Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2011, Az. 6 AZR 132/10

6. Senat | REWIS RS 2011, 5874

ARBEITSRECHT BETRIEBSRAT KÜNDIGUNG

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Gegenstand

Kündigung bei Personalgestellung - Gemeinschaftsunternehmen - Anhörung des Betriebsrats


Leitsatz

Wird ein Arbeitnehmer eines öffentlichen Arbeitgebers von diesem einer in der Rechtsform einer GmbH gebildeten Arbeitsgemeinschaft zur Dienstleistung zugewiesen, ist grundsätzlich vor der Kündigung des Arbeitnehmers nicht der bei der Arbeitsgemeinschaft gebildete Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG anzuhören, sondern der beim Arbeitgeber errichtete Personalrat zu beteiligen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2009 - 19/3 [X.]/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. Januar 2009 - 1 Ca 7211/08 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten während der Probezeit.

2

Die beklagte [X.] schloss mit der [X.] F am 22. Dezember 2004 einen Vertrag über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft ([X.]) gemäß § 44b des [X.] ([X.]) in der Rechtsform einer GmbH und mit dem Namen „[X.]“ ([X.]). Diese wurde am 31. März 2005 ins Handelsregister eingetragen. Als Gegenstand des Unternehmens ist [X.]. angegeben: „Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende, soweit diese den Gesellschaftern gemäß dem [X.] obliegen und die der [X.] zugewiesen sind oder ihr von den Gesellschaftern vertraglich übertragen werden, sofern die Übertragung der Aufgabe rechtlich zulässig ist.“ Im Anhang 3 des Vertrags zwischen der Beklagten und der [X.] F vom 22. Dezember 2004 über die angestrebte Zusammenarbeit im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b [X.] (Kooperationsvertrag) heißt es [X.].:

        

„Folgende Grundsätze der personellen Zusammenarbeit sollen für die Arbeit der [X.] verbindlich sein:

        

1.    

Die Vertragspartner stellen das notwendige Personal zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben zur Verfügung.

                 

Die erstmalige Personalzuweisung der Mitarbeiter der [X.] F erfolgt - in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Tätigkeitsaufnahme durch die [X.] am 1. Jan[X.]r 2005 - im Falle der Beamten auf der Grundlage des § 123 a Abs. 2 BRRG, im Falle der Angestellten auf der Grundlage des § 12 [X.]. Die Zuweisung von Angestellten der [X.] F ist nur mit deren Zustimmung möglich. Dienstherr bzw. Arbeitgeber der entsandten Beamten und Angestellten bleibt der bisherige Dienstherr bzw. Arbeitgeber. Die [X.] ist nicht dienstherrenfähig. Die Rechtsstellung der Beamten und Angestellten bleibt unberührt. Lediglich die fachliche Weisungsbefugnis geht auf den Geschäftsführer der [X.] über (siehe unten Ziffer 3).

        

2.    

Die Agentur für Arbeit F stellt das Personal im Wege eines Dienstleistungsüberlassungsvertrages, der mit der Geschäftsführung der [X.] abgeschlossen wird.

        

3.    

Die Geschäftsführung der [X.] obliegt dem/der noch zu bestellenden Geschäftsführer/in (§ 44b Abs. 2 SGB II). Der/die Geschäftsführer/in der [X.] soll hinsichtlich der Mitarbeiter/innen nur die fachliche Weisungsbefugnis erhalten, d. h. ihm/ihr wird durch die Vertragspartner das Direktionsrecht hinsichtlich der Arbeitspflicht zur Ausführung der übertragenen Aufgaben bzw. das fachliche Weisungsrecht übertragen. Die Vertragspartner bleiben Dienstvorgesetzte ihrer jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. …

        

4.    

Art, Umfang und Q[X.]lifikation des von der [X.] benötigten Personals werden in einem Kapazitäts- und Q[X.]lifikationsplan festgelegt. Die Grundlage hierfür bilden die als Anlagen beigefügten Stellenprofile. Bei der Festlegung ist auf eine möglichst hohe Kontinuität bei der Aufgabenwahrnehmung zu achten. … Der Kapazitäts- und Q[X.]lifikationsplan ist Bestandteil des [X.] (siehe Anhang 2 Ziffer 1) und wird diesem als Anlage beigefügt. Die Tarifierung der Mitarbeiter der Agentur für Arbeit F in der [X.] werden durch diese Regelung nicht berührt.“

3

Die [X.] verfügte mit Ausnahme des Geschäftsführers über kein eigenes Personal. Der Geschäftsführer konnte den zugewiesenen Arbeitnehmern fachliche Weisungen erteilen, hatte aber keine weitergehenden Kompetenzen im personellen und [X.] Bereich.

4

Die Beklagte und der Personalrat ihres Jugend- und Sozialamts regelten am 15. März 2005 in einer Rahmenvereinbarung [X.]. Folgendes:

        

„§ 6   

        

Sicherung der Interessenvertretung

        

(1)     

Die bei der [X.] eingesetzten städtischen Beschäftigten bleiben unverändert weiterhin Arbeitnehmer/innen und Beamte/innen des Jugend- und Sozialamtes. Sie haben somit gegenüber dem Arbeitgeber/Dienstherr [X.] F Anspruch auf Erfüllung ihrer arbeits- bzw. beamtenrechtlichen Ansprüche. Insbesondere gehören diese Bediensteten auch weiterhin zu den Beschäftigten im Sinne der §§ 3 ff. [X.]. Das [X.] wie auch die Bestimmungen des [X.] und des [X.] (Schwerbehindertenrecht) und die dort geregelten Beteiligungs- und Informationsrechte gelten daher unvermindert fort. Der Personalrat des Jugend- und Sozialamtes bleibt weiterhin die für sie zuständige Interessenvertretung.

        

…“    

5

Am 12. Febr[X.]r 2008 schlossen die Beklagte und der Kläger einen Arbeitsvertrag für die [X.] vom 1. April 2008 bis zum 31. Dezember 2010. In § 4 des Vertrags ist geregelt, dass die Probezeit gemäß § 30 Abs. 4 [X.] sechs Monate beträgt. Die Beklagte wies den Kläger mit seinem Einverständnis der [X.] zur Dienstleistung zu. Bei dieser fand am 13. August 2008 eine Betriebsratswahl statt, nachdem das [X.] den Antrag der [X.] auf Abbruch der Wahl mit Beschluss vom 31. Juli 2008 (- 14 [X.]/08 -) zurückgewiesen hatte und die Beschwerde der [X.] gegen diesen Beschluss am 7. August 2008 vor dem [X.] (- 9 [X.] 188/08 -) keinen Erfolg hatte. Die [X.], der zum [X.]punkt der Betriebsratswahl ca. 400 Arbeitnehmer zugewiesen bzw. überlassen waren, focht die Wahl beim Arbeitsgericht an.

6

Die Beklagte kündigte mit einem dem Kläger am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 22. September 2008 das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Oktober 2008. Vor der Kündigung hatte die Beklagte den Personalrat ihres Jugend- und Sozialamts beteiligt. Den am 13. August 2008 bei der [X.] gewählten Betriebsrat hatte sie nicht angehört. Das [X.] erklärte mit Beschluss vom 3. September 2009 (- 9 [X.]) die von der [X.] gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG angefochtene Betriebsratswahl für ungültig. Die Nichtigkeit der Wahl stellte es nicht fest.

7

Der Kläger hat gemeint, die Kündigung der Beklagten vom 22. September 2008 sei gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hätte vor der Kündigung den am 13. August 2008 gewählten Betriebsrat der [X.] anhören müssen. Die erfolgreiche Anfechtung der Betriebsratswahl habe nach Abschluss des [X.] nur für die Zukunft gewirkt.

8

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. September 2008 nicht aufgelöst worden ist.

9

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, sie habe als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 130 BetrVG vor der Kündigung nicht den bei der [X.] gewählten Betriebsrat, sondern nur den bei ihrem Jugend- und Sozialamt errichteten Personalrat beteiligen müssen. Mit der [X.] F habe sie zur Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende keinen gemeinsamen Betrieb iSd. Betriebsverfassungsgesetzes unterhalten.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr deshalb zu Unrecht stattgegeben.

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der [X.] vom 22. September 2008 gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 [X.] nach Ablauf der Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsschluss und damit zum 31. Oktober 2008 aufgelöst worden. Das Kündigungsschreiben der [X.] ist dem zum 1. April 2008 von der [X.] eingestellten Kläger noch am 22. September 2008 zugegangen. Die Kündigung ist damit innerhalb der im Arbeitsvertrag vereinbarten sechsmonatigen Probezeit erklärt worden. Entgegen der Ansicht des [X.] und der Annahme des [X.] ist die Kündigung nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] unwirksam. Die Beklagte musste vor der Kündigung nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 [X.] den bei der [X.] am 13. August 2008 gewählten Betriebsrat anhören.

1. Allerdings hätte der am 13. August 2008 bei der [X.] gewählte Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor der Kündigung angehört werden müssen, wenn die [X.] Arbeitgeberin des [X.] gewesen wäre. Das [X.] hat mit Beschluss vom 3. September 2009 die von der [X.] angefochtene [X.] vom 13. August 2008 zwar für ungültig erklärt. Es hat jedoch nicht die Nichtigkeit dieser Wahl festgestellt. Die erfolgreiche Anfechtung der [X.] hatte damit [X.], sondern wirkte nur für die Zukunft ([X.] 13. März 1991 - 7 [X.] - [X.]E 67, 316, 318; 29. Mai 1991 - 7 [X.] - [X.]E 68, 74; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] 25. Aufl. § 19 Rn. 49; [X.] in [X.] [X.] 12. Aufl. § 19 Rn. 62; [X.]/[X.]. § 19 Rn. 21). Die Ungültigkeit der [X.] vom 13. August 2008 hätte der Durchführung des Anhörungsverfahrens deshalb nicht entgegengestanden. Die [X.] war jedoch nicht Arbeitgeberin des [X.]. Dieser hat den Arbeitsvertrag vom 12. Februar 2008 mit der [X.] geschlossen.

2. Entgegen der Ansicht des [X.] war der am 13. August 2008 bei der [X.] gewählte Betriebsrat nicht deshalb gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor der Kündigung zu hören, weil der Kläger zum Kündigungszeitpunkt in einem gemeinsamen Betrieb der [X.] und der [X.] beschäftigt war. Die Beklagte und die [X.] haben zur Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende keinen gemeinsamen Betrieb iSd. [X.]es und des Kündigungsschutzgesetzes unterhalten. Sie haben vielmehr zu diesem Zweck die [X.] als Gemeinschaftsunternehmen gegründet, der sie Personal zugewiesen bzw. überlassen haben.

a) Der Umstand, dass der am 13. August 2008 bei der [X.] gewählte Betriebsrat erst mit der rechtsgestaltenden Feststellung der Ungültigkeit der [X.] durch das [X.] am 3. September 2009 (- 9 [X.]) sein Amt verloren hat, rechtfertigt zwar die Annahme, dass jedenfalls bis zu diesem [X.]punkt auch vom Bestehen eines Betriebs iSd. [X.]es auszugehen ist, jedoch nicht den Schluss, dass der Betriebsrat für einen gemeinsamen Betrieb der [X.] und der [X.] gewählt worden ist.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.] 14. Dezember 1994 - 7 [X.] - [X.]E 79, 47; 24. Januar 1996 - 7 [X.] - [X.]E 82, 112), der sich das [X.] angeschlossen hat (BVerwG 13. Juni 2001 - 6 P 8.00 - BVerwGE 114, 313), ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen [X.] gesteuert wird. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in [X.] und personellen Angelegenheiten erstrecken. Zu den wesentlichen, betriebsverfassungsrechtlich relevanten Entscheidungen eines Arbeitgebers gehören zB Einstellungen, Entlassungen, Versetzungen oder die Anordnung von Überstunden ([X.] 9. Aufl. § 1 Rn. 49).

aa) An einem gemeinsamen Betrieb müssen nicht ausschließlich (juristische) Personen des Privatrechts, sondern können auch Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sein (vgl. BVerwG 13. Juni 2001 - 6 P 8.00 - BVerwGE 114, 313). Maßgebend ist, dass sich die Betriebsführung auf der Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung vollzieht (vgl. [X.] 24. Januar 1996 - 7 [X.] - [X.]E 82, 112).

bb) Ob eine einheitliche Leitung hinsichtlich wesentlicher Arbeitgeberbefugnisse praktiziert wird, entscheidet die innerbetriebliche Entscheidungsfindung und deren innerbetriebliche Umsetzung in personellen und [X.] Angelegenheiten, durch die der jeweilige arbeitstechnische Zweck verfolgt wird ([X.] 24. Januar 1996 - 7 [X.] - [X.]E 82, 112, 120). Die für die einheitliche Leitung in allen wesentlichen personellen und [X.] Angelegenheiten erforderliche, ausdrücklich oder konkludent getroffene Leitungsvereinbarung führt nicht zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsträgers ([X.] in [X.] [X.] 12. Aufl. § 1 Rn. 62 und Rn. 66). Die Rechtsfigur des gemeinschaftlichen Betriebs mehrerer Unternehmen wäre ansonsten entbehrlich ([X.] 24. Januar 1996 - 7 [X.] - aaO; BVerwG 13. Juni 2001 - 6 P 8.00 - BVerwGE 114, 313).

cc) Diese zum Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten auch nach dem Inkrafttreten des [X.] 2001 weiter ([X.] 11. Februar 2004 - 7 [X.] - [X.]E 109, 332; 25. Mai 2005 - 7 [X.] - EzA [X.] 2001 § 1 Nr. 3). Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 [X.] in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des [X.] vom 23. Juli 2001 den Begriff des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nicht eigenständig definiert. Er hat unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs geregelt, dass unter den genannten Voraussetzungen ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen - widerlegbar - vermutet wird. Das ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] der Fall, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden.

c) An den Merkmalen eines Gemeinschaftsbetriebs gemessen hat zum Kündigungszeitpunkt kein gemeinsamer Betrieb der [X.] und der [X.] als betriebsratsfähige Organisationseinheit bestanden. Vielmehr haben die Beklagte und die [X.] zur Ausgestaltung und Organisation ihrer [X.] gemäß § 44b [X.] als Gemeinschaftsunternehmen die [X.] gegründet und dieser zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe, die Grundsicherung für Arbeitssuchende zu gewährleisten, jeweils eigenes Personal zur Verfügung gestellt. Die Vermutungsregel des § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.], wonach ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen dann vermutet wird, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden, hilft dem Kläger deshalb nicht weiter.

aa) Im Kooperationsvertrag haben die Beklagte und die [X.] ua. geregelt, dass Dienstherr bzw. Arbeitgeber der entsandten Beamten und Angestellten der bisherige Dienstherr bzw. Arbeitgeber bleibt, die [X.] nicht dienstherrenfähig ist und nur die fachliche Weisungsbefugnis auf den Geschäftsführer der [X.] übergeht. Anhaltspunkte dafür, dass entgegen den Vereinbarungen im Kooperationsvertrag ein einheitlicher [X.] geschaffen wurde, der den Einsatz der Arbeitnehmer, die der [X.] zur Erfüllung ihrer Aufgaben von der [X.] und der [X.] zugewiesen bzw. überlassen worden sind, tatsächlich gesteuert hat und dass sich diese einheitliche Leitung auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in den personellen und [X.] Angelegenheiten erstreckt hat, liegen nicht vor. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass [X.] der Arbeitgeberfunktionen im personellen und [X.] Bereich nicht jeweils für ihre der [X.] zugewiesenen bzw. überlassenen Arbeitnehmer von der [X.] oder der [X.], sondern einheitlich vom Geschäftsführer der [X.] wahrgenommen worden ist. Der Kläger hat dies auch nicht behauptet. Wo aber für die [X.] nichts zu entscheiden war, gab es für den bei ihr gewählten Betriebsrat auch nichts mitzubestimmen (vgl. [X.] 23. Juni 2009 - 1 [X.] - Rn. 23, [X.] [X.] 1972 Einstellung § 99 Nr. 59 = [X.] 100 [X.]-AT § 2 Mitbestimmung Nr. 5).

bb) Aber auch dann, wenn die im Kooperationsvertrag vereinbarte getrennte Ausübung der wesentlichen Arbeitgeberbefugnisse nicht praktiziert worden wäre, sondern die [X.] diese Befugnisse einheitlich ausgeübt hätte, hätten die Beklagte und die [X.] keinen gemeinsamen Betrieb iSd. Betriebsverfassungs- und des Kündigungsschutzgesetzes unterhalten. Die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen wären in diesem Fall von dem von der [X.] und der [X.] gegründeten Gemeinschaftsunternehmen „[X.]“ wahrgenommen worden (vgl. zur Abgrenzung des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen von einem Gemeinschaftsunternehmen Bonanni Der gemeinsame Betrieb mehrerer Unternehmen 2003 S. 89 und [X.] Der gemeinsame Betrieb mehrerer Unternehmen 1993 S. 75 ff.). Bei dem Betrieb eines [X.] handelt es sich jedenfalls dann betriebsverfassungsrechtlich nicht um einen gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen, sondern um den Betrieb eines eigenen Unternehmens, wenn das Gemeinschaftsunternehmen nach außen rechtsgeschäftlich handelt und damit am Rechtsverkehr teilnimmt. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag nicht mit dem Gemeinschaftsunternehmen, sondern mit den Beteiligungsunternehmen abschließen, dem Gemeinschaftsunternehmen jedoch zur Beschäftigung zugewiesen bzw. überlassen sind ([X.] in [X.] [X.] 12. Aufl. § 1 Rn. 62).

cc) Der Hinweis des [X.] auf den Beschluss des [X.]s vom 13. Juni 2001 (- 6 P 8.00 - BVerwGE 114, 313) hilft ihm nicht weiter. Diese Entscheidung, mit der sich das [X.] ausdrücklich der ständigen Rechtsprechung des [X.] zu den Merkmalen eines gemeinsamen Betriebs angeschlossen hat, betraf einen anderen Sachverhalt. In jenem Fall haben die Mitarbeiter eines privaten Forschungsinstituts und des Instituts einer Körperschaft öffentlichen Rechts im Gegensatz zu den Arbeitnehmern und Beamten der [X.] und der [X.] in einem gemeinsamen Betrieb zusammengewirkt, wobei [X.] der Arbeitgeberfunktionen in personellen und [X.] Angelegenheiten von einer gemeinsamen Institutsleitung wahrgenommen worden ist.

3. Aus der in § 44b [X.] in der vom 1. August 2006 bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung vom 20. Juli 2006 (§ 44b [X.] aF) geregelten Organisation und Ausgestaltung der [X.]en zur Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende folgt nicht, dass der am 13. August 2008 bei der [X.] gewählte Betriebsrat vor der Kündigung angehört werden musste.

a) Nach § 44b Abs. 1 Satz 1 [X.] aF haben die Träger der Leistungen nach dem [X.] zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge [X.]en zu errichten. Die Geschäfte der [X.] führt gemäß § 44b Abs. 2 Satz 1 [X.] aF ein Geschäftsführer, der die [X.] nach § 44b Abs. 2 Satz 2 [X.] aF außergerichtlich und gerichtlich vertritt. Soweit die [X.] privatrechtlich organisiert ist, gilt für ihre Arbeitnehmer das [X.]. Sind der [X.] Arbeitnehmer eines Trägers der Leistungen nach dem [X.] zur Dienstleistung zugewiesen bzw. überlassen, ohne dass ihr bezüglich dieser Arbeitnehmer die wesentlichen Arbeitgeberbefugnisse im personellen und [X.] Bereich übertragen worden sind, kann aus der Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung in § 44b Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] aF nicht abgeleitet werden, dass dem Geschäftsführer gegenüber den zugewiesenen bzw. überlassenen Arbeitnehmern die wesentlichen Arbeitgeberbefugnisse in personellen und [X.] Angelegenheiten zustehen (aA wohl [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] 25. Aufl. § 5 Rn. 271).

b) Hat ein Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag mit einem öffentlichen Arbeitgeber geschlossen und ist er einer privatrechtlich organisierten [X.] gemäß § 44b [X.] aF zur Dienstleistung zugewiesen worden, ohne dass dieser die Kernfunktionen eines Arbeitgebers im personellen und [X.] Bereich übertragen worden sind, unterscheidet sich die betriebsverfassungsrechtlich relevante Situation dieses Arbeitnehmers nicht wesentlich von der eines Leiharbeitnehmers.

aa) Ein Leiharbeitnehmer bleibt gemäß § 14 Abs. 1 [X.] auch während der [X.] seiner Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehöriger des entsendenden Betriebs des Verleihers. Allerdings regelt § 14 [X.] die betriebsverfassungsrechtlichen Besonderheiten unmittelbar nur für die erlaubte gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Das Gesetz trägt mit dieser Regelung der für die Arbeitnehmerüberlassung typischen Aufspaltung der [X.]. Zu einer solchen Aufspaltung kommt es aber auch bei anderen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes (vgl. [X.] in Schüren-[X.] [X.] 4. Aufl. § 14 Rn. 437).

bb) Ebenso wenig wie bei einem Leiharbeitnehmer (vgl. [X.] 15. Dezember 1992 - 1 [X.] - [X.]E 72, 107; [X.] 9. Aufl. § 5 Rn. 66) darf die Spaltung der Arbeitgeberstellung zu einem Verlust des durch das [X.] und die Personalvertretungsgesetze gewährleisteten Schutzes von Arbeitnehmern führen, die von einem öffentlichen Arbeitgeber einer privatrechtlich organisierten [X.] zur Dienstleistung überlassen werden. Welche Beteiligungsrechte in einem solchen Fall jeweils dem Betriebsrat oder dem Personalrat zustehen, richtet sich nach dem Zweck des Beteiligungsrechts und danach, welche Belange des Arbeitnehmers und welche Interessen der beim öffentlichen Arbeitgeber oder der bei der [X.] Beschäftigten berührt werden (vgl. für Leiharbeitnehmer [X.] 15. Dezember 1992 - 1 [X.] - aaO). Die Zuständigkeit des Personalrats oder des Betriebsrats für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten hängt bezüglich der von einem öffentlichen Arbeitgeber einer privatrechtlich organisierten [X.] überlassenen Arbeitnehmer damit vom Gegenstand des Mitbestimmungsrechts und der darauf bezogenen Entscheidungsmacht ab (vgl. für Leiharbeitnehmer [X.] 19. Juni 2001 - 1 ABR 43/00 - [X.]E 98, 60). Verbleiben bei dem öffentlichen Arbeitgeber, wie dies bei der [X.] der Fall war, die den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses betreffenden materiellen Entscheidungsbefugnisse, hat dies zur Folge, dass er den bei ihm errichteten Personalrat bei der Ausübung solcher Befugnisse zu beteiligen hat. Dieser vertritt ihm gegenüber auch die Interessen der einer privatrechtlich organisierten [X.] zugewiesenen Arbeitnehmer. Insoweit ist in § 6 der Rahmenvereinbarung vom 15. März 2005 zutreffend eine Zuständigkeit des beim Jugend- und Sozialamt der [X.] errichteten Personalrats festgehalten. Darüber, dass der beim Jugend- und Sozialamt der [X.] errichtete Personalrat vor der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden ist, besteht kein Streit. Der Kläger macht auch nicht geltend, dass die Beklagte sowohl den Personalrat ihres Jugend- und Sozialamts als auch den am 13. August 2008 bei der [X.] gewählten Betriebsrat vor der Kündigung hätte anhören müssen.

cc) Beziehen sich die Entscheidungsbefugnisse nicht auf den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, kommen allerdings Beteiligungsrechte des bei einer privatrechtlich organisierten [X.] gebildeten Betriebsrats auch bezüglich der zugewiesenen bzw. überlassenen Arbeitnehmer in Betracht. Soweit von der privatrechtlich organisierten [X.] in personellen und [X.] Angelegenheiten tatsächlich materielle Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen werden und damit bei dieser die für die Ausübung des Beteiligungsrechts wesentlichen Konfliktlagen auftreten, ist der dort gebildete Betriebsrat zuständig und vertritt insoweit die Interessen der zugewiesenen Arbeitnehmer (vgl. [X.] 9. Aufl. § 5 Rn. 66; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] 25. Aufl. § 5 Rn. 311a).

4. Weder die Entscheidung des [X.] vom 20. Dezember 2007 (- 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - [X.] 119, 331) noch die zum 4. August 2009 erfolgte Anfügung von Satz 3 in § 5 Abs. 1 [X.] geben ein anderes Ergebnis vor.

a) Das [X.] hat zwar am 20. Dezember 2007 (- 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - [X.] 119, 331) und damit vor dem Kündigungszeitpunkt entschieden, dass [X.]en gemäß § 44b [X.] aF dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung widersprechen, der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, seine Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen. Für die Frage, ob die Beklagte den bei der [X.] am 13. August 2008 gewählten Betriebsrat vor der Kündigung vom 22. September 2008 anhören musste, ist diese Entscheidung jedoch schon deshalb ohne jede Bedeutung, weil das [X.] die weitere Anwendung des § 44b [X.] aF bis zu einer gesetzlichen Neuregelung (vgl. zu dieser Neuregelung einerseits [X.] 2011, 124, andererseits [X.] 2011, 126), längstens bis zum 31. Dezember 2010, zugelassen hat.

b) Das Gesetz zur Errichtung eines [X.] für Flugsicherung und zur Änderung und Anpassung weiterer Vorschriften vom 29. Juli 2009 ([X.]I S. 2424) hat zum 4. August 2009 § 5 Abs. 1 [X.] den Satz 3 angefügt, wonach als Arbeitnehmer ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten gelten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Diese erst nach dem Kündigungszeitpunkt in das [X.] eingefügte Regelung führt jedoch nicht dazu, dass die vor der Neuregelung erfolgte Kündigung der [X.] vom 22. September 2008 mangels Anhörung des am 13. August 2008 bei der [X.] gewählten Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] unwirksam ist. Im Übrigen begründet die Fiktion in § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.] kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, wo der Betriebsinhaber weder materiell noch formell etwas zu entscheiden hat (vgl. [X.] 23. Juni 2009 - 1 [X.] - Rn. 23, [X.] [X.] 1972 § 99 Einstellung Nr. 59 = [X.] 100 [X.]-AT § 2 Mitbestimmung Nr. 5). Die Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung vor Ablauf der Probezeit oblag nicht der [X.], sondern allein der [X.].

II. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Jerchel    

        

    Augat    

                 

Meta

6 AZR 132/10

09.06.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 22. Januar 2009, Az: 1 Ca 7211/08, Urteil

§ 102 Abs 1 S 1 BetrVG, § 1 Abs 2 Nr 1 BetrVG, § 44b SGB 2 vom 20.07.2006

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2011, Az. 6 AZR 132/10 (REWIS RS 2011, 5874)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5874

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 Sa 178/21

4 Sa 177/21

11 Sa 34/16

12 TaBV 48/15

10 Sa 686/21

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