Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2007, Az. I ZB 33/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4977

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 1. März 2007 in der [X.] betreffend die [X.] Nr. 730 038 Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] [X.] § 83 Abs. 3 Nr. 3 Ist im markenrechtlichen Löschungsverfahren nicht auszuschließen, dass die angefochtene Beschwerdeentscheidung auf der Versagung rechtlichen Gehörs beruht, so muß der Rechtsbeschwerdeführer nicht vortragen, was er auf einen Hinweis des Gerichts ausgeführt hätte; die insoweit im Verfahren der [X.] nach § 544 ZPO geltenden Grundsätze sind nicht [X.]. [X.], [X.]. v. 1. März 2007 - [X.]/06 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 1. März 2007 durch [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der [X.]uss des 26. Senats ([X.]) des [X.] vom 25. Januar 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Widersprechende ist Inhaberin der für "[X.]" aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke Nr. 1 152 164 1 [X.]. - 3 - Aus dieser Marke hat sie gegen die [X.] für die [X.] der Markeninhaberin Nr. 730 038 [X.] in der [X.] Widerspruch erhoben. Diese Marke ist für "[X.]" eingetragen. Die Markenstelle hat den Widerspruch sowie die Erinnerung der Wider-sprechenden zurückgewiesen. Zwischen der Widerspruchsmarke, bei der nur von normaler Kennzeichnungskraft ausgegangen werden könne, und der ange-griffenen Marke bestehe trotz einer teilweisen Identität der Waren keine Ver-wechslungsgefahr. 2 Der hiergegen eingelegten Beschwerde der Widersprechenden hat das [X.] stattgegeben. Gegen diesen [X.]uss richtet sich die - vom [X.] nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der [X.]. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] [X.]usses und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 89 Abs. 4 [X.]). 4 1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch ohne Zulassung statthaft, weil die Markeninhaberin einen im Gesetz aufgeführten, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnenden Verfahrensmangel - die Ver-sagung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) - mit konkreter [X.] - 4 - gründung gerügt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 28.8.2003 - I ZB 5/03, GRUR 2004, 76 = [X.], 103 - turkey & corn; [X.]. v. 1.6.2006 - I ZB 121/05, [X.]). 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung des [X.]s auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin beruht (Art. 103 Abs. 1 GG). 6 a) Das [X.] hat bei seiner Entscheidung maßgeblich auf eine erheblich überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der [X.] abgestellt. Dafür hat es sich auf den Umsatz und den Marktanteil der Widerspruchsmarke sowie den großen Werbeaufwand für diese Marke gestützt. Dass die Widerspruchsmarke für Zigaretten dauerhaft und intensiv beworben worden sei, ergebe sich aus der Vielzahl der im Verfahren vor der Markenstelle zu den Akten gereichten Werbebeispiele und sei zudem gerichtsbekannt. Die Werbung für die Widerspruchsmarke sei in allen Bereichen, in denen für Ziga-retten geworben werden dürfe, nahezu omnipräsent. Aufgrund der Dauer und des Umfangs dieser Werbung, z.B. auf Werbewänden, auf Litfasssäulen, in [X.] und Zeitschriften sowie anlässlich von Sportveranstaltungen, insbeson-dere solchen des [X.], sei davon auszugehen, dass die [X.] den Bekanntheitsgrad ihrer Marke seit dem Zeitpunkt der Eintragung nochmals nicht unerheblich gesteigert habe. 7 b) Die Rechtsbeschwerde rügt u.a., das [X.] habe [X.] als das [X.] festgestellt, die für eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke maßgeblichen Umstände seien gerichtsbekannt und damit nicht beweisbedürftig, ohne der Markeninhaberin zuvor durch einen entsprechenden Hinweis Gelegenheit zur Stellungnahme zu 8 - 5 - geben. Dies sei jedoch zur Wahrung des Anspruchs der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör notwendig gewesen, weil die Markeninhaberin vor dem Deut-schen Patent- und Markenamt eine erhöhte Kennzeichnungskraft der [X.] bestritten habe. c) Das [X.] hat das Recht der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es seiner Entscheidung bestimmte Tatsachen als gerichtsbekannt zugrunde gelegt hat. Dabei handelt es sich um die Ausführungen zu Bereichen, Dauer und Umfang der Werbung für die [X.]. Möchte das Gericht offenkundige Tatsachen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V. mit § 291 ZPO), zu denen auch die gerichtsbekannten [X.] zählen, seiner Entscheidung zugrunde legen, so muss es sie zuvor in das Verfahren einführen, damit die Beteiligten Stellung nehmen können ([X.], [X.]. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, [X.], 637, 638 = [X.], 762 - Top Selection; [X.]. v. 19.6.1997 - [X.], [X.], 396, 397 = [X.], 184 - Individual). Sofern keine mündliche Verhandlung stattfindet, ist ein schriftlicher Hinweis an die Verfahrensbeteiligten geboten. 9 Eine derartige Hinweispflicht besteht allerdings dann nicht, wenn es sich um Umstände handelt, die allen Beteiligten ohne Weiteres gegenwärtig sind und von deren Entscheidungserheblichkeit sie wissen. Denn in einem solchen Fall kann angenommen werden, dass die Beteiligten auch ohne einen aus-drücklichen Hinweis hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme haben ([X.] 31, 43, 45; [X.] [X.], 637, 638 - Top Selection). Im Streitfall kann jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Marke-ninhaberin, einem [X.] Unternehmen, Einzelheiten der Zigarettenwer-bung in [X.] geläufig sein müssen. 10 - 6 - Nach der Begründung des angefochtenen [X.]usses kann auch nicht angenommen werden, dass die als gerichtsbekannt behandelten Tatsachen neben den von der Widersprechenden vor der Markenstelle eingeführten [X.] nur als zusätzliche, die Entscheidung letztlich nicht tragende [X.] herangezogen werden sollten. Damit ist nicht auszuschließen, dass die angefochtene Entscheidung auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beruhen kann ([X.] [X.], 637, 638 - Top Selection). Die Markeninhaberin muss-te nicht vortragen, was sie auf einen Hinweis des Gerichts zu den für gerichts-bekannt erachteten Tatsachen ausgeführt hätte. Die insoweit im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO geltenden Grundsätze 11 - 7 - (vgl. [X.], [X.]. v. 11.2.2003 - [X.], NJW-RR 2003, 1003) sind im markenrechtlichen Löschungsverfahren, das durch den [X.] geprägt ist, nicht anzuwenden. [X.]Büscher Schaffert

Bergmann [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 25.01.2006 - 26 W(pat) 324/03 -

Meta

I ZB 33/06

01.03.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2007, Az. I ZB 33/06 (REWIS RS 2007, 4977)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4977

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.