Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.03.2013, Az. 7 ABR 70/11

7. Senat | REWIS RS 2013, 7419

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Gegenstand

(Betriebsratswahl - unwirksamer Tarifvertrag nach § 3 Abs 1 Nr 3 BetrVG - Wahlanfechtung)


Leitsatz

Die mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG eröffnete Möglichkeit, durch Tarifvertrag vom Gesetz abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen zu bestimmen, setzt einen Zusammenhang zwischen vornehmlich organisatorischen oder kooperativen Rahmenbedingungen auf Arbeitgeberseite und der wirksamen sowie zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer voraus. Fehlt es hieran, ist der Tarifvertrag unwirksam.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Regionalbetriebsrats und die Anschlussrechtsbeschwerde der zu 1. und zu 2. beteiligten Unternehmen gegen den Beschluss des [X.] vom 27. Mai 2011 - 4 [X.] - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die zu 1. und zu 2. beteiligten Unternehmen machen in erster [X.]nie die Nichtigkeit, hilfsweise die Unwirksamkeit einer am 19. März 2010 durchgeführten [X.] geltend, aus der der zu 3. beteiligte [X.] hervorgegangen ist.

2

Das zu 1. beteiligte Unternehmen (künftig: [X.]) ist das [X.] [X.]ochterunternehmen der [X.] Group (ehemals [X.]), einem internationalen Anbieter von [X.]. [X.]s ist vor allem in den Bereichen des Geschäftsreise-, Reisekosten- sowie [X.]vent- und [X.] tätig. Sein [X.]auptsitz ist in [X.] [X.]s unterhält bundesweit Betriebe und Betriebsstätten, in denen ca. 715 Mitarbeiter beschäftigt sind.

3

Das zu 2. beteiligte Unternehmen (künftig: [X.]) ist eine 51%ige [X.]ochtergesellschaft der [X.] mit Sitz in [X.] und dort beschäftigten 9 Mitarbeitern. [X.]s bietet vor allem Sport- und [X.]anreisen im Zusammenhang mit Spielen der [X.]n [X.]ußballnationalmannschaft an.

4

Am 11. April 2002 schlossen die [X.] L R Gmb[X.] & Co. KG als Rechtsvorgängerin der [X.], die [X.] und weitere mit ihnen verbundene Unternehmen mit der [X.] ([X.]) einen [X.]arifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen ([X.]V [X.]BS 2002). Dieser sah [X.]. die Zusammenfassung näher bezeichneter Betriebe und Betriebsstätten aller Unternehmen zu [X.] vor, in denen jeweils ein [X.] zu wählen ist. Im Zeitpunkt des Abschlusses des [X.]V [X.]BS 2002 waren die Betriebe der beteiligten Unternehmen noch durch Regionalleitungen geführt. Insoweit sind in einem von [X.] und [X.] zur Akte gereichten Organigramm beim sog. „Client Services D“ die Regionen „Süd“, „[X.]/[X.]“ und „Nord/[X.]“ mit jeweils zuständigen „[X.]“ und „[X.]“ angeführt. Mit Wirkung ab 1. April 2004 wurden die Regionalleitungen abgeschafft und ausweislich eines Organigramms vom selben Datum die unternehmerische Leitung bei [X.] nach Geschäftsfeldern strukturiert.

5

Der nach dem Ausscheiden eines am [X.]V [X.]BS 2002 beteiligten Unternehmens aus der Unternehmensgruppe zwischen [X.] (damals noch [X.] L R Gmb[X.] & Co. KG), [X.] sowie fünf weiteren konzernangehörigen Unternehmen und [X.] neu geschlossene [X.]arifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen vom 25. Oktober 2004 ([X.]V [X.]BS 2004) lautet auszugsweise ([X.]inweis: auch § 3 dieses [X.]arifvertrags ist exakt wiedergegeben):

        

„…    

        

wird in Ausgestaltung des § 3 Abs 1 Ziff. 1b) und Ziff. 3 [X.] nachfolgender [X.]arifvertrag zur Bildung gemeinsamer Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen der [X.] vereinbart.

        

Die Unternehmen der [X.] unterhalten zum [X.]eil gemeinsame Betriebe an verschiedenen Standorten in der [X.]. Sie unterhielten gemeinsame Betriebe auch mit der K Gmb[X.], die nach [X.] im Konzern nicht mehr der Unternehmensgruppe angehört. Aus diesem Grund hatten die Unternehmen der [X.] und die K Gmb[X.] den [X.]arifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsstrukturen vom 11.04.2002 am 17.02.2004 außerordentlich gekündigt. Gemeinsame Betriebe mit der K Gmb[X.] unterhalten die Unternehmen der [X.] nicht mehr. Der vorliegende [X.]arifvertrag dient der Anpassung der Betriebsratsstrukturen in der [X.] bei gleichzeitiger [X.]ortführung der Regionalstruktur und eines einheitlichen Gesamtbetriebsrates innerhalb der Unternehmensgruppe.

                 
        

§ 1 Geltungsbereich

        

Dieser [X.]arifvertrag gilt

                 

●       

räumlich auf dem Gebiet der [X.] Deutschland

                 

●       

fachlich für alle Betriebsstätten der im Rubrum genannten Unternehmen

                 

●       

persönlich für alle Arbeitnehmer/-innen im Sinne des § 5 Abs. 1 [X.]

                                   
        

§ 2 Zweck

        

Dieser [X.]arifvertrag fördert mit der Bildung von [X.] und eines gemeinsamen Gesamtbetriebsrates die sachgerechte Wahrnehmung der gesetzlichen Arbeitnehmerinteressen.

        

Die auf Grund dieses [X.]arifvertrages gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten gelten als Betriebe i.S. des [X.]. Der [X.] anderer Gesetze, insbesondere des [X.], wird dagegen von dieser Vereinbarung nicht berührt. Auf die nach diesem [X.]arifvertrag gebildeten Arbeitnehmervertretungen finden die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrates und die Rechtsstellung seiner Mitglieder nach dem [X.] Anwendung.

                 
        

§ 3 [X.]

                 

Die einzelnen Betriebsstätten der im sachlichen Geltungsbereich genannten Unternehmen werden in [X.] zusammengefasst. Die Zuordnung erfolgt gemäß der einen wesentlichen Bestandteil dieses [X.]arifvertrages bildenden Anlage (1).

                 

Neu hinzukommende Betriebsstätten, in denen ein Betriebsrat errichtet ist, werden den jeweiligen Regionen bei der nächsten regelmäßigen [X.] zugeordnet. Abweichungen hiervon können durch [X.]rgänzungen zu diesem [X.]austarifvertrag vereinbart werden, wenn dies einer sachgerechten Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen dient und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertreter der hinzukommenden Betriebsstätte dies mehrheitlich befürworten.

                 

Neu hinzukommende Betriebsstätten, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, werden sofort den jeweiligen Regionen zugeordnet.

        

(4)     

Die Beschäftigten in den [X.] wählen gemäß [X.] je einen [X.].

        

…       

        

§ 5 Gesamtbetriebsrat

        

[X.]ür die vom Geltungsbereich dieses [X.]arifvertrages erfassten Unternehmen wird ein einheitlicher Gesamtbetriebsrat im Sinne des § 47 Abs. 1 [X.] errichtet.

        

[X.]ür die [X.]ntsendung in den Gesamtbetriebsrat gelten die gesetzlichen Bestimmungen des § 47 Abs. 2 und 3 [X.].

        

…       

        

§ 7 [X.]ufzeit

        

Dieser [X.]arifvertrag tritt mit Unterzeichnung in [X.] und ersetzt den [X.]arifvertrag vom 11.04.2002.

        

Der vorliegende [X.]arifvertrag schreibt die Betriebsratsstrukturen des [X.]arifvertrages vom 11.04.2002 fort. [X.] gelten als solche weiter. Neuwahlen sind in den Regionen Südwest 1 und Südwest 2 einzuleiten. Im übrigen sind in keiner der Regionen außerhalb des für die regelmäßigen [X.] festgelegten Zeitraums erforderlich, weil die Voraussetzungen für Neuwahlen nach § 13 [X.] nicht vorliegen und die Regionen ihre Identität behalten. Soweit einzelne Mitglieder der bestehenden regionalen Betriebsratsgremien ausscheiden, weil sie bei der K Gmb[X.] angestellt sind, rücken [X.]rsatzmitglieder nach den gesetzlichen Bestimmungen nach.

        

Dieser [X.]arifvertrag ist mit einer [X.]rist von 6 Monaten zum Q[X.]rtalsende erstmals zum 31. März 2006 ordentlich kündbar.

        

…       

        

Im [X.]alle einer Kündigung wirkt der [X.]arifvertrag nicht nach.

        

…“    

6

Die von allen [X.]arifvertragsparteien unterzeichnete Anlage (1) zum [X.]V [X.]BS 2004 weist neun „[X.]“ aus, [X.]. die [X.] mit 14 Betriebsstätten der [X.] - fünf in [X.], eine in [X.], eine in [X.], zwei in [X.], eine in M, eine in [X.]o, eine in [X.], eine in [X.], eine in [X.]e - und zwei Betriebsstätten der [X.] in [X.]. Nach Abschluss des [X.]V [X.]BS 2004 gingen vier Betriebsstätten - A, O, [X.]s und [X.] - im Zuge einer Verschmelzung der nicht an dem [X.]V [X.]BS 2004 beteiligten [X.] L R Gmb[X.] K (bis 20. März 2007 firmierend als [X.] L M R Gmb[X.]) auf die [X.] über. [X.]ür diese Betriebsstätten war ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt. Mit Schreiben vom 17. September 2009 kündigten [X.], [X.] und die anderen den [X.]V [X.]BS 2004 schließenden Unternehmen diesen zum 31. März 2010.

7

Am 4. Dezember 2009 traten die Mitglieder des nach dem [X.]V [X.]BS 2004 für die [X.] im Mai 2006 gewählten [X.]s zurück. Der daraufhin bestellte Wahlvorstand bestand aus drei bei der [X.] angestellten und in der Betriebsstätte [X.] tätigen Arbeitnehmern. Die Wahlvorstandsvorsitzende wandte sich mit Mail vom 28. Dezember 2009 an mehrere Personalverantwortliche der [X.] und teilte mit, der Wahlvorstand benötige die „aktuelle Wählerliste für die gesamte [X.] (inklusive der Mitarbeiter von [X.] [X.])“. Die Director [X.]uman Resources äußerte in ihrer Antwortmail vom 18. Jan[X.]r 2010 die Ansicht, dass wegen der Kündigung des [X.]V [X.]BS 2004 und dem vereinbarten Ausschluss seiner Nachwirkung nunmehr Betriebsräte nach den gesetzlichen Strukturen zu wählen seien. In einem Mailanhang waren die Daten der Mitarbeiter der [X.] ausgewiesen, die bestimmten - nach Auffassung der Personalleiterin iSv. §§ 1 und 4 [X.] bestehenden - Betrieben zuzuordnen sind. Nicht aufgeführt waren zwei in einer Betriebsstätte in [X.] beschäftigte Arbeitnehmer. Auf weitere Aufforderung des Wahlvorstands, der an seiner Auffassung von durchzuführenden [X.]swahlen nach dem [X.]V [X.]BS 2004 festhielt, erhielt dieser später auch die Daten der in [X.] sowie der von [X.] beschäftigten Mitarbeiter mitgeteilt. In der vom Wahlvorstand erstellten Wählerliste sind die zwei Arbeitnehmer der Betriebsstätte [X.] nicht angegeben. Die Stimmabgabe fand am 19. März 2010 statt. An ihr nahmen [X.]. die Arbeitnehmer der Betriebsstätte [X.] teil, diejenigen der Betriebsstätte [X.] dagegen nicht. Mit Mail vom 25. März 2010 wurde das Wahlergebnis bekannt gegeben. Am 26. März 2010 fand die konstituierende Sitzung des [X.]s [X.] statt.

8

In der nach dem [X.]V [X.]BS 2004 gebildeten Region Südwest 2 wurden im Jahre 2010 die [X.] in den nach §§ 1 und 4 [X.] bestehenden Betrieben durchgeführt. In den Regionen Nord und [X.] wurden im Oktober bzw. November 2009 [X.] auf der Grundlage des [X.]V [X.]BS 2004 gewählt; diese Wahlen wurden nicht angefochten. In den Regionen [X.], [X.] und Südwest 1 besteht nach [X.] Vorbringen der zu 1. und 2. beteiligten Unternehmen kein Unterschied zwischen der tarifvertraglichen und der gesetzlichen Betriebsstruktur. In den Regionen [X.] und [X.] 2 fanden die Wahlen - ebenso wie vorliegend in der [X.] - im März 2010 nach den Strukturen des [X.]V [X.]BS 2004 statt. Diese Wahlen sind von den betroffenen Arbeitgeberinnen angefochten worden.

9

[X.] und [X.] haben mit am 6. April 2010 beim Arbeitsgericht [X.]rankfurt am Main eingegangenem Schriftsatz das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet mit dem Ziel der [X.]eststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der [X.] sowie dem weiteren [X.] [X.]eststellungsantrag, dass dem gewählten ([X.] ab dem 1. April 2010 ein Übergangsmandat mit der Verpflichtung zur [X.]inleitung von Neuwahlen zukomme. Nach Verweisung des Verfahrens an das örtlich zuständige [X.] haben [X.] und [X.] die Auffassung vertreten, die [X.] hätte nicht auf der Grundlage des [X.]V [X.]BS 2004 durchgeführt werden dürfen. Wegen des Wegfalls der [X.] sei die von der gesetzlichen Betriebsverfassungsstruktur abweichende Bildung betriebsverfassungsrechtlicher Organisationseinheiten nach dem [X.]V [X.]BS 2004 nicht sachdienlich gewesen; jedenfalls sei der [X.]V [X.]BS 2004 während seiner [X.]ufzeit gegenstandslos und unwirksam geworden. Auch wegen der Kündigung des [X.]V [X.]BS 2004 zum 31. März 2010 hätten Betriebsräte in den Betrieben entsprechend der gesetzlichen Betriebsverfassung gewählt werden müssen. Ginge man davon aus, dass auf der Grundlage des [X.]V [X.]BS 2004 hätte gewählt werden dürfen, sei der tarifvertraglich festgelegte [X.] für die [X.] dennoch verkannt worden, weil die [X.]er Betriebsstätte mit ihren beiden Arbeitnehmern nicht einbezogen worden sei. Die Verkennung des [X.]s führe - ebenso wie der weitere Wahlfehler der Besetzung des Wahlvorstands ausschließlich mit Arbeitnehmern einer Betriebsstätte von [X.] - zur Nichtigkeit der Wahl. Jedenfalls sei die Wahl anfechtbar. [X.] man dies anders, stünde dem [X.] allenfalls ein Übergangsmandat mit der daraus resultierenden Verpflichtung der unverzüglichen Bestellung von [X.] zu, weil der [X.]V [X.]BS 2004 ab dem 1. April 2010 nicht mehr gelte.

[X.] und [X.] haben beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die am 19. März 2010 durchgeführte [X.] nichtig ist;

        

2.    

hilfsweise, die am 19. März 2010 durchgeführte [X.] für unwirksam zu erklären;

        

3.    

hilfsweise festzustellen, dass der Betriebsrat ab dem 1. April 2010 ein Übergangsmandat iSv. § 21a [X.] innehat und mit [X.]ntstehung dieses Übergangsmandats verpflichtet ist, unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen.

Der [X.] hat beantragt, die Anträge abzuweisen. [X.]r hat die Zulässigkeit des [X.] bezweifelt und sich auf den Standpunkt gestellt, der [X.]V [X.]BS 2004 habe als wirksam geschlossener und auch nicht unwirksam gewordener [X.] bis 31. März 2010 gegolten, so dass am 19. März 2010 die Wahl zu Recht auf seiner Grundlage durchgeführt worden sei. Die Nichteinbeziehung der beiden in der [X.]er Betriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer habe sich nicht auf das Wahlergebnis auswirken können. Im Übrigen könne die Anfechtung der Wahl nicht auf diesen [X.]ehler gestützt werden, weil die entsprechenden [X.] dem Wahlvorstand nicht mitgeteilt worden seien.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde von [X.] und [X.] hat das [X.]ndesarbeitsgericht dem [X.]ilfsantrag auf [X.]eststellung der Unwirksamkeit der [X.] stattgegeben und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom [X.]ndesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung [X.] und [X.] beantragen, erstrebt der [X.] die Wiederherstellung der erstinstanzlichen [X.]ntscheidung. [X.] und [X.] verfolgen mit ihrer innerhalb der nach § 95 Satz 1 bis 3 ArbGG gesetzten Äußerungsfrist zur Rechtsbeschwerdebegründung beim [X.] eingegangenen und zugleich begründeten [X.]rechtsbeschwerde ihr [X.]auptziel der [X.]eststellung der Wahlnichtigkeit weiter. Der [X.] beantragt, die [X.]rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde und die [X.]rechtsbeschwerde sind unbegründet.

I. Das [X.]ndesarbeitsgericht hat dem [X.]auptantrag auf [X.]eststellung der Nichtigkeit der „am 19. März 2010 durchgeführten [X.]“ nicht entsprochen. Dagegen wendet sich die zulässige [X.]rechtsbeschwerde von [X.] und [X.] ohne [X.]rfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht erkannt, dass die angegriffene [X.] nicht nichtig ist. [X.]s kann dahinstehen, ob die Wahl - sei es wegen der Unwirksamkeit des [X.]V [X.]BS 2004 oder aus anderen Gründen - unter Verkennung des [X.]s erfolgt ist. Dies führt ebenso wenig zur Nichtigkeit der [X.] wie die Annahme einer fehlerhaften Bestellung des Wahlvorstands.

1. [X.]ine [X.] ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist ein so eklatanter Verstoß gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Nicht zuletzt wegen der schwerwiegenden [X.]olgen einer von Anfang an unwirksamen [X.] kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur bei besonders krassen Wahlverstößen angenommen werden. [X.]s muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln ([X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 26, [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 9 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 5; 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 39 mwN, [X.][X.] 138, 377).

2. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Obwohl wegen der Unwirksamkeit des [X.]V [X.]BS 2004 die Wahl des [X.]s [X.] unter Verkennung des [X.]s durchgeführt wurde (siehe dazu B. II. 2. der Gründe), ist sie deshalb nicht nichtig. Auch die von [X.] und [X.] geltend gemachte fehlerhafte Zusammensetzung des Wahlvorstands ist nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl zur [X.]olge hätte.

a) Die Verkennung des [X.]s hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden [X.] zur [X.]olge (vgl. [X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 9 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 5; 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 42 mwN, [X.][X.] 138, 377). Dies gilt auch dann, wenn es um eine Verkennung der „richtigen“ Rechtsgrundlage für die Bestimmung des [X.]s geht, vorliegend also um die [X.]rage, ob in den Betrieben nach §§ 1 und 4 [X.] oder in den Organisationseinheiten nach dem [X.]V [X.]BS 2004 ein Betriebsrat zu wählen ist (vgl. zur Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung auf der Grundlage eines unwirksamen [X.]s [X.] 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 4 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 1; ebenso [X.]rfK/[X.] 13. Aufl. § 3 [X.] Rn. 13; [X.]itting 26. Aufl. § 3 Rn. 23 mwN; [X.]/Koehler NZA-RR 2009, 513; aA Spinner/[X.] [X.]S [X.] S. 375, 387 f.; [X.] NZA 2002, 483, 488 f.; diff. nach der „Schwere des Verstoßes gegen die [X.]. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.]“ [X.]rümner/Sparchholz AiB 2009, 98). Mit § 3 Abs. 1 [X.] ist - unter näher geregelten Voraussetzungen - die Möglichkeit eröffnet, durch [X.]arifvertrag von der gesetzlichen Betriebsverfassung abzuweichen. Die [X.]atbestandsvoraussetzungen hierfür sind unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe beschrieben. Bei einer [X.], die auf der Grundlage eines sog. [X.]s nach § 3 Abs. 1 [X.] durchgeführt wird, ist daher die Beurteilung seiner Wirksamkeit oder Unwirksamkeit regelmäßig mit schwierigen [X.]ragestellungen verbunden. Ist ein [X.] vereinbart, dürfen die Betriebspartner und ein die [X.] einleitender Wahlvorstand zudem grundsätzlich von dessen Rechtswirksamkeit ausgehen. Die von der [X.]rechtsbeschwerde herangezogene [X.]ntscheidung des [X.]s vom 29. April 1998 (- 7 [X.] - [X.][X.] 88, 322) besagt nichts Gegenteiliges. In dieser [X.]ntscheidung ist [X.]. ausgeführt, eine [X.] sei nichtig, wenn sie in einem Betrieb durchgeführt werde, der nach § 118 Abs. 2 [X.] nicht unter den Geltungsbereich des [X.]es falle, weil es sich um eine karitative und erzieherische [X.]inrichtung einer Religionsgemeinschaft handele; insoweit fehle es von [X.] an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer [X.] (vgl. auch [X.] 9. [X.]ebr[X.]r 1982 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.][X.] 41, 5; vgl. ferner zur Nichtigkeit eines gesetzlich nicht vorgesehenen unternehmensüberschreitenden Gesamtbetriebsrats [X.] 17. März 2010 - 7 [X.] 706/08 - Rn. 22, [X.] [X.] 1972 § 47 Nr. 18 = [X.]zA [X.] 2001 § 47 Nr. 5). Vorliegend geht es aber nicht um die [X.]rage, ob überhaupt ein Betriebsrat gebildet werden kann, sondern darum, für welchen Betrieb oder welche Repräsentationseinheit er zu wählen ist.

b) [X.]in - unterstellter - [X.]ehler bei der Bestellung des Wahlvorstands rechtfertigte gleichfalls nicht die Annahme einer Nichtigkeit der Wahl. In diesem Zusammenhang kann unentschieden bleiben, ob eine nichtige Wahlvorstandsbestellung die Nichtigkeit der Wahl zur [X.]olge hätte (ebenso offengelassen von [X.] 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 45, [X.][X.] 138, 377).

(1) Zwischen der fehlerhaften und der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist zu unterscheiden. Im [X.]all eines bloßen [X.]rrichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte [X.] kann dann zwar anfechtbar sein; sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende [X.]rrichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. [X.]rforderlich ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen [X.]rrichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. [X.]s muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a [X.] handeln (vgl. [X.] 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 47 mwN, [X.][X.] 138, 377).

(2) Um einen solchen [X.]all handelt es sich hier nicht. Zwar hätte wegen der Unwirksamkeit des [X.]V [X.]BS 2004 (siehe dazu [X.]) [X.]) der Gründe) kein Wahlvorstand für die Wahl eines [X.]s [X.] errichtet werden dürfen. Dieser Verstoß war aber nicht so offensichtlich und gravierend, dass er die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands zur [X.]olge hätte. [X.]s handelt sich nicht um eine Sachlage, bei der nicht einmal mehr der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands besteht.

II. Auch die Rechtsbeschwerde des [X.]s, mit der dieser die dem [X.] stattgebende [X.]ntscheidung des [X.]ndesarbeitsgerichts angreift, hat keinen [X.]rfolg. [X.]s kann offenbleiben, ob - wie das [X.]ndesarbeitsgericht angenommen hat - bereits die Kündigung des [X.]V [X.]BS 2004 der erneuten Wahl eines [X.]s [X.] entgegenstand. Denn jedenfalls ist die angefochtene Wahl schon deshalb unwirksam und die [X.]ntscheidung des [X.]ndesarbeitsgerichts im [X.]rgebnis richtig (§ 561 ZPO), weil der [X.]V [X.]BS 2004 unwirksam ist und daher auf seiner Grundlage keine [X.] durchgeführt werden durfte.

1. Die Wahlanfechtung ist zulässig.

a) Ihre förmlichen Voraussetzungen sind erfüllt. [X.] und [X.] sind als Arbeitgeberinnen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] anfechtungsberechtigt. Sie haben die Wahl, deren [X.]rgebnis nicht vor dem 25. März 2010 iSv. § 18 Satz 1 [X.] bekannt gemacht sein kann, mit ihrer am 6. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 [X.] angefochten. Auch ein innerhalb der [X.]rist des § 19 Abs. 2 Satz 2 [X.] bei einem örtlich unzuständigen Arbeitsgericht eingegangener Anfechtungsantrag wahrt die Anfechtungsfrist (vgl. für die Anfechtungsfrist bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat [X.] 15. Juli 1960 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] [X.] § 76 Nr. 10; zur [X.]inhaltung der Klagefrist des § 4 Satz 1 [X.] bei [X.]ingang der Klage bei einem örtlich unzuständigen Arbeitsgericht und Verweisung an das örtlich zuständige Arbeitsgericht vgl. [X.] 31. März 1993 - 2 [X.] 467/92 - zu [X.] der Gründe, [X.][X.] 73, 30).

b) [X.]ntgegen der Auffassung des [X.]s [X.] ist der Antrag nicht deshalb unzulässig, weil (vorangegangene) Wahlen von [X.] in anderen nach dem [X.]V [X.]BS 2004 gebildeten Regionen unangefochten geblieben sind. Ungeachtet dessen, dass die auf der Grundlage des [X.]V [X.]BS 2004 im März 2010 durchgeführten Wahlen in den Regionen [X.] und [X.] 2 gleichfalls angefochten worden sind, ist die Zulässigkeit einer Wahlanfechtung wegen Verkennung des tarifvertraglich gewillkürten [X.]s nicht davon abhängig, dass alle Wahlen in den gebildeten Organisationseinheiten angegriffen werden. Dies gilt umso mehr, wenn die Wahlen nicht zeitgleich, sondern - wie hier wegen der [X.] in den Regionen Nord und [X.] - zeitlich versetzt stattgefunden haben (vgl. [X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 20 bis 23, [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 9 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 5).

2. Die Wahlanfechtung ist begründet. Bei der Wahl des [X.]s [X.] wurde der [X.] verkannt. Die Wahl hätte nicht in der nach dem [X.]V [X.]BS 2004 festgelegten [X.] durchgeführt werden dürfen. Der [X.]V [X.]BS 2004 ist unwirksam. [X.]r entspricht nicht den [X.]rfordernissen des § 3 Abs. 1 [X.]. [X.]fenbleiben kann, ob er auch wegen Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit insgesamt unwirksam wäre.

a) Nach § 19 Abs. 1 [X.] kann die Wahl eines Betriebsrats angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, durch den Verstoß konnte das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflusst werden. [X.]in solcher Verstoß liegt [X.]. vor, wenn bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtliche [X.] verkannt wurde (vgl. [X.] 19. November 2003 - 7 [X.] - zu [X.] der Gründe mwN, [X.] [X.] 1972 § 19 Nr. 55 = [X.]zA [X.] 2001 § 19 Nr. 1). Gleiches gilt, wenn eine [X.] unter Anwendung eines unwirksamen [X.]arifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] durchgeführt wurde (vgl. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 11, [X.][X.] 131, 277) oder der Wahlvorstand bei der Anwendung eines wirksamen [X.]arifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] die danach maßgebliche betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit verkannt hat (vgl. [X.] 21. September 20117 [X.] - Rn. 29, [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 9 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 5).

b) [X.]iernach ist die streitbefangene Wahl anfechtbar. Sie hat unter Anwendung eines unwirksamen [X.]arifvertrags stattgefunden. Der [X.]V [X.]BS 2004 legt von der gesetzlichen Betriebsverfassung abweichende Strukturen fest, ohne den hierfür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen zu genügen.

aa) Der [X.]V [X.]BS 2004 bestimmt andere als die gesetzlichen Betriebsverfassungsstrukturen.

(1) Die Wahl von [X.] erfolgt nach § 1 Abs. 1 [X.] grundsätzlich in den Betrieben. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und § 4 [X.] enthalten Regelungen zu gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen und zu Betriebsteilen und Kleinstbetrieben.

(2) [X.]iervon abweichend sind im [X.]V [X.]BS 2004 Organisationseinheiten festgelegt, in denen [X.] gewählt werden. Die Organisationseinheiten sind geografisch-regional bezeichnet und einerseits statisch durch die Aufzählung der der jeweiligen Region zugehörigen Betriebsstätten (vgl. § 3 Satz 1 und Satz 2 [X.]V [X.]BS 2004 iVm. dessen Anlage (1)), andererseits dynamisch durch die Bestimmungen über neu hinzukommende Betriebsstätten (vgl. § 3 Satz 3 bis 5 [X.]V [X.]BS 2004) beschrieben. Nach der Anlage (1) zum [X.]V [X.]BS 2004 sind in den Regionen Nord, [X.] und [X.] 2 Betriebsstätten jeweils zweier Unternehmen zusammengefasst. Außerdem wird gemäß § 5 [X.]V [X.]BS 2004 „für die vom Geltungsbereich dieses [X.]arifvertrages erfassten Unternehmen“ - also nach § 1 letzter Punkt des [X.]V [X.]BS 2004 für die den [X.]arifvertrag schließenden Unternehmen - ein einheitlicher Gesamtbetriebsrat „im Sinne des § 47 Abs. 1 [X.] errichtet“. Auch diese Bildung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats weicht von der gesetzlichen Betriebsverfassung ab (vgl. zu einem Verstoß gegen § 47 [X.] bei der gemeinsamen Bildung eines Gesamtbetriebsrats für verschiedene Unternehmen [X.] 17. März 2010 - 7 [X.] 706/08 - Rn. 15 ff., [X.] [X.] 1972 § 47 Nr. 18 = [X.]zA [X.] 2001 § 47 Nr. 5 im [X.] an [X.] 13. [X.]ebr[X.]r 2007 - 1 [X.] 184/06 - Rn. 19 mwN, [X.][X.] 121, 168).

[X.]) Die abweichenden Regelungen sind unwirksam. Der [X.]V [X.]BS 2004 entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 3 Abs. 1 [X.].

(1) Die Möglichkeit einer vom Gesetz abweichenden Ausgestaltung der Repräsentationsstrukturen der Arbeitnehmer in der Betriebsverfassung ist den [X.]arifvertragsparteien nur in dem durch § 3 Abs. 1 [X.] bestimmten Umfang eröffnet. Danach können durch [X.]arifvertrag unter bestimmten Voraussetzungen unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Betriebsräte (Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b), [X.] (Nr. 2) oder andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen (Nr. 3) bestimmt werden. Die vereinbarten [X.]arifnormen gelten auch für die Arbeitnehmer, die nicht Mitglieder der abschließenden [X.] sind. Nach § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 [X.]VG ist für die unmittelbare und zwingende Wirkung von betriebsverfassungsrechtlichen [X.]arifnormen die [X.]arifbindung des Arbeitgebers ausreichend (vgl. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 15, [X.][X.] 131, 277). § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] ist verfassungsgemäß. Die Vorschrift verstößt nicht gegen die negative Koalitionsfreiheit der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer und beruht auf einer ausreichend legitimierten Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnisse (ausf. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 16 ff., aaO). Die betriebsverfassungsrechtlichen [X.]arifnormen treten in ihrem Geltungsbereich aber nur dann an die Stelle der im [X.] enthaltenen organisatorischen Bestimmungen, wenn sie den Anforderungen des § 3 Abs. 1 [X.] genügen. Die Gültigkeit eines nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] abgeschlossenen [X.]arifvertrags unterliegt der Kontrolle durch die Gerichte für Arbeitssachen, die bei der Auslegung und der Anwendung der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnis an die [X.]arifvertragsparteien ebenso berücksichtigen müssen, wie die sich aus der Betriebsverfassung ergebenden Grundsätze für die Bildung demokratisch legitimierter Arbeitnehmervertretungen (ausf. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 22, aaO).

(2) Der [X.]V [X.]BS 2004 genügt nicht den Voraussetzungen der von den [X.]arifvertragsparteien in Anspruch genommenen [X.] nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.].

(a) Der [X.]V [X.]BS 2004 muss den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entsprechen. [X.]s handelt sich nicht um einen [X.]arifvertrag iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.], denn er legt keine [X.] fest. Auch die Gestaltungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist mit der im [X.]V [X.]BS 2004 vereinbarten Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstruktur von vornherein überschritten.

(aa) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] kann durch [X.]arifvertrag für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines [X.]s (Buchst. a) oder die Zusammenfassung von Betrieben (Buchst. b) bestimmt werden, wenn dies die Bildung von [X.] erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Die Gestaltungsmöglichkeiten beziehen sich nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]ingangssatz [X.] auf „Unternehmen“. Sie eröffnen damit keine Dispositionsbefugnis der [X.]arifvertragsparteien zur [X.]estlegung unternehmensübergreifender Repräsentationseinheiten, selbst wenn ein Unternehmen gemeinsam mit einem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt (vgl. [X.] 10. November 2004 - 7 [X.] [X.] 3 b [X.] (1) der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 4 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 1, wo die Bildung von unternehmensübergreifenden „[X.]” in einem näher bezeichneten [X.]arifvertrag als allein nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in Betracht kommend beurteilt worden ist; so auch [X.]ranzen GK-[X.] 9. Aufl. § 3 Rn. 10; [X.]itting 26. Aufl. § 3 Rn. 27, 33; [X.]/S/W/G/N/R-Rose 8. Aufl. § 3 Rn. 47; [X.] in [X.] [X.] 13. Aufl. § 3 Rn. 18; [X.]/Preis [X.] 4. Aufl. § 3 Rn. 10; aA - allerdings nur zum [X.] iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] - [X.]rfK/[X.] 13. Aufl. § 3 [X.] Rn. 3; vgl. auch [X.]aKo-[X.]/[X.] 3. Aufl. § 3 Rn. 33; DKKW-[X.]rümner 13. Aufl. § 3 Rn. 47, allerdings unter Rn. 48 ff. auch ablehnend zur Begründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch [X.] nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]; sogar dies halten wiederum wohl für denkbar [X.]/[X.] 6. Aufl. § 3 Rn. 6). [X.]benso erfasst § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht die Bildung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats.

([X.]) Der [X.]V [X.]BS 2004 fasst nicht Betriebsstätten eines Unternehmens, sondern solche mehrerer Unternehmen zusammen, wie es in einigen [X.] in seiner Anlage (1) explizit festgelegt und im [X.]inblick auf neu hinzukommende Betriebsstätten auch in anderen [X.] jederzeit möglich ist. Außerdem installiert der [X.]V [X.]BS 2004 einen unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrat. Diese [X.]arifbestimmungen sind nur nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] und nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] möglich.

(b) Der [X.]V [X.]BS 2004 entspricht nicht der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eröffneten [X.]. Deren [X.]atbestandsvoraussetzung lag bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des [X.]V [X.]BS 2004 nicht vor.

(aa) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] können durch [X.]arifvertrag „andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen“ bestimmt werden, „soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer [X.]ormen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient“. [X.]ierbei kommt den [X.]arifvertragsparteien - ebenso wie bei § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] - ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Allerdings ist mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die [X.] nicht gänzlich in die Disposition der [X.]arifvertragsparteien gestellt. § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ermöglicht tarifvertragliche Vereinbarungen vielmehr nur insoweit, als sie den Voraussetzungen der gesetzlichen Öffnungsklausel entsprechen. Die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] sind von denen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] abzugrenzen. [X.]rforderlich ist für § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ein Zusammenhang zwischen vornehmlich organisatorischen oder kooperativen Spezifika auf Arbeitgeberseite und wirksamer sowie zweckmäßiger Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Die vereinbarte Struktur muss im [X.]inblick auf diesen Zusammenhang zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen „besser geeignet“ sein als die gesetzliche. Dieses Verständnis folgt aus einer am Wortlaut und der Systematik, vor allem aber an Sinn und Zweck orientierten Auslegung von § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.], für die auch verfassungsrechtliche Gründe streiten.

([X.]) Bereits der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] verwendete Ausdruck „aufgrund“ macht deutlich, dass zwischen der [X.]rrichtung anderer Arbeitnehmervertretungsstrukturen einerseits und der „Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation“ oder „anderer [X.]ormen der Zusammenarbeit von Unternehmen“ andererseits notwendig ein Kausalzusammenhang bestehen muss. Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ ergibt sich zwar, dass die Umstände, die eine Vereinbarung alternativer Arbeitnehmervertretungsstrukturen veranlassen können, nicht abschließend beschrieben sind. Sie müssen aber mit den in § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] genannten Gegebenheiten wertungsmäßig vergleichbar sein.

([X.]b) Systematisch ist es geboten, die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] von denen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] abzugrenzen. Nach [X.]. 1 und 2 des § 3 Abs. 1 [X.] ist den [X.]arifvertragsparteien eine Regelungsbefugnis eröffnet, wenn dies die Bildung von [X.] erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer (Nr. 1) bzw. der Aufgaben des Betriebsrats (Nr. 2) dient. Im Unterschied hierzu knüpft § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] an besondere Umstände - vornehmlich betriebs-, unternehmens- oder konzernbezogene organisatorische oder unternehmenskooperative Rahmenbedingungen - an. Die [X.]. 1 und 2 von § 3 Abs. 1 [X.] wären überflüssig, wenn seiner Nr. 3 kein davon abzugrenzender Regelungsgehalt zukäme.

([X.]) Sinn und Zweck von § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gehen nicht dahin, den [X.]arifvertragsparteien die gesetzlichen Arbeitnehmervertretungsstrukturen zur freien Disposition zu stellen. Vielmehr geht es darum, in besonderen Konstellationen, in denen sich die im [X.] vorgesehene Organisation für eine wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer als nicht ausreichend erweist, die Möglichkeit zu eröffnen, in einem [X.]arifvertrag durch eine Änderung der Strukturen der Arbeitnehmervertretung für Abhilfe zu sorgen (so auch [X.]itting 26. Aufl. § 3 Rn. 48). Sinn und Zweck gebieten daher ein Verständnis dahingehend, dass die wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer eine Relation zu den in der Norm beschriebenen organisatorischen oder kooperativen oder ähnlichen Besonderheiten aufweisen muss. Mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] soll die Möglichkeit eröffnet sein, „über die in Nummer 1 und 2 genannten speziellen [X.]älle hinaus auch dort eine wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu errichten, wo dies aufgrund von Sonderformen der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder der Zusammenarbeit von Unternehmen in rechtlicher oder tatsächlicher [X.]insicht generell mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. … Darüber hinaus hat die Regelung den Sinn, den [X.]arifvertragsparteien zu ermöglichen, auf zukünftige neue [X.]ntwicklungen von Unternehmensstrukturen in Produktion und Dienstleistung angemessen zu reagieren und entsprechende Arbeitnehmervertretungssysteme errichten zu können, ohne dabei auf ein [X.]ätigwerden des Gesetzgebers angewiesen zu sein“ (vgl. B[X.]-Drucks. 14/5741 S. 34). Der mit dem Ziel einer [X.]lexibilisierung erklärte Regelungsgehalt ist damit einerseits durch einen Bezug zum gesetzlichen Vertretungsmodell beschrieben: Die mit dem [X.] verfolgten Zwecke müssen innerhalb einer alternativen Repräsentationsstruktur besser erreicht werden können als im Rahmen des gesetzlichen [X.] (so auch zB [X.], 290, 292; [X.]rfK/[X.] 13. Aufl. § 3 [X.] Rn. 6; [X.]ranzen GK-[X.] 9. Aufl. § 3 Rn. 22; [X.]/[X.] RdA 2006, 22, 23). Andererseits ist ein Bedürfnis nach alternativen Arbeitnehmervertretungsstrukturen nur insoweit anerkannt, als aufgrund bestimmter - vornehmlich organisatorischer oder funktionaler - Rahmenbedingungen die [X.]rrichtung einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung rechtlich oder tatsächlich „generell mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist“.

([X.]) Verfassungsrechtlich ist es angezeigt, die materiellen Anforderungen an einen [X.]arifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht allzu weit zu verstehen. Durch einen solchen [X.]arifvertrag werden auch Arbeitnehmer einer vom Gesetz abweichenden Arbeitnehmervertretungsstruktur unterworfen, gegenüber denen die Geltung des [X.]arifvertrags nicht mitgliedschaftlich legitimiert ist. Dies ist zwar grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. im einzelnen [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 19 ff., [X.][X.] 131, 277). Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit beruht aber gerade auf dem Umstand, dass § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] inhaltliche Anforderungen an den [X.]arifvertrag stellt, deren [X.]rfüllung die Gerichte für Arbeitssachen überprüfen können ([X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 22, aaO).

([X.]) Gemessen an diesem Normverständnis entspricht die in dem [X.]V [X.]BS 2004 festgelegte andere Arbeitnehmervertretungsstruktur nicht der Voraussetzung von § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Auch unter Berücksichtigung des den [X.]arifvertragsparteien zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums ist nicht erkennbar, dass die Bildung von [X.]n und die [X.]rrichtung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats einen Bezug zu organisatorischen, kooperativen oder in ihrer Wertung ähnlichen Rahmenbedingungen auf Seiten der den [X.]V [X.]BS 2004 schließenden Unternehmen aufweisen. Im Gegenteil: Genau der Aspekt, der für die Dienlichkeit der [X.]arifgestaltung streiten könnte, lag bei Abschluss des [X.]V [X.]BS 2004 nicht (mehr) vor. In diesem Zeitpunkt war die Regionalstruktur und Regionalleitungsebene der beteiligten Unternehmen aufgegeben. Die offensichtlich von den [X.]arifvertragsparteien noch mit dem [X.]V [X.]BS 2002 bezweckte Kongruenz von [X.]n und tatsächlichen [X.]ntscheidungsträgern auf Seiten der Unternehmen war damit von vornherein nicht - mehr - zu erreichen.

cc) Danach kann unentschieden bleiben, ob der [X.]V [X.]BS 2004 dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit entspricht (hierzu allg. [mit Bezug auf einen [X.]] [X.] 21. September 20117 [X.] - Rn. 36 mwN, [X.] [X.] 1972 § 3 Nr. 9 = [X.]zA [X.] 2001 § 3 Nr. 5). Ungeachtet der [X.]rage, ob sich dies auf den gesamten [X.]V [X.]BS 2004 auswirken würde, liegt allerdings eine Unbestimmtheit von § 3 Satz 3 und Satz 5 [X.]V [X.]BS 2004 nicht fern. Die [X.]arifbestimmungen ordnen neu hinzukommende Betriebsstätten - zu unterschiedlichen Zeitpunkten - „den jeweiligen Regionen“ zu. Die Regionen sind im [X.]V [X.]BS 2004 iVm. seiner Anlage (1) aber lediglich durch [X.]immelsrichtungen - z[X.] mit weiteren numerischen Unterteilungen - sowie bereits zugeordnete Betriebsstätten beschrieben und nicht etwa durch geografische Grenzen festgelegt. [X.]s dürfte daher nicht bei jeder hinzukommenden Betriebsstätte klar sein, welche Region die „jeweilige“ sein soll. Diese Unwägbarkeit relativierte sich auch nicht durch ein Verständnis von § 3 Satz 3 und Satz 5 [X.]V [X.]BS 2004 dahingehend, die „jeweilige“ richtige Region in Abhängigkeit von der arbeitgeberseitigen Leitungszuständigkeit zu bestimmen, denn eben diese Regionalleitungsstruktur war bereits seit 1. April 2004 aufgegeben.

III. Der nur für den [X.]all des Unterliegens mit dem [X.] gestellte Antrag zu 3. ist dem Senat nicht zur [X.]ntscheidung angefallen.

        

    [X.]nsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Bea    

        

    Strippelmann    

                 

Meta

7 ABR 70/11

13.03.2013

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Köln, 19. November 2010, Az: 5 BV 169/10, Beschluss

§ 3 Abs 1 Nr 3 BetrVG, § 19 Abs 1 BetrVG, § 1 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.03.2013, Az. 7 ABR 70/11 (REWIS RS 2013, 7419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7419

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