Bundessozialgericht, Urteil vom 30.11.2017, Az. B 3 KR 11/16 R

3. Senat | REWIS RS 2017, 1459

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Krankenversicherung - häusliche Krankenpflege - Service-Wohnen in einer Seniorenresidenz - freie Wählbarkeit von Pflege- und Unterstützungsleistungen - "geeigneter Ort" iSd § 37 Abs 2 S 1 SGB 5 - Anwendung der Kostenfreistellungsregelungen des § 37 Abs 4 SGB 5 und § 13 Abs 3 S 1 SGB 5 nebeneinander - Doppelzuständigkeit von Krankenkasse und Pflegekasse bei Leistungen der Behandlungssicherungspflege - hier: rund um die Uhr (24-Stunden Intensiv-Krankenpflege) durch ambulanten Pflegedienst)


Leitsatz

Das so genannte Service-Wohnen eines Schwerstpflegebedürftigen in einer Seniorenresidenz bei freier Wählbarkeit von Pflege- und Unterstützungsleistungen kann allgemein ein geeigneter Ort zur häuslichen Krankenpflege sein.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. November 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] steht ein Anspruch auf Freistellung von Kosten für häusliche Krankenpflege.

2

Die Klägerin ist die Tochter des am 6.10.2012 verstorbenen Versicherten, der bei der beklagten Krankenkasse versichert war. Sie war auch seine Betreuerin für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung. Der Versicherte erlitt am 22.6.2012 einen akuten Hinterwandinfarkt mit bleibendem Hirnschaden und apallischem Syndrom. Zunächst wurde er bei fortdauernder maschineller Beatmungsnotwendigkeit und künstlicher Ernährung in einer Klinik in [X.] stationär behandelt. Eine anschließende Rückkehr in den zuvor mit seiner Ehefrau gemeinsam bewohnten Haushalt in [X.] war nicht möglich. Am [X.] wurde für den Versicherten unter Vorlage der ärztlichen Verordnung vom 15.8.2012 ein Antrag auf Gewährung häuslicher Krankenpflege ("24h-Intensiv/Krankenpflege") ab [X.] gestellt. Weitere ärztliche Verordnungen für eine "[X.]" (mit Beatmung, Absaugen, Vitalparameterkontrolle, Monitorisierung und Tracheostomaversorgung) folgten für die [X.] bis 30.12.2012.

3

Die Klägerin schloss für den Versicherten zum [X.] mit der S. GmbH [X.] (seit Juli 2013 firmierend als [X.]) einen [X.] auf unbestimmte [X.] über [X.] in einem Zwei-Zimmer-Appartement mit Nutzung von Gemeinschaftsräumen (Küche und Bad) in der Seniorenresidenz in [X.] Der Versicherte lebte dort nach seiner Entlassung aus der Klinik in [X.] ab 4.9.2012 in [X.], wo er bis zum Tag seines Ablebens am 6.10.2012 rund um die Uhr (24 Stunden) von dem [X.] versorgt wurde; die Gesellschaftsanteile dieser GmbH hielt zu [X.] die [X.] Ein am [X.] durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) vor Ort erstelltes [X.] Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Versicherte bereits ab August 2012 in die [X.] (aF) einzustufen sei.

4

Die Beklagte lehnte den Antrag auf häusliche Krankenpflege ab, weil der Versicherte keinen eigenen Haushalt iS von § 37 Abs 2 [X.]B V habe. Es liege vielmehr eine heimähnliche stationäre Versorgung vor (Bescheid vom 31.8.2012). Der Widerspruch, mit dem die Klägerin einwandte, dass die Pflegesituation dem Wunsch ihres [X.] entspreche, auf keinen Fall in ein Pflegeheim zu müssen, und dass die neue Wohnung seine "Häuslichkeit" sei, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6.12.2012).

5

Die I.-Ambulant GmbH stellte der Beklagten für erbrachte Pflegeleistungen im [X.]raum vom 4.9.2012 bis zum 6.10.2012 insgesamt 20 910,59 Euro in Rechnung. Das [X.] hat die auf Freistellung von den Kosten in dieser Höhe gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 13.11.2014). Auf die Berufung der Klägerin hat das L[X.] das Urteil des [X.] und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat die Beklagte verurteilt, die Erben des Versicherten von den Kosten der häuslichen Krankenpflege in voller Höhe freizustellen, weil der Versicherte einen entsprechenden Sachleistungsanspruch gehabt habe. Die Klägerin sei berechtigt, den Anspruch für die Erbengemeinschaft geltend zu machen. Der Leistungsanspruch bestehe nach § 37 Abs 2 S 1 [X.]B V iVm der Richtlinie des [X.] ([X.]) über die Verordnung häuslicher Krankenpflege in der vertragsärztlichen Versorgung ([X.]). Die erforderliche häusliche Krankenpflege sei an einem geeigneten Ort iS dieser Vorschriften erbracht worden. Einschränkungen des Aufenthaltsorts ergäben sich - abgesehen von der hier vorliegenden Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse - lediglich aus § 1 Abs 6 [X.], dh für die [X.] des Aufenthalts in Einrichtungen, wenn dort Anspruch auf Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe. Die Seniorenresidenz sei weder ein "verdecktes Pflegeheim" noch eine stationäre Pflegeeinrichtung iS von § 71 Abs 2 [X.]B XI. Die von der Klägerin als Betreuerin gewählte Wohnform des sog [X.] widerspreche insbesondere nicht dem Landesrecht (Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe <[X.]> des [X.] vom 22.12.2009, GVBl 399). Der Versicherte, der in einem abgeschlossenen Wohnraum versorgt worden sei, habe Unterstützungsleistungen, wie die Vermittlung von Dienst- oder Pflegeleistungen, Hausmeisterdienst oder Notrufeinrichtungen, anbieterfrei wählen können. Wohnformen mit lediglich allgemeinen Unterstützungsleistungen ([X.]) unterlägen nicht dem Geltungsbereich des Landesgesetzes (Urteil vom 19.11.2015).

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]G). Das L[X.] habe § 37 Abs 2 S 1 [X.]B V iVm § 1 Abs 2 [X.] sowie die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung (§§ 133, 157, § 242 BGB) im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal "sonst an einem geeigneten Ort" unzutreffend ausgelegt. Der Klägerin stehe daher kein Kostenfreistellungsanspruch zu. Dem Berufungsurteil fehlten notwendige Abgrenzungen zur stationären Unterbringung. Mit der Änderung von § 37 Abs 2 S 1 [X.]B V (idF des GKV-W[X.] zum [X.]) habe der Gesetzgeber keine schrankenlose Erweiterung der "geeigneten Orte" bezweckt. Jedenfalls scheide ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege aus, wenn eine stationäre Unterbringung des Versicherten erforderlich sei. Das L[X.] habe auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass eine Konstruktion zur Umgehung der rechtlichen Anforderungen an eine stationäre Pflegeeinrichtung gewählt worden sei. Dadurch habe es an der freien Wählbarkeit eines Leistungserbringers für die häusliche Krankenpflege gefehlt. Das "[X.]" sei nicht aus medizinisch-pflegerischen Gründen, sondern wegen der Erbringung der ambulanten häuslichen Krankenpflege durch den mit dem [X.] gesellschaftsrechtlich verwobenen ambulanten Pflegedienst erfolgt. Das L[X.] sei unzutreffend von der fehlenden Anwendbarkeit von § 3 [X.] ausgegangen; denn die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Vermieterin des Wohnraums und dem ambulanten Pflegedienst hätten dem Versicherten keine Wahlfreiheit im Hinblick auf den Leistungserbringer ermöglicht. Das "[X.]" sei faktisch eine stationäre Pflegeeinrichtung ohne erforderliche Zulassung. Das L[X.] habe die Umstände dazu näher aufklären müssen. Hilfsweise beruft sich die Beklagte auf die zwischenzeitlich eingetretene Verjährung der Forderung, von der die Klägerin Freistellung verlangt.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 19. November 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 13. November 2014 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der beklagten [X.]rankenkasse ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 [X.] [X.]G).

Der [X.] kann mangels ausreichender - und von der [X.] teilweise auch zutreffend gerügter - Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen, ob und inwieweit die [X.]lägerin als [X.] - zudem ehemalige Betreuerin - ihres [X.] (dem Versicherten) zu Gunsten der Erbengemeinschaft mit Erfolg einen [X.]ostenerstattungs- bzw Freistellungsanspruch wegen der Versorgung des Versicherten mit häuslicher [X.]rankenpflege geltend machen kann. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

1. Die [X.]lägerin ist im Rechtsstreit aktivlegitimiert. Sie ist als gemeinschaftliche Erbin des verstorbenen Versicherten seine Rechtsnachfolgerin geworden. Die [X.]lägerin bzw die Miterben waren nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) keine Sonderrechtsnachfolger iS von § 56 [X.]. Der mögliche [X.]ostenerstattungs- bzw Freistellungsanspruch könnte daher nach den Vorschriften des [X.] (§ 1922 Abs 1, § 2039) auf die [X.]lägerin bzw die Miterben übergegangen sein (§§ 58, 59 [X.], vgl dazu [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.] ff).

2. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten [X.] scheidet von vornherein § 6 Abs 6 der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher [X.]rankenpflege aus ([X.] vom 17.9.2009, [X.] vom [X.] bzw vom 21.10.2010, [X.] vom 14.1.2011, 339), der Versicherte von den [X.]osten der [X.]rankenpflege zumindest in einem gewissen Umfang freistellen kann. Nach dieser Vorschrift hat die [X.]rankenkasse zwar bis zur Entscheidung über die Genehmigung die [X.]osten für die vertragsärztlich verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Abs 2 [X.] zu tragen, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der [X.]rankenkasse vorgelegt wird (vgl dazu näher [X.], 119 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] ff; [X.]-2500 § 37 [X.] Rd[X.] ff). Nach den insoweit unangegriffenen bindenden Feststelllungen des [X.] hatte der Pflegedienst bis zum [X.]punkt der Ablehnungsentscheidung (31.8.2012) hier aber noch keine Leistungen der häuslichen [X.]rankenpflege erbracht.

3. Der [X.] kann auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob § 37 Abs 4 [X.] (dazu im Folgenden unter a) oder § 13 Abs 3 [X.] (dazu unter b) als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten [X.] in Betracht kommen. Diese Anspruchsgrundlagen können nebeneinander zur Anwendung kommen, da sie unterschiedliche [X.]onstellationen betreffen. Beide setzen jedoch einen [X.] auf häusliche [X.]rankenpflege nach § 37 Abs 1 bis 3 [X.] voraus, dessen Vorliegen der [X.] ebenfalls mangels hinreichender Feststellungen des [X.] nicht beurteilen kann (dazu 4. bis 9.).

a) Nach § 37 Abs 4 [X.] (idF des [X.] vom 20.12.1988, [X.]l I 2477) sind den Versicherten die [X.]osten für [X.] in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die [X.]rankenkasse [X.] für die häusliche [X.]rankenpflege stellen kann (Alt 1) oder Grund besteht, davon abzusehen (Alt 2). Die Norm setzt voraus, dass der Versicherte zunächst einen Antrag auf Gewährung der Sachleistung an die [X.]rankenkasse gerichtet hat. Ist eine der vorgenannten Alternativen erfüllt, wandelt sich der die häusliche [X.]rankenpflege betreffende [X.] in einen [X.]ostenerstattungsanspruch um (vgl nur [X.], 73, 75 = [X.] 2200 § 185 [X.]. Die Norm erfasst Fälle, in denen die [X.]rankenkasse die Sachleistung nicht erbringen kann, weil sie zB nach der ersten Alternative über keine ausreichende Anzahl von geeigneten Pflegekräften verfügt, oder wenn nach der zweiten Alternative der Versicherte zB in seiner Person liegende Gründe aufweist, aufgrund derer nur eine spezielle Pflegekraft in Betracht kommt, die auch nicht vertraglich gegenüber der [X.]rankenkasse gebunden sein muss (vgl B[X.] [X.]O, vgl auch [X.] in [X.]/Voelzke, [X.], 3. Aufl 2016, § 37 Rd[X.] 77). Ob ein [X.] der [X.]lägerin aufgrund des am [X.] unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung vom 15.8.2012 gestellten Antrags auf häusliche [X.]rankenpflege nach § 37 Abs 4 [X.] in Betracht kommt, haben weder die Beklagte noch die Vorinstanzen geprüft. Dies wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen sein.

b) Daneben kommt ein [X.] nach § 13 Abs 3 [X.] (idF des [X.], [X.]l I 1046) in Betracht. Danach wandelt sich der [X.] in einen [X.]ostenerstattungs- bzw [X.] um, wenn eine "unaufschie[X.]are Leistung" nicht rechtzeitig von der [X.]rankenkasse erbracht werden konnte, dh wenn ein Fall vorliegt, der es dem Versicherten unmöglich macht, den mit der Antragstellung beginnenden regelmäßigen Beschaffungsweg zu beschreiten (Alt 1, dazu [X.]) oder wenn die [X.]rankenkasse einen Antrag des Versicherten auf Gewährung der Sachleistung häusliche [X.]rankenpflege "zu Unrecht abgelehnt" hat (Alt 2, dazu [X.]) und dem Versicherten dadurch [X.]osten entstanden sind, weil er sich - hier - gezwungen sah, sich eine [X.]rankenpflegeperson selbst zu beschaffen.

[X.]) Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 1 [X.] scheidet nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des [X.] aus, weil kein Fall der Unaufschie[X.]arkeit vorlag. Für den Versicherten wurden Leistungen bei der [X.] am [X.] beantragt, die die Beklagte schon am 31.8.2012 abgelehnt hatte, bevor der ambulante Pflegedienst ab 4.9.2012 die streitigen häuslichen [X.]rankenpflegeleistungen erbrachte.

[X.]) Ob ein Anwendungsfall von § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 [X.] vorliegt, kann der [X.] nicht abschließend beurteilen. Über den ausdrücklich geregelten Anwendungsbereich des [X.] hinaus ist § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 [X.] zwar auch auf Fälle der [X.]ostenfreistellung anzuwenden (stRspr, vgl zB [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.] mwN). Ein Anspruch besteht aber nur dann, wenn zwischen der rechtswidrigen Ablehnung der Sachleistung durch die [X.]rankenkasse und dem [X.]ostennachteil des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zB [X.], 161 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]; [X.], 26 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]). An einem solchen [X.]ausalzusammenhang fehlt es, wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der [X.]rankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der [X.]rankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hatte und fest entschlossen war, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die [X.]rankenkasse den Antrag ablehnen sollte (stRspr, vgl nur [X.], 289 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 35; [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.]). Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, wann die [X.]lägerin als seinerzeitige Betreuerin des Versicherten den ambulanten Pflegedienst verbindlich mit der Leistungserbringung beauftragt hatte und ob sie auf diesen konkreten Leistungserbringer von vornherein festgelegt war. [X.] wäre insofern bereits ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer. Denn die [X.]rankenkasse muss zunächst die rein faktische Möglichkeit haben, sich mit dem Leistungsbegehren zu befassen, es zu prüfen und ggf Behandlungsalternativen aufzuzeigen, bevor eine Selbstbeschaffung mit [X.]ostenerstattungsanspruch in Betracht kommt (vgl zum Ganzen näher [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.] 22; [X.], 26 = [X.]-2500 § 13 [X.]; vgl ferner jüngst [X.] vom 11.5.2017 - B 3 [X.]R 30/15 R - [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.] 46 f <[X.]opforthese>, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; vgl auch [X.]sbeschluss vom [X.] [X.]R 7/17 B - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

Da der [X.] nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 [X.] nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch reicht, setzt er voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die [X.]rankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (stRspr, vgl [X.] 79, 125, 126 f = [X.] 3-2500 § 13 [X.] f; [X.] 97, 190 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.]; [X.] 100, 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]; [X.], 137 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.] 15).

4. Der [X.] kann - auf der Grundlage der von der [X.] verfahrensrechtlich einwandfrei und teilweise auch inhaltlich zu Recht mit der Verfahrensrüge der mangelnden Sachaufklärung (§ 103 [X.]G) angegriffenen Feststellungen des [X.] - nicht beurteilen, ob der Versicherte in der streitigen [X.] nach den Umständen Anspruch auf [X.]ostenerstattung bzw -freistellung für eine grundsätzlich dem Leistungsrecht der gesetzlichen [X.]rankenversicherung unterfallende ambulante Leistung der häuslichen [X.]rankenpflege nach § 37 [X.] hatte. Es bedarf insoweit insbesondere unter Berücksichtigung der nachfolgend unter a) und b) dargestellten Regelungen weiterer Ermittlungen dazu, ob der Versicherte in der streitigen [X.] an einem "sonstigen geeigneten Ort" versorgt worden ist.

a) Nach § 27 Abs 1 [X.] (idF des Gesetzes vom [X.], [X.]I I 1601) haben Versicherte (nur) Anspruch auf [X.]rankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine [X.]rankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder [X.]rankheitsbeschwerden zu lindern. Die [X.]rankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 [X.] [X.] 4 [X.] ua häusliche [X.]rankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 [X.] (hier idF des bis 31.12.2016 geltenden und im Falle der [X.]lägerin noch einschlägigen [X.] <[X.]> - vom 26.3.2007, [X.]l I 378 - aF) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und [X.]indergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche [X.]rankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist ([X.]); der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 [X.] zu berücksichtigen ist. Die Satzung kann nach § 37 Abs 2 S 4 [X.] (idF des [X.], [X.]O) bestimmen, dass die [X.]rankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege als häusliche [X.]rankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann nach § 37 Abs 2 S 5 [X.] (idF des [X.]) dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bestimmen. Nach § 37 Abs 2 S 6 [X.] (idF des [X.]) sind Leistungen nach § 37 Abs 2 S 4 und S 5 [X.] nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit iS des [X.] nicht zulässig. Nach § 37 Abs 6 [X.] (idF des [X.]) legt der [X.] in Richtlinien nach § 92 [X.] fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach § 37 Abs 1 und 2 [X.] noch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

b) Der [X.] hat in Umsetzung seiner gesetzlichen Verpflichtung in der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher [X.]rankenpflege ([X.] vom 17.9.2009, [X.] vom [X.] bzw vom 21.10.2010, [X.] vom 14.1.2011, 339) unter § 1 Abs 2 [X.] [X.] nähere Festlegungen vorgenommen und Folgendes bestimmt:

        

"Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich die oder der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen

        

-       

die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und

        

-       

für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf die hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),

        

wenn die Leistung aus [X.] Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Orte iS des [X.] können insbesondere Schulen, [X.]indergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein (……)."

5. Ausgehend davon bedarf es vor allem Ermittlungen zu der Frage, ob dem Versicherten häusliche [X.]rankenpflege an einem "sonstigen geeigneten Ort" zuteil wurde.

Der [X.] hat in seiner Rechtsprechung (vor allem [X.] 118, 122 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 16 ff) bereits mehrmals die Regelung des § 37 Abs 2 [X.] aF (idF des [X.]) ausgelegt, durch die eine "vorsichtige Erweiterung" des Haushaltsbegriffs in dieser Norm vorgenommen worden ist (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung <[X.]>, BT-Drucks 16/3100 [X.] Zu Nummer 22 <§ 37> Zu den Buchstaben a und c). Danach enthält diese Norm keine gesetzliche Definition des "geeigneten Ortes". Die Vorschrift zählt lediglich beispielhaft eine Anzahl nicht abschließend genannter "geeigneter Orte" auf, an denen häusliche [X.]rankenpflege möglich ist mit Rücksicht auf das gesetzliche Anliegen, neue Wohnformen in Wohngemeinschaften oder betreutes Wohnen zu fördern. Der [X.] hat die Vorschrift dahingehend ausgelegt, dass dem Gesetzestext nicht (mehr) eine Beschränkung derart zu entnehmen ist, dass häusliche [X.]rankenpflege etwa nur dann beansprucht werden kann, wenn noch ein Mindestmaß an eigener Haushaltsführung "oder ein Leben in der Familie" vorliegt und wenn weitere Leistungen ggf ambulant in Anspruch genommen werden können. Vor diesem Hintergrund hat der [X.] selbst stationäre Einrichtungen als sonstige geeignete Orte im Sinne der häuslichen [X.]rankenpflege in Betracht gezogen, in denen sich der Versicherte auf unabsehbare [X.] aufhält und betreut wird, ohne anderswo zu leben oder zu wohnen. Der [X.] hat dazu aufgezeigt, dass die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit ambulanten Betreuungshilfen hin zu einer stationären Einrichtung fließend sein können, und längst nicht alle Formen des betreuten [X.] eine größere Nähe zur eigenständigen Haushaltsführung aufweisen als eine herkömmliche stationäre Einrichtung. Auf die dadurch bedingte Schwierigkeit einer eindeutigen Zuordnung einer Einrichtung entweder als stationäres Heim oder als ambulantes Angebot mit Betreuungshilfen hat der [X.] unter Berücksichtigung der fortschreitenden Entwicklung neuer Wohnformen hingewiesen.

Im Ergebnis hat der [X.] den Anspruch auf [X.] unter Berücksichtigung des aufgezeigten gesetzlichen und gesetzeskonformen untergesetzlichen Regelwerks - mangels einer ausdrücklichen Definition des Tatbestandsmerkmals "geeigneter Ort" - dahin konkretisiert, dass der Anspruch zunächst an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus [X.] Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich (1.) aus der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse und (2.) für die [X.] des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht (wie zB in [X.]rankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen). Ob ein solcher Anspruch besteht, muss die [X.]rankenkasse im Einzelfall prüfen (vgl zum Ganzen: [X.] 118, 122 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 16 ff; [X.] vom 25.2.2015 - B 3 [X.]R 10/14 R - Juris Rd[X.] 16 ff; Urteil vom [X.] [X.]R 16/14 R - Juris Rd[X.] ff, NZ[X.]015, 617; vgl auch [X.]sbeschluss vom 16.3.2017 - B 3 [X.]R 43/16 B - Juris). Daran hält der [X.] fest.

6. Die vorstehend dargestellten Maßstäbe gelten auch für neue Wohnformen, wie das sog "[X.]", mit dem üblicherweise verschiedene Möglichkeiten des organisierten [X.] umschrieben werden. Hierzu zählen Wohnformen kombiniert mit Serviceleistungen, die entweder vor Ort (innerhalb des Wohnprojekts) bereitgestellt oder die durch externe Dienste erbracht werden. Neben einem [X.]auf- oder Mietvertrag schließen die Bewohner ergänzende Betreuungs- bzw Service-Verträge ab (vgl [X.], in Igl/[X.] , Schriftenreihe Sozialrecht und Sozialpolitik in [X.], [X.], "Betreutes Wohnen" in Abgrenzung zum [X.], [X.], 2008, zugleich Diss, [X.] 2008, [X.]2).

Der [X.] kann offen lassen, welche Art des [X.] im Falle des Versicherten konkret vorlag bzw ob es sich überhaupt um eine Art des so definierten "Service-[X.]" handelte. Denn Maßstab für die Beurteilung des geeigneten [X.] im Rahmen der häuslichen [X.]rankenpflege ist nicht die bloße Bezeichnung einer (neuen) Wohnform, sondern allein, ob die gewählte Wohnform der Sache nach inhaltlich ein (sonstiger) geeigneter Ort iS von § 37 Abs 2 [X.] unter Beachtung der og gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben ist. Dies lässt sich nur unter Berücksichtigung aller tatsächlicher Umstände des [X.] und der damit verbundenen Pflege- und Betreuungssituation im Einzelfall beurteilen. Ausgehend davon scheidet das Vorliegen eines allgemein "geeigneten Ortes" nach der bereits vorliegenden Rechtsprechung des [X.]s - und auch unter Berücksichtigung des [X.]vorbringens - hier nicht von vornherein aus.

a) Das [X.] hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die [X.] als Vermieterin vertraglich nicht verpflichtet war, für den Versicherten Leistungen der [X.] zu erbringen. Entgegen der Ansicht der [X.] bestand hierzu auch keine gesetzliche Verpflichtung, auch nicht wegen Unterbringung in einer "faktischen Pflegeeinrichtung" (zur ähnlichen Wohnsituation wie hier vgl [X.] Baden-Württemberg Urteil vom [X.] [X.]R 3010/14 - Juris, [X.] 2016, 112). Nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] befand sich der Versicherte während der maßgeblichen [X.] dauerhaft in [X.] in der Seniorenresidenz; eine Einrichtung, die keine zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung iS von §§ 71, 72 [X.] war. Eine Wohn- bzw Pflegemöglichkeit in der zuvor mit seiner Ehefrau bewohnten Wohnung bestand nicht mehr. Die Unterbringung in dem neu angemieteten Wohnraum war mithin die einzige "Häuslichkeit" für den Versicherten. Eine häusliche 24-Stunden [X.] war aufgrund ärztlicher Verordnung medizinisch erforderlich und eine stationäre [X.]rankenhausbehandlung war nicht mehr notwendig. Der mit der [X.] geschlossene [X.] enthielt außer der Wohnraumüberlassung auf unbestimmte Dauer keine darüber hinausgehende Leistungspflicht der Vermieterin. Insbesondere enthielt der Vertrag keine Verpflichtung zur exklusiv an einen bestimmten Leistungserbringer gebundenen Inanspruchnahme weiterer "Service"-Leistungen, die die Vermieterin als Betreiberin der Seniorenresidenz im Rahmen des [X.] in ihrer Werbung in der Residenz optional anbot.

b) Dem steht auch nicht die [X.]srechtsprechung entgegen, dass keine häusliche [X.]rankenpflege im Rechtssinne des [X.] vorliegt, wenn ein schwer behindertes [X.]leinkind getrennt von Eltern und Geschwistern in einer durch den Pflegedienst eigens dafür angemieteten Wohnung außerhalb des [X.] rund um die Uhr von dem Pflegedienst nicht nur gepflegt, sondern rundum versorgt und betreut wird. Die Erweiterung von § 37 Abs 2 [X.] (idF des [X.], [X.]O) um die Wendung "sonst an einem geeigneten Ort" lag dieser Rechtsprechung des [X.]s noch nicht zugrunde, sondern beruhte auf früheren Gesetzesfassungen von § 37 Abs 2 [X.], die noch einen "eigenen Haushalt" erforderten (vgl [X.], 119 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 19; [X.]-2500 § 37 [X.]). Im Übrigen war die dort vom Pflegedienst begründete Wohnsituation des [X.]leinkindes - getrennt von der bestehenden Wohnung der Familie bei sich aufdrängender notwendiger stationärer Unterbringung - mit den vorliegend vom [X.] festgestellten familiären Umständen nicht vergleichbar. Der [X.] hat im Übrigen bei erwachsenen schwerstpflegebedürftigen Versicherten, die rund um die Uhr zu versorgen waren, ohne dass akute stationäre [X.]rankenhausbehandlung erforderlich war, schon wiederholt entschieden, dass ambulante [X.]rankenpflege in häuslicher Umgebung bei Wahrung und Beachtung bestimmter Vorgaben und Standards möglich ist (vgl [X.] 106, 173 = [X.]-2500 § 37 [X.] ; [X.] 83, 254 = [X.] 3-2500 § 37 [X.] 1 ).

c) Aus dem Vorbringen der [X.], dass eine "heimähnliche Unterbringung" im Sinne des [X.] Landesrechts vorgelegen habe, folgt nichts anderes.

Die heimrechtliche Qualifizierung einer Unterbringung ist nicht entscheidend für die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen von häuslicher [X.]rankenpflege (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand August 2016, [X.] § 37 Rd[X.]5; [X.], [X.] 2013, 226, 231). Im Übrigen hat das [X.] das revisionsrechtlich grundsätzlich nicht inhaltlich zu prüfende (§ 162 [X.]G) Landesrecht (hier: LWTG des [X.]) im Hinblick auf die heimrechtliche Unterbringung rechtlich gewürdigt und keine Rechtsverletzung festgestellt, weil das Landesrecht wegen der hier gewählten vertraglichen Gestaltung der Unterbringung des Versicherten nicht einschlägig war. Das [X.] hat vielmehr gerade umgekehrt festgestellt, dass im Falle des Versicherten eine freie Wählbarkeit von Unterstützungsleistungen und deren Anbietern aufgrund der vereinbarten Vertragskonstruktion bestand. Selbst das bundesrechtliche [X.] (§ 1 Abs 2 S 3 [X.]) ist im Übrigen nur dann anzuwenden, wenn Mieter vertraglich verpflichtet sind, Verpflegung und weitergehende Betreuungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen. Dies aber hat das [X.] ausgeschlossen und nach den Umständen keine strukturelle Abhängigkeit zwischen der Erbringung von ambulanten Pflegediensten und der gewählten Wohnform bejaht. Der Heimvertrag enthält aber typischerweise sowohl private mietvertragliche (Unterkunft) als auch dienstvertragliche (Verpflegung und Betreuung) Elemente (zur Zulässigkeit solcher Verträge, vgl zB [X.] Urteil vom 23.2.2006 - [X.]/05 - Juris). Das [X.] bezweckt in erster Linie den Schutz der Heimbewohner und stellt der Heimaufsicht ein ordnungsrechtliches Instrumentarium zur Seite, das Maßnahmen bis hin zur Schließung der Einrichtung vorsieht (vgl erneut [X.], [X.]O, [X.] ff, 72). Ein dem (Landes-)Heimrecht unterfallendes Vertragsobjekt und Vertragswerk lag aber nach den revisionsrechtlich nicht zu überprüfenden Feststellungen des [X.] mithin nicht vor. Daher können auch die von der [X.] vorgetragenen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen dem ambulanten Pflegedienst einerseits und der Vermieterin des Wohnraums andererseits hier dahingestellt bleiben. Auf diese kommt es unter der Berücksichtigung der vom [X.] als "frei wählbar" festgestellten Pflege- und Unterstützungsleistungen auch nach dem Landesrecht nicht an (vgl § 3 Abs 3, § 4 Abs 2 LWTG).

d) Ebenso wenig greift der Einwand der [X.], dass der Versicherte Entscheidungen eigenverantwortlich nicht mehr habe treffen können. Denn die [X.]lägerin war gerichtlich bestellte gesetzliche Betreuerin des Versicherten für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung. Sie durfte daher für den Versicherten den [X.] und die Auswahl der Pflegeleistungen bestimmen und ist dem - plausiblen und revisionsrechtlich nicht in Zweifel zu ziehenden - zu Lebzeiten ihres [X.] geäußerten Wunsch nachgekommen, ihn nicht in einem Pflegeheim unterzubringen. Dieses Wunschrecht war auch leistungsrechtlich von der beklagten [X.]rankenkasse zu berücksichtigen (vgl § 33 [X.] [X.]). Es korrespondiert mit dem verfassungsrechtlich in Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG verankerten Selbstbestimmungsrecht (vgl dazu [X.], [X.] 2013, 226, 231).

7. Der [X.] kann allerdings auf der Grundlage der - mit Erfolg von der [X.] mit Verfahrensrügen (§ 103 [X.]G) angegriffenen - Feststellungen des [X.] das Bestehen des [X.]s aus weiteren Gründen nicht abschließend selbst beurteilen. Es kann nämlich entgegen der Einschätzung des [X.] nicht angenommen werden, dass die von der [X.]lägerin gewählte Wohnung, in der der Versicherte mit einem weiteren schwerstpflegebedürftigen Patienten zuletzt versorgt wurde, im konkreten Fall in tatsächlicher Hinsicht ein geeigneter Ort war, an dem die Pflegemaßnahmen zuverlässig durchgeführt werden konnten und der dem qualitativen Standard an räumliche Verhältnisse zur ordnungsgemäßen Erbringung medizinischer [X.] entsprach. Das [X.] hätte sich insoweit gedrängt sehen müssen, die örtlichen Verhältnisse im Hinblick auf die Vorgaben zur Geeignetheit des Ortes für die medizinische [X.] näher aufzuklären (s § 1 Abs 2 [X.], vgl oben 4.b). Insbesondere hat sich das [X.] nicht mit dem Inhalt des MD[X.]-Gutachtens vom [X.] auseinandergesetzt, in dem die Pflege- und Versorgungssituation des Versicherten vor Ort untersucht wurde.

Der MD[X.] beschrieb den Gesundheitszustand des Versicherten vor Ort als komatös, nicht ansprechbar und dauernd beatmungspflichtig. Der Gutachter äußerte Zweifel an der ausreichenden Versorgung des Versicherten und bemängelte, dass wegen drohender oder bereits eingetretener Überforderung von Pflegepersonen die häusliche Pflege nicht in geeigneter Weise sichergestellt und daher eine vollstationäre Pflege erforderlich gewesen sei. Die nicht näher begründete Annahme des [X.], der Versicherte sei gleichwohl tatsächlich an einem geeigneten Ort gepflegt worden, trägt vor diesem Hintergrund nicht. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] diese gutachterlichen Einschätzungen im Hinblick auf die Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse für eine 24 Stunden-Intensivpflege überprüfen müssen. Insbesondere ist in den Blick zu nehmen, ob die hygienischen Voraussetzungen, die Intimsphäre, die räumliche Ausstattung und die Gegebenheiten vor Ort mit räumlicher Nähe zu einem weiteren in ähnlicher Weise gesundheitlich stark beeinträchtigten Patienten geeignet waren, um eine Rund-um-die-Uhr-Intensivversorgung mit dem notwendigen [X.] qualitativen Standard vor Ort sicherzustellen.

8. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] auch die gesamte Pflege- und Versorgungssituation des Versicherten in der streitigen [X.] aufzuklären haben. Das [X.] hat darüber hinaus keinerlei Feststellungen getroffen im Hinblick auf den von der [X.]lägerin bereits am [X.] gestellten Antrag auf Leistungen aus der [X.] Pflegeversicherung und der Einschätzung des Gutachters des MD[X.], dass bei dem Versicherten bereits seit August 2012 Pflegebedürftigkeit der [X.] (aF) vorgelegen habe. Unklar ist daher, ob und welche Leistungen von der [X.] zu welchem [X.]punkt bewilligt bzw bezogen wurden und wer (außerhalb der häuslichen [X.]rankenpflege) die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung des Versicherten nach den Anforderungen des Rechts der [X.] Pfegeversicherung durchführte. Sollten die weiteren Ermittlungen des [X.] die Geeignetheit der Räumlichkeiten iS von § 37 Abs 2 [X.] (idF des [X.]) für den Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege ergeben, wären weiter nähere Feststellungen erforderlich, um zu klären, ob wirklich eine Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden allein auf [X.]osten der beklagten [X.]rankenkasse in Betracht kam oder auch Leistungen der [X.] erbracht wurden und insoweit eine [X.]ostenbeteiligung der Pflegeversicherung in Ansatz zu bringen ist (vgl grundlegend zur [X.]ostenverteilung zwischen [X.]rankenkasse und [X.] bei rund um die Uhr erforderlicher häuslichen [X.]rankenpflege und zugleich erbrachter Grundpflege [X.] 106, 173 = [X.]-2500 § 37 [X.]). In diesem Fall wäre die [X.] zum Rechtsstreit notwendig beizuladen, weil über den geltend gemachten [X.] im Verhältnis zu beiden Leistungsträgern nur einheitlich entschieden werden könnte (§ 75 Abs 2 Halbs 1 [X.]G).

a) Der [X.] hat für den Personenkreis von schwerstpflegebedürftigen Dauerbeatmungspatienten bei rund um die Uhr erforderlicher häuslicher [X.]rankenpflege darauf hingewiesen, dass mit der Regelung von § 37 Abs 2 [X.] (idF des [X.]) für alle verrichtungsbezogenen Maßnahmen der Behandlungspflege eine Doppelzuständigkeit von [X.]rankenkassen und [X.]n geschaffen worden ist (vgl [X.] 106, 173 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 22 ff; vgl auch [X.] in [X.]asseler [X.]omm, § 37 [X.] Rd[X.]h, Stand Einzelkommentierung Juli 2017). Die Doppelzuständigkeit betrifft nur die [X.] nach § 37 Abs 2 [X.]. Bei der [X.] kann die [X.]rankenkasse zwar in ihrer Satzung bestimmen, dass neben der Behandlungspflege auch Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbracht werden und in welcher Dauer und welchem Umfang dies der Fall ist (§ 37 Abs 2 S 4 und 5 [X.] idF des [X.], [X.]O). Diese Zusatzleistungen sind nach der ausdrücklichen Anordnung in § 37 Abs 2 S 6 [X.] (idF des [X.]) jedoch ausgeschlossen, wenn Pflegebedürftigkeit iS des [X.] eingetreten ist. Bei gleichzeitiger Erbringung der Leistungen von [X.] nach § 37 Abs 2 [X.] (idF des [X.]) und Leistungen aus der [X.] Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege (§§ 36 ff [X.]) durch dieselbe Fachkraft bzw denselben Pflegedienst muss daher eine [X.]ostenaufteilung zwischen [X.]rankenkasse und [X.] erfolgen, die dem Grundsatz der Parallelität und Gleichrangigkeit beider Ansprüche Rechnung trägt (vgl B[X.] [X.]O Rd[X.] 22 ff unter Aufgabe von [X.] 83, 254 = [X.] 3-2500 § 37 [X.] 1 § 37 Abs 2 [X.] für die [X.] ab 1.1.2004>).

b) Sollten die weiteren Feststellungen des [X.] die Geeignetheit der Räumlichkeiten für die [X.] ergeben und sollten alle hier relevanten Pflegeleistungen (einschließlich der Grundpflege, ggf hauswirtschaftliche Versorgung) durch eine Fachkraft bzw denselben Pflegedienst erbracht worden sein, würde der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf [X.] durch einen [X.] nach § 36 [X.] aF gegenüber der [X.] (vgl auch § 13 Abs 2 [X.]) ergänzt, der aber nur die "reine" Grundpflege, also die Grundpflegemaßnahmen des § 14 Abs 4 [X.] 1 bis 3 [X.] mit Ausnahme der schon von § 37 Abs 2 [X.] (idF des [X.]) erfassten verrichtungsbezogenen Behandlungspflegemaßnahmen, sowie die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst. Insoweit ist die G[X.]V nicht leistungsverpflichtet (vgl § 37 Abs 2 S 6 [X.] idF des [X.]). Die Ansprüche aus der G[X.]V nach § 37 Abs 2 [X.] und aus der Pflegeversicherung nach § 36 [X.] aF stehen insofern gleichberechtigt nebeneinander (vgl [X.] 106, 173 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 27 ff). Überdies hat der [X.] in seiner Rechtsprechung auch darauf hingewiesen, dass der Versicherte eine etwaige Eigenbeteiligung an den [X.]osten der häuslichen [X.]rankenpflege nach § 37 Abs 5 [X.] (idF des [X.]) nicht dadurch vermeiden kann, dass auf die Beantragung der Pflegesachleistungen bei der [X.] verzichtet oder dass der entsprechende Leistungsantrag wieder zurückgenommen wird, um sich auf diese Weise alle von der Fachkraft zum Einheitspreis erbrachten Pflegeleistungen allein auf [X.]osten der [X.]rankenkasse zu verschaffen. Dieser Weg steht einem Versicherten nicht offen, weil das Verbot, bei der [X.] für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung aufzukommen (§ 37 Abs 2 S 6 [X.] idF des [X.]), nicht an den Bezug von Leistungen nach dem [X.], sondern ausdrücklich nur an den "Eintritt von Pflegebedürftigkeit" anknüpft (vgl [X.] 106, 173 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 33).

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren müsste das [X.] daher - sofern hier alle Leistungen von einem Pflegedienst erbracht worden sind - das MD[X.]-Gutachten vom [X.] im Hinblick auf die dort ermittelten [X.]anteile für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung einerseits und verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen andererseits auswerten und trennen, um eine exakte zeit- und kostenmäßige Abgrenzung zwischen den Zuständigkeitsbereichen der [X.]rankenkasse und der [X.] für den streitigen Betrag vornehmen zu können. Der [X.] hat dazu bereits Rechenmodelle aufgezeigt, wie in einem solchen Fall eine sachgerechte [X.]ostenaufteilung erfolgen kann (vgl [X.] 106, 173 = [X.]-2500 § 37 [X.], Rd[X.] 27 ff; dazu auch [X.] in [X.]asseler [X.]omm, [X.]O, § 37 [X.] Rd[X.]j). Um über die Höhe des [X.] abschließend entscheiden zu können, müssen zudem Tatsachen zur Zuzahlungspflicht des Versicherten nach § 37 Abs 5 [X.] iVm § 61 S 3 [X.] nachermittelt werden.

9. Soweit die Beklagte schließlich in ihrem Vorbringen meint, dass dem Freistellungsanspruch die Einrede der Verjährung im Hinblick auf die "Hauptforderung" des ambulanten Pflegedienstes gegen die [X.]lägerin entgegenstehe, muss dem nicht weiter nachgegangen werden. Auf den Gesichtspunkt der Verjährung weist die Beklagte erstmals im Revisionsverfahren hin, führt aber gleichzeitig aus, dass die [X.]lägerin diese Einrede noch gar nicht erhoben habe. Daher kann auch dahinstehen, ob es hierauf für den [X.] gegenüber der [X.] überhaupt ankommen kann (vgl auch [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.] f). Auch wenn das [X.] keine Tatsachen zu vertraglichen Vereinbarungen zwischen der [X.]lägerin und dem ambulanten Pflegedienst festgestellt hat, ist es im Übrigen naheliegend, dass die Vergütungsforderung nach den Umständen hier vertraglich jedenfalls solange gestundet war, bis der vorliegende Rechtsstreit über den Freistellungsanspruch geklärt ist.

Der Freistellungsanspruch gegen die Beklagte nach dem [X.] wäre jedenfalls nicht verjährt, weil er der vierjährigen Verjährungsfrist nach § 45 Abs 1 [X.] unterliegt. Nach § 45 Abs 2 [X.] iVm § 199 Abs 1 [X.] 1 [X.] beginnt die regelmäßige Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der von der [X.]lägerin erhobene Anspruch geht auf das [X.] zurück. Die Verjährung ist insoweit allerdings durch eine Rechtsverfolgung gehemmt, da die [X.]lägerin bereits in 2013 vor dem [X.] [X.]lage erhoben hat. Die vierjährige Verjährungsfrist gilt im Übrigen auch für die Rechtsbeziehungen bzw Vergütungsforderungen zwischen Leistungserbringern und [X.]rankenkassen (vgl [X.]-2500 § 69 [X.] 1 Rd[X.] 7 und [X.] Rd[X.]).

10. Das [X.] wird im neu eröffneten Berufungsverfahren auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens mit zu entscheiden haben.

Meta

B 3 KR 11/16 R

30.11.2017

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Koblenz, 13. November 2014, Az: S 5 KR 11/13, Urteil

§ 13 Abs 3 S 1 Alt 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 5, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB 5, § 37 Abs 1 SGB 5, § 37 Abs 2 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 2 S 5 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 2 S 6 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 3 SGB 5, § 37 Abs 4 SGB 5, § 37 Abs 5 SGB 5, § 37 Abs 6 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 92 Abs 7 SGB 5, § 132a Abs 2 SGB 5 vom 14.11.2003, § 13 Abs 2 SGB 11, § 36 SGB 11, §§ 36ff SGB 11, § 1 Abs 2 S 2 HKPRL vom 17.09.2009, § 1 Abs 2 S 2 HKPRL vom 21.10.2010, § 6 Abs 6 HKPRL vom 17.09.2009, § 6 Abs 6 HKPRL vom 21.10.2010, § 1 Abs 2 S 3 HeimG, § 3 Abs 3 WTG RP 2009, § 4 Abs 2 WTG RP 2009

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 30.11.2017, Az. B 3 KR 11/16 R (REWIS RS 2017, 1459)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1459

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