X.] erhobene Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten werde und zudem mehrfach deutlich gemacht, dass die Benutzung für bestimmte Waren bestritten bleibe.

Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 13. August 2015 Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung vorgelegt, u. a. eine eidesstattliche Versicherung, Werbematerialien und Fotos. Sie ist der Auffassung, dass der Markeninhaber durch seine Erklärung die Benutzung für die von der Widerspruchsmarke geschützten, allgemeinen Waren "Bekleidungsstücke, einschließlich Bekleidungsstücke aus Leder und Lederimitationen; Schuhwaren" zugestanden habe. Bereits unter Berücksichtigung der Grundsätze zur [X.] und insbesondere zur "erweiterten Minimallösung" stelle eine Benutzung der Marke für die – aus ihrer Sicht zugestandenen – "Bekleidungsstücke, einschließlich Bekleidungsstücke aus Leder und Lederimitationen; Schuhwaren" auch eine Benutzung für die mit diesen Oberbegriffen identischen "Bekleidungsstücke aus Pelz, Sportbekleidung, Strumpfwaren, Leibwäsche, Nachtwäsche, Sportschuhe" bzw. höchst ähnlichen "Gürtel für Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Handschuhe und Schals" dar. Ungeachtet dessen belegten die Unterlagen eine Benutzung für unter den Oberbegriff "Bekleidungsstücke" fallende, verschiedene Produkte, so dass von dem Oberbegriff auszugehen sei.

Mit Beschluss vom 23. April 2018 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] den Widerspruch zurückgewiesen. Auf [X.] müsse nicht eingegangen werden, weil selbst ausgehend von der [X.] eine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zwischen den Vergleichsmarken nicht festgestellt werden könne.

Im Bereich der [X.] stünden sich dabei identische und hochgradig ähnliche Vergleichswaren gegenüber. Auch die Handelsdienstleistungen stünden zu den [X.] in einem hohen Ähnlichkeitsverhältnis. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich. Die Unterschiede der beiden Vergleichsmarken träten in klanglicher, begrifflicher und visueller Hinsicht so deutlich hervor, dass dem Publikum eine sichere Abgrenzung ermöglicht werde. Der Verkehr werde zudem die angegriffene Marke als zusammengehörige Einheit betrachten und sich nicht herkunftshinweisend ausschließlich an dem Wortelement "[X.]" alleine orientieren. Auch eine [X.] aufgrund gedanklicher Verbindung sei daher zu verneinen.

Gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Zwar habe die Markenstelle zutreffend die Waren der angegriffenen Marke als identisch zu den [X.] erachtet. Zu Recht habe sie auch eine hohe Ähnlichkeit der auf diese Waren bezogenen Handelsdienstleistungen angenommen. Dies müsse auch in Bezug auf die übrigen mit diesen in engem Zusammenhang stehenden Annexdienstleistungen der [X.] gelten. Die Markenähnlichkeit habe die Markenstelle aber unzutreffend ermittelt. Die Vergleichsmarken seien begrifflich wie schriftbildlich quasi identisch aufgrund der nicht unterscheidungskräftigen weiteren Bestandteile des Smileys und des Elements "[X.]". Phonetisch bestehe hochgradige Ähnlichkeit.

Ferner hat die Beschwerdeführerin weitere Glaubhaftmachungsunterlagen eingereicht, nämlich eine weitere eidesstattliche Versicherung, Werbematerialien, Fotos und Suchergebnisse zu der Widerspruchsmarke im e-Shop der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, dass keine ernsthaften Zweifel an einer rechtserhaltenden Benutzung für die Waren "Bekleidungsstücke (im Allgemeinen), Schuhwaren sowie Accessoires hierzu" gerechtfertigt seien. Jedenfalls gestehe der Inhaber der jüngeren Marke die Benutzung der älteren Marke für die von ihm definierten "Untergruppen" formelle Kleidung, Freizeitbekleidung, Anzugschuhe und Freizeitschuhwaren ausdrücklich zu. Entgegen seiner Annahme stelle aber bereits die Benutzung für die von ihm definierten Untergruppen eine Benutzung für Bekleidung und Schuhwaren im Allgemeinen dar. Dies folge bereits daraus, dass die unbestritten benutzten Waren sowohl die Bereiche Business als auch Freizeit abdeckten. Damit liege eine Benutzung für die gesamte Bandbreite des üblichen Bedarfs an Kleidung im Alltag vor.

Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung unter Teilzurücknahme des Widerspruchs ihren ursprünglichen Antrag eingeschränkt und beantragt zuletzt,

den Beschluss des [X.] Patent- und Markenamts, Markenstelle für [X.], vom 23. April 2018 aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, als er sich gegen die Eintragung der Marke [X.] für "Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren; jeweils nur für die Bereiche Sport und Arbeit" richtet, und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 43 909 für die eben genannten Waren anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt. Auch an der mündlichen Verhandlung hat er – wie schriftsätzlich angekündigt – nicht teilgenommen.

Im Amtsverfahren hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass nicht von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für Bekleidung und Schuhwaren im Allgemeinen ausgegangen werden könne; die gegenteilige Auffassung würde die Anwendung der Maximallösung und nicht die der erweiterten Minimallösung bedeuten. Aus den [X.] sei die Benutzung der Widerspruchsmarke lediglich für Hemden, Hosen, Sakkos, Anzüge, Shirts, Pullover, Jacken, Mäntel, Krawatten, Schals und Schuhe erkennbar, wobei die Widerspruchsmarke durch Benutzung der Marke für modische Herrenbekleidung und modische Herrenschuhe im Business- und Freizeitbereich des gehobenen Preissegments geprägt sei. Für die Waren "Kopfbedeckungen" sei keine Benutzung nachgewiesen worden. Zwischen den benutzten Waren und den angegriffenen Waren bestehe im Hinblick auf den [X.] keine Identität und auch keine Ähnlichkeit mehr. Der Versuch der Widersprechenden mit dem nicht nachvollziehbaren Verweis auf andere Marken glaubhaft zu machen, dass der Verbraucher aufgrund des angenommenen fließenden Übergangs von Freizeitkleidung, Sportkleidung und Arbeitskleidung die Widersprechende auch als Anbieter von Arbeitskleidung erkenne, stehe diametral dem Anspruch der Widersprechenden gegenüber, "exklusive Designmode" anzubieten.

Zwischen den Vergleichsmarken bestehe keine visuelle [X.]. Auch eine schriftbildliche [X.] sei nicht feststellbar aufgrund der unterschiedlichen Wortlängen beider Marken, mit sieben Buchstaben bei der jüngeren und lediglich vier Buchstaben bei der älteren Marke. Soweit die Widersprechende den Schutzumfang ihrer Marke durch den Bestandteil "[X.]" bei beiden Marken beeinträchtigt sehe, wäre hierfür Voraussetzung, dass dieser Bestandteil die jüngere Marke präge, wovon vorliegend nicht auszugehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache im zuletzt verfolgten Umfang Erfolg.

Denn zwischen den Vergleichsmarken ist insoweit eine [X.] aufgrund gedanklicher Verbindung nach §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.] zu besorgen, so dass der Beschluss des [X.] entsprechend aufzuheben und gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren der [X.] "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren; jeweils nur für die Bereiche Sport und Arbeit" anzuordnen waren.

A) Im Laufe des Beschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden.

B) Die Frage, ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur [X.] [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/ [X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.] 2020, 870 – [X.]/ [X.]; [X.], 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; [X.], 283 Rn. 7 – [X.]/[X.] DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine [X.] aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens zu bejahen.

1. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat in zulässiger Weise im Schriftsatz vom 16. Januar 2016 die Nichtbenutzungseinrede erhoben, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] nur die Waren zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Gemäß § 158 Abs. 5 [X.] n. F. sind diesbezüglich die Vorschriften des § 43 Abs. 1 [X.] und § 26 [X.] ebenfalls in ihrer bis vor dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden.

a) Die Erklärungen des Markeninhabers im Zusammenhang mit der Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke sind allerdings auslegungsbedürftig. Der Markeninhaber hat undifferenziert die Einrede nach § 43 Abs. 1 [X.] erhoben, so dass sich diese auf beide nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] (a. F.) relevanten Benutzungszeiträume bezieht. Er hat ferner dabei ausdrücklich die Waren "Bekleidungsstücke aus Pelz, Sportbekleidung, Strumpfwaren, Leibwäsche, Nachtwäsche, Sportschuhe, Gürtel für Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Handschuhe und Schals" aufgeführt; im Weiteren hat er die Einrede konkret für die Waren "Sportbekleidung, Leibwäsche, Nachtwäsche, Sportschuhe, Kopfbedeckungen" aufrechterhalten.

Soweit der Markeninhaber in einem seiner Schriftsätze ausgeführt hat, dass "insbesondere die nach § 43 Abs. 1 S. 2 erhobene Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten wird", kann darin - schon wegen des Wortes "insbesondere" - nicht eine Rücknahme der Einrede nach § 43 Abs. 1 S. 1 [X.] oder gar ein Verzicht hierauf gesehen werden.

Der Auffassung der Widersprechenden, der Markeninhaber habe die rechtserhaltende Benutzung für den im Verzeichnis der Widerspruchsmarke gesondert aufgeführten Oberbegriff "Bekleidungsstücke einschließlich…" zugestanden, ist nicht zu folgen. So hat der Beschwerdegegner zwar – ausgehend von den im Register eingetragenen Waren – bei Erhebung der Nichtbenutzungseinrede die Begriffe "Bekleidungsstücke einschließlich Bekleidungsstücke aus Leder, Lederimitationen; Schuhwaren" nicht erwähnt und vermeintlich die Einrede darauf auch nicht bezogen; eine solche Auslegung würde aber dem geäußerten Willen des Markeninhabers widersprechen. Denn bejahte man die Erhebung der Einrede nur für jeweils unter einen Oberbegriff fallende, gesondert aufgeführte speziellere Begriffe, nicht aber für die Oberbegriffe (hier: Schuhwaren und Bekleidungsstücke), liefe die Einrede ins Leere. Zudem hat sich der Markeninhaber mehrfach auch eindeutig gegen eine solche Auslegung seiner Erklärung gewandt.

Für die Waren "Bekleidungsstücke aus Pelz; Strumpfwaren; Gürtel für Bekleidungsstücke; Handschuhe und Schals" hat der Markeninhaber die Einrede zwar ursprünglich erhoben, in späteren Schriftsätzen diese bei der Angabe, für welche Waren die Einrede weiter aufrechterhalten bleibe, nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Letztlich stellt der Markeninhaber die Glaubhaftmachungsunterlagen in Bezug auf die Produkte "Hemden, Hosen, Sakkos, Anzüge, Shirts, Pullover, Jacken, Mäntel, Krawatten, Schals und Schuhe" als Waren der modischen Herrenbekleidung/-schuhwaren im Business- und Freizeitbereich des gehobenen Preissegments nicht konkret in Frage. In diesem Verhalten bzw. diesen Ausführungen kann jedoch jeweils kein Fallenlassen der Einrede gesehen werden. Denn eine ausdrückliche Erklärung des Beschwerdegegners, dass er insoweit die Benutzung anerkennt, liegt nicht vor (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 43 Rn. 42).

Die Einrede ist mithin im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.

b) Die Einrede mangelnder Benutzung ist nach § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 [X.] zulässig, weil sowohl zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede am 16. Januar 2016 als auch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 25. Juli 2014 die Widerspruchsmarke bereits über fünf Jahre im Register eingetragen war (Eintragung: 3. September 1998). Damit oblag es der Widersprechenden, die wesentlichen Umstände der Benutzung ihrer Marke, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang in den jeweils maßgeblichen Benutzungszeiträumen, nämlich Juli 2009 bis Juli 2014 und Juni 2015 bis Juni 2020 darzutun und glaubhaft zu machen. Der Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist dabei der maßgebliche Fünfjahreszeitraum vor der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2020 (vgl. [X.] 2017, 1043 Rn. 13 – [X.]). Die Glaubhaftmachung ist der Beschwerdeführerin und Widersprechenden für einen Teil der [X.] für beide Zeiträume gelungen.

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. [X.] GRUR 2013, 182 Rn. 29 – [X.] Merken/[X.] [ONEL/[X.]]; [X.], 582 Rn. 70 – [X.] Corp./[X.] [[X.]]; [X.] 2008, 719 Rn. 27 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Hiervon ist auszugehen, wenn die Marke "tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist" (vgl. [X.] a. a. [X.] – [ONEL/[X.]]; [X.], 343 Rn. 74 – [X.]/[X.]). Es ist Sache der Widersprechenden, diese Umstände konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen. Die gemäß § 43 Abs. 1 [X.] erforderliche Glaubhaftmachung der Benutzung muss dabei – anders als der Vollbeweis – nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts führen. Vielmehr genügt es, wenn sich aus den vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der rechtserhaltenden Benutzung ergibt, welche die Möglichkeit des Gegenteils nicht ausschließen muss (vgl. Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 43 Rn. 54). Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle (präsenten) Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung in Betracht. Dabei können auch Unterlagen wie beispielsweise Prospekte, Rechnungen (Rechnungskopien), Preislisten, Veröffentlichungen etc. als Glaubhaftmachungsmittel geeignet sein und insbesondere der Erläuterung, Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen (Ströbele in Ströbele/ [X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 76).

c) Die Widersprechende und Beschwerdeführerin hat verschiedene Unterlagen zur Glaubhaftmachung eingereicht. In der Gesamtschau dieser Unterlagen ist davon auszugehen, dass sie die Wortmarke "[X.]" in den maßgeblichen Benutzungszeiträumen in [X.] für [X.] und Freizeitbekleidung sowie [X.] und Freizeitschuhe rechtserhaltend benutzt hat.

(1) Die eidesstattliche Versicherung vom 3. August 2015 von [X.], Mitglied der Unternehmensleitung, mit der Angabe von Mindestumsatzzahlen für [X.] deckt die Jahre 2010 bis 2015 ab. Ferner hat die Beschwerdeführerin eine eidesstattliche Versicherung vom 6. August 2019 von S…, Mitglied der Unternehmensleitung, vorgelegt, die sich auf den Benutzungszeitraum der Jahre 2015 bis 2019 bezieht. Damit sind in zeitlicher Hinsicht beide Benutzungszeiträume ausreichend erfasst.

(2) Den in den eidesstattlichen Versicherungen genannten und dort wiedergegebenen Produktbeispielen sowie den eingereichten Katalogen, Fotografien und Werbeunterlagen sind Abbildungen von Anzügen, Krawatten/Fliegen, Jacken/ Mäntel, Hemden, Schals, Sakkos, Hosen, Polo-Shirts, Jeans, Anzugschuhen und Sneakers zu entnehmen, die jeweils innenseitig und zum Teil zusätzlich auf an- oder eingenähten Etiketten sowie auf Hangtags oder auf Preisschildern funktionsgerecht mit "[X.]" gekennzeichnet sind. Es handelt sich bei diesen Waren jeweils um Business- und schicke Freizeitprodukte ausschließlich für Herren.

(3) Dass ausweislich der vorgelegten Abbildungen die Widerspruchsmarke zum Teil in leicht veränderter Form, nämlich durch die grafische Schriftzeichengestaltung des Buchstabens "A" (Weglassen des Mittelstrichs) verwendet wird, steht einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke [X.] nach § 26 Abs. 3 [X.] nicht entgegen. Denn diese geringfügige Abweichung verändert den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke nicht, die benutzte Form des Vornamens (PLUL) bleibt ohne weiteres als Wort [X.] les- und erkennbar.

(4) Aufgeschlüsselt sind die mit den genannten Produkten unter der Marke "[X.]" erzielten Inlandsumsätze ausweislich der beiden eidesstattlichen Versicherungen nach "Bekleidung" mit Mindestumsätzen pro Jahr zwischen [X.] und

 [X.] (2010: … €, 2011: … €, 2012: … €, 2013:

 … €, 2014: … €, bis Juli 2015: … €, ab August 2015:

 … €, 2016: … €, 2017: … €, 2018: … €, bis

 Mai 2019: … €), nach "Schuhwaren" mit Mindestumsätzen zwischen

 [X.] und [X.] (2013: … €, 2014: … €, 2015: …

 €, 2016: … €, 2017: … €, 2018: … €, bis Mai 2019: … €)

 und nach "Accessoires zu Bekleidung" mit Mindestumsätzen zwischen [X.]

 und etwa [X.] (2011: … €, 2012: … €, 2013: … €, 2014:

 … €, bis Juli 2015: … €, ab August 2015: … €, 2016: … €,

 2017: … €, 2018: … €, bis Mai 2019: … €). Zwar sind bezüglich

 der "Schuhwaren" und "Accessoires zu Bekleidung" keine Umsätze für das [X.] bzw. für die ersten drei maßgeblichen Jahre aufgeführt; für eine ernsthafte Benutzung ist aber keine kontinuierliche Verwendung der Marke während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums erforderlich (vgl. [X.] [X.], 343 Rn. 72 bis 74 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2013, 925 – [X.]; [X.], 616Rn. 23 – [X.]). Die genannten Umsatzzahlen sind daher für eine ernsthafte Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 1 [X.] ausreichend, zumal auch der Absatz der Produkte danach kontinuierlich über viele Jahre hinweg erfolgte.

(5)Die Waren "Anzüge, Jacken/Mäntel, Hemden, Sakkos, Hosen, Polo-Shirts, Jeans" sind unter den Oberbegriff "Bekleidungsstücke" zu subsumieren. Auch die Produkte "Krawatten, Fliegen" sind vom Oberbegriff "Bekleidungsstücke" umfasst, wobei hier die Beschwerdeführerin selbst die Untergruppe "Accessoires zu Bekleidung" gebildet hat; unter diese zählt sie dann auch die "Schals", die im Verzeichnis ihrer Marke gesondert aufgeführt sind. Die "Anzugschuhe" und "Sneakers" fallen unter den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Warenoberbegriff "Schuhwaren".

d) Auf Seiten der Widerspruchsmarke ist nach alledem eine rechtserhaltende Benutzung für die Waren Anzüge, Jacken/Mäntel, Hemden, Sakkos, Hosen, Polo-Shirts, Jeans, Krawatten, Fliegen, Schals, Anzugschuhe und Sneakers, jeweils als Business- oder schickes Freizeitprodukt für die maßgeblichen Benutzungszeiträume glaubhaft gemacht. Diese können nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] (a. F.) daher bei der Entscheidung über den Widerspruch berücksichtigt werden.

Nicht glaubhaft gemacht ist dagegen eine Benutzung für die gesondert im Verzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Waren "Sportbekleidung; Strumpfwaren, Leibwäsche, Nachtwäsche; Sportschuhe, Gürtel für Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Handschuhe"; von einer entsprechenden Glaubhaftmachung geht selbst die Beschwerdeführerin nicht aus. Allerdings ist sie der Auffassung, im Rahmen der [X.] müssten über den Weg der sog. "erweiterten Minimallösung" die Oberbegriffe "Schuhwaren" und "Bekleidungsstücke" zugrunde gelegt werden, so dass die vorgenannten Waren, letztlich doch mitumfasst seien. Dem kann nicht gefolgt werden.

(1) Der [X.] hat kürzlich deutlich gemacht, dass die für das Löschungsverfahren im Interesse der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Markeninhabers entwickelte Rechtsprechung zur Einschränkung von Oberbegriffen nicht für das Markenkollisionsverfahren gilt (vgl. [X.] 2020, 870 Rn. 34 – [X.]/[X.]). Ist die (Widerspruchs)Marke für einen (weiten) Warenoberbegriff eingetragen, ist sie deshalb auch im Widerspruchsverfahren so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren registriert (vgl. insoweit schon [X.] 2012, 64 Rn. 10 - Maalox/[X.], m. w. N.). Allerdings ist damit – worauf der [X.] ausdrücklich hinweist – nicht gemeint, dass der Schutz der Marke lediglich für das konkret vertriebene Einzelprodukt mit sämtlichen individuellen Eigenschaften besteht. Der Schutz erstreckt sich danach vielmehr auf gleichartige Waren. Ob Waren gleichartig sind, ist aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung festzustellen ([X.], a. a. [X.] Rn. 36 – [X.]/[X.]).

(2) Die im Zusammenhang mit dieser Entscheidung aufgeworfenen Fragen, ob und inwieweit der Begriff der "gleichartigen Waren" enger zu verstehen ist als der Begriff "zum gleichen Warenbereich" gehörende Waren und ob die neue Rechtsprechung des [X.] faktisch – lediglich mit anderer Begründung und Formulierung – eine Anwendung oder ggf. nur eine Annäherung an die vom [X.] im Widerspruchsverfahren praktizierte "erweiterte Minimallösung" darstellt, bedürfen indes vorliegend keiner abschließenden Beurteilung. Denn selbst wenn man im Rahmen der [X.] zugunsten des Beschwerdegegners eine sehr eingeschränkte Untergruppe bildet und die engen Warenbegriffe "[X.] und Freizeitbekleidung" sowie "[X.] und Freizeitschuhe" nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] der Widerspruchsentscheidung zugrunde legt, ist von einem Erfolg der Beschwerde auszugehen.

2. Die zuletzt noch angegriffenen Waren der [X.] sind teilweise identisch und teilweise liegen sie im hohen Ähnlichkeitsbereich zu den als benutzt anzusehenden [X.].

Eine Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese bei Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der [X.] wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. [X.] [X.], 582 Rn. 85 – [X.] Corp./[X.] [[X.]]; [X.] 2018, 79 Rn. 11 – [X.]/[X.]; [X.], 378 Rn. 38 – [X.]; [X.], 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer [X.] wegen des Abstands der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. [X.] 2018, 79 Rn. 11 – [X.]/ [X.]; [X.], 378 Rn. 38 – [X.]; [X.], 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst Wissenschaft).

Nach diesen Grundsätzen können sich die [X.] im Zusammenhang mit identischen und überdurchschnittlich ähnlichen Waren begegnen.

Da es sich bei Bekleidung für den Bereich Arbeit beispielsweise auch um [X.] oder –hemden für den Geschäftsmann handeln kann, ist zwischen den Waren "Bekleidung, nur für die Bereiche Sport und Arbeit", für die die jüngere Marke Schutz genießt, und den [X.] "[X.]" Identität gegeben. Hochgradig ähnlich sind wegen der fließenden Übergänge zwischen beiden Bereichen die Waren der angegriffenen Marke "Bekleidung, nur für die Bereiche Sport und Arbeit" zu den [X.] "Herren-Freizeitkleidung". Entsprechendes gilt für die "Schuhwaren, nur für die Bereiche Sport und Arbeit" der jüngeren Marke und den Waren der Widerspruchsmarke "Herren- Business- und Freitzeitschuhe". Bei den weiter angegriffenen Waren "Kopfbedeckungen, nur für die Bereiche Sport und Arbeit" kann es sich beispielsweise jeweils um Basecaps oder schicke Mützen handeln, die mittlerweile sowohl in der Freizeit wie auch in der Geschäfts- bzw. Arbeitswelt getragen werden. Auch insoweit liegt hohe Ähnlichkeit zu den [X.] "Herren-Business und Freizeitbekleidung" vor; zudem werden diese Produkte in der Modebranche regelmäßig von denselben Herstellern angeboten, oftmals auch farblich etc. aufeinander abgestimmt.

3. Die Widerspruchsmarke "[X.]" verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. [X.] 2013, 833 Rn. 55 – Culinaria/[X.]). Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung oder Steigerung der Kennzeichnungskraft sind vorliegend weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

4. Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Marken auf ihre Ähnlichkeit ist zwar eine unmittelbare [X.] im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] 1 [X.] nicht zu bejahen. Es liegen jedoch besondere Umstände vor, die den hier angesprochenen Verkehr dazu veranlassen, trotz der erkannten Unterschiede der Marken diese jeweils demselben Inhaber zuzuordnen, so dass die Gefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. 2 [X.] besteht, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.] GRUR 2013, 922 Rn. 35 – [X.]/Asda; [X.], 933 – [X.]; [X.] 2013, 833, 837 Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.], 635Rn. 23 – [X.]/ [X.]). Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042Rn. 28 f. – [X.] LIFE; [X.] a. a. [X.] Rn. 37 – [X.]/[X.]; [X.], 64 Rn. 14 – Maalox/ [X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt ([X.] a. a. [X.] Rn. 30 - [X.] LIFE; [X.] a. a. [X.] - Culinaria/[X.]). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann [X.] zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ([X.] a. a. [X.] Rn. 31 – [X.] LIFE; [X.] 2009, 772, 776 Rn. 57 – [X.] Puppenkiste).

Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] GRUR Int. 2010, 129 Rn. 60 – [X.]/[X.]]; [X.] 2016, 382 Rn. 37 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] GRUR 2007, 700 Rn. 35 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.] 2017, 1104 Rn. 27 – [X.]/[X.]).

a) Eine unmittelbare [X.] ist nicht zu besorgen.

Die Vergleichsmarken

Abbildung[X.]

in ihrer Gesamtheit unterscheiden sich klanglich, schriftbildlich und begrifflich – trotz des übereinstimmenden Vornamens - deutlich durch die grafische Gestaltung der jüngeren Marke und den dort in dem Wortbestandteil zusätzlichen enthaltenen Wortteil "[X.]". Dieser findet in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung und führt daher begrifflich aus dem Ähnlichkeitsbereich heraus. Zudem ist diese Endsilbe mit dem [X.] "x" klanglich und optisch sehr prägnant.

Eine unmittelbare [X.] kommt daher nur in Betracht, wenn die in der angegriffenen Marke enthaltene Buchstabenfolge "[X.]" eine kollisionsbegründende Stellung einnimmt, indem sie eine die Gesamtmarke prägende Funktion aufweist, und demzufolge die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen.

(1) Bei der jüngeren Marke handelt es sich um eine Wort-/Bildmarke mit dem Wortbestandteil "[X.][X.]". Insgesamt entsteht durch das Schriftbild, insbesondere durch die Einbindung in das schwarze Rechteck, eine Klammerwirkung, wodurch eine einheitliche Marke vermittelt wird. Zudem wird der vorangestellte angedeutete "Smiley" in das visuelle Erinnerungsbild mit aufgenommen. Dies wirkt jeweils einer schriftbildlichen Prägung der angegriffenen Marke nur durch "[X.]" klar entgegen. In schriftbildlicher Hinsicht sind die Marken daher weit unterdurchschnittlich ähnlich.

(2) Bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke ist von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.], [X.], 378 Rn. 39 - [X.]). Zudem ist für den phonetischen [X.] maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie die Marke in ihrer registrierten Form vor sich haben. Die klangliche Wiedergabe kann dabei auch durch die grafische Gestaltung der Marke beeinflusst werden ([X.] in Ströbele/[X.]/ Thiering, a. a. [X.], 12. Auflage, § 9 Rn. 295).

Ausgehend hiervon wird die jüngere Marke in klanglicher Hinsicht nicht nur durch den durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Markenteil "[X.]", sondern durch den einheitlichen Wortbestandteil "[X.][X.]" geprägt. Es steht zwar außer Frage, dass es sich bei "-[X.]" jedenfalls um ein sehr kennzeichnungsschwaches, vielfach verwendetes Element mit deutlich beschreibenden Anklängen an (besondere) "Textilien/Textil" bzw. sogar um eine schutzunfähige Angabe (vgl. hierzu zuletzt eingehend [X.], Beschluss vom 27.07.2020, 26 W (pat) 552/17 – [X.]) handelt, was für eine Prägung sprechen könnte. Die Grundsätze der Prägung können auch ausnahmsweise auf einteilige Zeichen angewendet werden, wenn der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen (vgl. [X.] 2013, 631 Rn. 33 – [X.]/Marulablu; [X.], 905, Rn. 26 – [X.]; [X.], 909, Rn. 27 – [X.]). Schließlich enthält "[X.][X.]" keine gesamtbegriffliche Aussage, die einer Prägung allein durch den Vornamen "[X.]" entgegenstehen würde.

Allerdings wirkt die konkrete grafische Ausgestaltung vorliegend einer Benennung der angegriffenen Marke und dadurch einer Prägung nur durch den Vornamen "[X.]" entgegen. Denn auch kennzeichnungsschwache oder sogar schutzunfähige Bestandteile können zum Gesamteindruck beitragen, was hier durch die konkrete Gesamtgestaltung – wie dargestellt – nahe gelegt wird. Es handelt sich bei der jüngeren Marke um ein im Hinblick auf die Grafik erkennbar einheitliches Zeichen, bei dem der Verkehr keine Veranlassung hat, das Wort "[X.]" bei der Benennung wegzulassen.

Stehen sich demnach für den klanglichen Markenvergleich "[X.]tex" und "[X.]" gegenüber, so wird das Publikum die Zeichen nicht füreinander halten, vielmehr wird es die Unterschiede der Marken erkennen. Zwar stimmen die Vergleichsmarken am erfahrungsgemäß stärker beachteten Wortbeginn in "[X.]" überein. In klanglicher Hinsicht ergibt sich aber eine andere Silbenzahl, eine andere Vokalfolge sowie ein anderer Sprech- und Betonungsrhythmus; die Schlusssilbe "tex" – ausgesprochen "teks" – ist zudem sehr klangstark. Die Unterschiede werden nicht überhört.

Klanglich sind die Marken daher nur in so einem geringen Grad ähnlich, dass in der notwendigen Gesamtbetrachtung eine unmittelbare [X.] nicht anzunehmen ist.

b) Im zuletzt verfolgten Umfang des Widerspruchs ist allerdings von einer [X.] aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.] auszugehen.

Durch die grafische Gestaltung der jüngeren Marke wird lediglich eine unmittelbare [X.] ausgeschlossen, weil die jüngere Marke dem Verkehr sowohl bei der visuellen wie auch bei der klanglichen Wahrnehmung stets nur mit dem in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen Bestandteil "[X.]" zusammen begegnet, was wiederum darauf beruht, dass sie aus den vorgenannten Gründen auch bei ihrer Benennung nicht allein auf "[X.]" verkürzt wird. Nicht ausgeschlossen ist dadurch aber, dass der hier angesprochene Endverbraucher die beiden Marken irrtümlich dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet, denn der Bestandteil "[X.]" in der jüngeren Marke tritt klanglich ausnahmsweise mit selbständig kennzeichnender Wirkung hervor.

Hierfür spricht zunächst, dass die durchschnittlich kennzeichnungskräftige Widerspruchsmarke in die jüngere Marke übernommen und dort mit einer kennzeichnungsschwachen bzw. schutzunfähigen Endung verbunden ist. Angesichts der harten, kurzen Aussprache der Endung "Tex" setzt sie sich zudem vom vorangehenden Teil "[X.]" deutlich ab und verschmilzt nicht mit ihm zu einer einheitlichen [X.] und auch nicht zu einer gesamtbegrifflichen Einheit. Dies allein reicht zwar nicht zur Bejahung einer selbstständig kennzeichnenden Stellung.

Als besonderer Umstand kommt jedoch die im vorliegenden Produktbereich branchenspezifische Besonderheit hinzu, dass vielfach auf spezielle Produktlinien mit wasserabweisenden Tex-Materialien bzw. -Membranen durch die Angabe "[X.]/ Tex" (vgl. z. B. "Rieker-Tex", "Norrona-Tex Jacke", "Salamander [X.]-Boots", "[X.]", "[X.]") hingewiesen wird.

Tritt im Zusammenhang mit identischen und hochgradig ähnlichen Waren der hier klanglich mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Bestandteil in der jüngeren Marke aber deutlich wahrnehmbar hervor, während der weitere Bestandteil "[X.]" bei der akustischen Wiedergabe als üblicher Zusatz für eine spezielle Produktlinie wahrgenommen wird, kann die Gefahr einer irrtümlichen gedanklichen Zuordnung zum Inhaber der älteren Marke "[X.]" nicht ausgeschlossen werden.

Die Beschwerde hat daher Erfolg.

C) Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 [X.] besteht keine Veranlassung.

Meta

29 W (pat) 521/20

24.06.2020

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 158 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.06.2020, Az. 29 W (pat) 521/20 (REWIS RS 2020, 219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 219

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