Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.11.2021, Az. 29 W (pat) 13/20

29. Senat | REWIS RS 2021, 932

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "BABO/BOBO" – zur Glaubhaftmachung der Benutzung - Warenidentität, Warenähnlichkeit - klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 22. November 2021 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richterinnen [X.] und Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die angegriffene Wortmarke 30 2013 062 348

2

[X.]

3

ist am 6. Dezember 2013 angemeldet und am 19. März 2014 in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister unter anderem für die Waren der

4

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen

5

eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 17. April 2014.

6

Gegen die Eintragung hat die Beschwerdegegnerin beschränkt gegen die vorgenannten Waren der Klasse 25 Widerspruch eingelegt aus ihrer am 5. November 1989 eingetragenen Wortmarke 1 149 084

7

[X.]

8

Diese genießt Schutz für die Waren der

9

Klasse 25: Kinder- und Babybekleidungsstücke, insbesondere Strumpfwaren, Mützen, Schals und Schuhe.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 hat die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Daraufhin hat die Widersprechende mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2014 verschiedene Glaubhaftmachungsunterlagen eingereicht, unter anderem eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden [X.] vom 15. Dezember 2014 sowie Rechnungen und Produktabbildungen.

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2016 hat die Erstprüferin den Widerspruch zurückgewiesen, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe, dass sie die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutze. Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Erinnerung eingelegt und zudem weitere Glaubhaftmachungsunterlagen eingereicht.

Mit Beschluss vom 11. April 2018 hat die Erinnerungsprüferin den [X.] aufgehoben und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang angeordnet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Erinnerung zulässig sei und diese auch in der Sache Erfolg habe. Bei der Prüfung der [X.] könnten die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren zugrunde gelegt werden, weil die Widersprechende deren rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht habe. Es liege [X.] vor. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei für die Waren der Klasse 25 durchschnittlich. Den bei dieser Ausgangslage erforderlichen überdurchschnittlichen Abstand hielten die Wortmarken „[X.]“ und „[X.]“ nicht ein. Die Vergleichsmarken seien in ihrer klanglichen und visuellen Gesamtheit verwechslungsrelevant ähnlich. Klanglich stimmten sie in ihrer [X.], ihrer zweiten Silbe „[X.]“ und ihrem ersten Buchstaben „B“ sowie der Alliteration „[X.]“ identisch überein. Die einzige Abweichung im Vokal „a“ gegenüber dem Vokal „o“ in der ersten Silbe falle demgegenüber klanglich kaum ins Gewicht, weil beides dunkel klingende Vokale seien und sich ihr Unterschied kaum auf das klangliche Gesamtgepräge auswirke. Mithin seien sie klanglich überdurchschnittlich ähnlich. Eine solche Ähnlichkeit liege auch in visueller Hinsicht vor, denn auch optisch wirke sich der Unterschied im ersten Vokal jedenfalls bei einer vom Schutzumfang einer Wortmarke umfassten Kleinschreibung ([X.] und [X.]) kaum aus, zumal er zwischen den beiden diese umgebenden markanteren „b´s“ liege. Diese visuelle und klangliche überdurchschnittliche Ähnlichkeit werde auch nicht dadurch vermindert, dass die jüngere Marke „[X.]“ als Bezeichnung für „[X.]ss, Anführer, Chef“ in der [X.] Jugendsprache einen potenziell ähnlichkeitsmindernden Sinngehalt verkörpere. Dies setze nämlich einerseits positiv voraus, dass der Sinngehalt einem erheblichen Teil des Verkehrs bekannt und verständlich sei, und erfordere andererseits negativ, dass der Verkehr sich nicht schlicht verhöre, weil dann auch keine (abweichende) Bedeutung zu Bewusstsein kommen und Verwechslungen hindern könne. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Daher liege eine [X.] vor.

Hiergegen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt.

Zunächst hat sie gerügt, dass ihr im Erinnerungsverfahren weder die Erinnerungsbegründung noch etwaige weitere Schriftsätze der Widersprechenden zugesandt worden waren; sie hat daher vor Erstellung einer Beschwerdebegründung die Zusendung dieser Aktenteile des [X.] erbeten. Diese wurden ihr mit gerichtlichem Schreiben vom 31. Januar 2020 übermittelt.

In ihrer daraufhin eingereichten Beschwerdebegründung vom 29. Juni 2020 hat die Markeninhaberin ihre Einrede der Nichtbenutzung ausdrücklich aufrechterhalten. Den im Erst- und Erinnerungsverfahren von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sei zu entnehmen, dass ein Benutzungsnachweis lediglich für die Waren „Mützen“ und „Krabbelsöckchen“ erbracht worden sei. Den Schluss auf eine weitergehende Benutzung in Verbindung etwa mit Strumpfwaren, Schals und Schuhen ließen die eingereichten Unterlagen nicht zu. Die in der eidesstattlichen Versicherung enthaltene Aussage „die Widerspruchsmarke sei für Kinder- und Babybekleidungsstücke, insbesondere Strumpfwaren, Mützen, Schals und Schuhe in der [X.] markenmäßig auf den Waren selbst sowie in der Werbung für die Waren benutzt worden“ stelle eine bloße Rechtsmeinung dar und reiche für eine Glaubhaftmachung nicht aus. Im Übrigen lasse sich eine markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke auch nicht aus den vorgelegten Rechnungen erkennen.

Schließlich fehle es an einer [X.]. Dies gelte vorliegend ungeachtet der klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeit, die nicht in Abrede gestellt werde. Bei der Widerspruchsmarke handle es sich allerdings erkennbar um einen Namen, der von den angesprochenen Verkehrskreisen etwa mit der Haupt- und Titelfigur der Kinderbildreihe „[X.] Siebenschläfer“ in Verbindung gebracht werde. Die angegriffene Marke habe dagegen über ihre mögliche Funktion als Name eine überragende sinnhafte Bekanntheit erlangt, seitdem sie zum Jugendwort des Jahres 2013 gewählt worden sei. Entgegen der in der Erinnerungsentscheidung vertretenen Ansicht sei der eindeutige Sinngehalt des Begriffs „[X.]“ in seiner Bedeutung „[X.]ss, Anführer, Chef“ auch einem erheblichen Teil des Verkehrs bekannt. Vor diesem Hintergrund würden die visuellen und klanglichen Ähnlichkeiten neutralisiert, wie es das [X.] zwischen den Zeichen „[X.]“ und „[X.]“ oder das [X.] in Bezug auf die Zeichen „[X.]“ und „[X.]“ angenommen habe.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für Klasse 25 des [X.]s vom 11. April 2018 aufzuheben und die Erinnerung zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Erinnerungsbeschluss sei zutreffend festgestellt worden, dass der Widersprechenden der Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke gelungen sei. Auch die Beschwerdeführerin erkenne zumindest an, dass Benutzungsnachweise für die Warengruppen „Mützen“ und „Krabbelsöckchen“ erbracht worden seien. Für die Warengruppen „Strumpfwaren, Schals und Schuhe“ werde dies zwar bestritten, es bleibe jedoch offen, nach welcher Kategorisierung der Waren die Beschwerdeführerin bei der Beurteilung der vorgelegten [X.] vorgehe. Denn „Söckchen“ seien ohne Zweifel „Strumpfwaren“. Die [X.] belegten, dass die ältere Marke für die Waren „Kinder- und Babybekleidungsstücke“ benutzt worden sei. Die Benutzung der Widerspruchsmarke erfolge dabei als Wortmarke oder in stilisierten Buchstaben stets in direkter Verbindung mit den Waren. Die eingereichten Abbildungen zeigten Strümpfe, Strumpfhosen, Schuhe, Babyschuhe, Gummistiefel, Schals, Halstücher, Handschuhe etc., die Etiketten und Produktanhänger mit der Widerspruchsmarke trügen. Ein Anbringen der Marke mittels Produktanhängern (sog. [X.]), Etiketten oder Einnähern sei für Bekleidungsstücke und Schuhwaren typisch. Insofern komme es auch gar nicht darauf an, ob die Widersprechende die Marke „[X.]“ in den Rechnungen aufführe. Dies sei für eine rechtserhaltende Benutzung jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn das wichtigste Benutzungskriterium erfüllt sei, nämlich die Benutzung der Marke auf oder in Verbindung mit dem Produkt selbst. Die Vorlage von Rechnungen stütze die Angaben in der eidesstattlichen Erklärung, da damit hinreichend nachgewiesen werde, dass tatsächlich Verkäufe von Artikeln mit der Marke „[X.]“ an Kunden in [X.] getätigt worden seien.

Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdegegnerin in Ergänzung zu den bereits eingereichten [X.] weitere Unterlagen vorgelegt, nämlich sowohl eine Kopie einer eidesstattlichen Erklärung vom 6. Januar 2020, die der Geschäftsführer der Widersprechenden [X.] im Rahmen eines laufenden Widerspruchsverfahrens vor dem [X.] abgegeben hat, als auch eine eidesstattliche Erklärung des [X.] vom 13. Juli 2020 im Original, die sich auf den Benutzungszeitraum von Januar 2017 bis Mai 2020 bezieht. Die dort aufgeführten Umsätze würden durch die weiter eingereichten Beispielrechnungen aus dem Zeitraum Januar 2018 bis Mai 2020 bestätigt.

Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, dass die Markenstelle zutreffend das Vorliegen einer [X.] angenommen habe. Denn es bestehe [X.]. Zudem seien sich die zu vergleichenden Zeichen „[X.]“ und „[X.]“ schriftbildlich und klanglich in höchstem Grade ähnlich. In vielen gängigen Schriftarten sei ein Unterschied zwischen den beiden Buchstaben „a“ und „o“ nur schwer zu erkennen. Was mögliche Abweichungen in der Bedeutung der [X.] betreffe, so sei festzustellen, dass die von der Beschwerdeführerin zitierte Rechtsprechung zu den Fällen [X.]./.[X.] und [X.] auf die vorliegende Fallkonstellation keine Anwendung finde. Eine potenziell ähnlichkeitsmindernde Bedeutung der beiden [X.] setze nämlich einen für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres erkennbaren und sich aufdrängenden Sinngehalt voraus. Dass das Wort „[X.]“ vor sieben Jahren Jugendwort des Jahres gewesen sei, sage aber nichts darüber aus, ob die angesprochenen Verkehrskreise - dies seien Käufergruppen für Bekleidung jeder Altersstufe, also auch und vor allem Erwachsene und Senioren - das Wort „[X.]“ mit der Bedeutung „[X.]ss, Anführer, Chef“ tatsächlich kennen würden. Gleiches gelte für die Widerspruchsmarke. Eine spontane und zielsichere Assoziation mit der Kinderbuchfigur „[X.] Siebenschläfer“ sei eine reine Mutmaßung und Unterstellung der Markeninhaberin, die es erforderlich machen würde, dass die Kinderbuchreihe aus den 80er Jahren beim überwiegenden Teil des Verkehrs bekannt sei und eine Verknüpfung der Bärenfigur aus dem Kinderbuch mit einer Bekleidungsmarke hergestellt werde, was aus Sicht der Widersprechenden völlig abwegig sei.

Die Beschwerdeführerin hat sich zu dem Schriftsatz der Beschwerdegegnerin, den damit zusammen eingereichten [X.] sowie zu einem Verfahrenshinweis des Senats vom 6. August 2021 nicht geäußert.Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Erinnerungsprüferin hat in ihrem Beschluss vom 11. April 2018 zu Recht die durch die Widersprechende eingelegte Erinnerung als zulässig und begründet erachtet und unter Aufhebung des [X.]es die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] angeordnet. Denn zwischen den Vergleichsmarken besteht insoweit die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

A) Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] n. F.) weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung (im Folgenden „[X.]“) anzuwenden.

B) Die Frage, ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. [X.] [X.], 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.] Rn. 24 – [X.]; [X.], 870 Rn. 25 – [X.]/[X.]; [X.], 1202 Rn. 19 – [X.]/[X.]OFOOD; [X.] 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP).Darüber hinaus können für die Beurteilung der [X.] weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware oder Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Nach den vorgenannten Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine [X.] zu besorgen.

1.Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Amtsverfahren in ihrem Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 in zulässiger Weise die Einrede der Nichtbenutzung erhoben, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] nur die Waren für den Warenähnlichkeitsvergleich zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Gemäß § 158 Abs. 5 [X.] n. F. sind diesbezüglich die Vorschriften des § 43 Abs. 1 [X.] und § 26 [X.] ebenfalls in ihrer bis vor dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden.

a) Die undifferenziert erhobene und sich daher auf beide nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] relevanten Benutzungszeiträume beziehende Einrede ist auch hinsichtlich beider Benutzungszeiträume zulässig. Denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 17. April 2014 und damit auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede am 9. Oktober 2014 war die Widerspruchsmarke bereits über fünf Jahre im Register eingetragen (Eintragung: 3. November 1989). Damit oblag es der Widersprechenden, die wesentlichen Umstände der Benutzung der Marke nach § 26 [X.] insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang sowohl für den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] relevanten Zeitraum Mitte April 2009 bis Mitte April 2014 als auch für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] maßgeblichen Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der heutigen Entscheidung über den Widerspruch, mithin November 2016 bis November 2021, darzutun und glaubhaft zu machen.

b) Dem ist die Widersprechende nachgekommen. Sie hat diverse Unterlagen ergänzt durch eidesstattliche Versicherungen eingereicht, die sich auf die Benutzung der Widerspruchsmarke für spezielle Waren im Bereich Babybekleidung, Baby-Kopfbedeckungen und Baby- bzw. Kinderschuhe beziehen. Damit hat sie für beide Zeiträume eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Produkte glaubhaft gemacht, die unter die [X.] fallen, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist.

aa) Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. [X.] [X.] 2013, 182 Rn. 29 – [X.] Merken/[X.] [ONEL/[X.]]; [X.], 582 Rn. 70 – [X.] Corp./[X.] [[X.]]; [X.], 719 Rn. 27 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Hiervon ist auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist“ (vgl. [X.] a. a. [X.] – [ONEL/[X.]]; [X.], 343 Rn. 74 – [X.]/[X.]). Es ist Sache der Widersprechenden, diese Umstände konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen. Die gemäß § 43 Abs. 1 [X.] a. F. erforderliche Glaubhaftmachung der Benutzung muss dabei – anders als der Vollbeweis – nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts führen. Vielmehr genügt es, wenn sich aus den vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der rechtserhaltenden Benutzung ergibt, welche die Möglichkeit des Gegenteils nicht ausschließen muss (vgl. Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 43 Rn. 60). Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle (präsenten) Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung in Betracht. Dabei können auch Unterlagen wie beispielsweise Prospekte, Rechnungen (Rechnungskopien), Preislisten, Veröffentlichungen etc. als Glaubhaftmachungsmittel geeignet sein und insbesondere der Erläuterung, Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen (Ströbele in Ströbele/ [X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 80).

bb) Bereits im Amtsverfahren hat die Widersprechende folgende Unterlagen eingereicht:

Anlage A: eidesstattliche Versicherung vom 15.12.2014 mit Umsatz- und Stückzahlenangaben für 2013 und 2014 (bis 4.11.2014) des Geschäftsführers der Widersprechenden, Herr K…, mit Bezugnahme auf

Anlage 1 = Produkt-Übersichtsliste der verkauften Stückzahlen und Umsatzzahlen der Jahre 2013 und 2014,

Anlage 2 = Rechnungen aus den Jahren 2009 bis 2014,

Anlage 3 = Abbildungen, die zeigen, wie die mit der Marke [X.] versehenen Waren in der Auslage beim Kunden präsentiert werden,

Anlage 4 = Abbildung eines Vorschlags für die Bestückung eines Verkaufsregals mit [X.]-Produkten,

Anlage 5 = - Abbildungen von Produktanhängern und Etiketten, die mit den Waren der Widerspruchsmarke benutzt wurden

sowie

Anlage 6 = Internetauszug der Testzeitschrift ÖKO-TEST zu einem Test aus dem Jahr 2011,

Anlage 7 = zwei weitere exemplarische Rechnungen aus dem [X.],

Anlage 8 = Fotografien des [X.] vom 19.03.2016 und 09.03.2017.

Die Widersprechende hat zudem im Beschwerdeverfahren ergänzend folgende Unterlagen vorgelegt:

Anlage WSL 9 = Kopie einer eidesstattlichen Versicherung vom 6. Januar 2020 aus einem Verfahren vor dem [X.] des Geschäftsführers Herrn
K.…,

Anlage WSL 10 = Original einer eidesstattlichen Versicherung vom 13. Juli 2020 des Geschäftsführers [X.] K… mit Bezugnahme auf die Anlagen 11 und 12:

Anlage WSL 11 = Rechnungen für den Zeitraum 01.01.2018 bis 30.05.2020,

Anlage WSL 12 = Fotografien von Produkten.

(1) Aus den eingereichten eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers der Widersprechenden geht hervor, dass die Inhaberin der Widerspruchsmarke diese mindestens seit dem [X.] zur Kennzeichnung von Waren verwendet hat. Dass die eidesstattliche Versicherung des Herrn K… vom 6. Januar 2020 zur Vorlage ans [X.] bestimmt war und hier nur in Kopie eingereicht wurde, ist im Übrigen unproblematisch, denn die weiteren Erklärungen des Herrn K… liegen im Original vor. Die Kopie der Versicherung an Eides Statt erlangt insoweit lediglich ergänzend Bedeutung im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Unterlagen (vgl. Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 84).

Abbildung

(2) In den vorgenannten Erklärungen wird eine Benutzung der Widerspruchsmarke in [X.] versichert, was auch durch die beigefügten Rechnungen untermauert wird.

(3)Die eingereichten Produktabbildungen zeigen, dass die Widerspruchsmarke funktionsgerecht benutzt wurde. Die Kennzeichnung findet sich unmittelbar im Zusammenhang mit den Produkten auf [X.] bzw. Etiketten oder auf Einnähern.

(4) Den Unterlagen ist eine Benutzung der Wortmarke „[X.]“ meist mit grafischen Elementen wie folgt zu entnehmen:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 [X.] nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. [X.], 1043 Rn. 23 – [X.]; [X.] 2013, 725 Rn. 13 – [X.]). Wird eine Wortmarke dergestalt benutzt, dass das Wortzeichen grafisch oder farblich gestaltet wird oder bildliche Elemente hinzugefügt werden, ist zu prüfen, ob diese weiteren Elemente einen Bezug zur Funktion der Marke als Herkunftshinweis haben oder lediglich allgemeine Sachangaben oder werbliche Hervorhebungsmittel sind (BGH [X.] 2014, 662 Rn. 18 – Probiotik).

Danach ist die grafische Ausgestaltung des Markenworts „[X.]“ in der zuerst wiedergegebenen Abbildung – nämlich dem eingenähten Etikett in der Babymütze - als unschädlich zu erachten. Der kennzeichnende Charakter der Wortmarke wird durch die Verwendung von blauen Kleinbuchstaben auf einem blauen, wellenförmigen Unterstrich nicht verändert, da diese nur als dekorative Hervorhebungsmittel der Namensmarke [X.]/[X.] verstanden werden.

Dies gilt allerdings nicht ohne weiteres für die grafische Ausgestaltung zusammen mit einem Bären auf den gelben bzw. orangefarbenen Etiketten/[X.]. Das [X.] und die Wortmarke sind hier nicht nur lose aneinandergereiht, sondern vermitteln durch das zusammenfassende Element der roten Ellipse, in der sich die Angabe „[X.]“ (sowie darunter deutlich kleiner die Angabe „[X.]“) befindet und auf der ein Bär sitzt, eine Einheit. Zwar steht weder die Tatsache, dass dass diese abgewandelte Benutzungsform ebenfalls als Marke für die Widersprechende eingetragen ist, noch der Umstand, dass die Kombination von Wort- und Bildelementen hier eine gewisse Emblemwirkung entstehen lässt, der Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke gemäß § 26 Abs. 3 [X.] entgegen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering a. a. [X.], § 26 Rn. 202 und 259). Allerdings ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, dass das Hinzufügen des Bildes den Aussagegehalt der Widerspruchsmarke beeinflusst, nämlich von irgendeinem Namen hin zu einer Bärenfigur namens [X.]. Der Verkehr hat durchaus Veranlassung, die gesamte Darstellung als einheitliches Zeichen aufzufassen, so dass eine Änderung des kennzeichnenden Charakters naheliegen mag.

Diese Frage kann letztlich als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, weil auf der Rückseite der gelben Etiketten bzw. auf zusätzlichen Produktinformationsschildern zumindest bei den Waren „Mützen“ und „Stoppersocken“ zusätzlich entweder die Angabe „[X.] – der Kinderfreund“ oder die Angabe „[X.]“ angebracht ist, wie die folgenden Abbildungen zeigen:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Diese abweichenden Benutzungsformen der Widerspruchsmarke sind unschädlich. Die verkehrsübliche Kleinschreibung - „[X.]“ - berührt nicht die Identität der Marke „[X.]“, so dass sich die Frage einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters schon nicht stellt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering a. a. [X.], § 26 Rn. 178). Auch die Hinzufügung der Wortelemente „- der Kinderfreund“, die als bloße werbemäßige Aussage aufgefasst wird, steht der Anerkennung der rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen.

(5) Die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers K… vom 15. Dezember 2014 weist für die Waren „Kinder- und Babybekleidungsstücke, insbesondere Strumpfwaren, Mützen, Schals und Schuhe“ [X.] sowie Mindest-Stückzahlen für das [X.] und das [X.] (bis Oktober) aus, nämlich für das [X.] mindestens … Stück und mindestens … [X.] sowie für das [X.] mindestens … Stück und mindestens … [X.].

Zwar kann der Erklärung selbst eine Aufschlüsselung nach Waren nicht entnommen werden. Allerdings nimmt die eidesstattliche Versicherung Bezug auf Anlage 1, die die Stückzahlen nach konkreten Waren aufschlüsselt, nämlich nach „Strickmützen, Schirmmützen, Hüte, Kopftücher, Stirnbänder“, nach „Fingerhandschuhe, Fausthandschuhe, Schals, Stoppersocken“ und nach „Babyschuhen“. Zudem ist den in Bezug genommenen Rechnungen die Artikelnummer, die [X.] und auch eine Beschreibung der Ware zu entnehmen.Zweifel an einer ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke bestehen insofern daher nicht.

Die weitere eidesstattliche Versicherung des [X.] vom 13. Juli 2020 weist für die Waren „Kinder- und Babybekleidungsstücke, insbesondere Strumpfwaren, Mützen, Schals und Schuhe“ wiederum zunächst ohne Aufschlüsselung nach einzelnen Produkten [X.] für die [X.], 2018, 2019 und 2020 (bis Mai) aus, nämlich 2017 mindestens … [X.], 2018 mindestens … [X.], 2019 mindestens … [X.] und 01-05/2020 mindestens … [X.]. In dieser Erklärung findet sich zudem eine Übersicht von verkauften konkret benannten Artikeln/Stückzahlen für die genannten Jahre. Ergänzend hierzu sind nochmals für die Jahre 2018 und 2019 Stück- und Umsatzzahlen nach einzelnen Produkten aufgeführt.

(6)Die Angaben zu Umsatz und Verkaufszahlen umfassen einen kleineren Teil des nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] relevanten Zeitraums – nämlich 1 Jahr und 4 Monate - sowie einen großen Teil des nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] relevanten Zeitraums – nämlich 3,5 Jahre. Dass jeweils nicht die ganzen fünf Jahre erfasst sind, steht der Annahme einer ernsthaften Benutzung nicht entgegen, weil keine kontinuierliche Verwendung der Marke während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums erforderlich ist (vgl. [X.] [X.], 343 Rn. 72 bis 74 – [X.]/[X.] [[X.]]; BGH [X.] 2013, 925 Rn. 40 – [X.]). Die angegebenen Umsätze und abgesetzten Stückzahlen müssen daher weder den gesamten fünfjährigen Benutzungszeitraum abdecken noch das letzte Jahr betreffen, sofern der fragliche Einsatz der Marke noch als ernsthafte Benutzung zu bewerten ist (vgl. Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 85 und § 26 Rn. 95 ff.). Hieran bestehen wegen der Kontinuität der Benutzung und der Höhe der Umsätze bzw. der Absatzzahlen keinerlei Zweifel.

Die ausgewiesenen Zahlen belegen eine wirtschaftlich sinnvolle und damit ernsthafte Inlandsbenutzung der Widerspruchsmarke.

(7) Aus den oben genannten Unterlagen geht eine Benutzung der Widerspruchsmarke für verschiedene Baby- und Kinderprodukte hervor, die unter die [X.] fallen, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist.

Grundsätzlich können nur die Waren berücksichtigt werden, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Schutz der Marke lediglich für das konkret vertriebene Einzelprodukt mit sämtlichen individuellen Eigenschaften besteht. Der Schutz erstreckt sich vielmehr auf zum gleichen Warenbereich gehörende Waren, die in ihren Eigenschaften und ihrer Zweckbestimmung weitgehend übereinstimmen, was aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung festzustellen ist (BGH [X.], 870 Rn. 36 - [X.]/[X.]).

Letztlich kann aber die Frage dahingestellt bleiben, ob danach der Oberbegriff „Kinder- und Babybekleidungsstücke“ oder jeweils nur ein etwas eingeschränkterer Begriff wie beispielsweise „Babykopfbedeckung“ oder „Baby-Krabbelschuhe“/“Kinder-Gummistiefel“ zugrunde gelegt werden kann, oder ob wegen der Bedenken hinsichtlich der Benutzungsform Abbildung

2. Denn selbst wenn man für den [X.] auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Produkte „Babymützen“ und „Baby/Kinder-Stoppersocken“ berücksichtigt, stehen sich gleichwohl teils identische und teils zumindest mittelgradig ähnliche Waren gegenüber. Denn die angegriffene Marke beansprucht die weiten [X.] „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“, die die vorgenannten Widerspruchswaren umfassen. Die „Schuhwaren“ der angegriffenen Marke sind zu diesen Widerspruchswaren uneingeschränkt ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 19. Aufl., Seite 292 linke und mittlere Spalte mit zahlreichen Nachweisen).

3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“ ist durchschnittlich.

Der Begriff [X.] hat unterschiedlichste Bedeutungen. In erster Linie ist es ein in [X.] nicht allzu oft vorkommender männlicher Vorname [X.] Herkunft (vgl. Stichwort „[X.]“ unter [X.]; [X.]; [X.]). Im [X.] Sprachgebrauch wird „[X.]“ – als Kunstwort aus [X.]urgeois und [X.]hemien - zur Bezeichnung eines Angehörigen einer modernen [jungen] bürgerlich-alternativ lebenden städtischen Gesellschaftsschicht und im [X.] Theater als Bezeichnung für einen Narr bzw. Spaßmacher verwendet. In der [X.] (mundartlichen) Kindersprache bezeichnet „[X.]“ dagegen eine kleine Verletzung, ein Wehwehchen (vgl. [X.] unter www.duden.de). Daneben ist „[X.]“ aber u. a. auch der Name eines friesischen Herrschers des 8. Jahrhunderts und steht sowohl für verschiedene Orte in [X.] als auch für zwei verschiedene Völker in [X.] und [X.].Ferner wird er vor allem häufiger als Name für Comicfiguren verwendet. (vgl. [X.] Online Enzyklopädie).

Weder als geografische Angabe noch als Zielgruppenhinweis kommt [X.] ernsthaft in Betracht. Auch eine in Bezug auf die hier in Rede stehenden Waren sonstige beschreibende Bedeutung oder ein beschreibender Anklang, der zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft führen würde, ist nicht erkennbar.

4. Die hier relevanten Vergleichswaren richten sich an die allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere den Handel sowie den durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, dessen Aufmerksamkeit beim Erwerb der Waren der Klasse 25 durchschnittlich bzw. bei höherwertigen und teureren Produkten – entsprechende Sortimente werden auch für Kinder und Babys angeboten - etwas erhöht ist (vgl. [X.], Beschluss vom 03.04.2020, 29 W (pat) 4/20 - Bell&Mondo/BELMONDO).

5. Die Vergleichsmarken [X.] und [X.] sind sich klanglich und schriftbildlich überdurchschnittlich ähnlich.

Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] [X.] Int. 2010, 129 Rn. 60 – [X.][X.]]; BGH [X.] 2016, 382 Rn. 37 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] [X.] 2007, 700 Rn. 35 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.], 1104 Rn. 27 – [X.]/Medico Apotheke).

a) Dass sich die Vergleichsmarken [X.] und [X.] im Schriftbild und im Klangbild sehr ähnlich sind, stellt die Beschwerdeführerin nicht in Abrede. Auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen in dem Erinnerungsbeschluss vom 11. April 2018 wird daher insoweit verwiesen.

b)Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin werden die schriftbildlichen und akustischen Übereinstimmungen beider Marken nicht durch begriffliche Abweichungen reduziert bzw. „neutralisiert“.

Die angegriffene Marke [X.] hat in der Jugendsprache die Bedeutung „[X.]ss, Anführer, Chef“ und ist das Jugendwort des Jahres 2013. Zudem handelt es sich aber auch um einen männlichen Vornamen und vereinzelt auch Nachnamen (vgl. hierzu Stichwort [X.] unter [X.]; [X.]; [X.]).

Bei der Widerspruchsmarke [X.] steht zweifellos die Bedeutung als Vorname im Vordergrund. Die Auffassung der Markeninhaberin, dass die Widerspruchsmarke sofort und ohne, dass es eines weiteren Denkvorgangs bedürfte, mit der Kinderbuchfigur „[X.] Siebenschläfer“ – bei dem es sich im Übrigen, wie der Name schon sagt, um einen Siebenschläfer, nicht aber um einen Bären handelt - assoziiert wird, teilt der Senat nicht; hierfür gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Die zusätzliche Bedeutung von „[X.]“ als „Chef, [X.]ss, Anführer“ mag zwar bei genauer Betrachtung der [X.] etwas zur Unterscheidung beitragen. Zu berücksichtigen ist aber zum einen, dass es sich bei beiden Marken um Namen handelt und die umgangssprachliche Bedeutung von [X.] nicht in einem Maße gängig ist, dass sie sich ohne weiteres aufdrängt. Denn viele der zur Wahl zum Jugendwort des Jahres stehenden Wörter sind, wie es sich für Jugendsprache ja auch gehört, der breiten Öffentlichkeit oft kein Begriff. Viele [X.] mögen zudem kurzzeitig etwas bekannter sein, verschwinden häufig aber auch wieder aus dem Sprachgebrauch (der Jugendlichen). Zum anderen bieten begriffliche Abweichungen keine Unterscheidungshilfe, wenn die angesprochenen Verkehrskreise sich – wie hier – angesichts der fast vollständig übereinstimmenden [X.] bzw. angesichts der großen Übereinstimmungen im Klangbild der beiden Markenwörter ohne weiteres verlesen oder verhören können, so dass ihnen begriffliche Unterschiede bzw. ein begrifflicher Anklang einer Marke überhaupt nicht zum Bewusstsein kommen (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 308ff und 316).

Die möglichen Bedeutungsunterschiede der [X.] sind daher nicht derart ausgeprägt – zumal beide Namenscharakter aufweisen –, als dass sie die [X.] bei der Unterscheidung der Zeichen aus dem Erinnerungsbild heraus ausschließen könnten. Dies unterscheidet den Streitfall von den beiden von der Markeninhaberin aufgeführten Entscheidungen zu „MESSI./.[X.]“ (EuG [X.]Prax 2018, 257, bestätigt durch [X.] [X.]/18 P) und [X.]./.[X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 04.12.2017, 25 W (pat) 2/17). Denn trotz der orthografisch leicht abgewandelten Schreibweise weisen die geläufigen [X.] Wörter „Kiefer“ und „Käfer“ jeweils einen ausgeprägten unterunterschiedlichen Begriffsgehalt auf, der auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erkannt und erfasst wird, ohne dass es eines weiteren Denkvorgangs bedarf. Auch der Hinweis der Markeninhaberin auf die Entscheidung zu den Vergleichsmarken „[X.]“ und „[X.]“ ist unbehelflich. Denn bei „[X.]“ handelt es sich um den weltberühmten Namen eines Fußballers. Von einer derartigen Bekanntheit des Begriffs bzw. der Begriffe „[X.]“ und „[X.]“ ist vorliegend nicht auszugehen.

6. In der Gesamtabwägung aller für die Frage der [X.] maßgeblichen Faktoren begründet die überdurchschnittliche Markenähnlichkeit in Anbetracht der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bei identischen und mittelgradig ähnlichen Waren und selbst bei leicht erhöhter Aufmerksamkeit der Verbraucher die Gefahr von klanglichen und schriftbildlichen Verwechslungen, so dass die angegriffene Marke nach § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] im beantragten Umfang löschungsreif ist.

Die Beschwerde der Markeninhaberin hat daher keinen Erfolg.

C) Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 [X.] besteht kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 13/20

22.11.2021

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 43 Abs 2 S 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 158 Abs 3 MarkenG, § 158 Abs 5 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.11.2021, Az. 29 W (pat) 13/20 (REWIS RS 2021, 932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 932

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