Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2016, Az. 3 ARs 20/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 679

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:151216B3ARS20.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 ARs 20/16
vom
15. Dezember 2016
in dem Verfahren

der Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des [X.] der 18. Wahlperiode des [X.], bestehend aus den Abgeordneten

Platz der [X.], 11011 Berlin,
-
Antragstellerin und Beschwerdegegnerin -

gegen

den 1. [X.] der 18. Wahlperiode des [X.],

ebenda,
-
Antragsgegner und Beschwerdeführer -

Verfahrensbevollmächtigter:

hier:
Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung der Vollziehung des
Beschlusses der Ermittlungsrichterin des [X.] vom 11.
November 2016

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat am 15. Dezember 2016 be-schlossen:
Die Vollziehung des Beschlusses der Ermittlungsrichterin des [X.] vom 11. November 2016 wird bis zur Ent-scheidung des [X.]s über die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss ausgesetzt.

Gründe:
Der 1. [X.] der 18. Wahlperiode des [X.] hat im Wesentlichen den Auftrag aufzuklären, ob bestimmte aus-ländische Nachrichtendienste Kommunikationsvorgänge von, nach und in [X.] auf Vorrat erfassten und/oder daraus gewonnene Daten nutzten bzw. nutzen und inwieweit Stellen des [X.] in diese Vorgänge involviert [X.]. Das vorliegende Verfahren betrifft die dem Grunde nach am 8. Mai 2014 durch den Ausschuss einstimmig beschlossene Vernehmung des [X.].
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen den Beschluss der Ermittlungsrichterin des [X.] vom 11. November 2016 ([X.].: 1 [X.] 125/16 -
1 ARs 1/16), mit dem diese auf Antrag der Be-schwerdegegnerin angeordnet hat, der [X.] habe [X.] über einen Antrag abzustimmen, die [X.]regierung zu ersuchen, die Voraussetzungen für eine Vernehmung des [X.] in [X.] zu schaffen und dem Ausschuss mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie diese herstellen könne; sollte der Antrag weiterhin von einem Viertel der Mitglieder 1
2
-
3
-
des Ausschusses unterstützt werden, habe der Ausschuss ihm zumindest mehrheitlich zuzustimmen.
Der Beschwerdeführer beantragt, die Vollziehung dieses Beschlusses bis zur Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen. Der Antrag ist zuläs-sig und begründet.
1. Für den gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG, § 36 Abs. 3 [X.], § 307 Abs. 2 [X.] statthaften Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.
a) Nach seinem Wortlaut ordnet der Beschluss der Ermittlungsrichterin die Vornahme von Handlungen an; danach hat die Entscheidung einen voll-ziehbaren Inhalt. Die nähere Auslegung der erstinstanzlichen [X.] sowie die Überprüfung von deren Rechtmäßigkeit und [X.] ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.
b) Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt im Übrigen auch nicht deshalb, weil der [X.] am 1. Dezember 2016 mehrheitlich be-schlossen hat, die erneute Abstimmung über den hier verfahrensgegenständli-chen Antrag bis zum Abschluss des hiesigen Rechtsmittelverfahrens zu verta-gen. Die Entscheidung, ob einer gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten ist, obliegt auch in Verfahren nach dem [X.]gesetz nicht der
Dispositionsbefugnis des Verfahrensbeteiligten, der in erster Instanz unterlegen ist und gegen den sich die Anordnung wendet. Sie richtet sich vielmehr nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, mithin im vorliegenden Fall nach § 307 [X.]. Nach § 307 Abs. 1 [X.] entfaltet die Beschwerde keine auf-schiebende Wirkung; ihr kommt kein Suspensiveffekt zu. Die vorläufige Aus-setzung der Vollziehung kann allein im Verfahren nach § 307 Abs. 2 [X.] er-reicht werden.
3
4
5
6
-
4
-
2. Der Antrag hat in der Sache Erfolg.
a)
Nach den allgemeinen Maßstäben ist die Aussetzung der Vollziehung nach § 307 Abs. 2 [X.] eine gerichtliche Ermessensentscheidung. Erweist sich das Rechtsmittel bei vorläufiger Prüfung aller Voraussicht nach als unzu-lässig oder unbegründet, so ist es nicht
sachgerecht, den Vollzug einer erstin-stanzlichen gerichtlichen Entscheidung auszusetzen. Ist dies nicht der Fall, so ist unter Berücksichtigung der maßgebenden Umstände des Einzelfalls abzu-wägen, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehung die dem Beschwerde-führer durch den Vollzug drohenden Nachteile überwiegt (st. Rspr.;
vgl. etwa [X.], Beschluss vom 16. Juni 2009 -
StB 19/09, [X.], 343, 344; [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 307 Rn. 2 mwN).
Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, bei Verfahren nach dem [X.] dürfe die Vollziehung einer gerichtlichen Entscheidung wegen des hohen Gewichts des parlamentarischen Aufklärungs-interesses sowie des Beschleunigungsgebotes nur unter engeren Vorausset-zungen ausgesetzt werden, etwa wenn schwerwiegende oder irreparable Nach-teile drohten oder die angegriffene Maßnahme mit überwiegender Wahrschein-lichkeit rechtswidrig oder ersichtlich von untergeordneter Bedeutung sei (vgl. [X.]/[X.], [X.], § 36 Rn. 53), ist dem in dieser Form nicht zu folgen. Auch im Strafverfahren kommen dem Interesse an der Aufklärung unter Um-ständen schwer wiegender Straftaten sowie dem Beschleunigungsgebot eine große Bedeutung zu. In der Sache geht es zudem regelmäßig, etwa bei Haftentscheidungen, um einschneidende Eingriffe in grundgesetzlich geschütz-te Rechtspositionen der Verfahrensbeteiligten. Hieraus folgt, dass bei der [X.] der Aussetzung der Vollziehung einer gerichtlichen Anordnung nach dem [X.] kein anderer Maßstab an die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels anzulegen ist als in den sonstigen Fällen des § 307 Abs. 2 7
8
9
-
5
-
[X.]. Hierfür spricht auch, dass die Grundsätze, nach denen das [X.]ver-fassungsgericht bei einstweiligen Anordnungen gemäß § 32 Abs. 1 [X.] entscheidet, soweit es die Erfolgsaussicht der zugrunde liegenden Verfas-sungsbeschwerde betrifft, denen gleichen, die im Rahmen des § 307 Abs. 2 [X.] allgemein gelten (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 14. Dezember 2016
-
2 BvR 2557/16, juris Rn. 6 ff.). Was
die übrigen angeführten Gesichtspunkte angeht, so sind diese, sofern sie im konkreten Fall Bedeutung erlangen, zwar in die erforderliche Abwägung einzustellen; sie stellen indes keine konstitutiven Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs dar.
b) Danach gilt im vorliegenden Fall:
Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist weder offensichtlich unzu-lässig noch offensichtlich unbegründet; der Ausgang des [X.] ist vielmehr bei der gebotenen vorläufigen Würdigung des Sach-
und Streitstands offen. Im Rahmen der somit zu treffenden Rechtsfolgenabwägung überwiegen die Nachteile, die mit einem sofortigen Vollzug der Anordnung [X.] sind. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass bei einem Vollzug der ermittlungsrichterlichen Entscheidung die Hauptsache unabhängig von deren Ergebnis praktisch vorweggenommen würde. Demgegenüber erscheint ein Zu-warten bis zur Entscheidung des [X.]s über die Beschwerde weniger ein-schneidend. Der [X.] hat dabei die Bedeutung des sich im Ausland [X.] Zeugen für den Untersuchungsgegenstand und die bisherigen [X.] bedacht, seine Einvernahme zu erwirken. Schließlich war vor dem [X.] der Zeitpunkt des Ablaufs der Wahlperiode ebenso in den Blick zu nehmen
wie der Umstand, dass der den Zeugen betreffende Beweisbeschluss bereits vom 8. Mai 2014 datiert, das be-züglich des auch hier verfolgten Begehrens der Antragstellerin zunächst ange-strengte Organstreitverfahren schon mit dem Beschluss des [X.]ver-10
11
-
6
-
fassungsgerichts vom 4. Dezember 2014 (2 [X.], [X.]E 138, 45) [X.] und das hiesige erstinstanzliche Verfahren erst mit am 24. August 2016 ein-gegangenem Schriftsatz vom 18. August 2016 eingeleitet wurde.
[X.]Schäfer Ri'in[X.] Dr. Spaniol befindet

sich im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

Becker

Berg Hoch

Meta

3 ARs 20/16

15.12.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2016, Az. 3 ARs 20/16 (REWIS RS 2016, 679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 679

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 ARs 20/16 (Bundesgerichtshof)

Beschwerde gegen eine Anordnung der Ermittlungsrichterin des BGH nach dem Untersuchungsausschutzgesetz: Entscheidung über den Antrag …


3 ARs 20/16 (Bundesgerichtshof)


3 ARs 10/18 (Bundesgerichtshof)

Anordnung des Ermittlungsrichters des BGH nach dem Untersuchungsausschussgesetz: Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Anordnung …


3 ARs 20/16 (Bundesgerichtshof)

Antragsbefugnis der Minderheit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Beweiserhebungsverfahren


1 BGs 125/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.