Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2007, Az. I ZB 46/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5197

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[X.] vom 15. Februar 2007 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Marke 300 48 415 - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 15. Februar 2007 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], Dr. Bergmann und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 28. Senats ([X.]) des [X.] vom 1. Februar 2006 wird auf Kosten der Widersprechenden zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Für die Markeninhaberin wurde am 16. Oktober 2000 die Wortmarke 1 [X.] unter anderem für Waren der Klasse 12 "Personenkraftwagen und deren kon-struktionsgebundene Teile" eingetragen. Gegen diese Eintragung hat die Wi-dersprechende aus der [X.] Marke [X.], die am 15. März 1995 unter anderem für die Waren "Fahrräder, Fahrradrah-men, Fahrradsättel und Reifen" in das Markenregister eingetragen worden ist, [X.] eingelegt. Die Markenstelle des [X.] hat [X.] die Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet. Die dagegen von der Markeninhaberin eingelegte Erinnerung wurde zurückgewiesen. Auf die Be-schwerde der Markeninhaberin hat das [X.] die teilweise Lö-schung der angegriffenen Marke aufgehoben und den Widerspruch zurückge-wiesen. 2 Dagegen richtet sich die - vom [X.] nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Widersprechenden. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. 4 1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist statthaft. Das [X.] hat sie zwar nicht zugelassen, ihre Statthaftigkeit folgt aber daraus, dass die Widersprechende einen im Gesetz aufgeführten, die zu-lassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnenden Verfahrensmangel - die Versa-gung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) - rügt (vgl. [X.], [X.]. v. 2.10.2002 - [X.], [X.], 546 f. = [X.], 655 - [X.], m.w.N.). Dies hat sie im Einzelnen ausgeführt. 5 2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Verfahren vor dem [X.] verletzt die Widersprechende nicht in ihrem Recht auf 6 - 4 - Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]). a) Eine Versagung rechtlichen Gehörs sieht die Rechtsbeschwerde [X.], dass die Widersprechende bis zu dem in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 1. Februar 2006 erfolgten Hinweis durch den Vorsitzenden, der Sachvortrag zur erhöhten Kennzeichnungskraft reiche mögli-cherweise nicht aus, keine Veranlassung zur Ergänzung ihres entsprechenden Sachvortrags gehabt und durch diesen Hinweis auch keine Möglichkeit dazu bekommen habe. [X.] beruft sich darauf, sie habe bereits mit ihrer Widerspruchsbegründung vom 19. Dezember 2000 und danach [X.] im weiteren Verfahren vor dem [X.] [X.] dem [X.] zur erhöhten Kennzeichnungskraft der [X.] vorgetragen, ohne dass die Markeninhaberin diesem Vortrag entgegengetreten sei. Das [X.] sei in beiden Be-schlüssen ebenso wie das [X.] in anderer Sache von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] habe die Markeninhaberin die Auffassung vertreten, dass die Widerspruchsmarke [X.] einen durchschnittlichen Schutzumfang habe. Daraufhin habe der [X.] auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der Sachvortrag der Widerspre-chenden zur erhöhten Kennzeichnungskraft nicht ausreiche. Da der Widerspre-chenden keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich hierzu zu äußern, sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. 7 Hätte die Widersprechende ausreichend Möglichkeit zu ergänzendem Vortrag erhalten, so hätte sie zu ihrem Umsatz, Werbeaufwand und den von ihr verkauften Stückzahlen in den Jahren 2000 bis 2006 sowie zu umfassender 8 - 5 - Medienberichterstattung über weitere Tour-de-France-Siege von [X.] auf [X.] ergänzend vorgetragen. b) Das durch Art. 103 Abs. 1 GG garantierte Recht der Widersprechen-den, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern, ist vom [X.] nicht verletzt worden. Zu diesem Grundrecht ge-hört es, dass die Beteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag und auf welche recht-lichen Gesichtspunkte es ankommen kann ([X.] 86, 133, 144 f.; [X.] NJW-RR 1996, 253, 254; [X.], [X.]. v. 6.10.2005 - [X.], [X.], 152 [X.] 17 = [X.], 102 - [X.]). Dagegen verlangt das Gebot rechtli-chen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor dem Erlass seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist. Denn ein Verfahrensbeteiligter muss schon von sich aus alle vertretbaren rechtlichen Ge-sichtspunkte in Betracht ziehen (vgl. [X.] 74, 1, 5; 86, 133, 145; [X.], [X.], 152 [X.] - [X.]; [X.], [X.]. v. 20.1.2000 - I ZB 50/97, [X.], 894, 895 = [X.], 1166 - [X.]). 9 [X.] musste im vorliegenden Verfahren damit rechnen und hat ausweislich ihres diesbezüglichen Vortrags auch tatsächlich damit [X.], dass es für die Entscheidung maßgeblich auf die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ankommen würde, auf die auch die [X.]üsse des [X.] entscheidend abgestellt hatten. Daher ist auch der Sachverhalt, der einem [X.]uss des I[X.] Zivilsenats des [X.] vom 18. September 2006 ([X.], NJW-RR 2007, 412) zugrunde lag, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Dort ging es um [X.] bezüglich eines vom Berufungsgericht für maßgeblich gehaltenen rechtlichen Gesichtspunkts, den das [X.] ausdrücklich als für die [X.] - 6 - scheidung unerheblich bezeichnet und dem die [X.] erkennbar ebenfalls [X.] Bedeutung beigemessen hatte. Die Kennzeichnungskraft ist ein Rechtsbegriff, für dessen Beurteilung nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und des [X.] alle relevanten Umstände heranzuziehen sind, insbesondere auch der Marktanteil und die Verkehrsbekanntheit einer Marke (etwa [X.], [X.]. v. 22.6.1999 - [X.]/97, Slg. 1999, [X.] = GRUR Int. 1999, 734 [X.] 23 = WRP 1999, 806 - [X.] Schuhfabrik; [X.]. v. 18.6.2002 - [X.]/99, Slg. 2002, [X.] = GRUR 2002, 804 = [X.], 924 - [X.]; [X.]Z 156, 112, 125 - Kinder, m.w.N.). Von einer erhöhten Kennzeichnungs-kraft kann das [X.] dabei nur ausgehen, wenn dafür tatsächli-che Umstände vorgetragen oder ausnahmsweise gerichtsbekannt sind (§ 73 Abs. 1 [X.]; vgl. [X.] 1997, 840 - Lindora/[X.]; [X.] 44, 1, 4 - Korodin). Sachvortrag, der für die Feststellung erhöhter Kennzeichnungs-kraft der Widerspruchsmarke fehlt, kann daher vorliegend nicht dadurch ersetzt werden, dass der Markeninhaber der rechtlichen Wertung, es liege gesteigerte Kennzeichnungskraft vor, nicht oder erst spät entgegentritt. 11 Die von der Widersprechenden angeführte Senatsentscheidung "[X.]", in der eine Gehörsverletzung angenommen wurde, betrifft keinen ver-gleichbaren Sachverhalt. Dort wurde die Einrede der Nichtbenutzung, die [X.] als die für erhöhte Kennzeichnungskraft erforderlichen Tatsachen der [X.] unterliegt, erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung geltend gemacht ([X.], [X.]. v. 3.7.2003 - I ZB 30/00, [X.], 903 = [X.], 1115 - Katzenstreu). 12 - 7 - Im Streitfall entsprach es deshalb sorgfältiger Prozessführung, bereits von Anfang an zu den für die Kennzeichnungskraft maßgeblichen tatsächlichen Umständen vollständig vorzutragen. Anlass zu umfassendem Vortrag zur [X.] hatte die Widersprechende auch deshalb, weil das Bundespa-tentgericht bereits entschieden hatte, dass Angaben zu Umsatzzahlen allein regelmäßig keine ausreichend klaren Rückschlüsse auf eine erhöhte [X.] einer Widerspruchsmarke zuließen, da selbst umsatzstarke Marken nahezu unbekannt, wie andererseits Marken trotz relativ geringer Um-sätze sehr bekannt sein könnten ([X.] 44, 1, 4 - Korodin). 13 c) Den von der Widersprechenden für eine erhöhte Kennzeichnungskraft vorgetragenen Sachverhalt, der von der Markeninhaberin nicht substantiiert bestritten wurde, hat das [X.] umfassend berücksichtigt. Es hat ihn jedoch nicht für ausreichend erachtet. Das [X.] brauchte die Widersprechende nicht darauf hinzuweisen, dass es beabsichtige, in dieser Frage eine vom [X.] abweichende Ansicht zu vertreten ([X.] [X.], 152 [X.] 11 u. 13 - [X.]). Erst recht war kein Hinweis darauf geboten, dass das Gericht dazu neige, von der von einem [X.] in einer anderen Sache geäußerten Bewertung der [X.] abzuweichen. 14 Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Widersprechenden aufgrund fehlender Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zur Kennzeichnungskraft scheidet schon aufgrund dieser Erwägungen aus. 15 d) Eine Gehörsverletzung kommt darüber hinaus aber auch deshalb nicht in Betracht, weil das [X.] der Widersprechenden nach dem Hinweis darauf, dass der Sachvortrag zur erhöhten Kennzeichnungskraft nicht 16 - 8 - ausreichend sein könnte, ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt hat. Die Vertreter der Widersprechenden haben daraufhin ausweislich des [X.] lediglich die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt. Eine Schriftsatzfrist für ergänzenden Vortrag zur Kennzeichnungskraft haben sie dagegen nicht beantragt (vgl. [X.], [X.]. v. 3.7.2003 - I ZB 36/00, [X.], 901, 902 = [X.], 1233 - [X.]). II[X.] Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge des § 90 Abs. 2 [X.] zurückzuweisen. 17 Bornkamm Pokrant Büscher

Bergmann [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 01.02.2006 - 28 W (pat) 8/05 -

Meta

I ZB 46/06

15.02.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2007, Az. I ZB 46/06 (REWIS RS 2007, 5197)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5197

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